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Лексикология современного немецкого языка 209 :: 210 :: 211 :: 212 :: 213 :: Содержание 4.2.8. PHRASEOLOGISCHE UND DEPHRASEOLOGISCHE DERIVATION

Unter phraseologischer Derivation versteht man die Phrasembildung auf der Basis der in der Sprache bereits bestehenden Phraseologismen. Es handelt sich hierbei primär um eine Ableitung phraseologischer Einheiten

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aus festgeprägten Sätzen des Typs Sprichwörter. Das Resultat des Derivationsprozesses heißt das Derivat. Vgl.:

Ausgangsform Derivat

1. Wer Butter auf dem Kopfe Butter auf dem Kopfe haben "etw. hat, soll nicht in die Sonne angestellt haben, ein schlechtes gehen (Sprichwort). Gewissen haben" (phraseologische

Einheit).

2. Stille Wasser sind tief Stilles Wasser "jmd., der seine (Sprichwort). inneren Gefühle und Ansichten

nicht zeigt" (phraseologische Einheit).

Zahlreiche phraseologische Einheiten der Gegenwartssprache sind Ableitungen oder Derivate aus festgeprägten Sätzen mit nachweisbarer Quelle (geflügelte Worte):

1. Ich kenne meine seine Pappenheimer kennen "be-Pappenheimer (Schiller) stimmte Menschen mit ihren Schwächen kennen und wissen, was man von ihnen zu erwarten hat".

2. Wir tanzen auf einem Vulkan auf einem Vulkan tanzen (Zitat, Geschichte).

3. Das also war des Pudels des Pudels Kern "die eigentliche Kern (Goethe). Ursache"

Kennzeichnend für diese Derivation ist die Verselbständigung oder Loslösung vom Text, vgl. die Gebundenheit der Sätze 1,2, 3 an die Subjekte der Aussage im Urtext und die semantische Transformation derselben, wodurch Phraseologismen eine abstraktere Bedeutung erhalten, die durch den Urtext nur motiviert, aber an diesen nicht gebunden ist.

Die geschilderten Deri vationsprozesse beruhen auf Ableitungsbeziehungen fester Wortkomplexe in der Diachronie und Synchronie, denn Derivate sind immer durch die Ausgangsformen nach der Bedeutung und nach dem Komponentenbestand motiviert. Außerdem bestehen meistens die beiden in der Sprache, wie die Beispiele oben zeigen.

Von der phraseologischen Derivation ist die dephraseologische Derivation zu unterscheiden49.

Unter dephraseologischer Derivation versteht man die Bildung von Lexemen, die auf der Basis von Phraseologismen entstehen. Vgl.:

jmdm. den Hals abschneiden "jmdn. [wirtschaftlich] zugrunde richten, ruinieren" ugs. > der Halsabschneider "Wucherer" ugs.

Bei der dephraseologischen Derivation sind zwei morphologische Wortbildungsarten entscheidend: 1. Zusammenbildung; 2. Zusammensetzung.

Es gibt auch eine lexisch-sernantische Bildungsart, die in der Bildung von Homonymen besteht.

(1) Zusammenbildung. Entsprechend den Basisstrukturen ist die Zusammenbildung (Modelle M6, M7, M2) (Siehe S. 102 f.) hierbei führend. Von

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morphologischen Derivaten, die Substantive und Adjektive sein können, sind die Substantive, darunter die Nomina agentis, die produktivste Klasse.

Entsprechend den Basisstrukturen sind alle dephraseologischen Derivate stilistisch markiert. Sie sind in der Regel stark wertende bzw. abwertende Personenbezeichnungen. Das ist durch die Wortbildungsart gesichert, wobei die bildliche Motiviertheit des Phraseologismus erhalten bleibt.

Dephraseologische Derivate sind eine der Quellen, aus der die deutsche Umgangssprache durch expressive Synonyme bereichert wird. Viele davon finden den Weg in die Umgangssprache durch Sonderwortschätze50. Dephraseologische Derivate sind besonders zahlreich in thematischen Reihen mit salopp abwertender Markiertheit. Vgl.:

die thematische Reihe "Prahler": Bogenspucker "große Bogen spucken";

- Dicktuer "sich mit etw. dick tun"; - Großtuer "groß tun";

- Maulaufreißer "das Maul aufreißen"; - Sprüchemacher "Sprüche machen"; - Wichtigtuer "sich wichtig machen od. tun"; - Windmacher "Wind machen"; - Wortemacher "viel Worte machen";

die thematische Reihe "Faulenzer", "Nichtstuer": Bärenhäuter "auf der Bärenhaut liegen"; - Gassentreter, Pflastertreter "Pflaster treten"; -Zeittotschläger "die Zeit totschlagen";

die thematische Reihe "Raufbold": Radaumacher "Radau machen";

- Lärmmacher "Lärm machen"; - Randalmacher "Randal machen";

- Spektakelmacher "großes Spektakel machen";

die thematische Reihe "Intrigant": Quertreiber "es quer treiben"; - Ränkeschmied "Ränke schmieden"; - Ränkespinner, Ränkemacher "Ränke spinnen";

die thematische Reihe "Pessimist": Schwarzseher "schwarz sehen";

- Kopfliänger "den Kopf hängen lassen".

Die zweitproduktivste Klasse der substantivischen Zusammenbildung sind Nomina actionis. Sie werden vor allem mit Hilfe der Suffixe - (er)ei und als implizite Ableitung gebildet. Vgl. die Haarspalterei, abwertend "Spitzfindigkeit1', - Haare spalten "übergenau, allzu pedantisch sein", Wichtigtuerei - sich wichtig tun "prahlen", Dicktuerei - dick tun "prahlen, großtun"; (das) Naserümpfen - die Nase rümpfen, "etw. verächtlich betrachten". Mundtotmachen -jmdn. mundtot machen "zum Schweigen bringen", Phrasendrusch, Phrasendreschen - Phrasen dreschen "wohltönende, aber nichtssagende Reden führen", Tapetenwechsel - die Tapeten wechseln "1. umziehen; 2. sich am Arbeitsplatz, im Beruf verändern", wobei das Derivat im Vergleich zum Basisphraseologismus über eine Bedeutungserweiterung verfügt. Vgl. der Tapetenwechsel (ugs.) "vorübergehende od. dauernde (empfehlenswerte, erwünschte) Veränderung der gewohnten Umgebung (durch Urlaub, Umzug, Wechsel der Arbeitsstelle u.a.")51.

Die eigentliche Gebrauchssphäre dieser Derivate ist die Alltagsrede mit ihren situativen Realisierungen der phraseologischen Potenzen. Hier seien nur einige Beispiele aus Werken der deutschen Gegenwartsprosa zitiert: "Du, Bracke, Tüchtigkeit allein macht's auch nicht. Wenn man vorwärts kommen will, muss man auch die Schnauze halten können.1'' - "Spar dir deine guten

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Leute. Ich kenne sogar welche, die nur durch Schnauzehalten vorwärts gekommen sind." (W. Reinowski. Die Versuchung) Oder: - "Hör endlich auf. Im Phrasendreschen war ich schon immer eine Null" (E. Neutsch. Spur der Steine).

Dephraseologische Derivate mit den Suffixen -ung, -e sind wenig produktiv, obgleich auch solche Zusammenbildungen in der Lexikographie kodifiziert sind: die Handreichung - jmdm. - die Hand reichen "helfen", Kopfwäsche - jmdm. - den Kopf waschen "scharf zurechtweisen".

Adjektivische Zusammenbildungen sind nicht zahlreich, sie sind vor allem Gelegenheitsbildungen, vgl. luchsäugig = Augen haben wie ein Luchs ugs. "ungewöhnlich gut sehen können". Im Kontext: Hoffentlich hatten Augustin und dieser Don Diego nichts von seinem Anfall bemerkt; sie waren luchsäugig beide (L. Feuchtwanger. Goya); großfressig - eine große Fresse haben, grob "sich brüsten, laut und frech reden": "Ihr wart ja alle so tapfer und so großfressig, aber da werdet ihr laufen wie die Hasen (W. Steinberg. Als die Uhren stehen blieben).

(2) Die Zusammensetzung bei dephraseologischer Derivation ist weniger produktiv als die Zusammenbildung.

Von zusammengesetzten Ableitungen kommen primär adjektivische Derivate vom Typ Determinativkomposita in Frage, die Vergleichs- und Verstärkungsbildungen darstellen:

aalglatt - glatt wie ein Aal "nicht zu fassen sein, sich aus jeder Situation herauswinden", bärenstark - stark wie ein Bär, sackgrob, sacksiedegrob "sehr grob" - grob wie ein Sack "sehr grob".

Diese Vergleichbildungen, die vielfach als Verstärkungsbildungen aufgefasst und bezeichnet werden, sind in der Regel Zweikomponentenstrukturen. Infolgedessen ist die semantische Motiviertheit mancher Derivate verdunkelt, z.B.: pudelnackt (nackt wie ein geschorener Pudel); pudelnass nass wie ein nasser Pudel; mausetot (tot wie eine erschlagene Maus).

Substantivische dephraseologische Derivate sind wenig produktiv. Es sind eigentlich nur Derivate aus komparativen Phraseologismen, wobei semantisch zwei Arten von Derivaten zu unterscheiden sind: Abstrakta und Konkreta.

Bei den Abstrakta handelt es sich um Derivate, die Eigenschaftscharak-teristika sind. Sie entstehen auf Grund der Transformation von adjektivischen Komponenten in Substantive, wodurch die synchrone Analyse eindeutig Determinativkomposita identifiziert: der Wolfshunger "hungrig wie ein Wolf; die Hundetreue "treu wie ein Hund"; der Bienenfleiß "fleißig wie eine Biene, wie die Bienen"; die Berserkenvut "wütend, zornig sein wie ein Berserker".

Genetisch ist eine nur derivative Deutung dieser Zusammensetzungen vielleicht nicht überall zutreffend. So ist z.B. die Hundetreue nicht aus dem komparativen Phraseologismus treu wie ein Hund herzuleiten, sondern kann auf Grund der Zusammensetzung mit dem Substantiv Treue entstanden sein, weil im Bedeutungsgefüge des Lexems Hund auch die metaphorische Bedeutung "Sinnbild der Treue" vorhanden ist. Es gibt aber Lexeme, deren derivative Herkunft durch den korrelierenden komparativen Phraseologismus

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eindeutig motiviert ist, z.B. der Kanonenrausch, salopp "schwerer Rausch" gebildet aus voll (sein) wie eine Kanone "sehr betrunken sein".

Die andere Klasse von Derivaten (Konkreta) ist durch die mit ihnen korrespondierenden Phraseologismen eindeutig motiviert und stellt salopp abwertende Personenbezeichnungen dar: das Saufloch "Trinker" - saufen wie ein Loch "unersättlich trinken".

Verbale dephraseologische Derivate sind nicht produktiv.

(3) Die lexisch-semantische Wortbildungsart der dephraseologischen Derivation wird dadurch ermöglicht, dass lexikalische Konstituenten im Phra-seologismus im Zusammenhang mit einer integrierten (phraseologischen) Bedeutung eine neue Semantik entwickeln können. Auf diese Weise entstehen neue Lexeme, die zu den gleichlautenden Ausgangswörtern Homonyme bilden.

Eine solche Entwicklung ist z.B. bei folgenden Homonymen der deutschen Gegenwartssprache zu sehen:

der Korb\ "geflochtener Behälter" der Korb2"Zurückweisung eines

Heiratsantrags; Ablehnung" (ugs.)

Das Homonym Korb2hat sich aus den phraseologischen Fügungen einen Korb bekommen, jindm. einen Korb geben entwickelt. Das DeriVat ist bereits seit dem 17. - 18. Jh. belegt. Oder: der Bockl"männliches Tier bestimmter Arten - Ziegen, Reh u.a.", derBock2"Fehler, peinlicher Verstoß" (ugs.).

Das Homonym der Bock2hat sich aufgrund des Phraseologismus einen Bock schießen (oder machen), salopp "einen primitiven Fehler machen" entwickelt.

Die angeführten Beispiele illustrieren einen Prozess, dessen Ergebnis Lexeme des Wortbestands sind. In der Rede aber kann man zahlreichen okkasionellen Bildungen begegnen, die zur gesteigerten Konnotation ausgewertet werden.

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