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Лексикология современного немецкого языка 198 :: 199 :: Содержание 4.2.6. SEMANTISCHE KATEGORIEN DER PHRASEOLOGISMEN

Die Analyse der semantischen Kategorien phraseologischer Fügungen - der Polysemie, Homonymie, Synonymie und Antonymie -, mit denen der Lexik konfrontiert, gewährt einen Einblick in die Eigenart des phraseologischen Systems.

4.2.6.1. Phraseologische Polysemie und Homonymie

Die phraseologische Polysemie weist im Vergleich zur Polysemie in der Lexik grundsätzliche Unterschiede auf. Sie unterscheiden sich in erster Linie quantitativ. Die Vielzahl von Vollwörtern einer Sprache sind bekanntlich mehrdeutig. Die Fähigkeit der Lexeme, semantisch ableitbar zu sein, d.h. Mehrdeutigkeit oder Polysemie zu entwickeln, wird deshalb, wie in 1.2.1.4. erwähnt, als eine semantische Universalie betrachtet.

Die meisten Phraseologismen dagegen sind monosem. Nur wenige Gruppen der Phraseologie können Mehrdeutigkeit entwickeln. In der deutschen Phraseologie ist sie praktisch nur den verbalen Einheiten eigen und beträgt etwa 9% der Gesamtzahl35. Dass es sich in diesem Fall nicht um eine nationale Besonderheit der deutschen Sprache handelt, zeigt die Untersuchung der russischen Phraseologie, wo sich die Zahl der mehrdeutigen phraseologischen Fügungen auf 17% beläuft36.

Dazu kommt auch eine unterschiedliche semantische Struktur der polysemen Phraseologismen. In der Regel besitzen sie nur zwei, seltener drei Sememe im Unterschied zur lexikalischen Polysemie, wo die Anzahl der Sememe bedeutend größer ist.

Die semantische Ableitung, die die Entwicklung der lexikalischen Mehrdeutigkeit bewirkt, ist für diese Polysemie nicht relevant.

Die Erklärung dafür ist in der Eigenart der phraseologischen Bedeutung zu suchen. Die semantische Ableitbarkeit phraseologischer Fügungen ist eingeschränkt bzw. dadurch verhindert, dass die phraseologische Bedeutung selbst Resultat einer Metaphorisierung ist. Eine weitere Ableitbarkeit ist nur dann möglich, wenn im Prozess primärer Metaphorisierung die Abstrahierung nicht den höchsten Grad erreicht hat. Erst in diesem Fall ist dann eine sekundäre Metaphorisierung möglich. Eine solche Entwicklung der semantischen Struktur phraseologischer Fügungen kann man am folgenden Beispiel verfolgen:

Die phraseologische Fügung jmdn. über die Klinge springen lassen hat zwei Sememe: 1. "jmdn. töten", 2. "jmdn. wirtschaftlich, beruflich vernichten".

Die semantische Ableitbarkeit in dieser Einheit ist lexikographisch nachgewiesen. Das erste Semem stammt "aus der alten Kriegssprache.... strenggenommen ist es nur der Kopf, der über die Klinge springen muss, während der übrige Körper darunter bleibt". Luther sagt noch deutlich: "Die ihm den Kopf über die kalte Klinge hatten hüpfen lassen." Um 1700 wurde der ursprüngliche Sinn der Redensart schon nicht mehr allgemein verstanden37. Der semantischen Transformation bzw. Metaphorisierung liegt demnach das

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Bild eines mit der Klinge abgehauenen Kopfes, der "eben über die Klinge springt" zu Grande. Diese innere Form oder bildliche Motiviertheit dieser phraseologischen Fugung wird im 17. Jh. vergessen. Geblieben ist der allgemeine Sinn "töten". Diese Bedeutung lässt eine weitere, sekundäre Meta-phorisierung zu, indem die referentielle Bezogenheit verändert wird: statt der körperlichen eine wirtschaftliche oder berufliche Vernichtung.

Die semantische Ableitbarkeit / Derivation des oben beschriebenen Typus ist aber nicht immer nachvollziehbar. Darüber hinaus kann sie erst erfolgen, wenn bei der primären Metaphorisierung die Abstrahierungsstufe der Bedeutung eine sekundäre Metaphorisierung zulässt. Vgl.jmdm. auf die Beine helfen: "einem Gestürzten wieder aufhelfen" > 2. "jmdm. helfen, eine Schwäche od. Krankheit zu überwinden" > 3. "jmdm. finanziell helfen, damit er wieder wirtschaftlich vorankommt".

Da aber die Phraseologismen bereits durch die primäre Metaphorisierung über eine übertragene, abstrahierte Bedeutung verfügen, ist die weitere Derivation meistens blockiert.

Dagegen gibt es im phraseologischen System eine andere Entwicklungsweise: Neue Bedeutungen oder neue homonymische Phraseologismen entstehen dabei durch parallele Metaphorisierung ein und desselben Syntag-mas. So z.B. die Tapeten wechseln bedeutet: (ugs.) 1. "umziehen", 2. "sich am Arbeitsplatz, im Beruf verändern".

Alle angegebenen Sememe sind assoziativ zusammenhängend, aber sie sind nicht voneinander abgeleitet, denn jedes davon weist dieselbe Abstraktionsebene auf.

Die parallele Metaphorisierung ist aber im Falle der Polysemie nicht selten fraglich, denn die Betrachtung z.B. der semantischen MikroStruktur des Phraseologismus die Tapeten wechseln, u.z. die angeführten Sememe l, 2, können auch als typische Realisierungen der weiten Bedeutung betrachtet werden, umso mehr, als die Zahl der potentiellen Sememe größer ist als in einigen repräsentativen lexikographischen Werken kodifiziert ist. Vgl. die Explikation der semantischen MikroStruktur des Phraseologismus bei W. Friederich "Moderne deutsche Idiomatik": 1. "umziehen", 2. "das Lokal wechseln", 3. "sich im Beruf verändern".

Die parallele Metaphorisierung kann Sememe entstehen lassen, die se-mantisch nicht zusammenhängend sind, d.h. ein unterschiedliche referentielle Bezogenheit haben. So im Phraseologismus jmdm. schwillt der Kamm: (ugs.) 1. "jmd. wird überheblich, bildet sich etwas ein"; 2. "jmd. gerät in Zorn, wird wütend".

In diesem Fall sind die Sememe l, 2 Homonyme. Die parallele Metaphorisierung ist ein spezifischer Entwicklungsweg der phraseologischen Homonymie. Es ist insofern von Interesse, da ein und dieselbe variable Verbindung aufgrund verschiedener Merkmale metaphorisiert werden kann. Diese ist, wie man sich leicht vorstellen kann, nicht bei allen Basisstrukturen denkbar, deshalb sind phraseologische Homonyme im Deutschen zahlenmäßig unbedeutend. Dass es dabei nicht nur um eine Besonderheit der deutschen Sprache geht, beweist das Material der russischen Sprache38.

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