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Лексикология современного немецкого языка 194 :: 195 :: 196 :: 197 :: Содержание 4.2.4.2. Sprichwörter

Die Sprichwörter weisen im Vergleich zu sprichwörtlichen Satzredensarten einen grundsätzlichen Unterschied auf: Ihre Semantik entsteht nicht durch die Phraseologisierung des Konstituentenbestandes im jeweiligen Sprichwort, sondern stellt die auf bestimmte Situationen bezogenen Verallgemeinerungen der menschlichen Lebenserfahrung dar.

Dieses unterschiedliche Merkmal der Sprichwörter wird z.B. bei V. N.Telija folgenderweise formuliert: "Wie uns scheint, bilden die Sprichwörter ein besonderes Korpus der in gewissem Sinne paralinguistischen Einheiten, deren Bedeutung außerhalb der eigentlichen sprachlichen Strukturierung geformt wird, auch wenn sie durch sprachliche Mittel ausgedrückt ist21.

Nach ihrer Entstehung "im Volksmund", ihrer Semantik ("lehrhafte Tendenz", Verallgemeinerung der Lebenserfahrung, Volksweisheit)22 und ihrem Gebrauch, - sie fungieren als selbständige Texte - gehören diese Gebilde zur Folklore. Dieser Umstand darf aber nicht entscheidend sein bei der Diskussion über die phraseologische Zugehörigkeit der Sprichwörter23.

Trotz der grundlegenden Unterschiede zwischen Sprichwörtern und Phra-seologismen aller anderen Arten weisen sie Merkmale auf, die sie in den phraseologischen Bestand einbeziehen lassen. Das sind:

1. Semantische Spezialisierung der Sprichwörter, die infolge des logischsyntaktischen Phraseologisierungstyps zustande kommt24. Das sind bestimmte "logische Regeln", die sprachlich realisiert werden und vielfach ganze Serien von synonymischen Sprichwörtern ergeben. Vgl. die Regel "Wer einmal die Sache unterstützt, kann sich nicht mehr von ihr distanzieren" und ihre sprachlichen Realisierungen:

Wer A sagt, muss B sagen.

Wer das Pferd will, muss auch die Zügel nehmen.

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Wer den Wein trinkt, muss auch die Hefe trinken.

Wer zum Spiele kommt, muss spielen.

Wer den Teufel im Schiffe hat, der muss ihn fahren25.

Oder die Regel "Wie das Haupt einer Gemeinschaft ist, so ist auch die Gemeinschaft selbst" und ihre sprachlichen Realisierungen:

Wie der Abt, so die Brüder. Wie der Herr, so 's Gescherr. Wie der Herr, so der Knecht.

Diese semantische Spezialisierung wird manchmal, wie oben erwähnt, auch als "lehrhafte Tendenz", "didaktischer Sinn" formuliert. Die wichtigste Folge der bezeichneten logisch-syntaktischen Phraseologisierung ist die Bildung bzw. Entstehung der Spracheinheiten, die, ähnlich anderen Phraseologismen, zum Inventar der konnotativen sprachlichen Zeichen gehören.

Wenn man das Sprichwort als sprachliches Zeichen besonderer Art betrachtet, so ist der Terminus "kommentierendes Zeichen"26 der Funktion des Sprichworts gerecht, denn mit dem Gebrauch eines Sprichworts wird der situative Kontext nicht nur verallgemeinert und beurteilt, sondern auch gewertet, wozu sich auch die künstlerische Formgebung der Sprichwörter sehr gut eignet. In diesem Zusammenhang wären auch die Worte von A. I. Smirnickij zu zitieren, der betonte, dass Sprichwörter, sprichwörtliche Satzredensarten, Aphorismen und verschiedene andere Sprüche erst dann als Spracheinheiten fungieren, wenn sie in der Kommunikation als Mittel zur emotional geladenen, bildhaften Ausdrucksweise der Gedanken reproduziert werden. Als Schöpfung oder Werke unbekannter oder bekannter Autoren sind sie in dieser Eigenschaft eigentlich keine Spracheinheiten und gehören zur Folklore oder Literatur27.

2. Das zweite grundlegende Merkmal der Sprichwörter als Spracheinheiten ist die Reproduzierbarkeit28. Erst dieses Merkmal überführt die Einheiten der Volkskunst in die Klasse der Spracheinheiten des Typs Phraseologismen. Deshalb ist in der Subklasse (2) "Festgeprägte Sätze" von gängigen sprichwörtlichen Satzredensarten und gängigen Sprichwörtern die Rede29.

Die sprachliche Ausformung der "logischen Regeln" geschieht unter Anwendung:

(1) semantischer Transformationen, unter denen ganz besonders beliebt die Metaphorisierung ist, z.B.: Ein räudiges Schaf steckt die ganze Herde an "Gerät in einen zusammengehörenden Kreis von Menschen ein einziger, der sittlich verdorben ist, so verdirbt er auch die anderen". Hohle Fässer klingen am meisten "Unwissende machen viel Aufhebens von sich". Es ist nicht alles Gold, was glänzt "Nicht alles, was äußerlich einen schönen Schein hat, ist auch innerlich wertvoll".

Neben der Metaphorisierung gehört zu den beliebten Mitteln der "inneren Formgebung" (F. Seiler) auch die Groteske, Paradoxe, Hyperbel, Ironie, Antithese, z.B.:

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Wer's Glück hat, dem fliegen die Enten gebraten ins Maul. Man muss die Leute reden lassen, die Fische können 's nicht. Er ist der Beste - wenn die anderen nicht zu Hause sind. Ist die Kuh noch so schwarz, sie gibt immer weiße Milch. Heute rot, morgen tot.

(2) Anwendung der "äußeren Redeformen" des Sprichworts (F.Seiler): Sinnreim, Rhythmus, Reim, Parallelismus usw., z.B.:

Wenn man den Teufel nennt, so kommt er gerennt. Leid ist ohne Neid. Nachrat, Narrenrat. Hoffen und Harren macht manchen zum Narren. Ende gut, alles gut. Wie man ins Holz schreit, so schreit es zurück. Kleine Kinder, kleine Sorgen', große Kinder, große Sorgen.

(3) Den dritten Typ bilden Sprichwörter, die auf den ersten Blick den Eindruck erwecken, ohne besondere Redemittel ausgeformt zu sein,. z.B.:

(a) Der gerade Weg ist der kürzeste.

(b) Irren ist menschlich.

(c) Tadeln ist leichter als besser machen.

Bei genauer Betrachtung erkennt man aber, dass das Sprichwort des Typs (a) auch eine semantische Umformung aufweist, eine Bedeutungserweiterung, die aus dem Anwendungsbereich dieser Spracheinheit deutlich hervorgeht: der Weg hat nicht unbedingt einen räumlichen Sachverhalt und meint eigentlich "das Handeln", was auch das synonymische Sprichwort besagt Der rechte Weg ist nicht krumm. Im Beispiel (c) ist ebenfalls ein zusätzliches Mittel ausgewertet, und zwar der Vergleich. Im Beispiel (b) liegt ein ideales Muster für die Realisierung eines der wichtigsten Merkmale der Sprichwörter vor - die Kurzfassung30.

Die Diskussion über die Einbeziehung der Sprichwörter der Gruppe (3), der nichtbildlichen und nichtallegorischen Sprüche, in das Korpus der Phraseologie wird schon sehr lange geführt, aber bis heute ist noch nicht abgeschlossen. Schon F. Seiler, der sich mit den wesentlichen Merkmalen der älteren und neueren Auslegung der Sprichwörter auseinander setzt, schreibt: "In neuerer Zeit ist man sogar so weit gegangen, nur die allegorischen, also die bildhaften für wirkliche Sprichwörter zu erklären, den unbildlichen, abstrakt gehaltenen dagegen den Charakter von Sprichwörtern abzusprechen und sie den Denk- oder Sittensprüchen zuzuweisen. Die Trennung der abstrakten Sprichwörter von den bildlichen ist schon aus dem Grunde nicht möglich, weil zwischen den beiden Übergänge vorhanden sind. Viele Sprichwörter sind im Subjekt abstrakt, im Prädikat bildlich... Es können also nur solche (Sprichwörter) in Frage kommen... wie z.B. Irren ist menschlich; Tadeln ist leichter als besser machen', Selber essen macht fett; Bei Gott ist kein Ding unmöglich. Wer möchte aber diesen und anderen in allen Schichten des Volkes verbreiteten lehrhaften Sprüchen, die jeder Deutsche von Kindheit an kennt und gebraucht, den Titel Sprichwort' versagen?"31

Der Stellungnahme F. Seilers entspricht die von L. I. Rojzenzon, der sich mit den Phraseologen A. V. Kunin, A. М. Babkin u.a. auseinandersetzt, die für eine Trennung des Sprichwörterbestandes in semantisch transformierte, bildliche und nichtbildliche eintreten32.

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In strukturell-semantischer und funktionaler Hinsicht haben die Sprichwörter viele Eigenarten, was nachstehend z.T. in 4.2.8. und 4.4.1.2. gezeigt wird.

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