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Лексикология современного немецкого языка 49 :: 50 :: 51 :: 52 :: 53 :: 54 :: Содержание 1.3.2. SOZIALE UND INNERSPRACHLICHE URSACHEN DER ENTLEHNUNG

Die sozialen Ursachen der Entlehnung ins Deutsche sind in der deutschsprachigen Germanistik eingehend beschrieben worden. Hier ist vor allem das umfassende Werk von F. Seiler zu nennen82, einige kleinere Spezialab-handlungen, zahlreiche Arbeiten zur Geschichte der deutschen Sprache (ältere und neuere) und eine sehr informative Zusammenfassung der Entlehnung in der Kleinen Enzyklopädie "Die deutsche Sprache"83.

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Das entlehnte Wortgut im lexikalischen System der deutschen Sprache ist zahlenmäßig sehr bedeutend, was auf die geschichtliche Besonderheiten der Entwicklung des Landes zurückzuführen ist. Hier sind historische Bedingungen aufschlussreich, die schon aus dem germanischen und frühdeutschen Alter im deutschen Wortschatz bedeutende Spuren hinterlassen hatten, und die spätere Periode der Ausgestaltung der deutschen nationalen Schriftsprache im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der deutschen Nation.

Die verlangsamte Überwindung des Feudalismus, die gescheiterte frühbürgerliche Revolution (die Reformation des 16. Jhrs.) waren die historischen Ursachen für die späte und unvollkommene bürgerliche Entwicklung zur Herausbildung der deutschen Nation. Deutschland blieb im Laufe der Jahrhunderte ein Land der Klein- und Kleinststaaten und geriet infolgedessen in verschiedenen historischen Perioden unter den wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Einfluss anderer, höher entwickelter Länder.

Diese sozial-historischen Ursachen geben Aufschluss auch über Arten, Wege und Formen der Entlehnung in verschiedenen Perioden der deutschen Geschichte.

Entscheidend für das Schicksal der übernommenen Lexik ist immer ein Zusammenwirken konkreter historischer Umstände. Es gibt aber einige Gesetzmäßigkeiten, die sich auf Grund der Zusammensetzung des gegenwärtigen deutschen Wortbestandes formulieren lassen:

In erster Linie sind im lexikalischen System der deutschen Sprache Entlehnungen verwurzelt, die Sach- und Wortentlehnungen waren und Sachver-halte einer höheren Entwicklungsstufe repräsentieren, auf der sich eines der kontaktierenden Völker in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht befand.

Das zeigte die erste Schicht der lateinischen Entlehnungen in den westgermanischen Sprachen. Zur Zeit der ersten Berührung mit dem Römischen Reich84 lebten die Germanen in der Gentilordnung, während die Römer gerade den Höhepunkt in der Epoche der Sklaverei erreicht hatten. Entlehnungen aus diesem Zeitalter waren deshalb Wörter, die Begriffe einer höher entwickelten materiellen Welt repräsentierten, z.B. aus der Kriegstechnik: Straße, spätlat. (via) strata "gepflasterter Weg" - römische Heerstraße; aus der Technik des Steinbaus: Mauer (murus), Keller (cellarium), Fenster (fe-nestra), Kalk (calx, Akk. calcem), Kammer (camera); aus Ackerbau, Garten-, Obst-, Weinbau: Frucht (fructus), (Dresch-) Flegel (flagellum), Kohl (cau-lis), Kirsche (ceresia), Most (mustum).

Zahlreiche Sach- und Wortentlehnungen in diesem germanischen Zeitraum wurden ferner auch aus anderen Bereichen übernommen - aus Verwaltung, Rechtsprechung, Handel, aus dem täglichen Leben u.a.m.85

Ein ähnliches Bild bieten lexikalische Entlehnungen aus dem Lateinischen und Griechischen ins Frühdeutsche im Zusammenhang mit der Christianisierung der Germanen seit dem 5. Jh., besonders jedoch im 7. und 8. Jh., als im wesentlichen die deutschen Stämme christianisiert wurden. Besonders viele lateinische Entlehnungen entstanden bis zum 11. Jh. auch infolge der in den Klöstern gepflegten Bildung und des Unterrichts: Kirche (griech. kyriakön), Bischof (gnzch. episcopos), Engel (griech. ängelos), Teufel

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(griech. diabolos), Altar (lat. altare), Chor (lat. chorus), Messe (lat. missa), Kloster (vulgär-lat. clöstrum), Nonne (spätlat. nonna), Schule (vulgär-lat. scöla), Tafel (lat. tabula), Tinte (lat. tincta), Griffel (griech.-lat. graphium), schreiben (lat. scribere) u. v. a. m.

Die dritte starke Schicht lateinischer Entlehnungen in der deutschen Sprache war im Zeitalter des Humanismus (14. - 16. Jh.) zu beobachten. Die Orientierung an den antiken Sprachen, vor allem an dem klassischen Latein dieser Zeit, macht sich auf vielen Gebieten bemerkbar (im Fachwortschatz des Buchdrucks, der Musik, des staatlichen Lebens, des Rechtswesens, der Kirche), aber insbesondere im Wortschatz der Universitäten und der höheren Schule86:

Aula, Auditorium, studieren, Abitur, Zensur, Akademie, Doktor, Professor, Examen, Fakultät, Rektor, Lektion, Katheder, Lyzeum, Prima, Sexta, repetieren, rezitieren u.v.a.m.

Die lateinischen Entlehnungen aus der humanistischen Gelehrsamkeit bestehen z.T. auch in modernen Fachwortschätzen, z.B. im Buchdruck, in der Mathematik u.a. Der Einfluss dieses Zeitalters ist aber auch darin zu sehen, dass zahlreiche Termini der modernen Wissenschaften und Technik vielfach aus dem Lateinischen, Griechischen oder durch eine Kombination der beiden gebildet werden: Kosmodrom, Kosmographie, Kosmovision, Te-levision u.a.

Soziale Faktoren waren in der geschichtlichen Entwicklung Deutschlands bestimmend für starke Entlehnungen aus dem Französischen. Hier waren drei Perioden zu nennen.

Die erste war das Mittelalter (vom 12. bis 14.Jh.) im Zusammenhang mit dem Einfluss des französischen Rittertums. Entlehnungen aus dem Altfranzösischen (Gallizismen) waren dementsprechend sozial beschränkt; sie waren zwar Sach- und Wortentlehnungen, repräsentierten aber Kultur, Lebenshaltung und höfisches Leben nur eines Standes - des Rittertums und der mittelhochdeutschen Ritterliteratur, vor allem der höfischen Dichtung. Ihr Einfluss auf den deutschen Wortschatz war deshalb vorübergehend, denn die Mehrzahl davon verschwanden mit dem Untergang des Ritterstandes. Geblieben sind von den französischen Entlehnungen dieser Periode Wörter, die mehr oder weniger allgemeine Begriffe ausdrückten, und Bezeichnungen aus Sonderbereichen, die entweder als Historismen im Wortbestand geblieben sind, oder bis heute Benennungen aktueller Gegenstände:

Tanz, tanzen, Manier, fein, klar, prüfen, Platz, Preis, Abenteuer, Palast, Turm, Pavillon, logieren; Turnier, Lanze, Harnisch, Panzer, Koller, Kristall, Rubin, Smaragd, Samt u.a.m.

Die zweite starke Entlehnungsschicht aus dem Französischen bildete sich gegen Ende des 16. und im 17. Jh. heraus. Die sozialen Ursachen für diese Entlehnungen sind im Einfluss des französischen Absolutismus auf die herrschenden Klassen, den Adel und das Patriziat, zu suchen. Diese Periode der beispiellosen Nachäffung von französischen Modetorheiten ist in die Geschichte als "Alamodezeit" eingegangen und umfasst einen reichen Wortschatz aus den verschiedensten Bereichen. Da waren Innenarchitektur und

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Möbel, Bau- und Gartenkunst, Essen und Trinken, Kleidung und Schönheitspflege, Tänze und Spiele, Vergnügungen, Gebrauchsgegenstände u. v. a. m.: Galerie, Loge, Fassade, Balkon, Nische, Terrasse, Garderobe, Kabinett, Salon, Möbel, Sofa, Büffet, Kostüm, Perücke, Puder, Pomade, frisieren, Frisur, Tuopet, Parfüm, Teint, Serviette, servieren, Frikassee, Ragout, Omlette, Sauce, marinieren, Kompott, Konfitüre, Marmelade, Torte, Biskuit, Limonade, Pläsier, amüsieren, Ballett, Ball, Maskerade, Promenade, Dame, Billard, Scharade u.a.87

Die dritte Entlehnungsschicht aus dem Französischen war eine Folge der Französischen bürgerlichen Revolution, die den deutschen politischen Fachwortschatz entscheidend beeinflusste. Die Schlagwörter der Revolutionsbewegung wurden auch im Deutschen in Form von Fremdwörtern oder Lehnübersetzungen bald geläufig: Revolution, revolutionär, liberal, Reaktion, Marseillaise, Terrorismus, Guillotine, Initiative (zunächst nur in politischem Sinne), Jakobiner, Bürokratie, Defizit, Komitee, Demokrat, Emigrant, Organisation, Fraktion, öffentliche Meinung, Fortschritt.

Entlehnungen aus dem Italienischen waren nicht so zahlreich wie die aus dem Französischen. Sie umfassen zwei historische Abschnitte. Der erste davon (vom 14. bis 16. Jh.) brachte Entlehnungen, die mit den engen Handelsbeziehungen Süddeutschlands zu Oberitalien verbunden waren: Bank, Konto, Kredit, Risiko u.a. Auch Söldnerheere brachten zahlreiche Fremdwörter. Doch sind hier italienische und spanische Wörter nicht immer zu unterscheiden: Kanone, Kavallerie u.a. In diese Zeit fallen auch die ersten Entlehnungen aus dem Bereich der Musik: Kapelle, Sonate, Motette u.a.

Der zweite Abschnitt (17. - 18. Jh.) brachte fast ausschließlich Fachwörter der Musik: Oper, Konzert, Mandoline, Arie, Bariton, Duett, Operette, Solo, Sopran, Violine, Violoncell (später zu Cello verkürzt) u.a.

Entlehnungen aus dem Englischen traten besonders gegen Ende des 18. und im 19. Jh. auf. Die geschichtliche Voraussetzung für die englischen Entlehnungen dieser Periode bildet der Einfluss Englands bzw. Großbritanniens als führende Industrie- und Kolonialmacht. So wurden aus dem Bereich der Technik entlehnt: Jennymaschine, Mulemaschine, Ventilator, Koks, Patent, patentieren; Lehnübersetzungen: Pferdekraft, Pferdestärke (engl. horsepower) u.a. Aus Finanz- und Handelsbeziehungen: Scheck, Banknote, Budget, Export, Import u.a. Aus Politik und Außenpolitik: Koalition, Kolonisation, Kongress, Majorität, Minorität, Opposition, Parlamentarier, parlamentarisch, Meeting u.a. Aus Haushalt und anderen Lebensbereichen: Beefsteak, Roastbeef, Plaid, Brandy, Pony, Bulldogge, boxen, Boxer, Farmer, Klub u.a.88

Englische Entlehnungen reißen weiter nicht mehr ab.

Seit dem Beginn des 20. Jhs., besonders aber nach dem zweiten Weltkrieg, sind Entlehnungen aus dem amerikanischen Englisch bzw. aus der amerikanischen nationalen Variante der englischen Sprache zu verzeichnen. Obgleich nicht immer festzustellen ist, welche Entlehnungen aus dem amerikanischen und welche aus dem britischen Englisch kommen, ob es also Amerikanismen oder Anglizismen sind, (deshalb werden auch in der Fachliteratur

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solche Entlehnungen vielfach Angloamerikanismen genannt), handelt es sich aber nach 1945 vorwiegend um Amerikanismen, denn Großbritannien wurde als Weltmacht in wirtschaftlicher Hinsicht in der Nachkriegs-entwicklung von den USA überflügelt (Näheres über lexikalische Entlehnungen der Nachkriegsperiode in der deutschen Sprache siehe S. 66 ff.).

Entlehnungen aus slawischen Sprachen existierten in der Vergangenheit nur in geringem Umfang im deutschen Wortbestand. Auch hier kann man von drei Entlehnungsperioden sprechen89. Die erste umfasst die ältere Zeit, 11. bis 14. Jh. Die geschichtlichen Voraussetzungen dieses Lehngutes sind einerseits die deutsch-polnischen Handelsbeziehungen und andererseits die Ausdehnung des deutschen Siedelgebiets über die Elbe-Saale-Linie nach Osten. Entlehnungen aus dieser Periode sind Bezeichnungen von Handelsobjekten wie: Zobel, Stieglitz, Zeisig; Lebensmitteln wie Quark, Gurke, Schöps, ferner Kummet, Peitsche u.a.

Die Etlehnungen der zweiten Periode umfassen die Zeit vom 17. bis 19. Jh. und beruhen teils auf dem Einfluss der russischen Literatur, teils auf der Übernahme bestimmter Gegenstände (Sach- und Wortentlehnungen): Tornister, Droschke, Kalesche.

Die Entlehnungen der dritten Periode erfolgten besonders zahlreich nach 1945 im Zusammenhang mit der DDR. Nach der Wiederverenigung Deutschlands sind die meisten von ihnen Historismen.

Innerspachliche Ursachen der Entlehnung wurden bis vor kurzem in der einschlägigen Literatur nur flüchtig und sporadisch gestreift. Aber einige interessante Beobachtugen liegen heute auf Grund der französischen Entlehnungen in der deutschen Sprache bereits vor90.

Zur sprachlichen Ursache allgemeiner Art gehört der jeweilige Entwicklungsstand des semantischen Systems91 einer entlehnenden Sprache. So zeigen die romanischen Entlehnungen im deutschen Wortbestand, dass das fremde Wortgut eine Reihe von "Leerstellen" im semantischen System des Deutschen schloss. Durch zahlreiche romanische Entlehnungen wurden thematische Reihen, thematische Gruppen bzw. lexisch-semantische Gruppen der deutschen Sprache aufgefüllt und auf diese Weise vervollkommnet.

Als Beispiel kann die thematische Gruppe der Farbbezeichnungen dienen, die bekanntlich durch Farbbezeichnungen des Französischen oder über das Französische erweitert wurde: lila, beige, orange, violett, azurn u.a.

Die Auffüllung thematischer Reihen und lexisch-semantischer Gruppen durch Entlehnungen expressiver Synonyme aus anderen Sprachen gehört ebenfalls zu den linguistischen Ursachen der Entlehnungsvorgänge und geht auf die Tendenz zurück, die expressive Lexik stets zu erneuern, weil sie beim Funktionieren schnell an Ausdruckswert einbüßt. Entlehnungen dieser Art sind z.B. kapieren (lat.) zu "begreifen", "verstehen"; krepieren (ital.) zu "sterben", "verrecken"; Visage (franz.) zu "Gesicht" u.a.

Der Bedarf an euphemistischer Lexik kann ebenfalls ein Grund der Entlehnung fremden Sprachgutes sein, denn Fremdwörter sind für den größten Teil der Sprachgemeinschaft semantisch unmotiviert, was ihre verhüllende oder mildernde Wirkung begünstigt. Das lexikalisch-semantische System der

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deutschen Sprache verfügt über eine bedeutende Anzahl von ethischen und sittlichen Euphemismen fremden Ursprungs: korpulent (lat.) für "dick"; transpirieren (lat., franz.) für "schwitzen"; renommieren (franz.) für "prahlen", "angeben", "großtun" u.a.

Innersprachliche Gründe liegen vor bei der Entlehnung von Fremdwörtern zur terminologischen Verwendung. Entlehnungen dieser Art monose-mieren das entlehnte Wort, d.h. es wird nur eine lexisch-semantische Variante des Lexems entlehnt, was die Eindeutigkeit des Terminus in einem neuen lexikalisch-semantischen System sichert.

Und schließlich ist noch eine innersprachliche Ursache der Entlehnung zu nennen. Entlehnungen können gleich Stammwörtern zur Neutralisierung einer übermäßigen Polysemie beitragen (vgl. Tendenz nach kommunikativer Deutlichkeit, 1.2.1.4., S. 46.) oder zum Rückgang entbehrlicher Homonyme. So hat z.B. das entlehnte Wort Insel (lat. insula) die entsprechende Bedeutung aus polysemen Wörtern Au, Werder verdrängt.

Oder die Entlehnung der Farbbezeichnung violett (17. Jh.) hat das Homonym braun "veilchenblau, violett" verschwinden lassen.

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