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Лексикология современного немецкого языка 36 :: 37 :: 38 :: Содержание 1.2. KOMMUNIKATIV BEGRÜNDETE SYSTEM-VERÄNDERUNG DES WORTSCHATZES BZW. DES LEXIKONS

1.2.1. WORTSCHATZERWEITERUNG DURCH SEMANTISCHE DERIVATION BZW. BEDEUTUNGSWANDEL

1.2.1.1. Allgemeines

Unter semantischer Derivation bzw. Bedeutungswandel versteht man die Bedeutungsveränderung der Wörter, die sich im Laufe der Zeit bei diesen sprachlichen Zeichen einstellt, bedingt durch Wesen und Charakter der Sprache als soziales Phänomen.

Der Bedeutungswandel tritt gesetzmäßig im Zusammenhang mit dem Sachwandel ein, denn die Gegenstände und Erscheinungen der Wirklichkeit befinden sich in einem Zustand dauernder Veränderung. So ist z.B. Bleistift heute "ein von Holz umschlossener Graphitsüft zum Schreiben". Die im 17. Jahrhundert belegte ursprüngliche Form Bleystefft (eine Klammerform für Bleyweißstefft) zeugt davon, dass Stifte zum Schreiben aus einem anderen Material hergestellt wurden. Das Formativ blieb, als man im 18. Jahrhundert zu Graphitstiften (-minen) mit Tonzusatz überging.

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Aber außer diesem Bedeutungswandel gibt es auch eine Veränderlichkeit der Bedeutung von einer anderen, viel komplizierteren Art, was aus der Analyse alter Sprachdenkmäler besonders deutlich hervorgeht. Eine der größten Schwierigkeiten für das Verständnis eines mittelhochdeutschen Textes, schreibt W. Porzig58, bieten Wörter, die scheinbar bekannt und heute noch geläufig sind, aber etwas ganz anderes bezeichnen, als wir heute darunter verstehen.

So fängt Walther von der Vogel weide (ca. 1160-1227) ein Gedicht mit folgenden Worten an:

Ich hört ein wasser diessen Und sack die vische fliessen.

In der Gegenwartssprache/Z/e/?r nur das Wasser, bei Walther von der Vogelweide fließen auch die Fische, die im Deutsch von heute schwimmen. Schwimmen konnte zu Walthers Zeit nur ein Mensch oder ein Schiff, überhaupt etwas, was die Oberfläche des Wassers bricht. Was sich ganz im Wasser befand, das floss, wenn es sich selbst bewegen konnte, wenn es nur da-hintrieb, so schwebte es. In der Gegenwartssprache dagegen kann etwas nur in der Luft schweben, nicht im Wasser, vgl. ein Adler schwebt hoch in der Luft. Die Verben fließen, schwimmen, schweben sind also heute wie damals vorhanden, aber sie bezogen sich ehemals auf andere Sachverhalte.

Aber im Zusammenhang mit der Wortschatzerweiterung wären hier zahlreiche Bedeutungsentwicklungen zu nennen, die den Bedeutungsumfang eines Lexems oder seine Bedeutungsstruktur erweitern. Das geschieht, indem dasselbe Formativ zur Bezeichnung eines neuen Sachverhalts ausgewertet wird neben des bereits vorhandenen.

So erhielt ein altes gemeingermanisches Wort Netz zu seiner herkömmlichen Bedeutung "geknüpftes maschenförmliges Gebilde" durch den Meta-phorisierungsprozess zusätzlich ein Semem "System aus vielen sich vielfältig kreuzenden, miteinander verbundenen Strecken und Linien" - Stromnetz, Eisenbahnnetz, Verkehrsnetz.

Wichtige Erkenntnisse vermittelt in Bezug auf die Polysemie die kognitivorientierte Psycholinguistik. Erstmals in der Geschichte der Semasiologie wurden die grundlegenden Faktoren erschlossen, die den regelmäßigen Charakter dieses Prozesses sichern und abhängig machen vom (I) Typ der Lexeme und (2) vom Typ der begrifflichen Abstraktion. Danach sind semantisch ableitbar in erster Linie Konkreta, weil die semantische Struktur der konkreten Namen über Elemente verfugt, deren Grundlage weitere derivative Prozesse ermöglicht (Metaphoriesiemng, Metonymisierung). Der zweite Faktor, der die Produktivität der semantischen Ableitung erklärt, ist Grad der begrifflichen Abstraktion, wie das in der bezeichneten Disziplin unterschieden wird. Danach ist am produktivsten der mittlere Grad bzw. die mittlere Stufe der Abstraktion, so z.B. von den Substantiven:

Säugetier - Hund - Spürhund

kommt sie dem Substantiv "Hund" zu, weil Lexeme dieser Stufe dem Menschen begrifflich relevanter sind als die anderen.

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Einen bedeutenden Beitrag zur Polysemie der deutschen Spache hat I. G. Olsanskij geliefert59.

Die semantische Derivation kann erfolgen, indem dasselbe Formativ zur Bezeichnung nicht nur neuer Sachverhalte verwendet wird, sondern auch zur Schaffung expressiver, stilistisch markierter Synonyme zu den bestehenden Lexemen. Sie sind wertenden, meistens abwertenden Charakters. So ist Huhn nicht nur Bezeichnung einer Geflügelart, sondern auch die einer Person, vgl. salopp: Dieser Mensch ist ein dummes, verdrehtes, verrücktes Huhn. Lappen ist nicht nur ein Stück Stoff, Fetzen (zum Waschen, Wischen, Polieren usw.), sondern eine umgangssprachliche Bezeichnung für Geldschein: er blätterte einige Lappen auf den Tisch. Waschlappen ist "ein feiger, energieloser, charakterschwacher, weichlicher Mensch".

Der Bedeutungswandel kann also ein Semem betreffen und es kann zur Entwicklung neuer Sememe innerhalb der semantischen Struktur des Lexems führen.

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