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Лексикология современного немецкого языка 39 :: 40 :: 41 :: 42 :: 43 :: 44 :: 45 :: Содержание 1.2.1.3. Die Arten des Bedeutungswandels

Die Untersuchung der Arten des Bedeutungswandels und ihre Klassifizierung ist vielleicht das älteste Anliegen der Semasiologie. H.Kronasser führt zehn verschiedene Betrachtungsmöglichkeiten an. Er stellt jedoch fest, dass es vorläufig nicht möglich ist, ein befriedigendes System aller Arten des Bedeutungswandels zu geben. Die wichtigsten Klassifikationen sind die logische und die psychologische Klassifikation.

Die logische Gliederung entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus der alten rhetorischen Gliederung. Sie basiert auf der quantitativen Gegenüberstellung der Bedeutung vor und nach dem Bedeutungswandel. Die psychologische Gliederung basiert auf den Assoziationen und stützt sich auf die psychologischen Arbeiten, vor allem auf die von Wundt61. Da die logische Klassifikation es ermöglicht, die wichtigsten Arten des Bedeutungswandels zu erfassen, wird sie auch heute neben anderen Gliederungsmöglichkeiten ausgewertet.

Das logische Prinzip setzt, wie erwähnt, die Gliederung vom quantitativen Standpunkt voraus. Danach kann es nur drei verschiedene Kategorien geben. Die neue Bedeutung ist quantitativ größer, kleiner oder gleich. Dieser Umstand bedingt die logische Gliederung des Bedeutungswandels, die nachstehend dargelegt wird.

Die logische Klassifikation unterscheidet drei Arten des Bedeutungswandels: 1. Bedeutungserweiterung; 2. Bedeutungsverengung; 3. Bedeutungsübertragung und - Verschiebung.

1. Die Bedeutungserweiterung meint die Erweiterung des Bedeutungsumfanges eines Wortes nach dem Prozess des Bedeutungswandels. Der parallele Terminus für die Bedeutungserweiterung ist die Generalisierung der Bedeutung. Beispiele:

machen - ein westgermanisches Wort (engl. make), verwandt mit griech. mässein (kneten), russ. mazat' "bestreichen, schmieren". Als Grundbedeutung ist "kneten, formen, zusammenfügen (beim Lehmbau)", dann "zurechtmachen, in Ordnung bringen" anzunehmen. Die Bedeutung hat sich dann verallgemeinert. Heute gehört machen zu den Lexemen mit erweiterter se-mantischer Grundlage.

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gehen - Die Grundbedeutung des westgermanischen Verbs gehen ist "mit den Füßen schreiten" (von Menschen und Tieren). Es hat sich aber auch zu einer allgemeinen Bezeichnung für Bewegung jeder Art entwickelt.

Sache - Das im heutigen Sprachgebrauch gewöhnlich im allgemeinen Sinne von "Ding, Gegenstand, Angelegenheit" verwendete Wort stammt aus der germ. Rechtssprache und bezeichnete ursprünglich die Rechtssache, den Rechtsstreit vor Gericht.

fertig - aus Fahrt abgeleitet, bedeutete das Wort ahd. und mhd. eigentlich "zur Fahrt bereit, reisefertig sein". Daraus hat sich schon im Mhd. die allgemeine Bedeutung "bereit" entwickelt, die dann zu dem jetzigen Sinn "zu Ende gebracht, zu Ende gekommen" führte.

Bei der Bedeutungserweiterung handelt es sich also um die Bedeutungsentwicklung vom Konkreten zum Abstrakten, vom Einzelnen zum Allgemeinen.

Die Bedeutungserweiterung ist oft eine Begleiterscheinung des Übergangs der Wörter aus einem fachsprachlichen Bereich in die Allgemeinsprache. Vgl. die ursprüngliche Bedeutung von Sache in der Rechtssprache und im Allgemeinwortschatz. Zahlreiche Beispiele der Bedeutungserweiterung bieten ferner Wörter und feste Wortkomplexe, die aus dem Sonderwortschatz der Sportler in die Gemeinsprache übernommen wurden: So bedeutet (gut) in Form sein in der Gemeinsprache nicht "in guter sportlicher Form" im Sinne der Leistungsfähigkeit, Kondition, sondern allgemein "sich gut fühlen", "etwas gut machen", z.B. der Minister war bei der Debatte glänzend in Form. Oder starten heißt in der Gemeinsprache nicht "den Wettlauf, das Rennen usw. beginnen", sondern überhaupt etw., z.B. "ein neues Unternehmen beginnen".

2. Die Bedeutungsverengung ist das Gegenteil zur Bedeutungserweiterung. Die Bedeutungsverengung besteht darin, dass ein Wort mit einem ursprünglich weiten Bedeutungsumfang später nur noch einen Teil des ursprünglichen Anwendungsbereichs aufweist. Der parallele Terminus für die Bedeutungsverengung ist die Spezialisierung der Bedeutung. Beispiele:

fahren - bezeichnete ursprünglich jede Art der Fortbewegung wie "gehen, reiten, schwimmen, im Wagen fahren, reisen". Das zeigen noch Ausdrücke wie fahrendes Volk, fahrende Habe, der Fuchs fährt aus dem Bau, mit der Hand über das Gesicht fahren usw. Im Deutsch von heute versteht man aber unterfahren nur die Fortbewegung auf Wagen, Schiffen, mit der Bahn u.a.

reiten - bedeutete im Mittelalter jedes Schaukeln (Fortbewegung), z.B. in einem Wagen, in einem Schiff, an einem Strick, aber heute bezeichnet es nur eine ganz bestimmte Art, "sich eines Pferdes oder eines ähnlichen Tieres zur Fortbewegung zu bedienen".

Ein Sprichwort - bezeichnete ursprünglich eine geläufige Redewendung, erst in neuerer Zeit wurde es eingeengt auf die Bedeutung "kurzer, volkstümlicher Satz, der eine praktische Lebensweisheit enthält". Die alte erweiterte Bedeutung ist in einigen festen Wortkomplexen erhalten geblieben: etw. zum Sprichwort machen', zum Sprichwort werden (= sprichwörtlich werden).

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Diese Bedeutungsspezialisierung ist insofern typisch, als hier ein Übergang aus dem Allgemeinwortschatz in die Fachlexik der Sprachwissenschaft vorliegt.

3. Die Bedeutungsübertragung. Das Wesen der Bedeutungsübertragung besteht darin, dass neue Sachverhalte mit bereits bestehenden Wortkörpern oder Formativen auf Grund einer Ähnlichkeit, Assoziation benannt werden. Es handelt sich in diesem Fall, genauer gesagt, um Bezeichnungsübertragung.

Je nach den Assoziationen können sich die Arten der Bezeichnungsübertragung unterscheiden: die Assoziation kann auf einer Ähnlichkeit und auf einer unmittelbaren Beziehung in Zeit, Raum usw. beruhen. Ähnlichkeit (Vergleich) zwischen zwei Begriffen ergibt die Metapher, eine unmittelbare Beziehung zwischen zwei Begriffen ergibt die Metonymie.

Metapher. Die Metapher (meta - "über", phero - "trage") ist die Übertragung der Namensbezeichnung auf Grund einer (äußeren und inneren) Ähnlichkeit. So ist Schlange "lange Reihe wartender Menschen:" eine metaphorische Übertragung der Namensbezeichnung Schlange "Schuppenkriechtier" auf Grund äußerer Ähnlichkeit. Somit bedeutet Schlange 1. "Schuppenkriechtier", 2. "lange Reihe wartender Menschen". Diesen Vorgang kann man übersichtlich folgenderweise umschreiben: Das Wort A (Formativ a + Bedeutung a) bezeichnet die Denotatenklasse A' (Schlange "Tier"). Mit der Übertragung auf die Denotatenklasse B' ("lange Reihe wartender Menschen") erhält das Wort A (Schlange) noch zusätzlich die Bedeutung b ("lange Reihe"), so dass nun an das Formativ zwei Bedeutungen (a+b) gebunden sind - der Bedeutungsumfang hat sich erweitert. In diesem Fall ist die Entwicklung in der semantischen Struktur des Lexems Schlange eines neuen Semems oder einer lexisch-semantischen Variante ("lange Reihe") - das Ergebnis der metaphorischen Übertragung. Die Metapher ist also 1. ein Prozess und 2. das Resultat der Bezeichnungsübertragung - die neue übertragene Bedeutung eines Lexems.

In der semantischen Struktur des Lexems Schlange gibt es bekanntlich andere, auf dem Wege der metaphorischen Bezeichnungsübertragung gewonnene, lexisch-semantische Varianten. So besteht auf Grund derselben Assoziation - eines langgestreckten, sich windenden Körpers der Schlange - noch die Benennung "eines alten Geschützes" mit kleinem Kaliber, aber langem Rohr, das die Treffsicherheit erhöhen sollte (Feldschlange'), ferner Heizschlange, Papierschlange. Auf Grund einer anderen Assoziation (Giftzähne der Schlange) hat sich die übertragene Bedeutung "falsche, hinterhältige Frau" entwickelt.

In allen bezeichneten Fällen beruht die Übertragung auf Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen Primär- und Sekundärsignifikat, was wiederum seine Ursachen in den Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen den Denotaten hat.

Das Resultat der metaphorischen Übertragung - die übertragene Bedeutung - ist nicht unbedingt eine Nebenbedeutung in der semantischen Struktur eines Lexems. Es sind auch Fälle bekannt, wo die Sekundärbedeutung zur Hauptbedeutung geworden ist, z.B.:

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ausspannen - "ausruhen"- Metapher zu "Pferde aus dem Geschirr nehmen". Die Sekundärbedeutung ist heute Hauptbedeutung.

sich zügeln - "sich zurückhalten" - Metapher zu "die Zügel straffen", d. i. "zurückhalten" (seit dem 18. Jh. übertragen), heute ist die metaphorische Bedeutung Hauptbedeutung62.

Viele Verben des Denkens, wie Th.Schippan bemerkt, sind metaphorisch aus dem Bereich manueller Tätigkeit gewonnen: "sich etwas vorstellen", "etwas überlegen", "etwas abwägen" u.a.

Die Metaphern sind polyfunktional. Sie können eine rein benennende Funktion erfüllen, z.B. Heizschlange, Feldschlange und eine wertende, oft abwertende Funktion, wie z.B.: Du falsche Schlange! Heimtückische Schlange!

Die benennenden und wertenden oder charakterisierenden Metaphern gehören zum lexikalisch-semantischen System. Sie sind in jeder Sprachgemeinschaft gut bekannt und geläufig, das ist zum Teil schon in ihrer Bezeichnung Gebrauchsmetaphern angedeutet.

Von der Produktivität der metaphorischen Übertragung dieser thematischen Gruppe, der Tiermetaphern, zeugt übrigens eine Reihe verbaler Bildungen wie fuchsen, ochsen, büffeln, unken, äffen, eseln, wobei die verbalen Tiermetaphern vielfach mehrdeutig sind. So bedeutet fuchsen (ugs.) nicht nur "betrügen", sondern auch "jmdn. plagen, schikanieren", eine Bedeutung, die vermutlich auf das heute veraltete Fuchs = "Student jüngerer Semester" zurückgeht, der von seinen älteren Kommilitonen schlecht behandelt, herabgewürdigt wird63. Oder eseln (ugs.) heißt: 1. "arbeiten", 2. "reinfallen" (beim Kartenspiel), 3. "dumm handeln", 4. "jmdn. verulken, narren".

Obgleich die metaphorische Übertragung eine Realität der meisten entwickelten Sprachen ist, stellt das Resultat der metaphorischen Übertragung, d.h. die übertragenen Bedeutungen selbst, vielfach ein Produkt nationaler Sprachschöpfung dar. Das fällt auch bei den Gebrauchsmetaphern des Deutschen im Vergleich mit denen des Russischen auf. Ein Teil dieser Lexik wird in den beiden Sprachen allerdings übereinstimmend gebraucht.

So ist ein Hase - "ein furchtsamer Mensch", ein Fuchs - "ein listiger", ein Pfau - "ein eitler", eine Pute - "eine aufgeblasene dumme Person" u.a. Aber solche metaphorische Übertragung wie z.B. Birne, als eine abwertende saloppe und grobe Bezeichnung für "Kopf kennt die russische Sprache nicht.

Eine metaphorische Übertragung kann auch auf Grund einer Ähnlichkeit nach der Funktion erfolgen. Zwischen den beiden Größen - Primär- und Sekundärsignifikat - bestehen dementsprechend Ähnlichkeitsbeziehungen nach der Funktion. Bekannte Beispiele für solche Übertragungen sind Hund für den Förderkarren im Bergwerk (ursprünglich von Hunden befördert).

Oder Feder - ursprünglich "zum Schreiben zugeschnittene Schwungfeder eines Vogels", dann auch auf Stahlfeder auf Grund derselben Funktion übertragen.

Fensterscheibe - bezeichnete ursprünglich "eine runde Butzenscheibe", d.h. eine runde, in der Mitte verdickte Glasscheibe. Heute wird die Bezeichnung Scheibe in der Zusammensetzung Fensterscheibe weiter gebraucht, obgleich sie längst nicht mehr rund ist.

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Brille - war urspünglich "eine aus Beryll (Edelstein mit schönen Prismenkristallen) verfertigte Augenlinse". Für die Linsen der ersten, um 1300 entwickelten Brillen verwandte man geschliffene Berylle (mhd. berillus, be-rille, barille), nachdem man deren optische Eigenschaft, Gegenstände stark zu vergrößern, erkannt hatte. Der Name wurde auch später beibehalten, als man dazu überging, die Linsen aus Bergkristall bzw. aus dem wesentlich billigeren Glas zu schleifen.

Eine Sonderart der Metapher ist die Synästhesie64, die Übertragung von einem Sinnesbereich auf einen anderen. Wörter werden aus dem Bereich eines Sinnes oder einer Gefühlsempfindung auf den Bereich einer anderen Sinnesempfindung übertragen, z.B. von akustischer zu optischer Wahrnehmung: schreiende Farben, von optischer zu akustischer Wahrnehmung: dunkle Töne, helle Stimme.

Bei der synästhetischen Metapher verweist St. Ullmann auf eine Tendenz: Die Übertragung von den "niederen" Sinnen auf "höhere" ist wesentlich häufiger als umgekehrt. So ist der Ausgangspunkt der synästhetischen Übertragung vorwiegend der taktile Bereich (der Tastsinn), Ziel der Übertragung ist am häufigsten die Bezeichnung einer akustischen Wahrnehmung, vgl. weiche Töne, harte Töne, harte Worte, harte Aussprache.

Die Synästhesie ist seit der Antike in verschiedenen Sprachen bekannt und produktiv: (engl.) cold voice, piercing sound, loud colors; (franz.) cou-leur criarde', (ital.) colore stridente u.a.m.

Die Synästhesie gehört nach St. Ullmann zu denjenigen Erscheinungen des semantischen Wandels, die als semantische Universalien zu betrachten sind. Dazu zählt er alle metaphorischen Übertragungen:

(1) "Expansion" auf Grund emotionaler Ladung, (2) "Anthropomorphis-mus", wie in: Flaschenhals, Flußarm; (3) "Übertragung von konkret zu abstrakt", wie in: ein warmer Empfang', (4) "Synästhesie"65.

Die Erweiterung des Bedeutungsumfangs von Lexemen durch metaphorische Bezeichnungsübertragung ist in der Gegenwartssprache sehr produktiv. Mit Recht betont Th. Schippan diesen Umstand, indem sie schreibt: "Entgegen allen Annahmen, dass mit der Tendenz stärkerer Wissenschaftlichkeit und Abstraktheit die Metapher als semantisches Modell für Neubenennungen zurücktrete, nehmen metaphorische Bezeichnungsübertragungen zu. In Wissenschaft und Technik, Politik und Kultur werden Bezeichnungen mit einer metaphorischen Konstituente gebildet. Ohne Zweifel wirkt hier das Prinzip der Verdeutlichung und Veranschaulichung als Regulator. Durch die metaphorische Konstituente werden bestimmte Merkmale des Denotats hervorgehoben: Impfpistole, Kobaltkanone, Magnetkissen, Schaumbeton, Herzschrittmacher1'66.

Durch die metaphorische Bezeichnungsübertragung vorhandener Wort-formative entstehen in der Gegenwartssprache Benennungen, die das Denotat sprachökonomisch und wertend bezeichnen. Vgl. die vor kurzem aufgekommene übertragene Bedeutung zu Senkrechtstarter (Coleopter): jmd., der ohne lange Anlaufzeit eine ungewöhnlich steile Karriere macht; etw., was plötzlich ungewöhnlich großen Erfolg hat, z.B. ein Senkrecht-

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Starter in der Politik sein; ihr neues Buch entpuppte sich als Senkrechtstarter67.

Metonymie. Die Metonymie (griech. metä - "über", 'onoma - "Name") ist auch eine Art Bezeichnungsübertragung auf Grund mannigfaltiger Bedeutungsbeziehungen. Diese sind räumlicher, zeitlicher, ursächlicher Art, Beziehungen zwischen Handlung und Resultat der Handlung, Subjekt der Handlung, Mittel und Werkzeug der Handlung u.a.

Im Wortbestand des Deutschen gibt es Lexeme, die Produkt mehrstufiger metonymischer Bedeutungsveränderungen darstellen. Zu solchen gehört z.B. Person. Dieses Wort ist im Deutschen seit dem 13. Jh. bezeugt. Es beruht auf der gelehrten Entlehnung aus dem lat. persona "Maske des Schauspielers". Im römischen Drama wurden auf der Bühne Masken verwendet, die je nach der dargestellten Rolle wechselten. Bald bekam persona die Bedeutung "durch eine Maske dargestellter Charakter", und sodann "Charakter (allgemein)". Daraus entwickelte sich die Bedeutung "Darsteller oder Repräsentant eines Charakters", späterhin "Repräsentant oder Vertreter (allgemein)".

Somit hat das Wort Person erhebliche Bedeutungsveränderungen erfahren - von der Bezeichnung für einen Teil der Theaterkostümierung über die Benennung für ganz bestimmte menschliche Rollen bis zu einer allgemeinen Bezeichnung für einen Menschen, eine Person schlechthin68. Also: Person > Maske > Rolle > Charakterrolle > Mensch.

Eine mehrstufige Bedeutungsentwicklung ist bei Mahlzeit belegt: "Zeitpunkt, festgesetzte Zeit" > "Essenszeit" > "Essen" > "Gruß am Mittag." Zeitliche oder temporale Bedeutungsbeziehungen verursachtet ferner den Bedeutungswandel des Wortes Mittag (m): "Zeitpunkt, Tagesmitte" > Essen, Mittagessen > "Mittag" (s).

Räumliche oder lokale Bedeutungsbeziehungen haben den Bedeutungswandel verursacht, wenn heute Auditorium im Sinne "Zuhörerschaft" gebraucht wird. Vgl. auch folgenden Wortgebrauch: die letzte Bank ("die Schüler der letzten Bank") hat nicht aufgepasst; das ganze Hotel ("alle Hotelgäste") wurde wach; die Schule ("alle Schüler") macht einen Ausflug.

Ursächliche oder kausale Bedeutungsbeziehungen haben die Bedeutungsveränderung in den Fällen bewirkt, wenn die Namen der Erfinder für Erfindungen selbst gebraucht werden, z.B. Röntgenstrahlen: Die elektromagnetischen Strahlen sind nach dem Physiker Wilhelm Conrad Röntgen (1845 - 1923) benannt. Röntgen selbst nannte sie X-Strahlen "unbekannte Strahlen";

pasteurisieren - durch Erhitzen auf etwa 65 °C haltbar machen - ist nach Louis Pasteur (1822-1895) bezeichnet.

Oder Bedeutungsbeziehungen zwischen Produkt und Herstellungsort: Champagner (nach der französischen Provinz Champagne), Tokaier (nach der ungarischen Stadt Tokaja), Tüll (nach der französischen Stadt Tülle); Achat (nach dem Fluss Achates in Sizilien).

Oder Bedeutungsbeziehungen wie pars pro toto ("ein Teil für das Ganze"): er ist ein heller, kluger Kopf "er ist klug", er ist ein Dumm-, Schafs-, Schwachkopf "er ist dumm".

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Maske "maskierte Person", Blaustrumpf (scherzhaft für gelehrte Frau).

Linguisten, die sich mit den Entwicklungstendenzen der deutschen Gegenwartssprache befassen, betonen die Produktivität der Metonymie in der Erweiterung des Lexikons69. Die Metonymik spielt in der Benennung neuer Erscheinungen in der gesellschaftlichen Praxis neben der Metaphorik eine sehr wichtige Rolle.

Ein weiterer Typ des universellen semantischen Sprachwandels ist der Euphemismus.

Euphemismus. Unter Euphemismus versteht man eine verhüllende, mildernde, beschönigende Ausdrucksweise. Der Gebrauch von Euphemismen kann ebenfalls Grund für die Bedeutungsentwicklung sein.

Der Anlass für den Gebrauch von Euphemismen kann verschieden sein:

(a) Furcht vor natürlichen oder übernatürlichen Wesen in alter Zeit. Für diesen Typ wird vielfach der parallele Terminus "Tabu", "Tabuwörter" gebraucht. Die bekanntesten Tabuwörter in den germanischen Sprachen sind abergläubischer und religiöser Art: Gottseibeiuns, der Böse, der Schwarze, der Versucher für den "Teufel", der Braune für "Bär". Man fürchtete den Bären im nördlichen Europa und hütete sich, seinen Namen auszusprechen, um ihn damit nicht herbeizurufen. Das Tabuwort bero "der Braune" trat dafür ein.

(b) Zartgefühl in unangenehmen Situationen. Die Euphemismen verfolgen hier eine schonende Wirkung: verscheiden, einschlafen, entschlafen, die Augen für immer schließen für "sterben"; Unwohlsein, Unpässlichkeit für "Krankheit".

(c) Prüderie: Freundin für "Geliebte", in anderen Umständen sein für "schwanger sein", ein Verhältnis haben für "ein Liebesverhältnis haben".

(d) Höflichkeit, Freundlichkeit, Scherz, Ironie: stark für "dick", Zweitfrisur für "Perücke", dritte Zähne für "künstliches Gebiss".

Kennzeichnend für die Euphemismen ist aber, dass die verhüllend gebrauchten Wörter meist sehr bald eine Bedeutungsveränderung erfahren. Der Euphemismus nützt sich ab und nimmt die Bedeutung des Wortes an, den er mildernd oder verhüllend nannte.

Eine solche Bedeutungsentwicklung in historisch absehbarer Zeit hat das Adjektiv krank durchgemacht, das in seiner jetzigen Bedeutung das gemeingermanische siech verdrängt hat. Die mhd. Bedeutung von krank war: "schwach, gering, nichtig"; statt siech wurde es besonders für den ansteckenden Zustand der Aussätzigen gebraucht. Die ältere Bedeutung "schwach" hat dieses Wort im 16. Jahrhundert verloren.

Von den erwähnten Euphemismen sind euphemistische Bildungen im Bereich gesellschaftlich-politischer Lexik zu unterscheiden, deren Ziel in der Aufbesserung des tatsächlichen Sachverhalts besteht. Dazu dient "die positive Wertungskomponente", die allen solchen Bildungen eigen ist, vgl. Nachlassen der Konjunktur, konjunktureller Rückgang für "Wirtschaftskrise"; Sozialdienst, Sozialarbeit für "Armenpflege"; Nullarbeit, gesundschrumpfen für "Arbeitslosigkeit, arbeitslos sein"70.

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