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Лексикология современного немецкого языка 207 :: 208 :: 209 :: Содержание 4.2.7. ZUM PROBLEM DER PHRASEOLOGISCHEN MODELLIERUNG

Das Problem der Modellierbarkeit / Nichtmodellierbarkeit der Phraseo-logismen rückte vor allem in den 70er Jahren in den Vordergrund im Zusammenhang mit zwei sich intensiv entwickelnden Aspekten der phraseologischen Forschung - dem Benennungsaspekt und der synchron-vergleichen-den und typologischen Analyse.

Die Untersuchung größerer Gruppierungen von phraseologischen Spracheinheiten vor allem in onomasiologisch strukturierten semantischen Feldern zum einen und die synchron-vergleichende Betrachtung der phraseologischen Systeme verschiedener Sprachen zum anderen hat mit aller Deutlichkeit gezeigt, dass im Bereich des Phraseologischen, d.h. in der Phrasembildung, wie auch auf den anderen Ebenen der Sprache Elemente des Regulären feststellbar sind.

Elemente des Regulären lassen sich vor allem nach der phrasembilden-den Basis nachweisen.

So bestimmt die phrasembildende lexikalische und syntaktische Basis die potentiellen semantischen und strukturell-semantischen Spezifika der davon abgeleiteten Phraseologismen. Hier sind grundsätzlich zwei phrasembildende Basen zu unterscheiden: (a) Grundlexeme, (b) variable Syntagmen und Sätze.

Im Fall (a) geht es um Phraseologismen, die aufgrund der semantischen Umdeutung eines Lexems, des Grundlexems entstehen. Es handelt sich hierbei um solche Lexeme wie Bezeichnungen für Körperteile, Tier- und Pflanzennamen, bei denen der Sembestand die Entwicklung der Phraseologismen sowie der phraseologischen Reihen oder Serien programmiert. Ein beweiskräftiges Material des regulären Charakters der semantischen Motiviertheit dieses Typs ist am Beispiel der Phraseologismen mit der Grundkonstituente "Kopf" zu zeigen, deren serienhafter Charakter durch den Sembestand des Wortes determiniert ist.

Das Lexem "Kopf wird in der deutschsprachigen Lexikographie folgenderweise definiert: "Oberster, als Sitz des Gehirns und Zentrum der Sinnesorgane wichtigster Körperteil des Menschen, der Tiere" (WDG). So formiert sich z.B. auf Grund des Sems "oberster Körperteil" die semantische Entwicklungslinie "Raum", "Kontrastierung des Raumes", die ein Phraseo-sem bildet, auf dessen Basis dann folgende phraseologische Reihe entsteht:

von Kopf bis Fuß; bis über den Kopf in Schulden stecken; jmdm. über den Kopf wachsen; Hals über Kopf.

Auf Grund des Sems "Sitz des Gehirns" formiert sich die semantische Entwicklungslinie "Denkfähigkeit und Leistung"

jmd. hat Kopf ugs. Köpfchen "ist klug";jmd. ist nicht auf den Kopf gefallen ugs. "gewitzt, nicht dumm sein; sich den Kopf zerbrechen ugs. "sehr angestrengt über etw. nachdenken"; sich etw. durch den Kopf gehen lassen ugs. "über etw. angestrengt nachdenken"46.

Semantisch ist bei dieser Phrasembildung ebenfalls etwas Reguläres zu beobachten. Wenn z.B. die Basis Grundlexeme des Typs animalistischer Lexik

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bilden wie Hund, Schwein, Affe, Ziege, Pferd, dann entstehen Phraseologis-men, die neben verschiedenen Einzelbedeutungen der phraseologischen Serien das eine typologisch gemeinsame semantische Merkmal besitzen - sie drücken die sozial gezielte Wertung der Charaktereigenschaften und der Haltung des Menschen aus. Diese Semantik findet oft Ausdruck in den komparativen strukturellen Modellen. Vgl. arbeiten wie ein Pferd, leben wie ein Hund, wählerisch wie eine Ziege.

Sind die phrasembildende Basis Somatismen wie Hand, Kopf, Auge, Herz, Ohr, so ist das gemeinsame typologische Merkmal - Ausdruck von emotionalen, mentalen Eigenschaften und verschiedenen Handlungen des Menschen. Vgl. die nachstehenden Phraseologismen mit der Grundkonstituente "Herz":

jmdm. ist (wird) das Herz schwer "jmd. ist (wird) sehr traurig, hat großen Kummer"; ein Herz für jmdn., etw. haben "Interesse, Sympathie für jmdn., etw. haben"; seinem Herzen Luft machen ugs. "sich über etw., was einen ärgert, mit einiger Heftigkeit äußern"; jmdn. in sein Herz schließen "jmdn. lieb gewinnen, eine starke Zuneigung zu jmdm. fassen".

Im Fall (b), wenn die phrasembildende Basis variable Syntagmen oder Sätze sind, so trägt die Modellierbarkeit der Phraseologismen stets einen potentiell-wahrscheinlichen Charakter. Dies bedeutet folgendes:

Ein Wortkomplex mit konkret-gegenständlicher Bedeutung kann in der betreffenden Sprache durch bildliche Übertragung eine phraseologische Bedeutung erlangen, muss es aber nicht; falls nun eine solche phraseologische Umdeutung geschehen ist, so können Richtung, Umfang und Resultat sehr verschieden sein. Statt eindeutiger Determinationsbezeichnungen zeigen sich bei der Bildung von Phraseologismen nur bestimmte Präferenzen, mehr oder weniger typische Fälle und bevorzugte Korrelationen. Diese Umstände schränken den theoretischen und besonders den praktischen Wert der strukturell-semantischen Modellierung in der Phraseologie ein47.

Das ist der Grund, weshalb die führenden Phraseologieforscher der 60er Jahre, wie N. N. Amosova, V. L. Archangelsk!]', A. V. Kunin u.a. die struktu-rell-semantische Modellierung der Phraseologismen im Sinne der produktiven Modelle der Generierung ablehnten.

Andererseits haben die onomasiologisch strukturierten lexikalisch phraseologischen Felder mit solchen Archilexemen wie "irreführen, betrügen", "tadeln", "sterben" gezeigt, welche Regelmäßigkeiten in der phraseologischen Nomination feststellbar sind. Zwar wirkt ein jeder Phraseologismus, wie es in der einschlägigen Forschung mehrfach betont wurde, individuell, aber innerhalb der größeren semantischen Bereiche wie die oben genannten Gruppierungen von Lexemen und Phraseologismen lassen sich invariante Motivationsmodelle feststellen, die dann strukturell-semantisch "individuell" variiert werden. Vgl. das Motivationsmodell "zu atmen aufhören" im lexikalisch-phraseologischen Feld "sterben" und seine strukturell-semantischen Variierungen: die letzten Atemzüge tun, den letzten Atem aushauchen, den letzten Hauch von sich geben, den letzten Seufzer tun, 's Atemholen vergessen (landsch.), das Atmen vergessen (sold.). Vgl. ferner das Motivationsmodell

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"zu essen aufhören" und seine strukturell-semantischen Varianten: den Löffel sinken lassen, den Löffel wegwerfen (wegschmeißen}, den Löffel abgeben, 's letzte Brötche gefressen haben (landsch.), 's Brotessen vergessen (landsch.).

Übereinstimmungen in der inneren Form bestimmter Gruppen der Phra-seologismen der phrasembildenden Basis (b) sind ferner festgestellt am Material der slawischen Sprachen48. Sie geben eine Vorstellung von typischen Wegen, auf denen viele Phraseologismen entstanden sind und eventuell noch heute entstehen. Allerdings sind es nur Modelle der Beschreibung, die zum besseren Verständnis der Tendenzen m der Entwicklung des phraseologischen Korpus der jeweiligen Sprache dienen und keine Regeln, nach denen neue Phraseologismen frei zu bilden wären.

Trotz der beschränkten Rolle der phraseologischen Modellierung im Sinne der Generierungsmodelle lässt die phraseologische Forschung von heute die allgemeinen logisch-semantischen Modelle ermitteln, die für Sekundärbildungen der menschlichen Sprachen typisch sind und die sich auch in der Phraseologie wirksam erweisen. Sie beruhen auf den universellen Gesetzen des menschlichen Denkens, auf gemeinsamen logischen und assoziativen Prozessen, die zur Gewährleistung der emotiven Funktion der Sprache dieselben Mechanismen nutzen und gleiche oder ähnliche komplexe Spracheinheiten entstehen lassen. Hier wären z.B. solche logisch-semantischen Modelle zu nennen wie die Antithese und das Modell der Identität, die bei der Ausformung des deutschen phraseologischen Korpus auch äußerst produktiv sind. Vgl. vor allem zahlreiche Paarformeln, deren Gesamtbedeutung auf Grund der Antithese, d.h. der semantischen Integrierung von antonymischen Lexemen innerhalb einer Wortgruppe entsteht, z.B. Freund und Feind, alt und jung, arm und reich "alle". Außer dieser sehr bekannten Schicht der Phraseologie ist auch ein beträchtlicher Teil der festgeprägten Sätze des Typs Sprichwort mit Hilfe der Antithese ausgeformt, z.B. Friede ernährt, Unfriede verzehrt', Lüge vergeht, Wahrheit besteht; außen blank, innen stank; einmal ist keinmal; der Wölfe Tod ist der Schafe Heil; kleine Ursache, große Wirkung.

Das Modell der Identität, das mit dem Vergleich operiert, ist ebenfalls ein generelles logisch-semantisches Modell der allgemeinen und deutschsprachigen Phraseologie. Neben nahezu 500 stehenden Vergleichen bzw. komparativen Phraseologismen des Deutschen wie: hässlich wie die Nacht "sehr hässlich", sich freuen wie ein Schneekönig "sich sehr freuen" ugs., gibt es auch zahlreiche festgeprägte Sätze, die nach diesem Modell gebildet sind. Vgl.: Besser eine Stunde zu früh als eine Minute zu spät; besser l lieber zu viel als zu wenig.

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