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[Wolfgang_J._Kox,_Claudia_D._Spies]_Check-up_Ans(BookFi.org)

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Schmerztherapie

550 C-1.3 · Psychologische Schmerztherapie

sich als Hauptproblem, dass die Adjektive bei den Patienten sehr unterschiedliche Assoziationen auslösen, weshalb dieses Verfahren mit einem systematischen Fehler behaftet ist und kaum noch verwendet wird.

Konventionelle Aktenführung

Bei Patienten, die im Rahmen des APS (Acute Pain Service) oder nur kurzfristig im Rahmen des CPS (Chronic Pain Service) gesehen werden, erfolgt die Dokumentation in Patientenakten unter Verwendung von speziellen Formularen.

C-1.3 Psychologische Schmerztherapie

Der in der Schmerztherapie arbeitende Anästhesist benötigt ein Wissen über Inhalte der psychologischen/ psychotherapeutischen Tätigkeit, um Schmerzpatienten auf eine psychologische Behandlung vorbereiten und deren Notwendigkeit verdeutlichen zu können. Der Indikationsstellung für eine psychologische Therapie geht die vom Psychologen durchgeführte psychosoziale Diagnostik voraus, anhand derer die individuellen Therapieziele bestimmt werden.

Die psychologischen Behandlungsverfahren lassen sich unterscheiden in psychologische Schmerztherapie

und in Psychotherapie. Zur psychologischen Schmerztherapie gehören im Wesentlichen Verfahren zur Schmerzbewältigung sowie solche verhaltenstherapeutischen Verfahren, die Verhaltensweisen verändern, welche die Schmerzen auslösen bzw. aufrechterhalten (z. B. lernen, sich abzugrenzen, Nein zu sagen).

Psychotherapie, bei der nicht die symptomorientierte psychologische Schmerztherapie im Vordergrund steht, ist indiziert, wenn chronische Schmerzen z. B. als Belastungsreaktionen im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung, als Somatisierung psychischen Leidens oder auf der Basis früherer Belastungen zu verstehen sind ( Tabelle C-1).

Beachte: Patienten mit Somatisierungstendenzen sind meist davon überzeugt, dass ihre Beschwerden ausschließlich organisch bedingt seien, auch wenn wiederholte Untersuchungen keine relevanten Organbefunde ergeben. Diese Patienten sind selten für ein herkömmliches psychotherapeutisches Verfahren zu gewinnen. In diesen Fällen ist es häufig sinnvoll, sie über den Aufbau von tragfähigen Beziehungen und das Erlernen von Schmerzbewältigungsstrategien in einem zweiten Schritt zur Aufnahme einer Psychotherapie zu bewegen.

C-2

Einzelne Schmerzsyndrome

Kopfschmerzen

M. Schenk, H. Urnauer

C-2.1 Migräne 552

C-2.2

Kopfschmerzen vom Spannungstyp 554

C-2.3 Atypischer Gesichtsschmerz 555

C-2.4 Clusterkopfschmerz 556

C-2.5 Medikamenteninduzierter Kopfschmerz 557

C-2.6 Trigeminusneuralgie 558

Schmerztherapie

552 C-2.1 · Migräne

Klassifikation

Die Klassifikation erfolgt nach den Richtlinien der International Headache Society (IHS) in 13 Gruppen.

Epidemiologie

Migräne und Kopfschmerzen vom Spannungstyp sind für 92% aller Kopfschmerzen verantwortlich

Die Lebenszeitprävalenz liegt bei 80%

Diagnostische Kriterien

Extrem wichtig ist der Ausschluss eines symptomatischen Kopfschmerzes. Die IHS-Kriterien müssen zur Erstellung einer Kopfschmerzdiagnose erfüllt sein. Hilfreich ist die Verwendung von Fragebögen, z. B. des Kieler Kopfschmerzfragebogens. Die Erstanamnese bei Kopfschmerzerkrankungen ist besonders zeitaufwendig und muss u. U. in mehreren Sitzungen durchgeführt werden.

Verlaufsbeobachtung

Sie erfolgt mit Kopfschmerztagebüchern, z. B. dem Kieler Kopfschmerzkalender. Er dient zur Verlaufsund Erfolgskontrolle der Kopfschmerzerkrankung.

Zusätzlich neurologische Symptome, die sich über 5–20 min entwickeln und < 1 h andauern

Sie sind eindeutig dem Hirnstamm oder dem zerebralen Kortex zuzuordnen

Typische Aura

Homonyme Sehstörungen

Dysphasie

Halbseitensymptomatik, z. B. Sensibilitätsstörungen oder Hemiplegie

Dauer < 1 h

Prolongierte Aura

Dauer >1 h und < 1 Woche

Familiäre hemiplegische Migräne

Ein Verwandter 1. Grades hat identische Attacken

Basilarismigräne

Aurasymptome mit Zuordnung zum Hirnstamm oder den Okzipitalislappen

Status migraenosus

Dauer unter Behandlung länger als 72 h

C-2.1 Migräne

Klassifikation

IHS 1.1–1.7.

Diagnostische Kriterien

Migräne ohne Aura

Kopfschmerzattacken, wenigstens 5, mit einer Dauer von 4–72 h (unbehandelt)

Lokalisation einseitig

Qualität pulsierend

Schmerzintensität mäßig bis stark

Übliche Tagesaktivität erschwert oder unmöglich

Verstärkung beim Treppensteigen oder üblicher körperlicher Arbeit

Begleiterscheinungen Übelkeit und/oder Erbrechen und/oder Photophobie und Phonophobie

Migräne mit Aura

Wie bei der Migräne ohne Aura

Epidemiologie

Vorkommen bei ca. 12% der Erwachsenen in Deutschland

Verhältnis Frauen zu Männer = 2 : 1

Mittlere Attackenfrequenz 3 Tage/Monat

Etwa 270 Krankheitstage pro 1000 Beschäftigte pro Jahr

Ätiologie

Unbekannt

Annahme einer neuronalen mitochondrialen Energiereserve-Problematik, die mit einer Reizüberempfindlichkeitsstörung gekoppelt ist

Einfluss genetischer Faktoren

Pathophysiologie

Interaktionen des trigeminalen Systems und anderer Systeme mit intraund extrakraniellen Gefäßen und deren unmittelbarer Umgebung

Kortikale Spreading-Depression durch Überangebot von exzitatorischen Neurotransmittern

C-2 · Kopfschmerzen

Vor und während der Aura Reduktion der zerebralen Perfusion mit nachfolgender Hyperämie

Auslösung teilweise durch Triggermechanismen

Differenzialdiagnosen

Symptomatischer (sekundärer) Kopfschmerz

Zerebrale Ischämien

Andere primäre Kopfschmerzformen

Medikamentöse Therapie

Leichte Migräneattacke

Übelkeit, Magen-Darm-Atonie

Metoclopramid (1. Wahl)

Dosierung: 20 mg Tropfen, Tablette oder Suppositorium

Domperidon (2. Wahl) Dosierung: 20 mg Tropfen

Analgesie

Acetylsalicylsäure (1. Wahl)

Dosierung: 1000 mg p.o. als Brausetablette

Ibuprofen (2. Wahl)

Dosierung: 400–800 mg p.o. oder Supp.

Paracetamol (2. Wahl)

Dosierung: 1000 mg p.o. oder Supp.

Schwere Migräneattacke

Leichte Übelkeit ohne Erbrechen

Naratriptan Dosierung: 2,5 mg p.o.

Rizatriptan Dosierung: 10 mg p.o.

Sumatriptan

Dosierung: 50–100 mg p.o.

Zolmitriptan

Dosierung: 2,5–5 mg p.o.

Starke Übelkeit mit Erbrechen

Rizatriptan Dosierung: 10 mg s.l.

Sumatriptan

Dosierung: 6 mg s.c., 10–20 mg nasal, 25 mg rektal

Zolmitriptan Dosierung: 2,5–5 mg s.l.

553 C-2.1

Medikamentöse Therapie

bei Notfallkonsultation (Status migraenosus)

MCP

Dosierung: 10 mg i.v.

Lysinacetylsalicylat

Dosierung: 1000 mg i.v. zusammen mit MCP über 3–5 min

Alternativ: Sumatriptan

Dosierung 6 mg s.c. oder 1–2 mg Dihydroergotamin s.c.

Dexamethason Dosierung: 24 mg

Furosemid Dosierung: 10 mg i.v.

Medikamentöse Prophylaxe

Bei Migräneattacken mit hoher Auftretenshäufigkeitsrate und Schwere und starker Reduktion von Lebensqualität und beruflicher Leistungsfähigkeit. Die Wirkungsmechanismen für diese Indikation sind nicht bekannt.

Propanolol (1. Wahl)

Dosierung: TD 200 mg p.o./Tag (Weber 1972)

Metoprolol (1. Wahl)

Dosierung: TD 200 mg p.o./Tag (Andersson 1983)

Flunarizin (2. Wahl)

Dosierung: 5–10 mg p.o./Tag (Drillisch 1980)

Interventionelle Schmerztherapie

Keine Indikation

Psychologische Therapieverfahren und Prophylaxe

Intervallprophylaxe

Stressund Reizverarbeitungstraining

Entspannungsverfahren:

Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, Hypnose, autogenes Training

Kognitiv-verhaltensorientierte Verfahren: Wirksamkeit ist gut belegt (Gerber 1986)

Anfallsbehandlung

Biofeedback: Vasokonstriktionstraining (Wirksamkeit insbesondere in Verbindung mit kognitivverhaltensorientierten Verfahren), Hauttemperaturtraining

Schmerztherapie

554 C-2.2 · Kopfschmerzen vom Spannungstyp

Gegenirritationsverfahren

Akupunktur

Physikalische Verfahren

Massagen

Wärmetherapie

Pfefferminzöl in äthanolischer Lösung

Physiotherapie

C-2.2 Kopfschmerzen vom Spannungstyp

Klassifikation

ISH-Code 2

Episodischer Kopfschmerz vom Spannungstyp – ISH-Code 2.1: An weniger als 15 Tagen im Monat, an weniger als 180 Tagen im Jahr, Dauer Minuten bis Tage

Chronischer Kopfschmerz vom Spannungstyp – ISH-Code 2.2: An wenigstens 15 Tagen im Monat an wenigstens 6 Monaten, an mehr als 180 Tagen im Jahr

Diagnostische Kriterien

Qualität drückend, dumpf, ziehend, nicht pulsierend

Lokalisation bilateral, Nacken–Hinterkopf oder Stirn-/Schläfenregion oder auch holenzephal

Intensität leicht bis mittel

Druckdolenz perikranialer Muskeln

Vegetative Begleiterscheinungen gering oder fehlend

Keine Steigerung bei körperlicher Aktivität

Epidemiologie

Häufigste Kopfschmerzform

Bevölkerung zu 40–90% betroffen, 3% der Bevölkerung hat chronischen Kopfschmerz vom Spannungstyp

Etwa 920 Krankheitstage pro 1000 Beschäftigte pro Jahr

Ätiologie

Muskulärer Stress, oromandibuläre Funktionsstörung

Angst/Depression (in ca. 70% vorhanden)

Kopfschmerz als Vorstellung, psychosozialer Stress

Medikamentenabusus (besonders Kombinationspräparate)

Pathophysiologie

Modell der Erkrankung der perikranialen Muskeln und Sehnen (mit klinischer Druckdolenz); initial muskuläre Hypoxien und folgende Mikroläsionen (ausgelöst durch unphysiologische muskuläre Beanspruchung)

In Folge von Dauerschmerz Beginn zentraler Chronifizierungsmechanismen mit Versagen zentraler Inhibitionsmechanismen

Differenzialdiagnosen

Symptomatischer (sekundärer) Kopfschmerz

Andere primäre Kopfschmerzformen

Medikamentöse Therapie

Episodischer Kopfschmerz vom Spannungstyp

Ibuprofen

Dosierung: 200–400 mg p.o.

Paracetamol

Dosierung: 500–1000 mg p.o.

Acetylsalicylsäure Dosierung: 500–1000 mg p.o.

Analgetikaeinnahme an nicht mehr als 10 Tagen pro Monat!

Chronischer Kopfschmerz vom Spannungstyp

Keine Analgetika!

Amitriptylin (1. Wahl)

Dosierung: 25–150 mg p.o./Tag (Lance 1964)

Doxepin (2. Wahl)

Dosierung: 25–150 mg p.o./Tag

Interventionelle Schmerztherapie

Blockaden der Nn. occipitales majores, minores, supraorbitales

Psychologische Therapieverfahren und Prophylaxe

Progressive Muskelrelaxation und EMG-Biofeedback (Metaanalyse nach Andrasik u. Blanchard 1987; Wirksamkeit belegt)

Kognitiv-verhaltenstherapeutische Verfahren (Holyroyd u. Andrasik 1982)

C-2 · Kopfschmerzen

Gegenirritationsverfahren

Akupunktur

TENS

Physikalische Verfahren

Behandlung einer oromandibulären Dysfunktion

Massagen

Pfefferminzöl in äthanolischer Lösung

Physiotherapie

Wärmetherapie

Nichtmedikamentöse Therapiemaßnahmen stehen beim Kopfschmerz vom Spannungstyp im Vordergrund.

C-2.3 Atypischer Gesichtsschmerz

Klassifikation

IHS-Code 13, Ausschlussdiagnose

Diagnostische Kriterien

Dauerschmerz, zusätzliche Attacken möglich

Qualität meist brennend, manchmal ziehend

Lokalisation oft nur ungenau möglich, meist einseitig, keinem definierten Nerv zuzuordnen, nicht durch eine kausale Erkrankung zu begründen

Häufige Assoziation mit psychischen Störungen

Ätiologie

Nicht geklärt

Ausschlussdiagnose

Psychologische Faktoren werden als mitverursachend angenommen

Epidemiologie

Alter meist über 30 Jahre

Verhältnis Frauen zu Männer = 8 : 2

Pathophysiologie

Nicht geklärt

Möglicherweise eine Form des Kopfschmerzes vom Spannungstyp mit Lokalisation im Gesichtsbereich

555 C-2.3

Differenzialdiagnosen

Symptomatischer (sekundärer) Kopfschmerz

Andere primäre Kopfschmerzformen

Ausschlussdiagnose

Medikamentöse Therapie

Amitriptylin (1. Wahl)

Dosierung: 25–75 mg p.o./Tag (Sharav 1987)

Doxepin (2. Wahl)

Dosierung: 10–75 mg p.o./Tag (Thomalske 1991)

Carbamazepin

Dosierung: 200–1200 mg p.o./Tag

Tizanidin

Dosierung: 3-mal 2–8 mg p.o./Tag

Interventionelle Schmerztherapie

GLOA

Stellatumblockaden

Psychologische Therapieverfahren und Prophylaxe

EMG-Biofeedback

Autosuggestive Verfahren

Psychotherapie

Gegenirritationsverfahren

Akupunktur

(TENS)

Neurodestruktive Eingriffe

Kontraindiziert

Im Gesicht ist eine besonders hohe Innervationsdichte vorhanden, Gesichtsschmerzen haben eine starke emotionale Komponente, somit ein besonders hohes Chronifizierungsrisiko. Invasive Therapieverfahren können die Schmerzen verschlimmern. Psychische Auffälligkeiten liegen häufig vor (erhöhtes Ausmaß an Depression, Hypochondrie, abnorme Persönlichkeitsentwicklung). Psychotherapie ist indiziert. Patienten verneinen häufig psychische Aspekte. Ziel: Verhinderung unnötiger kieferchirurgischer Eingriffe.

Schmerztherapie

556 C-2.4 · Clusterkopfschmerz

C-2.4 Clusterkopfschmerz

Klassifikation

IHS-Code 3

IHS-Code 3.1.2 Episodischer Clusterkopfschmerz: Clusterperioden über 1 Woche bis höchstens

1 Jahr mit schmerzfreien Remissionsphasen von

6 Monaten bis 2 Jahren Dauer

IHS-Code 3.1.3 Chronischer Clusterkopfschmerz: Clusterperioden über 1 Jahr, ohne schmerzfreie Remissionsphase von mindestens 14 Tagen

Diagnostische Kriterien

Kopfschmerzattacken, wenigstens 5/Monat

Häufigkeit jeden 2. Tag bis 8 pro Tag

Dauer 15–180 min unbehandelt

Qualität bohrend, brennend, vernichtend

Intensität stark bis unerträglich

Lokalisation einseitig orbital, supraorbital und/oder temporal

Neurologische Begleitstörung im Sinne einer Sympathikusregulationsstörung (Lidödem, partielles Horner-Syndrom, Lakrimation, konjunktivale Injektion, Rhinorrhö), Bewegungsdrang, Trigger

Alkohol, Vasodilatatoren, z. B. Nitroglycerin (zum Testen) oder Ca2+-Antagonisten

Epidemiologie

Prävalenz 0,9%, 10/100 000/Jahr

Männer 15/100 000/Jahr, Frauen 4/100 000/Jahr, Verhältnis Frauen zu Männer = 1 : 9

Das mittlere Alter beim erstmaligen Auftreten ist das 30. Lebensjahr

Ätiologie

Unklar

Pathophysiologie

Möglicherweise Entzündung (aseptisch) im Bereich des Sinus cavernosus und der V. ophthalmica superior mit mechanischer und inflammatorischer Alteration angrenzender Strukturen wie z. B. des N. ophthalmicus, sympathischer Fasern etc.

Differenzialdiagnosen

Chronische paroxysmale Hemikranie

Symptomatischer (sekundärer) Kopfschmerz

Trigeminusneuralgie

SUNCT-Syndrom (»shortlasting unilateral neuralgiform headache attacks with conjunctival injection, tearing sweating and rhinorrhoea«)

Medikamentöse Therapie

Medikamentöse Therapie im Anfall

Sumatriptan

Dosierung: 6 mg s.c. mit Autoinjektor, Erfolgsrate 74% (Kudrow 1980)

Nichtmedikamentöse Therapie im Anfall

Sauerstoff

Inhalation von reinem (100%igem Sauerstoff), 6–8 l über 15 min (Kudrow 1980)

Medikamentöse Therapie zur Prophylaxe des episodischen Clusterkopfschmerzes

Verapamil (1. Wahl)

Dosierung: 2-mal 240–360 mg p.o./Tag (Bussone 1990; Gabai 1989) oder

Ergotamintartrat (1. Wahl)

Dosierung: 2-mal 2–4 mg p.o. oder als Supp./Tag

Prednisolon (2. Wahl)

Dosierung: 2-mal 50 mg p.o./Tag, dann ausschleichend, nur Kurzzeitprophylaxe oder

Lithium (2. Wahl)

Dosierung: 1- bis 2-mal 400 mg p.o./Tag (Bussone 1990) oder

Methysergid (2. Wahl)

Dosierung: 2-mal 1/4–1/2 Retardtablette à 3 mg p.o./Tag, maximal 3–4 Monate

Medikamentöse Prophylaxe des chronischen Clusterkopfschmerzes

Verapamil (1. Wahl)

Dosierung: 2-mal 240–360 mg p.o./Tag

Lithium (1. Wahl)

Dosierung: 1- bis 2-mal 400 mg/p.o./Tag

Prednisolon (2. Wahl) Dosierung: 2-mal 50 mg p.o./Tag, dann ausschleichend

Interventionelle Schmerztherapie

Blockaden des N. maxillaris und des Ganglion pterygopalatinum (Devogel 1981)

C-2 · Kopfschmerzen

Psychologische Therapieverfahren

Nicht primär indiziert

Medikamentöse Therapiemaßnahmen stehen im Vordergrund, psychische Einflüsse auf das Geschehen gelten als minimal.

C-2.5 Medikamenteninduzierter

Kopfschmerz

Klassifikation

IHS-Code 8.2–8.4.

Diagnostische Kriterien

Kopfschmerz an mindestens 15 Tagen im Monat

Meist als täglicher Dauerkopfschmerz

Qualität dumpf drückend, manchmal pulsierend

Begleiterscheinungen: Übelkeit, Erbrechen, Photound Phonophobie, Müdigkeit, Schlafstörungen

Tägliche Medikamenteneinnahme seit mehr als 3 Monaten und Abklingen des Kopfschmerzes innerhalb eines Monates nach Absetzen der Medikamente

Nach Analgetikakarenz tritt zunächst immer ein sehr starker Entzugskopfschmerz auf

Epidemiologie

Nicht eindeutig belegt; ca. 1% der deutschen Bevölkerung nimmt täglich Analgetika zu sich

8 der 20 meistverkauften Medikamente sind Analgetika

Verhältnis Frauen zu Männer = 4 : 1

Ätiologie

Analgetikainduzierter Kopfschmerz:

Monatliche Einnahme von mindestens 50 g ASS oder eines anderen Analgetikums in gleicher Menge (Paracetamol, Ibuprofen) oder mindestens 100 Tabletten eines Kombinationspräparates mit Barbituraten oder anderen Nichtopioidanalgetika oder mehreren Opioidanalgetika

Ergotamininduzierter Kopfschmerz:

Tägliche Einnahme von Ergotalkaloiden, 2 mg oral/ 1 mg rektal mit holenzephalem pulsierendem, aber ansonsten nicht migränetypischem Kopfschmerz.

Kombinationspräparate, speziell mit Koffein, haben ein besonders hohes algogenes Potenzial

557 C-2.5

Pathophysiologie

Durch sehr häufige Einnahme von Analgetika in sehr hoher Dosis in Kombination mit psychotrop wirkenden Substanzen (z. B. Koffein) kommt es zu einer Reduktion (Downregulation) der Rezeptorsensitivität

Zusätzlich Veränderungen der Schmerzwahrnehmung durch Fehlsteuerung der antinozizeptiven Systeme mit Hyperalgesie. Hierdurch induziert kontinuierliche Steigerung der Medikamentendosis

Differenzialdiagnosen

Symptomatischer (sekundärer) Kopfschmerz

Andere primäre Kopfschmerzformen

Entzugstherapie

Den Patienten muss vermittelt werden, dass ihre Kopfschmerzen durch Analgetika induziert wurden

Ein Schmerzmittelentzug muss stationär in einer spezialisierten Schmerzklinik über mindestens 14 Tage erfolgen. Der Versuch eines ambulanten Entzuges bleibt meist erfolglos

40% der Patienten werden innerhalb eines Jahres wieder rückfällig (Diener et al. 1989)

Nach erfolgreichem Entzug ist das primäre Kopfschmerzleiden entsprechend den oben genannten Richtlinien zu behandeln

Medikamentöse Therapie

Zur Dämpfung vegetativer Entzugssymptome können adjuvant Antidepressiva oder auch niedrigpotente Neuroleptika eingesetzt werden

Amitriptylin

Dosierung: 25–75 mg p.o./Tag

Interventionelle Schmerztherapie

Keine Indikation

Psychologische Therapieverfahren

Rückfallprophylaxe durch Edukation, Entspannungsübungen, Erarbeitung von Bewältigungsressourcen

Schmerztherapie

558 C-2.6 · Trigeminusneuralgie

C-2.6 Trigeminusneuralgie

Klassifikation

ISH-Code 12.2.

Diagnostische Kriterien

Paroxysmale Schmerzattacken, Dauer wenige Sekunden bis 2 min

Qualität stromstoßartig, stechend, brennend, oberflächlich

Lokalisation streng einseitig im Versorgungsbereich eines oder mehrerer Äste des N. trigeminus

In der Regel durch Trigger (nichtnoxischer sensorischer Input) ausgelöst

Kein neurologisches Defizit

Schmerzintensität sehr hoch

Epidemiologie

Erkrankung der 2. Lebenshälfte, meist 40.–60. Lebensjahr

Verhältnis Frauen zu Männer = 2 : 1

Ätiologie

Nervenkompression und -läsion (durch Angiome, Arterien, Venen, Cholesteatome etc.)

Differenzialdiagnosen

Symptomatischer (sekundärer) Kopfschmerz

Andere primäre Kopfschmerzformen

Pathophysiologie

Nicht eindeutig geklärt

Durch Kompression segmentale Demyelinisation im Bereich der Trigeminuswurzel und ephaptische Erregungsübertragung von myelinisierten taktilen Fasern auf Ad- oder C-Fasern. Hierdurch ebenfalls Wegfall der hemmenden Wirkung von Neuronen mit konsekutiver übermäßiger Erregung von »Wide-dynamic-range (WDR-)Neuronen«

Medikamentöse Therapie

Carbamazepin (1. Wahl)

Dosierung: 200 mg, maximal 1600 mg p.o./Tag; Erfolgsrate über 80% bei erstbehandelten Patienten; Länge der Therapiedauer korreliert mit

der erforderlichen Dosis

Baclofen (2. Wahl)

Dosierung: 3-mal 5–20 mg p.o./Tag; Erfolgsrate über 70% bei erstbehandelten Patienten

Phenytoin (2. Wahl)

Dosierung: 1- bis 3-mal 100–200 mg p.o./Tag; Erfolgsrate über 60% bei erstbehandelten Patienten

Carbamazepin und Baclofen und Phenytoin (3. Wahl)

Dosierung: s. oben

Interventionelle Schmerztherapie

V1, V2: GLOA

Blockade der peripheren Trigeminusäste mit LA, später u. U. Neurolysen:

V1: N. supraorbitalis, N. supratrochlearis

V2: N. maxillaris (inkl. Ganglion pterygopalatinum), N. infraorbitalis

V3: N. mandibularis (inkl. Ganglion oticum), N. mentalis

Psychologische Therapieverfahren und Prophylaxe

Folgeerscheinungen sind starke Depressionen mit starken Rückzugstendenzen: Psychotherapie zur Depressionsbehandlung

Schmerzimmunisierungsverfahren greifen aufgrund der geringen Schmerzdauer von wenigen Minuten nicht

Stützende, beratende Gespräche

Invasive Therapie

Chirurgische Therapieverfahren, z. B. mikrovaskuläre Dekompression nach Janetta, Radiofrequenzgangliolyse

Wegen der Irreversibilität der Läsionen ist jede medikamentöse Therapie eine Langzeittherapie. Leider kommt es oft nach initial sehr erfolgreicher medikamentöser Behandlung zu einem Wirkungsverlust.

559 C-2.6

C-2 · Kopfschmerzen

Literatur

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Thomalske G (1991) Schmerz und Depression. Dtsch Ärzte-Verlag, S 61–67

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