
Лексикология / Степанова М. Д., Чернышева И. И. Лексикология современного немецкого языка, 2003 / B5687Part29-66
.htmЛексикология современного немецкого языка 66 :: 67 :: 68 :: 69 :: Содержание 1.3.5. LEXIKALISCHE ENTLEHNUNGEN IN DER DEUTSCHEN GEGENWARTSSPRACHE
Der bedeutende wirtschaftliche, soziale, politische, militärische und kulturelle Einfluss der USA auf die Bundesrepublik verursachte eine starke Übernahme englischamerikanischen Fremdwortgutes.
Charakteristisch für diese Entlehnungen aus dem Amerikanischen war die Tatsache, dass neben terminologischer Lexik oder Lexik, die die "amerikanische Lebensweise" (American Way of Live) oder Mode, Werbung u. dgl. widerspiegelt, auch zahlreiche Wörter entlehnt wurden, die deutsche Lexeme dublierten, z.B. Comeback - "Wiederauftreten".
Wenn man dabei in Betracht zieht, dass die überwiegende Mehrheit englischamerikanischer Fremdwörter formale Entlehnungen sind125, so bietet sich hier eine einmalige Gelegenheit, Systemhaftigkeit in den Wechselbeziehungen zwischen Lehn- und Stammgut zu verfolgen.
Die Übernahme der Angloamerikanismen nach 1945 in alle Lebensbereiche erfolgte in einem solchen Umfang, wurde zu einer solchen Massenerscheinung, dass man seinerzeit dieser amerikanischen Sprachinvasion mit Besorgnis entgegensah. Nach einer cirka fünfzigjährigen Entwicklung der amerikanischen Entlehnungen auf deutschem Boden kann man heute einen Einblick in gewisse Gesetzmäßigkeiten gewinnen, die davon zeugen, dass das lexikalisch-semantische System einer Sprache ein zweck- und funktionsgerechter Mechanismus ist. Diese Eigenschaft des Systems kann man, wie oben erwähnt, vor allem auf Grund der Dubletten-Entlehnungen nachweisen.
Bezeichnend für die Dubletten-Entlehnungen ist heute die Tatsache, dass sehr viele davon sich auseinanderentwickelt oder differenziert haben, sowohl von Lexemen der Quellensprache als auch von den deutschen Entsprechungen.
66
Das bedeutet die Entwicklung eines der wichtigsten Merkmale der systemhaften Assimilation - Entwicklung der semantischen Selbständigkeit. Dieser Vorgang wird vielfach von anderen Kennzeichen der System-haftigkeit begleitet, nämlich der Reduzierung der semantischen Struktur bei ihrer Einfügung ins lexikalisch-semantische System des Deutschen. Folgende Beispiele mögen das veranschaulichen: Comeback ist aus dem Englischen bzw. aus dem Amerikanischen nur mit einer Bedeutung entlehnt - "Rückkehr" (zu einer alten Stellung). In der Quellensprache gibt es noch eine ganze Reihe anderer lexisch-semantischer Varianten, wie "Genesung", "Vergeltung" und im amerikanischen Slang noch "schlagfertige Antwort". Folglich liegt hier im Vergleich zur Quellensprache eine Reduzierung der semantischen Struktur des Fremdwortes vor.
Zweitens hat der Angloamerikanismus auf deutschem Boden eine seman-tische Auseinanderentwicklung von der entlehnten lexisch-semantischen Variante ("Rückkehr zu einer alten Stellung") durchgemacht. Comeback bedeutet jetzt im Deutschen "erfolgreiches Wiederauftreten eines bekannten Sportlers, Künstlers oder Politikers nach längerer Pause"126. Hier sind zwei zusätzliche Seme hinzugekommen, das eine fakultativ: "erfolgreich", das zweite obligatorisch: "nach längerer Pause", vgl. den Gebrauch des Fremdwortes im Text: In Westdeutschland inszenierte er (Erwin Piscator - I.C.) nach 1952 gastweise an verschiedenen Bühnen, bis er 1962 die Westberliner Volksbühne übernahm und dort noch als Siebzigjähriger, ein Comeback als Regisseur politisch brisanter Zeitdramatik erleben konnte121.
Das Fremdwort erweitert außerdem seine Bedeutung, indem es jetzt auch auf Sachen bezogen wird. Vgl.: An ein Comeback des Nahtstrumpfes glaubt der Modekreis nicht.
Eine Spezialisierung der Bedeutung liegt bei dem Angloamerikanismus die Band vor, denn im Deutschen ist es nur die Bezeichnung für eine moderne Tanzkapelle, und Band ist in der einschlägigen Forschung folgenderweise erläutert: "Tanzkapellen spielen Walzer und Tangos usw., Bands dagegen, Jieiße Musik' (d.i. moderne Musik mit Jazzbegleitung)"128.
Eine semantische Auseinanderentwicklung ist bei dem Angloamerikanismus Teenager und dem deutschen Synonym Backfisch festzustellen, denn heute verbinden sich mit den beiden Lexemen andere Vorstellungen und Emotionen: im Vergleich zu Backfisch ist Teenager ein selbstbewusstes modernes Mädchen mit betont sicherem Auftreten. Eine Reduzierung der Bedeutungsstruktur des Angloamerikanismus bei der Einfügung ins Deutsche und eine weitere Spezialisierung der Bedeutung ist an dem Lexem Ticket zu sehen. Das Wort hat in der Quellensprache eine entwickelte Bedeutungsstruktur, darunter auch das Semem Fahr-, Flug-, Eintrittskarte (für Kino, Theater, Ausstellung). Diese lexisch-semantische Variante wurde übernommen, aber im Deutschen vornehmlich auf die Bedeutung "Flugkarte", "Flugschein" spezialisiert. Heute hat diese Entlehnung einen festen Platz in der thematischen Reihe: Fahrkarte - Billett - Eintrittskarte - (Flug)ticket, wo sie den herkömmlichen Wörtern Flugschein, Flugkarte erfolgreich Konkurrenz gemacht hat.
67
Semantische Selbständigkeit wird auch beim Angloamerikanismus Hobby verzeichnet. Es sind heute deutliche Unterschiede zum deutschen Synonym Steckenpferd zu erkennen. Während Steckenpferd eine Lieblingsbeschäftigung bezeichnet, die den Neigungen einer Person entspringt und unter Umständen als abseitig oder skurill, von Außenstehenden vielleicht sogar als liebenswerte Schrulle belächelt wird, der man sich aber in seiner Freizeit mit großem Vergnügen hingibt, ist Hobby eine als Ausgleich zur Tagesarbeit gewählte Beschäftigung, mit der man seine Freizeit ausfüllt; meist handelt es sich dabei um etwas, was allgemein Mode ist129.
In der einschlägigen Forschung wird in letzter Zeit außer der erwähnten Bedeutungserweiterung von Hobby ("Freizeitgestaltung") noch eine weitere Entwicklung in der bezeichneten Richtung festgestellt, wovon folgender Beleg zeugt:
Techn. Exportkaufinann, ..., Hobby: Marktaufbau in Entwicklungsländern, sucht... Ent\vicklungsmöglichkeitenm'.
Außer den oben erörterten Prozessen der Anpassung der Angloamerika-nismen an das lexikalisch-semantische System des Deutschen sind auch andere Triebkräfte der semantischen Assimilation zu erwähnen, die Einfügung und Verwurzelung dieser Entlehnungen bedingen.
Es geht hier vor allem um die sprachökonomische Tendenz. Angloameri-kanische Formative sind meistens kürzer als deutsche, besonders, wenn es sich um korrespondierende Wendungen handelt, vgl. das Make-up und die deutsche Umschreibung Verschönerung (des Gesichts) mit kosmetischen Mitteln131.
Mit Kategorisierungstendenzen hängt wohl die Übernahme solcher Wörter zusammen, die im Gegensatz zu den konkreten Einzelbezeichnungen der deutschen Sprache umfassender sind. Man vergleiche z.B. den Gebrauch des Fremdwortes Baby neben den deutschen Wörtern Kleinstkind, Säugling, Neugeborenes, Kindlein. In vielen Fällen lässt sich Baby nur durch Kind, nicht aber durch Kleinstkind, Säugling oder Neugeborenes ersetzen132.
Die semantische Struktur vieler Angloamerikanismen ist z.Z. mehrdeutig oder erweitert. Dieser Umstand ist bereits in der Lexikographie wiedergegeben. So bringt beispielsweise das Universalwörterbuch folgende lexisch-semantische Varianten für cool: 1. nicht nervös werden, sich nicht aus der Fassung bringen; 2. keine Emotionen zeigend, zurückhaltend; 3. Blasiert; allgemein positiv wertend (cooles Buch, coole Musik). Oder: Power: 1. große Leistung entfalten: 2. mit großem Aufwand fördern; 3. Durchsetzungsvermögen, Tätigkeit, Stärke, Energie, Antrieb, Lebenslust haben133.
Aus dieser Perspektive gesehen, können die angloamerikanischen Entlehnungen als Bereicherung des deutschen Lexikons betrachtet werden, was auch seitens einiger Germanisten geschieht, vgl. einen Auszug aus dem Aufsatz mit dem Titel "Droht der deutschen Sprache die Anglisierung": " ... Auchjoggen bereichert den deutschen Wortschatz, bezeichnet doch das Verb eine Form des Dauerlaufs, bei dem regelmäßig und bewusst in einem gleichmäßigen, eher ruhigen Tempo längere Strecken zurückgelegt werden. Job ist ebenso wenig mit "Arbeit" oder "Beruf gleichzusetzen wie Handicap
68
mit "Behinderung" oder "Nachteil"; cool ist nicht identisch mit "kühl" oder "ruhig", fair weist zumindest graduelle Unterschiede zu "anständig" ... auf'134.
Die Folge der semantischen Selbständigkeit, die die Angloamerikanis-men im Deutschen entwickeln, ist ihre bedeutende wortbildende Produktivität. In dieser Beziehung fungieren sie gleich anderen Wortklassen des deutschen lexikalischen Systems. Sie können bilden: (a) Zusammensetzungen und Zusammenbildungen: Hitmusik, Hitparade, Ferienjob, Jobsucher, Teen-modelle, Rückflugticket; (b) Ableitungen: Hobby st, Hobbysmus; (c) Wortartwechsel: Job -jobben.
Von besonderem Interesse sind die Belege des Wortartwechsels, denn die Wortbildungsmodelle, die hier wirken, geben regelmäßige Beziehungen verschiedener Wortklassen in der Paradigmatik wieder, vgl. Job für "Arbeit auf Zeit" -jobben für "auf Zeit arbeiten".
Wenn man noch den Umstand beachtet, dass einige Angloamerikanis-men systemhafte Beziehungen im deutschen Wortbestand zeigen, auch im Falle der Neutralisierung der Mehrdeutigkeit auf paradigmatischer Ebene (siehe S. 64), so ist die Einwirkung des lexikalisch-semantischen Systems auf das Lehngut deutlich zu sehen.
Wenn man dazu in Betracht zieht, dass eine Schicht der Angloamerika-nismen bereits sich als Internationalismen entwickelt hat und in verschiedenen Bereichen wie Technik, Wissenschaft, Sport, vor allen die Computerwelt und das Internet auch der deutschen Sprache ihren Stempel aufdrückt, bleiben praktisch nur Sprachmode und Prestigegründe Objekte der Kritik hisichtlich des übermäßigen Gebrauchs des angloamerikannischen Sprachgutes. Pauschalurteile sind, wie der Autor des oben zitierten Aufsatzes meint, dem multikausalen Sprachphänomen nicht gerecht und bedürfen einer differenzierten Analyse.
69
66 :: 67 :: 68 :: 69 :: Содержание