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Kapitel 10_1.doc
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Ihr übertriebenes Staunen ärgerte ihn. "Na und? Wieso nicht?"

"Ausgerechnet du, der mit 'm Auto zum Briefkasten fahren würde -- wenn er noch eins hätte —, bloß um nicht laufen zu müssen."

"Laufen und wandern ist nicht dasselbe", sagte Bastian und zog seine Schuhe an.

"Wo willst du denn wandern?"

"Das wissen wir noch nicht." Er band sich einen grob gestrickten Pullover um die Hüften.

"Wer wir?"

"Ein Freund und ich."

Warum sagte er Susi nicht, dass er mit der Freude wandern ging? Hatte er Angst vor ihren schnellen Tränen? War er wirklich so rücksichtsvoll, wie er sich einzureden versuchte. Oder war er feige?

"Ich bin das letzte Mal in meiner Schulzeit geausflugt", lenkte er ab. "Wie ist das eigentlich? Nimmt man dazu immer noch harte Eier mit?"

Susi wusste es auch nicht, aber sie wollte ihm gern welche abkochen — falls welche da waren — Moment mal — Es waren keine da.

Und selbst wenn, es wäre zu spät gewesen, denn an der Haustür klingelte es.

So steckte Bastian nur den Salznapf ein - - "für alle Fälle", sagte er und "Servus, Susi."

"Viel Spaß." Mit ihrem traurigen Rehblick verdarb sie ihm all den Spaß wieder, den sie ihm gerade gewünscht; hatte.

"Was machst 'n du heut'?"

Sie hob freudlos die Arme. "Was tut man schon am Sonntag allein in der Stadt!"

"Geh mit Kathrinchen in den Englischen Garten", schlug er vor. "Geh wirklich, hörst du?" Er küsste sie auf die Wange und hatte dabei ein schlechtes Gewissen und ärgerte sich gleichzeitig, weil er eins hatte. Schließlich war er nicht ihr Ehemann, der sie am Sonntag sitzen ließ, nicht mal ihr Liebhaber, sondern ein freier Junggeselle, der wandern durfte, mit wem er wollte. Jawohl.

Und also sittlich und rechtlich gestärkt, richtete sich seine Stimme zu einem forschen "Als dann — Susi — mach's gut" auf.

Kaum war er gegangen, lief sie von Fenster zu Fenster, um auf die Straße zu sehen. Aber das Dach stand zu weit vor. Die Regenrinne verdeckte die Fahrbahn bis zur Hälfte.

So konnte sie nur akustisch seine Abfahrt miterleben — das Zuklappen der Haustür, sein Lachen — ein sehr glückliches Lachen —, dann das Zuschlagen einer Wagentür, das Geräusch eines anfahrenden Autos.

Vor ihr lag ein endloser, einsamer Sonntag, an dem sie genügend Zeit hatte, sich zu fragen, ob dieser Freund mit dem Bastian wandern ging, vielleicht eine Frau war.

Susi beschloss, sich heute sein Schubfach mit ge­sammelten Briefen vorzunehmen. Den Schuhkarton mit all seinen Fotos hatte sie schon mehrmals durchge­schaut.*

Bastian fand es ungeheuer, mit Katharina Freude durch den oberbayrischen Morgen zu fahren. Rundum war alles so grün, so leuchtend rot und weiß und gelb auf hölzernen Balkonen. So blau, wo die Wolken aufrissen. Und so still, wo sie endlich anhielten und ausstiegen.

Während Katharina den Wagen abschloss, drehte er sich einmal um sich selbst. Hatte keine Ahnung, wo er sich befand. War ihm auch piepegal.

Er breitete die Arme aus und atmete tief durch. "So riecht das also morgens auf dem Lande!"

"Wie riecht es morgens auf dem Land?" fragte Katha­rina und kam auf ihn zu — kariertes Hemd, Bundhose, rote Wollstrümpfe und die neuen Schuhe. Es gab graziösere Sportbekleidugen für eine Frau.

"Blödsinnig gesund", sagte Bastian. "Und dazu die Stille. Und das Rindvieh."

Am liebsten hätte er jede auf den betauten Wiesen stehende, sanft zu ihnen herüberglotzende Kuh mit Handschlag begrüßt.

"Warten Sie." Katharina schnallte ihm einen Ruck­sack um — wozu denn Rucksack, es gab doch schließ­lich Wirtschaften. Aber anscheinend konnte sich ein echter Wanderer einen Ausflug ohne Rucksack nicht vorstellen.

"Jetzt gehen wir also immer hinein in die Gegend?" fragte er interessiert.

"O nein, Herr Guthmann. Immer hinauf."

Sie zeigte auf einen Berg, der ihm unendlich hoch erschien. Schnee hatte er zwar nicht mehr, und bewachsen war er bis kurz unterm Gipfel, aber wo war der Gipfel —!

"Ist Ihnen das nicht zu hoch?" fragte er besorgt.

"Etwa Ihnen?"

"Was glauben Sie, wie heiß das da oben wird!"

Katharina schaute auf die Uhr. "Jetzt ist es sieben. Zwei Stunden gehen wir —"

"Im Ganzen?"

"Hinauf. Gegen neun werden wir oben sein. Um die Zeit wird es meistens sehr heiß, aber nicht heut'. Heut' ganz bestimmt nicht. Die Wolkendecke ist fast zu."

Bastian schaute die Wolkendecke an.

"Ein herrlicher Morgen", sagte er blass.

Zuerst gingen sie ein Stück an einem Rauschenbach entlang, beschirmt von dichten Laubbäumen, unter denen selbst bei vollem Sonneneinsatz feuchtwürzige Kühle herr­schen mochte.

Dann ging's über Wurzeln, die wie dicke Adern den Weg überzogen, bergan.

Zuerst noch ein Stück geradeaus, dann im Zickzack.

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