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I. Einleitung

Schon im 18. Jahrhundert wurde Jean-Jacques Rousseaus „Zurück zur Natur“ als Naturalismus bezeichnet. Der Naturalismus des 18. Jahrhunderts fordert den unverbildeten Künstler („Als Sänger ist er Naturalist“ hieß: Er hat nie akademischen Gesangsunterricht genossen.), während der Naturalismus des späteren 19. Jahrhunderts den Experten als Naturbeobachter voraussetzt. Dem älteren wie dem neueren Naturalismus gemeinsam ist das Bemühen, dem Ungeschliffenen, Unterprivilegierten, „Hässlichen“ einen Platz in der Kunst zu verschaffen.

Ende des 19. Jahrhunderts prägten große gesellschaftliche Veränderungen Europa: Die Industrialisierung, der Imperialismus, die Verstädterung, wobei durch letztere Armut und Elend in konzentrierter Form beobachtet werden mussten. Auf diesem Boden entstand der Naturalismus. Naturalistische Künstler behaupten, die Wirklichkeit möglichst genau darzustellen, und arbeiten mit exakten, gleichsam naturwissenschaftlichen Methoden. Diese Wissenschaftlichkeit berechtigt und verpflichtet sie, auch das Hässliche und Verdrängte abzubilden.

Naturalismus entwickelte sich im Rahmen der Realismus, darum ist er dem Realismus verwandt, beide haben dieselben geistigen und sozialen Wurzeln. Die Naturalisten versuchten aber, die Grundideen des Realismus konsequent zu Ende zu denken, sie empfanden sich als radikaler.

II. Begriff:

Naturalismus allgemein bezeichnet eine Stilrichtung, bei der die Wirklichkeit ohne jegliche Ausschmückungen oder subjektive Ansichten exakt abgebildet wird. Der Naturalismus gilt auch als Radikalisierung des Realismus.

Unter Naturalismus verstehen wir in einem allgemeinen Sinn jede künstlerische Richtung, die sich um die unmittelbare Nachahmung bemüht und bestimmte Ausschnitte der natürlichen oder gesellschaftlichen Wirklichkeit mit den je eigenen literarischen, bildnerischen oder musikalischen Mitteln „naturgetreu“ wiedergeben will.

III. Naturalismus als Steigerung des Realismus

Während im Realismus das Negative ästhetisch aufgehoben und zugunsten einer höheren, idealen Idee exkludiert wird, zielt der Naturalismus darauf ab, genau dieses Negative mit einzubeziehen und detailliert wiederzugeben. Indem der Naturalismus seine Daseinsberechtigung aus der positivistischen Wissenschaftsgläubigkeit, der sozialen Vererbung des Menschen im Milieu und hieraus seine „Berechenbarkeit“ als Massenobjekt definiert sieht, wird das idealistische Element des Bürgerlichen Realismus aus der Literatur verbannt. Der Realismus zeigt ein anthropologisches Idealbild objektiver Autonomie, hingegen geht der Naturalismus von der Milieuzugehörigkeit jedes Menschen und der Erkennbarkeit/Berechenbarkeit menschlichen Verhaltens mittels der Wissenschaften aus.

III. Naturalismus im Europa

Als literarische Bewegung ist der Naturalismus keine isoliert deutsche Erscheinung, er konnte vielmehr auf europäische Vorbilder zurückgreiten.

1. Positivismus

Der Naturalismus orientierte sich an den philosophischen wie anthropologischen Erkenntnissen des Positivismus, wie er am entschiedensten von dem französischen Soziologen Hippolyte Taine vertreten wurde. Begründet hatten Positivismus eine Reihe von Denkern, die man unter diesem Begriff den Denkern des „Idealismus“ gegenüberstellte.

Im Anschluss an den Empirismus des 18. Jahrhunderts hatte Auguste Comte (1798-1857) von der Wissenschaft gefordert, sie sollte Gesetzmässigkeiten ausschliesslich aufgrund beobachtbarer Tatsachen formulieren und auf metaphysische Voraussetzungen verzichten – schon damals eine Konsequenz aus dem Siegeszug der Naturwissenschaften. Die Engländer John Stuart Mill und Herbert Spencer lehrten, gestützt auf Comte und die Abstammungslehre Charles Darwins, dass sogar maralische Werte einerseits aus ererbten Erfahrungen resultieren, andererseits dem Zweck dienten, das grösste Glück der grössten Zahl von Menschen, also den gesellschaftlichen Fortschritt zu sichern. Der Fronzose Hippolyte Tain zog aus den positivistischen Voraussetzungen Folgerungen für die Geschichtsschreibung und die Kunst und erklärte „race“, „millieu“ und „temps“, das heisst die Rasse bzw. das biologische Erbgut, die soziale Umwelt und die zeitgeschichtliche Situation für die wesentlichen Bedingungen des Menschen, auch in seiner Kultur.

Der Positivismus ist als die weltanschauliche Grundlage des Naturalismus anzusehen. Wirklichkeit ist für ihn Erfahrungswirklichkeit des Menschen, und der Mensch ist zu verstehen aus den naturgegebenen und gesellschaftlich bestimmten Bedingungen, vor allem aus seinem physischen und Psychischen Erbgut sowie aus dem Milieu, in dem er lebt. Dadurch sind Charakter und Schicksal des Einzelnen determiniert; das erfährt der Mensch unter anderem in den Konflikten und Katastrophen, wie sie etwa das naturalistische Drama darstellt. Es liegt nahe, die Determiniertheit des Menschen am deutlichsten da zu sehen, wo er am unfreiesten ist, Z.B. im Milieu der armen Leute und Proletarier. Und in diesem Wirklichkeitsbereich verbanden sich drei Interessen der Naturalisten zum Thema der „sozialen Frage“: der gesellschaftliche Zustand, das Bemühen um eine lebensnahe und volksnahe Dichtung und die positivische Erkenntnishaltung.

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