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- •Ich blieb stehen.»Ich hoffe, Sie machen keine Scherze mit mir«, sagte ich.
- •Ich drehte mich "uberrascht um. Er sah wahrhaftig nicht so aus. Er wirkte eher wie ein mittelm"assiger, etwas sch"uchterner Mann.
- •Ich wusste es nicht. Aber es war m"oglich, wenn er noch lebte.
- •Ich verkaufte die beiden Ingreszeichnungen. Man gab mir weniger daf"ur, als ich erwartet hatte, aber ich besass auf einmal Geld, mehr Geld, als ich lange Zeit gesehen hatte.
- •Ich vertraute mich einem Bekannten an. Er hiess l"oser, handelte mit Str"umpfen und war fr"uher Arzt in Breslau gewesen.
- •Ich sah sie an. Eine von ihnen schien sehr gut gewachsen zu sein. Beide trugen enge Abendkleider. Die Gesichter konnte ich nicht erkennen.»Nein«, sagte ich noch einmal.
- •Ich glaubte nicht recht geh"ort zu haben. ›Wohin?‹ fragte ich noch einmal.
- •Ich schwieg. Nach einer Weile sagte er ruhiger:
- •Ich ging auf Helen zu. Als ich ihre Schulter ber"uhrte, f"uhlte ich, wie sie bebte. ›Warum bist du gekommen?‹ fragte sie noch einmal.
- •Ich sch"uttelte den Kopf.
- •Ich lachte. ›Den Glauben an den Sinn habe ich l"angst aufgegeben. Ich w"are sonst bitter wie eine wilde Zitrone geworden‹
- •Ich stand auf und blickte durch einen Spalt in den Vorh"angen. Es war eine Abteilung Hitlerjugend. ›Merkw"urdig, dass du in deiner Familie so aus der Art geschlagen bist‹, sagte ich.
- •Ich h"orte ihm zu mit der tiefen Ruhe, gerettet zu sein.
- •Ich nickte.»Das erh"ohte Lebensgef"uhl durch die Gegenwart der Gefahr. Ausgezeichnet, solange die Gefahr nur den Horizont belebt.«
- •Ich nickte. ›Reinhart hat einen van Gogh, f"ur den ich einen Monat meines Lebens hingeben w"urde.‹
- •Ich war m"ude und gegen meinen Willen ungeduldig geworden. Von Gl"uck zu h"oren ist uninteressant, und die Kaprice von Schwarz mit der Ewigkeit wurde es ebenso.
- •Ich sch"uttelte den Kopf. ›Spielen Sie noch immer den Helden, wenn es ungef"ahrlich ist? Sie sind vierzig Pfund schwerer als ich. Kein Unparteiischer w"urde uns als Boxer paaren. Was wollen Sie hier?‹
- •Ich sah, dass Helen einen Augenblick "uberrascht war.
- •Ich winkte ab. Ich hatte genug Gespr"ache "ahnlicher Art mit Georg gehabt, bevor er die Macht hatte, mich daf"ur einsperren zu lassen.
- •Ich wusste nicht, wie lange ich in Fischers Zimmer gewesen war. Es schien mir sehr kurz. ›Kommt er wieder?‹ fragte ich.
- •Ich nahm einen m"achtigen Schluck und gab ihr die Flasche zur"uck.
- •Ich war pl"otzlich heiter. Helen war da, nichts war verloren. Der Krieg hatte noch nicht begonnen, und vielleicht stimmte es, dass man uns bald freilassen w"urde.
- •Ich nickte.»Was geschah mit Ihnen?«
- •Ich wusste das ebenso wie er. Aber er wusste nicht, dass Zuh"oren und Erz"ahlen nicht dasselbe sind.
- •Ich z"ogerte. ›Von ihrem Mann. Er ist frei.‹
- •Vor vier Wochen hatte ich noch einen Brief von Helen gehabt. Sie musste also noch da sein. ›Danke‹, sagte ich.
- •Ich gab ihr ihre Bluse und ihren Rock. ›Sind das deine besten Sachen?‹ fragte ich.
- •Ich sah, dass sie sehr erregt war. Ihre h"ande waren heiss, und ihre Haut war so trocken, als m"usste sie knistern.
- •In dieser Nacht gab ich Helen einen Teil des Giftes, das ich in Le Vernet bekommen hatte.
- •Ich wusste jetzt, dass sie krank war; und ich wusste, dass sie es mir nie gestehen w"urde. ›w"urde es dir helfen, wenn du in einem Krankenhaus w"arest?‹
- •Ich musste lachen. ›So kann man es auch auffassen.‹
- •Ich besprach es mit Helen. Sie war zu meinem Erstaunen ziemlich gleichg"ultig. ›Schiffe, Helen!‹ sagte ich aufgeregt. ›Fort von hier! Nach Afrika. Nach Lissabon. Irgendwohin. Von da kann man weiter.‹
- •Ich sah ihm fest in seine harmlosen grauen Augen. ›Mercedes, den Wagen des f"uhrers, selbstverst"andlich!‹
- •Ich sah ihm nach. Ordnung, dachte ich. Mit Foltern, Genicksch"ussen und Massenmord! Gib mir lieber hunderttausend kleine Betr"uger wie diesen Wirt!
- •Ich nickte.»Wenn man sie so auffassen konnte, waren sie oft komisch.«
- •Ich glaubte ihm nicht. Er sah es.»Gehen wir irgendwohin«, sagte er.
- •Ich wischte mir das Blut ab, das die Ringe aus meiner Lippe springen liessen. Es waren noch zwei andere m"anner in Zivil im Zimmer.
- •Ich nahm ihre geballten f"auste und zog sie vom Fenster weg. ›Wir m"ussen fort von hier.‹
- •Ich sah sie an. Sie sah frisch und ruhig aus. Ich begriff es nicht.
- •Ich sch"uttelte den Kopf.»Sie konnte die Schmerzen nicht l"anger aushalten, Herr Schwarz«, sagte ich behutsam.
Ich nickte.»Das erh"ohte Lebensgef"uhl durch die Gegenwart der Gefahr. Ausgezeichnet, solange die Gefahr nur den Horizont belebt.«
»Meinen Sie?«Schwarz blickte mich sonderbar an.
»Es geht viel weiter«, sagte er dann.»Es geht bis zu dem, was wir Tod nennen, und dar"uber hinaus. Wo ist denn der Verlust, wenn man das Gef"uhl halten kann? Ist eine Stadt nicht mehr da, wenn man sie verl"asst? W"are sie nicht mehr da in Ihnen, auch wenn sie zerst"ort w"urde? Wer weiss denn, was Sterben ist? Geht nicht nur ein Lichtstrahl langsam "uber unsere wechselnden Gesichter? Und m"ussen wir nicht ein Gesicht gehabt haben, bevor wir geboren wurden, das Gesicht vor allen anderen, das, das bleiben muss nach der Zerst"orung der anderen, vor"ubergehenden?«
Eine Katze strich um die St"uhle. Ich warf ihr ein St"uck Fisch hin. Sie hob den Schwanz und wendete sich ab.
»Sie trafen Ihre Frau in Z"urich?«sagte ich vorsichtig»Ich traf sie im Hotel. Der Zwang, das Abwarten, das ich in Osnabr"uck gesp"urt hatte, die Strategie des Schmerzes und der Beleidigung waren verschwunden und blieben verschwunden. Ich traf eine Frau, die ich nicht kannte und die ich liebte, mit der ich verbunden schien durch neun Jahre lautloser Vergangenheit, "uber die diese Vergangenheit aber keinerlei einschr"ankende und besitzende Gewalt mehr hatte. Das Gift der Zeit schien auch bei ihr verdampft zu sein, als Helen die Grenze "uberschritt. Die Vergangenheit geh"orte jetzt zu uns, aber wir nicht mehr zu ihr; statt des dr"uckenden Bildes der Jahre, das sie sonst darstellt, hatte sie sich gedreht und war jetzt ein Spiegel, der nichts mehr spiegelte als uns, ohne Bindung an sie. Der Entschluss, uns herauszureissen, und die Tat selbst trennte uns so entscheidend von allem Fr"uher, dass das Unm"ogliche Wirklichkeit wurde: ein neues Lebensgef"uhl, ohne die Runzeln des fr"uheren.«
Schwarz sah mich an, und wieder huschte der merkw"urdige Ausdruck "uber sein Gesicht.»Es blieb so. Es war Helen, die es hielt. Ich konnte es nicht, besonders nicht dem Ende zu. Aber dass sie es konnte, war doch genug, und darauf kam es an, glauben Sie nicht? Ich muss es nur jetzt auch k"onnen, deshalb spreche ich ja mit Ihnen! Ja, deshalb!«
»Blieben Sie in Z"urich?«fragte ich.
»Wir blieben eine Woche«, sagte Schwarz in seinem fr"uheren Ton.»Wir wohnten in dieser Stadt und in dem Lande, in dem als einzigem in Europa die Welt noch nicht zu schwanken schien. Wir hatten Geld f"ur einige Monate, und Helen hatte Schmuck mitgebracht, den wir verkaufen konnten. Dann waren in Frankreich auch noch die Zeichnungen des toten Schwarz.
Dieser Sommer 1939! Es war, als h"atte Gott der Welt noch einmal zeigen wollen, was Friede ist und was sie verlieren w"urde. Die Tage waren randvoll mit der Gelassenheit dieses Sommers, und sie wurden unwirklich, als wir sp"ater Z"urich verliessen, um in den S"uden der Schweiz an den Lago Maggiore zu gehen.
Helen hatte Briefe und Anrufe ihrer Familie erhalten. Sie hatte nichts hinterlassen, als dass sie wieder nach Z"urich zu ihrem Arzt fahren m"usse. Es war leicht f"ur die Familie, bei dem ausgezeichneten Meldesystem der Schweiz, ihre Adresse herauszufinden. Jetzt wurde sie mit Fragen und Vorw"urfen "ubersch"uttet. Noch konnte sie zur"uckfahren. Wir mussten uns entscheiden.
Wir wohnten im selben Hotel; aber wir wohnten nicht zusammen. Wir waren verheiratet, aber unsere P"asse lauteten auf verschiedene Namen, und da das Papier siegt, konnten wir nicht wirklich zusammenleben. Es war eine sonderbare Situation, aber sie verst"arkte das Gef"uhl, dass f"ur uns die Zeit noch einmal zur"uckgedreht war. Wir waren nach dem einen Gesetz Mann und Frau – nach dem zweiten nicht. Die neue Umgebung, die lange Trennung, und vor allem Helen, die sich so sehr ver"andert hatte, seit sie hier war – das alles brachte einen Zustand schwebender Nichtwirklichkeit und gleichzeitig leuchtendbeziehungsloser Wirklichkeit hervor, "uber der gerade noch der letzte zerrinnende Nebel eines Traumes schwebte, an den man sich schon nicht mehr erinnern konnte. Ich wusste damals noch nicht, woher das kam – ich nahm es als ein unvermutetes Geschenk, als w"are mir erlaubt worden, ein St"uck schlechtgelebten Daseins zu wiederholen und es in volles Leben zu verwandeln. Aus einem Maulwurf, der sich ohne Pass unter den Grenzen durchw"uhlte, wurde ich zu einem Vogel, der keine Grenzen kannte.
Eines Morgens, als ich Helen abholen wollte, traf ich einen Herrn Krause bei ihr, den sie als jemand vom deutschen Konsulat vorstellte. Sie sprach mich, als ich eintrat, franz"osisch an und nannte mich Monsieur Lenoir. Krause missverstand sie und fragte mich in schlechtem Franz"osisch, ob ich der Sohn des ber"uhmten Malers sei.
Helen lachte. ›Herr Lenoir ist Genfer‹, erkl"arte sie. ›Aber er spricht auch Deutsch. Mit Renoir ist er nur durch grosse Bewunderung verwandt.‹
›Sie lieben impressionistische Bilder?‹ fragte Krause
›Er hat selbst eine Sammlung‹, sagte Helen.
›Ich habe ein paar Zeichnungen‹, erwiderte ich. Die Erbschaft des toten Schwarz als Sammlung zu erw"ahnen, schien mir eine von Helens neuen Kapriolen. Da aber eine ihrer Kapriolen mich vor dem Konzentrationslager bewahrt hatte, spielte ich mit.
›Kennen Sie die Sammlung Oskar Reinharts in Winterthur?‹ fragte Krause mich liebensw"urdig.