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Kapitel 12.doc
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Vor dem Nebeneingang wollte sich Bastian von ihr mit einem Kuss verabschieden, aber sie wehrte ab.

"Wenn man uns sieht!"

"Na, und? Was gehen uns die Leute an!"

"Aber die Schwestern."

"Die sind bloß neidisch."

Kathinka sah ihn amüsiert an. "Etwa deinetwegen?"

"Glaubst du, ich bin nicht ihr Typ?"

"Zumindest nicht der von Theresa. — Tschau, du! Bis heut' Abend. Ich bin so um sechs zu Haus."

*Nachdem sich Bastian von Katharina verabschiedet hatte, machte er den ersten großen Fehler an diesem frühen Nachmittag: Er fuhr nicht direkt zum Müllplatz, wie anfangs vorgesehen, sondern zu seiner Großmutter. Das war so gegen halb zwei.

Martha Guthmann hatte gerade Bauernknödel gemacht. Dazu gab es Geselchtes.

"...als ob ich geahnt hätte, dass du heut' beikommst, Bub. Komm, iss, iss tüchtig. Du hast dich so lange nicht bei uns sehen lassen. Mindestens Woche nicht. Die Susi fragt täglich nach dir — sie arbei­tet seit Montag bei einem Anwalt in der Praxis — halb­tags. Noch einen Knödel?"

"Ich hab' schon drei", stöhnte Bastian, seinen Gürtel lockernd. "Ich platz' gleich."

"Es schmeckt dir nicht bei mir", beschwerte sie sich. "Sonst würdest du essen. — Aber Nachspeise, ja?"

"Frau Guthmann!!"

"Ja, wozu koch' ich denn, wenn niemand bei mir was isst?"

Zu ihrem Glück kam Susi in diesem Augenblick nach Hause.

"Wie schön — es ist noch alles warm, ich tu' Ihnen gleich auf. Der Bastian ist da."

"Ja, sieht man dich auch mal wieder?" sagte Susi zu ihm.

"Tag, Mädchen. Komm, setz dich. Lass dich mästen."

"Was macht Kathrinchen?"

"Ihr Stuhlgang war heut' ein bisschen hart", sagte Oma.

"Hast du ihr auch Knödel gegeben?" fragte Bastian.

Großmutter schlug mit dem Handtuch nach ihm.

Er verabschiedete sich, weil er zum Müllplatz fahren wollte. Dass er diese Absicht kundtat, war der zweite Fehler an diesem Nachmittag, denn Großmutter fiel sofort das alte Federbett ein, das sie loswerden wollte. Und sie eilte aus der Küche, um es zu holen.*

Susi und Bastian waren allein.

"Wie geht's dir hier?"

"Deine Großmutter ist rührend."

"Aber zu sagen hast du wahrscheinlich nicht viel."

"Überhaupt nichts", lachte sie.

"Und der neue Job?"

"Auch da scheine ich Glück zu haben. Toi, toi, toi! Und was machst du?"

"Nachhilfeunterricht. Taxifahren ..."

"Und darüber hast du Kathrinchen und mich ganz vergessen."

Großmutter bewahrte Bastian vor einer frommen Lüge, indem sie mit einem großen roten Federbett zurückkam.

"Da bin ich aber froh, dass ich das loswerde. Das war mein Gästebett — noch aus eurer Kinderzeit. Warte, ich pack' dir die Nachspeise ein und die Knödel. Brat sie dir auf. Hast du gleich was zum Abendbrot."

Die Puddingschüssel verschwand in einer Tengelmann-Tüte, die Knödel in einem Karstadt-Beutel, beides und das Bett dazu landeten in Bastians Armen.

"Die Speise nicht schief halten, hörst du?" Und dann sagte sie: "Wenn du zum Müllplatz fährst, könntest du die Susi mitnehmen. Sie hat so wenig frische Luft."

Es war wirklich ein Fehler gewesen, bei Martha Guthmann vorbeizufahren.

Aber damit fing der Ärger an diesem Nachmittag erst an. Schuld war einer dieser ganz blöden Zufälle: Bastian hielt zur gleichen Zeit wie Oberarzt Weißbart an einer Kreuzung.

Weißbart erkannte Bastian, erkannte nicht das hüb­sche schwarzhaarige Mädchen an dessen Seite, obgleich es vor kurzem seine Patientin gewesen war. Er kannte auch nicht den farbenprächtigen Müll, der den beiden dauernd ins Genick rutschte, wohl aber die Autonummer und hatte nichts Eiligeres zu tun, als Katharina Freude bei seiner Rückkehr ins Krankenhaus von seiner Begegnung zu erzählen.

"Ihr Auto mit Ihrem Freund am Steuer. Und neben ihm eine schnucklige Biene. Und ein Federbett." Das fand er besonders ulkig.

Katharina ließ Weißbart stehen und ging aus dem Zimmer und wollte es nicht glauben: Ihr Auto, ihr Bastian mit Biene und einem Federbett, das nicht zu ihrem Müll gehörte.

Zuerst war sie verstört, dann maßlos wütend.

Die arme Patientin, der sie wenig später eine Spritze in den Po jagte, schrie, als ob sie abgestochen würde.

So haben Kranke zuweilen unter den privaten Miss­stimmungen der behandelnden Ärzte zu leiden!

Die Zufahrt zu dem einzigen Bastian bekannten Schuttabladeplatz war gesperrt. Er beschloss, seine Ladung im Wald zu verlieren.

"Und wenn sie dich dabei erwischen?", fragte Susi besorgt.

"Glaubst du etwa, ich habe Lust, den ganzen Nachmittag vermiefte Betten spazieren zu fahren?"

Sie rollten langsam am Perlacher Forst entlang. Schließlich hielt Bastian an. "Hier", sagte er.

"Da sind Leute." Susi zeigte auf ein Liebespaar.

"Die stören uns nicht. Die stören höchstens wir."

Er lud zuerst das Bett, einen Lampenschirm und einen zusammengeschnürten Packen alter Ärzteblätter aus.

"Wart hier. Ich komm' gleich wieder."

So behutsam und gebückt ins Dickicht zu schleichen und gleichzeitig so viel Krach wie Bastian zu machen, gelang auch nicht jedem.

Susi wollte sich ausschütten vor Lachen. "Du schaust vielleicht aus! Weißt du, wie? Wie einer, der seine erste selbst gemachte Leiche versteckt!"

Dämliches Huhn. So laut zu gackern.

Bastian scheuchte auf seinem Weg ins Waldinnere ein zweites Liebespaar auf.

Das Pärchen erschrak sehr.

Bastian erschrak auch sehr. Was war denn heut für'n Tag? Freiluftschmusetag?

Er stiefelte weiter und kam zu einer Lichtung, die malerisch gewesen sein mochte, bevor sie mit zerfetzten Matrazen, kaputten Sesseln und Klobecken dekoriert worden war.

Bastian besah sich die Idylle und stellte fest: sie gefiel ihm nicht. Gefiel ihm ganz und gar nicht.

Darauf beging er den nächsten Fehler an diesem Tag-Anstatt sein Gelump dazuzuwerfen (auf drei Stücke mehr kam es nun wirklich nicht mehr an, außerdem war sein Gelump geradezu formschön und appetitlich im Vergleich zu dem bereits vorhandenen), schleppte er Bett, Ärzteblätter und Lampenschirm zum Auto zurück und warf al­les zu Susis nicht geringem Erstaunen wieder auf dem Rücksitz. "Spinnst du?"

"Hast du dir mal den Wald angeschaut, ja?" fragte er dagegen. "Das soll noch Natur sein? Das ist ein Misthaufen. Wenn man die Verbrecher kriegt, die das gemacht haben, die kann man gar nicht hoch genug bestrafen."

"Ach." Sie ließ keinen Blick von seinem heiligen Zorn.

"Und du? Wolltest du nicht eben noch dasselbe tun?"

"Jetzt nicht mehr. Das nehmen wir alles wieder mit."

Susi sang "Rin in de Kartoffeln, raus aus de Kartoffeln" und verstaute den Müll.

Dabei entdeckte sie die gedruckte Abonnementauf­schrift auf einem Ärzteblatt. "Dr. Katharina Freude. Freude?" sagte sie überrascht. "Ist das nicht die Ärztin, nach der Kathrinchen heißt?"

"Ja und?"

Susi begann zu begreifen. "Dann ist das also ihr Müll — und ihr Auto. Dann..."

"Nun steig schon ein. Und erzähl mir lieber mal, ob der Anwalt Kathrinchens Vater gefunden hat", lenkte er ab.

Susi antwortete nicht. Und Bastian vermied es während der Rückfahrt, sie anzusehen.

Plötzlich seufzte sie auf. "Warum ist bloß alles so kompliziert? Warum liebt man nur immer den Falschen?"

"Wieso? Liebst du schon wieder den Falschen?" fragte er, als ob er das nicht wüsste.

"Und du?" fragte Susi.

Er lachte bloß zur Antwort, aber sein Lachen klang ihr viel zu glücklich.

Martha Guthmann glaubte zu träumen, als Bastian, i und der Müll vor ihrer Haustür vorfuhren. "Was soll denn das?' rief sie aus dem Fenster. "Wir bringen alles wieder." "Wir stopfen es in die umliegenden Mülltonnen!"

"Ja, seid ihr nicht recht gescheit?" fuhr sie die beiden an.

"Wer euch dabei erwischt, schlägt euch zu Krüp­peln!"

"Macht nichts", jubelte Susi mit ernstem Gesicht. "Hauptsache, der deutsche Wald bleibt sauber. Nächsten Sonntag fahren wir hinaus und harken ihn."

Martha Guthmann sah die beiden an, ohne etwas zu sagen — das bedeutete viel für ihre Verhältnisse.

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