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    1. Kurzdarstellung Sinus-Milieu-Modell

Umweltbewusstsein und Umweltverhalten eines Menschen erscheinen häufig als widersprüchlich. In der Lebensweise eines Menschen finden sich sowohl umweltfreundliche wie auch umweltschädliche Praktiken, die im Alltag auf vielfältige – und häufig unreflektierte – Weise miteinander verknüpft sind. Man spricht hier auch vom „Patchwork“-Charakter der Lebensstile. Die jeweiligen Konstellationen werden durch diverse Fakto­ren geformt und beeinflusst, wie beispielsweise verfügbare (materielle und zeitliche) Ressourcen, Lebensphase, geografische Lage (Urbanisierungsgrad, Einkaufsmöglichkeiten) und Werteeinstellungen. Sie verweisen damit indirekt auf eine lebensweltliche Basisorientierung und lassen sich mit Hilfe des Sinus-Milieu-Modells in Form idealtypischer Muster beschreiben und erklären.

Lebensstil ist nicht etwas individuell Subjektives, das vollkommen in der Autonomie einzelner Personen liegt. Vielmehr gibt es soziokulturelle Muster von Lebensstilen, die relativ stabil sind und in den sozialen Kreisen, in denen sich die Person aufhält, reproduziert werden. In unserer individualisierten westlichen Gesellschaft erhält man keine befriedigenden Erklärungen mehr, wenn man versucht, das Verhalten (von Einzelnen oder von Gruppen) allein auf die soziale Lage zurückzuführen. Die Wirklichkeit ist komplexer.

Menschen gleicher objektiver sozialer Lage (objektive Dimension) zeigen aufgrund unterschiedlicher subjek­tiver Wertorientierungen, Interessen, Maximen (subjektive Dimensionen) ein je anderes Verhalten. Insofern ist die alltägliche Lebenswelt der Menschen durch mindestens drei gleich wichtige konstitutive Bausteine bestimmt: soziale Lage, Werte, Lebensstile. Diese stehen in einem wechselseitigen Bedingungs-, Stabilisierungs-und Reproduktionszusammenhang. Diese drei Hauptdimensionen konstituieren soziale Milieus. Soziale Milieus sind Gruppen von Menschen, die sich – salopp formuliert – in ihrer Lebensauffassung und Lebensweise ähneln. Grundlegende Wertorientierungen gehen dabei ebenso in die Analyse ein wie Alltagseinstellungen zur Arbeit, zur Familie, zur Freizeit, zu Geld und Konsum. Sie rücken also den Menschen und das gesamte Bezugssystem seiner Lebenswelt ganzheitlich ins Blickfeld. „Umweltbewusstsein“ ist dabei gewissermaßen eines der Elemen­tarteilchen zur Beschreibung eines Milieus.

Die Landschaft der sozialen Milieus ist ständig in Bewegung und verändert sich. Zwar bleiben die milieukon­stituierenden Merkmale, die Wertorientierungen der Menschen, auch in turbulenten Zeiten relativ konstant. Dennoch bleibt es längerfristig nicht ohne Einfluss auf die Milieustruktur, wenn sich die Gesellschaft fortentwi­ckelt und sich die Werte wandeln. Es gibt eine wechselnde Konjunktur gesellschaftlich dominanter Werte, die zu Verschiebungen in der Milieulandschaft führen. Außerdem ist jede Jugendgeneration mit neuen Gemengen und Hierarchien von Werten konfrontiert, woraus sich dann ganz neue Milieus bilden können.

Die vom Wertewandel, von den demografischen Verschiebungen, von Globalisierung und Digitalisierung getriebenen Veränderungen der Lebenslagen und Lebensweisen spiegeln sich in einer deutlich veränderten Milieulandschaft wider. Diese Veränderungen muss ein wissenschaftlich fundiertes Modell der Gesellschaft wie die Sinus-Milieus aufnehmen, um aktuell und valide zu bleiben.

Wir haben deshalb im Jahr 2010 eine Aktualisierung des Milieumodells vorgenommen, das der soziokultu­rellen Dynamik der letzten Jahre Rechnung trägt. Die empirische Basis dafür ist die soziokulturelle Trendfor­schung des Instituts sowie noch laufende Studien zu den Lebenswelten der Menschen (z. B. Lebenswelten der Jugendlichen, Lebenswelten 50+, Lebenswelten von Menschen mit Migrationshintergrund u. a.). Damit gehen in das aktuelle Milieumodell die Erfahrungen aus rund 3.000 qualitativen und über 300.000 quantitativen Interviews seit 2008 als Datengrundlage ein, bei denen das Milieumodell benutzt wurde.

Vor diesem Hintergrund lassen sich in Deutschland aktuell zehn Milieus unterscheiden, die in der folgenden Grafik im Rahmen eines ganzheitlichen Gesellschaftsmodells positioniert sind. Je höher ein Milieu angesiedelt ist, umso gehobener ist die soziale Lage (Bildung, Einkommen, Berufsprestige); je weiter rechts es gelagert ist, umso moderner bzw. postmoderner ist die Wertorientierung des jeweiligen Milieus. Was die Grafik auch zeigt: Die Grenzen zwischen den Milieus sind fließend: Lebenswelten sind nicht so (scheinbar) exakt eingrenzbar wie soziale Schichten. Sinus nennt das die „Unschärferelation der Alltagswirklichkeit“. Wäre das nicht der Fall, könnte man schwerlich von einem lebensechten Modell sprechen. Berührungspunkte und Übergänge zwi­schen den Milieus sind deshalb ein grundlegender Bestandteil des Milieukonzepts. Das Sinus-Milieumodell ist nicht das Ergebnis einer einzelnen Studie, sondern das Ergebnis von drei Jahrzehnten sozialwissenschaftlicher Forschung.

Auf der folgenden Seite befindet sich eine Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus.