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4 Klimawandel als Kulturwandel?

Klimaschutz und Klimaanpassung bezeichnen umweltpolitische Handlungsfelder von höchster Priorität. Die Ergebnisse des Vierten Sachstandsberichts des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) von 2007 sowie neuere wissenschaftliche Ergebnisse liefern dafür die wissenschaftliche Grundlage. Kaum ein anderes umweltpolitisches Thema bewegt mittlerweile so sehr die Massenmedien weltweit (Boyce/Lewis 2009).

Als Folge dieser gesteigerten öffentlichen Aufmerksamkeit entwickelt sich neuerdings auch in Deutschland ein erweiterter Zugang zum Thema. Nachdem die globale Erwärmung jahrzehntelang vornehmlich als Gegen­stand der Naturwissenschaften galt, wird der Klimawandel nun auch verstärkt in den Sozial- und Kulturwis­senschaften diskutiert. Leggewie und Welzer (2009) sehen in ihm gar einen ebenso „unentdeckten“ wie noch „ungedeuteten Kulturwandel“. Ganz ähnlich spricht Beck (2010) vom Klimawandel als einem Katalysator des Übergangs in eine zweite, „reflexive“ Moderne. Diese um kulturelle und soziale Fragen erweiterten Zugangs­weisen zur Klimadebatte können als ein „Übergang vom Katastrophen- zum Gestaltungsdiskurs“ interpretiert werden (Malone 2009, Reusswig 2008, 2010).

In diesem Kapitel steht die Frage im Mittelpunkt, wie sich diese Entwicklungen im Umweltbewusstsein der Be­völkerungsmehrheit niedergeschlagen haben. Gibt es eine generelle Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, den Klimawandel als Anlass zu einem allgemeinen Kulturwandel zu sehen (und dann auch dafür zu nutzen), oder haben die Menschen das Thema angesichts der Finanzkrise, aus pragmatischen Grün­den oder aufgrund von Zweifeln an der wissenschaftlichen Haltbarkeit der Klimawissenschaft für sich eher zurückgestuft?

4.1 Weiterhin hohes Vertrauen in die Klimaberichterstattung der Medien

Den Massenmedien kommt eine Schlüsselrolle bei der Problemwahrnehmung der globalen Klimaerwärmung zu. Die massenmediale Berichterstattung über den Klimawandel folgt zwar stets gewissen Aufmerksamkeits-zyklen, hat in den letzten Jahren aber deutlich zugenommen.

Trotz einer leichten Abnahme beurteilt immer noch die Mehrheit der Bevölkerung (59 %) die Medienberichter­stattung über die Risiken des Klimawandels als angemessen. Auch der Umstand, dass in den letzten Jahren das Verhalten mancher Vertreter des IPCC in die öffentliche Kritik geriet, hat daran kaum etwas geändert. Insbe­sondere die besser Gebildeten bewerten die realen Klimarisiken sogar als noch etwas höher als in den Medien dargestellt. Mehr Männer als Frauen halten die Klimaberichte der Medien für übertrieben.

Verharmlosung nach Bildung: hohe: 22 %, mittlere: 19 %, niedrige: 15 %.

Übertreibung nach Geschlecht: Frauen: 20 %, Männer: 27 %.

Beherrschbarkeit der Klimafolgen in Deutschland

Wie der Soziologe Niklas Luhmann 1986 ausführte, ist es nicht das Naturgeschehen an sich, sondern erst die gesellschaftliche Resonanz darauf (Wahrnehmung, Deutung sowie Anpassungs- und Vermeidungsmaßnah­men), die aus natürlichen Phänomenen und Entwicklungen ein „ökologisches Problem“ für uns machen. Nicht der Anstieg der Erdmitteltemperatur als bloßer Trend macht den Klimawandel für die Menschen zum Risiko, sondern dessen (für uns wahrnehmbare) Folgen für Natur, Landwirtschaft, Infrastruktur, menschliche Gesund­heit usw.

Für wie gefährlich halten die Befragten den Klimawandel in Deutschland? Wie groß wird unsere Anpassungs­fähigkeit bemessen? Werden die Folgen der Erderwärmung als beherrschbar beurteilt? Mit 56 % ist das Gros der Bevölkerung „voll und ganz“ oder „ziemlich“ überzeugt, dass Deutschland die Probleme des Klimawandels bewältigen kann. Der Zeitvergleich macht deutlich, dass die „Bewältigungs-Optimisten“ in den letzten vier Jahren deutlich zugenommen haben. Milieuspezifisch sind deutliche Unterschiede zu erkennen: Während der Anteil der „Bewältigungs- Skeptiker“ bei den Performern nur knapp 30 % beträgt, sind es jeweils rund 60 % im Liberal-intellek­tuellen und im Sozialökologischen Milieu. Überdurchschnittlich skeptisch sind aber auch die Vertreter des Prekären Milieus (54 %). Liberal-intellektuelle und Sozialökologische verlangen mehr Umwelt­schutz und glauben nicht daran, dass die bisherigen Bemühungen ausreichen, während die Prekären – wie aus anderen Studien bekannt ist – eher die Befürchtung äußern, auch beim Klimawandel und den Anpassungsmaßnahmen zu den persönlich Benachteiligten und Leidtragenden zu gehören.