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Fleischer W., Michel G. Stilistik der deutschen Gegenwartssprache. – Leipzig: VEB Bibliographisches Institut, 1975. – S.268-297.

6.3. Das Problem der Darstellungsarten

Die Lehre von den Darstellungsarten ist seit langem ein fester Bestandteil des Aus­drucksunterrichts der Schulen106, wenngleich vor allem in jüngster Zeit kritische Einwände vorgebracht wurden, die auf die Verbesserung und Weiterentwicklung des althergebrachten „Systems der Darstellungsarten" abzielen. Dabei versteht es sich von selbst, daß die Darstellungsarten sowohl für die Textgestaltung als auch für die Textinterpretation von Bedeutung sind. Um so mehr überrascht es, daß die Darstellungsarten in den grundlegenden Handbüchern und mono­graphischen Arbeiten zu Problemen des Stils - und das gilt nicht nur für die deutsch­sprachige Literatur - nicht berücksichtigt wurden.

Wenn wir hier versuchen, die Darstellungsarten als stilistische Erscheinungen zu kennzeichnen, so geht es uns weniger um die Spezifik einzelner Darstellungs­arten und die daraus resultierenden pädagogisch-psychologischen Fragestellungen, sondern um eine möglichst genaue Beschreibung des Begriffs der Darstellungs­arten und um eine Kennzeichnung des Verhältnisses der Darstellungsarten zu anderen stilistischen Erscheinungen.

6.3.1. Zum Begriff der Darstellungsarten

Dabei interessiert uns zunächst die Frage, was mit dem keineswegs eindeutigen, vielfach schillernden Terminus der Darstellungsarten107 bezeichnet werden soll. Selbst wenn wir vom ungenauen Sprachgebrauch in der Alltagsrede absehen, so bietet auch die einschlägige Fachliteratur unter diesem Aspekt ein Bild verwirrender Vielfalt. Versucht man, die verschiedenartigen Begriffsbestimmungen in Gruppen zusammenzufassen, lassen sich die folgenden Grundpositionen voneinander ab­heben :

(1) Im Anschluß an die antike Moduslehre108 war es heute vor allem in der metho­dischen Fachliteratur üblich geworden, den Terminus Darstellungsart in der Bedeutung eines Systems von methodischen Modellen für den Aufsatzunter-

richt zu verwenden. Da es sich dabei weder um Systeme noch um Modelle im logischen Sinne handelt, läßt sich dieser - vor allem pädagogisch orientierte -Bedeutungsbereich mit der vereinfachenden Formel Übungsformen für den Aufsatzunterricht umschreiben.

(2) Mit der allmählichen Abkehr von einem einseitig auf die Vermittlung von Fähigkeiten des schriftlichen Ausdrucks orientierten Deutschunterricht erfuhr der Terminus Darstellungsart eine Begriffserweiterung im Sinne von Übungs­ formen für den schriftlichen und mündlichen Ausdrucksunter­ richt.109 Diese Erweiterung des Begriffsinhalts ist in der Regel auch mit der Einsicht verbunden, daß die mündlichen Varianten der Darstellungsarten (z. B. des Erzählens) keineswegs mit den entsprechenden Formen der Übungen im schriftlichen Ausdruck gleichgesetzt werden können.

(3) Diesen einseitig pädagogisch orientierten Auffassungen stehen Konzeptionen gegenüber, die die Begrenztheit dieser Sehweise durch eine Ausweitung des Begriffs auf nichtpädagogische Bereiche überwinden wollen. Auf den Zusam­ menhang zwischen den Formen der Übungen im schriftlichen Ausdruck und ihren „Vorbildern" - vor allem im belletristischen und publizistischen Bereich - hatte man gelegentlich hingewiesen; darüber hinaus erkennt man mehr und mehr die Bedeutung einzelner Darstellungsarten für die Textgestaltung in verschie­ densten Bereichen der gesellschaftlichen Kommunikation (vgl. 6.2.1.4.). Daher lag es nahe, die „Übungsformen" auf die Gesamtheit von Texten zu beziehen, und zwar vor allem auf den Prozeß der Gestaltung dieser Texte. In diesem Sinne können wir die Darstellungsarten vereinfachend Verfahren zur Textge­ staltung nennen.110

(4) Schließlich wird der Terminus Darstellungsart auch auf das Ergebnis solcher Verfahren der Textgestaltung bezogen, also auf die in bestimmter Weise struk­turierten Textklassen.

Mindestens durch die zuletzt genannten Bedeutungsgruppen werden die Darstel­lungsarten als stilistische Phänomene gekennzeichnet; die Relation Darstellungs­art - Stil wird aber - soweit wir sehen - nirgends näher bestimmt, und auch die

106 Dora Hujer nennt die Darstellungsarten sogar „die einzige feste Grundlage der ... Arbeit am Ausdruck". Hujer, D.: Das System der Darstellungsarten und seine Bedeu­ tung für die Arbeit am sprachlichen Ausdruck. In: Deutschunterricht 16 (1963),

S. 242.

  1. Die folgenden Bezeichnungen decken sich vollständig oder partiell mit dem Terminus Darstellungsart: Darstellungsweise, Darstellungsform, Darstellungsgrundform, Übungsform für den Aufsatzunterricht, Stilform, Stilgattung, Stilverfahren. Beachtung verdient dabei die Tatsache, daß die Bezeichnungen mit „Stil-" als 1. Konstituente nur in Arbeiten verwendet werden, für die das Stilistische bestenfalls eine Randzone der Darlegungen bildet.

  2. Die antike Rhetorik wollte die Fähigkeit zur angemessenen, vor allem auf Wirkung zielenden sprachlichen Bewältigung verschiedener Inhalte vermitteln. Unter den Bedingungen jener gesellschaftlichen Formation, da sich die Angehörigen der herr-

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schenden Klasse vor der Volksversammlung der Sklavenhalter selbst verteidigen mußten, konnte diese Fähigkeit von entscheidender Bedeutung sein. - Grundlage für sprachliche Gestaltungsaufgaben waren die sogenannten Modi, die als Relation zwischen verschiedenen Inhalten und den ihnen entsprechenden Behandlungsarten bestimmt werden können. Vgl. Lausberg, Handbuch, a. a. O., S. 32ff. Diese Modus­lehre wurde von den mittelalterlichen Lateinschulen - allerdings in variierter Form -gepflegt und bildete später die Grundlage für die Lehre von den Darstellungsarten im Aufsatzunterricht.

  1. So bei Helmers, H.: Didaktik der deutschen Sprache. Stuttgart 21967, S. 171. Vgl. dazu auch Möller, G.: Sehen, denken, reden, schreiben. Arbeit am sprachlichen Aus­ druck. Berlin 21964, S. 75: „Darstellungsarten sind Aufgaben, die wir dem Schüler stellen."

  2. Vgl. Krahl/Kurz, a. a. O., S. 29: Darstellungsarten sind „Verfahren, wie man einen Gegenstand wiedergibt". - Ähnlich auch Beneš, Typologie, a. a. O., S. 229.

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Einordnung der Lehre von den Darstellungsarten in eine in sich geschlossene stilistische Konzeption wird nirgends deutlich.111

Ausgangs- und Zielpunkt unserer Überlegungen zur terminologischen Festlegung des Begriffs der Darstellungsarten sind die oben gegebenen stiltheoretischen Er­örterungen (vgl. 2.1.). Vor diesem Hintergrund bemühen wir uns zunächst um die Abgrenzung der Termini Darstellungsart und Stil.

Wir waren von der These ausgegangen, daß sich Stil als variable Größe bei der sprachlichen Wiedergabe von Sachverhalten immer auf eine Ganzheit bezieht; in diesem Sinne wurde Stil als texttheoretische Kategorie bestimmt, als Merkmal­komplex, der jedem Text zukommt. Auch die Darstellungsarten könnte man ganz allgemein zunächst als Merkmalkomplex von Texten bestimmen, allerdings mit der wesentlichen Einschränkung, daß dieser „Merkmalkomplex" nicht allen Texten zugeordnet werden kann. Ein Appell der VP an die Bevölkerung zur Erhöhung der Verkehrssicherheit wird z. B. nicht mit den relevanten Mitteln bestimmter Dar­stellungsarten gestaltet. Das gilt auch für die Texte mit spontanen emotionalen Äußerungen. Zwar sind Elemente bestimmter Darstellungsarten in den genannten Texten nicht grundsätzlich auszuschließen, aber sie sind nicht notwendige Bestand­teile dieser Textklassen. Der Terminus Darstellungsart bezieht sich daher - im Ge­gensatz zum Stil - nicht auf die Gesamtheit von Texten, sondern nur auf eine Teil­menge, die wir in einem anderen Zusammenhang (6.2.2.3.) als Texte informieren­den Charakters bezeichnet haben.112

Der Merkmalkomplex der Darstellungsarten umfaßt nur einen Teil der Variablen von Texten mit sachgerichteter Information, nämlich jene Elemente, die primär durch den Charakter des der Gestaltung zugrunde liegenden Sachverhalts und die Relation Sender - Sachverhalt bestimmt werden. Alle anderen Faktoren, die ein kommunikatives Ereignis entscheidend prägen (vor allem die Relation Sender -Empfänger und weitere situative Bedingungen) sind für die Darstellungsarten im traditionellen Sinne nicht oder doch nur von untergeordneter Bedeutung. In diesem Sinne nennt Härtung die Darstellungsarten relativ isolierte „Teilstücke von Kommunikationsvorgängen"113.

Die für die Darstellungsarten relevanten Elemente von Texten sind relativ fest miteinander verbunden und treten in einer bestimmten Anordnung auf. E. Benes wertet die Darstellungsarten daher zu Recht als „Bindeglied zwischen der sprachli­chen Gestaltung und dem Textaufbau einerseits und der eigenen thematischen Komposition ... andererseits"114. Je nach dem Charakter des jeweiligen Typs der Darstellungsart werden diese relativ festen Kombinationen von Elementen in

111 Die Begriffsbestimmungen von Beinlich, A.: Handbuch des Deutschunterrichts. Emsdetten 41966, S. 357: „Darstellungsarten sind Grundweisen geistig-sprachlicher Weltbewältigung." und Helmers, a. a. O., S. 179: „Darstellungsarten sind Grund- formen stilistischer Weltbewältigung." sind wenig aussagekräftig und beziehen sich auf eine idealistisch-verschwommene Stilkonzeption. Vgl. dazu Ulshöfer, R.: Methodik des Deutschunterrichts. Mittelstufe 2. Stuttgart 1957, S. 97: Stil ist die „Ausdrucksform einer seelisch-geistigen Grundhaltung".

  1. Sie ist nicht identisch mit dem oben erläuterten Begriff der Sachprosa (vgl. 6.2.2.3.).

  2. Härtung, Muttersprachunterricht, a. a. O., S. 225.

  3. Benes, Typologie, a. a. O., S. 229.

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bestimmter Anordnung von einer Gruppe von Stilzügen geprägt. So sind zum Bei­spiel für den Bericht die Stilzüge Objektivität (als Ausdruck der relativen Distanz­haltung des Senders zum Sachverhalt), Exaktheit, Klarheit und relative Kürze wesentlich; sie werden durch das Merkmal der chronologischen Abfolge des Textaufbaus ergänzt. Entsprechend der Funktion eines Textes können die für die Darstellungsarten relevanten Textteile in bestimmten Grenzen modifiziert werden. So gibt es zum Beispiel beim Polizeibericht über einen Verkehrsunfall eine Fülle von Spielarten, die vom jeweiligen Zweck diktiert werden: der Polizeibericht zur exakten (und detaillierten) Ermittlung des Sachverhalts, der Polizeibericht über den gleichen Sachverhalt in der Presse, der mündliche Bericht eines Angehörigen der VP in seiner Dienststelle usw. Gemeinsam muß aber allen Texten die Aktuali­sierung der obengenannten Stilzüge sein, wenn der jeweilige Text als Bericht be­stimmt werden soll.

Das bedeutet zugleich, daß die Darstellungsarten nicht an bestimmte Funktional­stile gebunden sind.

Sowohl die Darstellungsarten als auch die Funktionalstile können - wie gezeigt wurde - durch Stilzüge näher bestimmt werden. Detaillierte Untersuchungen zur Abgrenzung dieser Stilzugkomplexe stehen noch aus. Vorläufig kennzeichnen wir dieses Verhältnis im Sinne einer Teil-Ganzes-Beziehung: Stilzüge der Darstellungs­arten sind in die übergreifenden und umfassenderen Stilzugkomplexe der Funktio­nalstile integriert.

Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß die einzelnen Darstellungsarten als komplexe fakultative Varianten bei Texten mit sachgerichteter Information fun­gieren können. Ein Verkehrsunfall z. B. kann sprachlich als Bericht oder auch Erzählung gestaltet werden. Welche Variante vom Sprecher/Schreiber in einer konkreten kommunikativen Situation gewählt wird, hängt dann von der Gesamt­heit der Bedingungen ab, die die jeweilige Kommunikationssituation prägen. Auf Grund dieser Überlegungen wollen wir den „Merkmalkomplex" Darstellungs­arten wie folgt umschreiben:

  1. Der Terminus umfaßt nach unserer Auffassung sowohl bestimmte Verfahren zur Gestaltung von Texten als auch das Ergebnis dieser Prozesse, also bestimmte Textklassen mit charakteristischen Merkmalen. Der klareren Abgrenzung dieser Bedeutungsbereiche dienen die Termini Darstellensarten für die ver­ schiedenen Gestaltungstypen, dagegen Darstellungsarten für die Texttypen. Analog sind dann auch Berichten und Bericht, Beschreiben und Beschreibung terminologisch zu unterscheiden.115

  2. Darstellensarten und Darstellungsarten umfassen nicht die Gesamtheit von Texten, sondern sind auf Texte mit sachgerichteter Information beschränkt.

  3. Darstellensarten und Darstellungsarten sind idealtypische Teilstücke von Kom­ munikationsvorgängen und beziehen sich vor allem auf den Charakter des der Gestaltung zugrunde liegenden Sachverhalts und auf die Relation Sender -

115 Vgl. dazu auch Riehme, J.: Zum Verhältnis von sprachlichen und geistigen Fähig­keiten. In: Pädagogik 23 (1968), S. 940. - Die Unterscheidung ist aber nicht immer notwendig, wir verwenden dann der Kürze halber den Terminus Darstellungsarten für beides.

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Sachverhalt. Sie variieren daher je nach dem Charakter eines bestimm in Ausschnitts der objektiven Realität und reflektieren auch das Verhältnis de Senders zu diesem Abschnitt.

  1. In diesem Sinne sind Darstellensarten elementare Verfahren der Textgestalt im und Darstellungsarten elementare Typen von in bestimmter Weise Struktur in ten Texten. Diese idealtypischen Verfahren und Texttypen wurden aus Vor bildern abgeleitet, die sich in der Praxis bewährt haben; sie dienen häufig al methodische Muster. Die konkreten Texte bewegen sich in der Regel zwischen diesen Idealtypen, weil bei den Darstellensarten und Darstellungsalten von einer Vielzahl konkreter Bedingungen der Textgestaltung abstrahiert wird.

  2. Die Darstellungsarten treten uns als relativ feste Kombinationen der tragenden Elemente und Strukturen von Texten entgegen. Sie werden durch bestimmte Kombinationen von Stilzügen geprägt und sind nicht an bestimmte Funktional Stile gebunden.

  3. Darstellensarten und Darstellungsarten fungieren - je nach den Bedingungen eines konkreten kommunikativen Ereignisses - als komplexe fakultative Varian ten.

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