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Fleischer-Darstellungsarten.doc
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6.3.3.6. Betrachten

Als zweiten impressiven Grundtyp heben wir das Betrachten hervor. Darunter soll die Gestaltung von Eindrücken verstanden werden, die sich vor allem auf Pro-bleme beziehen. Damit ist das Betrachten als impressives Analogon des Erörterns zu begreifen.

Es ist natürlich nur eine Frage der Zweckmäßigkeit, ob man diesen Texttyp als selbständige - allerdings wenig frequentierte - Darstellungsart bezeichnet oder ob man ihn mit der Schilderung zu einer neuen, relativ komplexen Darstellungsart zusammenfaßt („Wiedergeben von Eindrücken"). Für die zuletzt genannte Mög­lichkeit spricht die Tatsache, daß die Objektbeziehung - zumindest für die Klassi fizierung von impressiven Texten - eine untergeordnete Rolle spielt, da der Sach verhaltsbezug von subjektiven Eindrücken in der Regel komplexer Natur ist. Schon das Schildern von Gegenständen ist häufig mit anderen Elementen des Dar- stellens verbunden; in weitaus höherem Maße gilt das für das Schildern von Vor- gängen, bedingt auch für das Schildern von Situationen. Andererseits ist zu bedenken, daß die meisten konkreten Texte vom Standpunkt der Darstellungsart als soge­nannte „Mischtypen" zu interpretieren sind, da in ihnen Elemente der verschie­densten Darstellungsarten mit unterschiedlicher Gewichtung miteinander verbun- den sind. Wenn wir uns daher im Bereich des informativen Grundtyps um eine Differenzierung und Subklassifizierung und damit um eine Aussonderung von elementaren Grundformen bemüht haben, so läßt sich ein analoges Vorgehen auch bei der impressiven Darstellungsweise rechtfertigen. Zumindest für pädagogische Zwecke, aber auch für die Textinterpretation im allgemeinen, dürfte einem sol chen Versuch der idealtypischen Subkategorisierung erhöhte Bedeutung zu kommen.

Hinzu kommt, daß sich das Betrachten - ähnlich wie das Erörtern - auch qualitativ von den bisher erörterten impressiven Spielarten abhebt. Während die Schilderung Eindrücke widerspiegelt, die mehr oder minder unmittelbar, gleichsam ungebrochen entstehen, handelt es sich bei der Betrachtung um einen Komplex von Eindrücken bei dem das rationale Element eine bedeutendere Rolle spielt. Hier werden Einzel- impressionen miteinander verglichen, werden Reflexionen über das Für und Wider von Wertungen angestellt.

Betrachtung:

,,... Man verwechsele nicht schönes Wetter, blauen Himmel, grünes Meer, die ganze mediterrane Szenerie, wie von Bukolikern beschrieben, mit politischer Befriedung. Man verwechsele allerdings auch nicht das Mitmenschliche mit völligem Fehlen etwa von Grausamkeit. Zu leicht bringt der Tourist, beruhigt von Gastfreundschaft und niedrigen Preisen, falsche Impressionen mit heim. Es wäre zu gefährlich, und zwar für ihn selbst, wenn er seinen Urlaubsfrieden als Frieden im Lande überhaupt mißverstände. Es wäre zu gefährlich, von freundlichen Mienen, nächtlicher Ruhe, dem geregelten Tagesablauf dreier romantischer ' Wochen und dem geordneten Menü von Voll- und Halbpension nun auch sozial­politische Rückschlüsse auf die Situation des Landes zu ziehen - oder dies eben zu unterlassen. Zu möglichen Mißverständnissen, die auf dem Tourismus be­ruhen, kommen jene Mißverständnisse, die allein auf dem Sprachproblem be­ruhen. Einfache Griechen älterer Generationen sprechen, nach längeren Aufent­halten in den USA, vielfach englisch mitsamt dem amerikanischen Slang; einfache Griechen jüngerer Generationen nach Gastarbeit in Westdeutschland (den USA dieser Jahre) vielfach deutsch; gebildete Griechen ziehen Französisch vor. Was wir selbst, allenfalls durch das humanistische Gymnasium gebildet oder verbildet, dem Griechen an griechischen Vokabeln bieten können, bleibt weit hinter unserem Wunsch nach Verständigung in der Landessprache zurück. Doch was die Wörter „Ruhe und Ordnung", in dieser oder jener Sprache, bedeuten oder eben nicht bedeuten, dürfte kaum falsch interpretiert werden..." (J. Seyppel, Griechisches Mosaik. Impressionen und Analysen. Berlin 1970, S. 101.)

Sprachlich hat die Betrachtung wesentliche Züge mit der Schilderung gemein. Die Texte sind subjektiv geprägt, lassen das Erleben des Verfassers deutlich werden; Expressivität, Anschaulichkeit und Bildhaftigkeit bestimmen daher vor allem die Auswahl der lexischen und grammatischen Mittel. Der reflektierende Charakter rückt die Betrachtung wiederum in die Nähe der Erörterung: Konjunktionen, Adverbien und adverbiale Fügungen sind stärker frequentiert als in der Schilderung. Auch das Verhältnis von Verb und Nomen entspricht annähernd den Werten erörternder Texte.-

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, daß es zwischen dem Betrachten, das wir als eine enge Verbindung von Impression und Reflexion bestimmt haben, und Problemsituationen der objektiven Realität keine einfache Eins-zu-Eins-Entspre-chung gibt. Ein Verfasser kann z. B. auch Betrachtungen über einen ihn besonders beeindruckenden Gegenstand, etwa ein Kunstwerk, oder über Vorgänge und Si­tuationen im oben erwähnten Sinne anstellen. Umgekehrt kann auch eine unreflek-tierte Schilderung auf ein Problem bezogen werden. Doch handelt es sich wohl in beiden Fällen nur um mehr oder minder periphere und gering frequentierte Er­scheinungen.

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