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Fleischer-Darstellungsarten.doc
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6.3.3.5. Schildern

Das Schildern ist - nach unserer Bestimmung - der Grundtyp der impressiven Darstellung. Im Gegensatz zu den bisher behandelten informativen Darstellungs­arten, bei denen der Verfasser vor allem agiert, hatten wir den Grundtyp der impressiven Darstellung primär als sprachlichen Ausdruck eines Reagierens, eines Beeindrucktseins von den Sachverhalten der objektiven Realität, gekennzeichnet Hinzu kommt das Bestreben des Verfassers, einen oder mehrere Empfänger am eigenen Erleben teilhaben zu lassen143. Darin liegt zugleich die gesellschaftliche Bedeutsamkeit dieser Darstellungsart: In der Nachempfindung werden Eindrücke anderer zum eigenen Erlebnis, zur eigenen Erfahrung, die das Handeln der so An­gesprochenen in entscheidender Weise mitbestimmen kann. Die exakte sprachliche Wiedergabe von Eindrücken setzt voraus, daß sich der Verfasser dieser Eindrücke bewußt wird. Durch Vergleich mit gleichartigen oder anders gearteten Impressionen wird die Differenzierung des Gesamteindrucks und das Herauslösen von bestimmenden Grundgefühlen und Grundhaltungen erleichtert

  1. Eine Einengung der Interpretation auf literarische Texte, wie sie etwa von Möller. Sehen, a. a. O., S. 180 vorgenommen wird, widerspricht unserer Konzeption vom We­ sen des Stils; auch Sachtexte oder Texte der Alltagsrede können mit einer spezifischen Zielstellung interpretiert werden.

  2. Mit dieser Begriffsbestimmung distanzieren wir uns von der im Kleinen Wörterbuch zur Stilkunde von Krahl/Kurz, a. a. O., S. 100 vertretenen Auffassung, nach der das Schildern als „Sonderart des Beschreibens" bestimmt wird, für die das Zurückdrängen subjektiver Eindrücke charakteristisch ist.

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Zugleich wird der Verfasser erkennen, durch welche Details des zugrunde liegenden Sachverhalts diese Emotionen, Einsichten und Haltungen ausgelöst wurden. Damit richtet sich der Blick des Schildernden immer sowohl nach außen, auf be­stimmte Merkmale von Sachverhalten, als auch nach innen, auf deren Wirkung auf das eigene Ich. Das Schildern von Gegenständen zum Beispiel hat daher den gleichen Ansatzpunkt wie das Beschreiben, nämlich das exakte Beobachten des darzustellenden Objekts. Während aber der Beschreibende die- wenigstens relative -Vollständigkeit der Detaildarstellung anstrebt, konzentriert sich das Schildern auf jene Teilsachverhalte, die für die Auslösung eines Gesamteindrucks, von Stim­mungen, Gefühlen und Gedanken bestimmend sind. Ein Vergleich der folgenden Schilderung eines Uhus mit der oben wiedergegebenen Tierbeschreibung (vgl. 6.3.3.1.) läßt diese Grundtendenz deutlich hervortreten.

Tierschilderung:

Der Uhu

„Schweigend und reglos stehen die mächtigen Bäume des Hochwaldes. Kein Lufthauch bewegt die stolzen Wipfel. Geschäftig huschen Eichhörnchen an den Stämmen auf und nieder. Mit ärgerlichem Gezeter streicht ein Eichelhäher ab. Bei diesem mißtönenden Geschrei bewegt sich etwas, kaum wahrnehmbar in einem besonders hohen, dichten Baumwipfel; Federohren richten sich miß­trauisch auf, runde Augen mit prachtvoller, goldgelber Iris, die am äußeren Rande rötlich erglänzt, spähen argwöhnisch in die Runde. Das schrille ,Kiäh' des Hähers hat den Uhu hoch oben im Baumwipfel aus seinem Halbschlummer geweckt.

... Dort hockt er, der stattliche Eulenvogel. ... Glatt angelegt ist das reiche, dichte Gefieder. Dunkelrotgelb die Oberseite, gelblichweiß die Kehle, rostgelb die Unterseite, nachtschwarz die beweglichen Öhren. Er scheint tief und fest zu ruhen; und doch reicht das geringste Geräusch hin, ihn blitzartig zu ermuntern. Sofort richten sich die Ohrbüschel auf. Hin und her dreht sich der ausdrucksvolle Kopf. Überlisten läßt er sich nicht..." (F. Butterlin, Ein König der Nacht. In: Berliner Zeitung v. 24. 12. 1954.)

Die sprachlichen Kennzeichen der Gegenstandsschilderung weisen daher auch - wegen des gleichen Ausgangspunkts - einige Gemeinsamkeiten mit der Gegen­standsbeschreibung auf. Da auch für das Schildern eine relativ genaue Merkmal­erfassung notwendig wird, ist der prozentuale Anteil der Adjektive (9-13,5 %) und der Substantive (30-38 %) relativ groß. Im Gegensatz zur Gegenstandsbeschreibung treten dagegen Abstrakta, Fachausdrücke und Maßangaben - wegen der Konzen­tration auf die Wiedergabe von Eindrücken - nur gelegentlich auf. Um so wichtiger sind für die Darstellung von Empfundenem anschauliche Bilder und Vergleiche. Zwar sind diese Stilelemente - wie wir oben hervorgehoben hatten - auch der Gegen-standsbeschreibung gemäß; doch sind sie für die sprachliche Gestaltung des Er­griffenseins von einem Teilausschnitt der objektiven Realität von weit größerer Bedeutung.

Überhaupt begegnen relativ häufig stärker konnotativ geprägte Stilelemente; sie dienen der Emotionalisierung und Subjektivierung der Aussage. Wiederholungen

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verschiedener sprachlicher Einheiten können zur Intensivierung des Eindrucks beitragen. Hervorhebung verdient schließlich noch eine gewisse Lockerheit der syntaktischen Strukturen.

Gegenstandsschilderung:

Die Schiffsbauhalle der Rostocker Werft

„Die Halle war hoch, die Halle war riesig, zweihundert Meter lang, wie ich später erfahren sollte; es war die größte Schiffsbauhalle Europas, und sie war mit Lärm randvoll gefüllt wie ein Meeresbecken mit seiner Flut. Dieser Lärm lag. es war kein Lärm, der von einem Ort herkommt, anschwillt und wieder verhallt. er brauste und wehte nicht, er lag in der Halle, körperhaft, eine alles ausfüllende Materie; er drückte in die Ohren, und sein Druck nahm zu, je tiefer wir in das Becken der Halle tauchten. Es war der Lärm von Hunderten von Eisenfäusten, die Rundhämmer, Rammen und Stanzen auf Eisen schlugen; es war ein ungeheures Dröhnen geschlagenen und geschliffenen Metalls, ein unverändert eintönige! Eisendonner, in dem ich erst viel später die Untergeräusche seiner Blitze, der Schweiß- und Schneidbrennerflammen, wahrnehmen konnte. Betäubt stand ich am Eingang der Halle; ich war betäubt, ich war befangen und verwirrt, und ich hatte, warum soll ich's verschweigen, Angst..." (F. Fühmann, Kabelkran und Blauer Peter.)

Wir fassen den Sachverhaltsbezug des Schildens allerdings nicht so eng wie die älteren Systeme der Darstellungsarten. Der Gegenstandsschilderung im weitesten Sinne (zu der wir nicht nur impressive Gestaltung von Gegenständen, Bauwerken und Tieren rechnen, sondern auch die sogenannte Bild- und Landschaftsbeschrei bung") stellen wir die Schilderung von Vorgängen und Zuständen an die Seite Die Vorgangsschilderung steht der Erzählung nahe und ist häufig in Erzählungen eingebettet. Charakteristisch für diesen Typ der Textgestaltung ist das Fehlen einer genauen Darstellung der einzelnen Phasen des Handlungsablaufs; es dominiert auch hier in den schildernden Teilen die Gestaltung der Gefühle und Gedanken, die den Schildernden bei der Beobachtung eines Vorgangs bewegen.

Vorgangsschilderung:

Der erste Alleinstart

„... Endlich hatte ich den letzten Prüfungsflug auf dem .Lehrmeister' hinter mir. Nach der Landung blätterte der Fluglehrer in meinem Flugbuch herum Das schien mir eine Ewigkeit zu dauern, und ich begann schon ein wenig zu zweifeln, ob er mich zur .Umschulung' zulassen würde. Als er mir dann sagte. daß ich noch heute meinen ersten Alleinstart bekommen sollte, war ich ziemlich aufgeregt und trotz aller Freude beunruhigt. Das Verhalten der Sportkameraden verstärkte dieses Gefühl noch mehr: Einige neckten mich, andere erzählten haar sträubende Geschichten von Bruchlandungen, und die alten Hasen erteilten weise Ratschläge.

Endlich war es soweit. Ich stieg in die Maschine ein und wurde festgeschnallt Alles war anders als im .Lehrmeister'; ich mußte mich erst an die neue Situation gewöhnen. Ich hatte die Aufgabe, das Flugprogramm - Start, Platzrunde, Lan-

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dung - zuerst noch einmal gründlich zu durchdenken und die notwendigen Hand­griffe zu üben. Ich versuchte, mich auf diese Aufgabe zu konzentrieren. Das gelang mir nicht richtig, denn ich hatte nun doch etwas Angst. Würde ich meinen Fluglehrer auch nicht enttäuschen? War ich überhaupt schon soweit, das Flug­zeug allein zu steuern? Doch der Gedanke an die mit ,Gut' absolvierten Prü­fungsflüge gab mir wieder Mut.

Dann brachten die Kameraden die Maschine an den Start. Das Seil wurde ein­gehängt. Jetzt scherzte keiner mehr. Es herrschte - wie stets, wenn ein Flugschüler zum ersten Mal seine Fähigkeiten unter Beweis stellen muß - eine merkwürdige Stille. Mit dem Straffwerden des Seils gewann ich meine Sicherheit zurück. Ich dachte nur noch daran, nicht zu steil aus dem Start herauszugehen, damit der Fluglehrer mit mir zufrieden wäre.

Dann kam das Auskuppeln und damit der freie Flug. Dieser Augenblick war der Schönste am ganzen Start. Ich jubelte innerlich: Hurra, ich kann die Maschine fliegen! Aber bei der nächsten Kurve merkte ich, daß ich sie doch noch nicht sicher beherrschte. Ich hatte einen zu kleinen Querruderausschlag gegeben, des­wegen brachte ich die Maschine nicht in die erforderliche Schräglage, sie wurde durch die Zentrifugalkraft nach außen gedrückt. Ich hatte die Kurve nicht sauber geflogen. Bei der Landung hatte ich gegen den Seitenwind zu kämpfen, der mich ständig vom Landekreuz wegtrieb. Ich befürchtete, daß zu guter Letzt noch etwas schiefgehen könne.

Aber die Landung verlief normal. Alle gratulierten mir, und ich freute mich über meinen Erfolg." (Schilderung eines 16jährigen Schülers. Unsere Muttersprache. 9/10. Klasse, Berlin 1970, S. 87.)

Die Schilderung einer Situation (eines Zustandes) ist dann gegeben, wenn der zugrunde liegende Sachverhalt weder in seiner Gegenständlichkeit noch in seinem Handlungsablauf genauer bestimmt ist (oder bestimmt werden soll) und sich die Darstellung mehr auf die Gestaltung von Stimmungen des Verfassers konzentriert. Dennoch darf aus dieser Tatsache nicht gefolgert werden, daß die Gestaltung un­kontrollierter (und unkontrollierbarer) Emotionen als das eigentliche und wesent­liche Element dieser Stimmungsbilder angesehen werden kann; vielmehr ist auch für diese impressive Form der Textgestaltung eine relative Differenzierung der Eindrücke charakteristisch, die die Abhängigkeit dieser Impressionen von der zugrunde liegenden Situation erkennen läßt.

Situationsschilderung:

Boxer vor dem Kampf

„Die Luft im Raum ist warm, trocken, vom unangenehmen Geruch der Massage­emulsion durchsetzt... Das anfänglich überlaute Reden ist allmählich abgeflaut. Man beginnt - zu warten. Ich spüre, wie mit der ungewohnten Ruhe sich wach­sende Nervosität einstellt und von einem auf den anderen überspringt. Viele der Boxer haben sich auf die Stühle gesetzt und schauen auf ihre Umgebung. Sie drehen die Köpfe nach allen Seiten, und es scheint, als ob sie dies mit Interesse täten; jedoch ihre gleichgültigen Blicke verraten, daß sie das nur tun, um sich zu beruhigen, die Gedanken abzulenken. Wippende Knie, nervöses Händeringen

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und spielende Kaumuskeln geben aber kund, daß das nicht gelingt. Andere gehen unruhig hin und her, tasten mit den Fingern Kanten und Ecken der Schränke ab, heben abwechselnd die Fersen, tänzeln, markieren Boxbewegungen. Einer liegt, regungslos wie ein Fels, auf einer der Kisten. Das kaum merkbare Zittern seiner geschlossenen Augenlider und sein unregelmäßiges Atmen lassen aber erkennen, daß es ihm genauso geht wie allen anderen. - Keiner, den das Lampen lieber nicht peinigte. Oder auch Angst? Die Tür wird aufgestoßen. Der Trainer bringt die Kampfaufstellung..."

(Schülerarbeit. Aus: Dein Weg zum guten Stil. Hrsg. v. G. Möller, Berlin 1969, S. 166.)

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