Ausgabe
			3/2002 - Neues Bearbeitungskonzept minimiert Fertigungszeit 
			Im
			Bereich der Automobilindustrie steht man heute unter einem
			gewaltigen Wettbewerbsdruck, nicht nur im Hinblick auf die
			Fertigungsqualitдt,
			sondern insbesondere was die Verkьrzung
			der Fertigungszeiten betrifft, um eine wirtschaftliche Produktion
			zu ermцglichen.
			Wie ein neues Bearbeitungskonzept zu einer Taktzeitreduzierung von
			47 % fьhren
			kann, zeigt das Beispiel einer Querlenkerbearbeitung bei einem
			namhaften deutschen Automobilhersteller.
R.
			Pickenhahn; D. Trick
			
			 
			
			 
			
				
				
					
						Produktivitдtssteigerungen
						und Kostenreduzierungen bei gleichbleibend hoher
						Bearbeitungsqualitдt stehen stдndig im Fokus der
						Automobilindustrie. So auch bei der Fertigung eines neuen
						Querlenkers fьr die Hinterachsaufhдngung bei einem namhaften
						deutschen Automobilhersteller. Hier strebte man das ehrgeizige
						Ziel an, die Querlenker aus dem relativ gut zu zerspanenden
						Aluminium-Sandguss AlSi7Mg mit einer Hдrte von 70 bis 100 HB
						in einer Taktzeit von 200 s zu bearbeiten. Bei vergleichbaren
						Querlenkern von Vorgдngermodellen betrug die Taktzeit 294 s. 
						
						Bearbeitungsaufgabe
An
						dem neuen Querlenker sind die vier in Durchmesser und Gestalt
						unterschiedlichen Lager W, H, G und V (Bild 1) mit
						Durchmessertoleranzen von 0,05 mm und einem Rz
						von 16 µm zu bearbeiten. Des Weiteren sind sieben
						M8-Sacklochgewinde an der Oberseite des Querlenkers in zwei
						unterschiedlichen Gewindelдngen herzustellen, die der
						Befestigung von Handbremsseil, Steinschlagschutz und
						Koppelstange dienen. AuЯerdem mьssen an der Unterseite vier
						M6-Gewindebohrungen fьr die Befestigung der ABS-Leitung und
						eines Sensors fьr die Leuchtweitenregulierung erstellt werden.
						Dabei sind alle Gewindebohrungen mit einer zylindrischen
						Schutzsenkung auszustatten. Ein weiterer Bearbeitungsschritt
						besteht im Heraustrennen eines Steigers. 
						
						 
 
						Bild
						1 Oberseite
						des zu bearbeitenden Querlenkers
						
						 
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						Die
						Forderung seitens des Kunden bestand nun darin, diese
						Fertigungsaufgabe auf einem fьnfachsigen
						Doppelspindelbearbeitungszentrum ELHA HBZ-2-630 mit einer
						Antriebsleistung von 30 kW pro Spindel, waagerechten Spindeln
						und Palettensystem in einer Taktzeit von 200 s komplett zu
						bearbeiten. Fьr die Bearbeitung einschlieЯlich der
						notwendigen Werkzeugwechsel stehen aber nur 190 s zur
						Verfьgung, da der 10 s dauernde Palettenwechsel in der
						Taktzeit enthalten ist. 
						
						Kombinationswerkzeuge
						erreichen vorgegebene Taktzeit
						
Da die verfьgbare Bearbeitungszeit fьr den gesamten
						Arbeitsumfang sehr kurz ist, kommt es hier auf jede Zehntel
						Sekunde an, die an Haupt- und Nebenzeiten eingespart werden
						kann. Die bisherigen Querlenker wurden mittels Einzelwerkzeugen
						bearbeitet. Dabei kamen abhдngig vom Querlenkertyp mindestens
						24 Einzelwerkzeuge zum Einsatz. Rechnet man fьr einen
						Werkzeugwechsel (inkl. Positionieren) etwa 9 s, resultiert dies
						in einer Werkzeugwechselzeit von 207 s, so dass die geforderte
						Taktzeit von 200 s auf diese Art und Weise nicht erreicht
						werden kann. 
						
						Da
						der Werkzeugwechsel hier den grцЯten Teil der Nebenzeiten
						ausmachte, fьhrten die Ьberlegungen sehr schnell in Richtung
						Kombinationswerkzeuge. Resultat war die Entwicklung von acht
						Kombinationswerkzeugen, die jeweils bis zu neun
						Einzeloperationen ьbernehmen kцnnen: 
						 
						
							
							je
							ein Kombinationswerkzeug fьr die Bearbeitung der vier Lager, 
							 
							
							ein
							Scheibenfrдser zum Heraustrennen eines Steigers am Rohteil, 
							 
							
							ein
							Hartmetallleisten-Gewindeformer zum Formen der sieben
							M8-Gewinde, 
							 
							
							ein
							Winkelkopf mit Stufenbohrer zur Herstellung der Kernlцcher
							fьr die M6-Gewinde, 
							 
							ein
							Winkelkopf mit Gewindebohrer M6 zum Bohren der M6-Gewinde.
														 
						 
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						Da
						jedes der vier Lager wegen unterschiedlicher Funktionen
						spezifische Besonderheiten aufweist, wurde fьr jedes Lager ein
						eigenes Ausspindelwerkzeug entwickelt, mit dem die Lagerbohrung
						komplett in einem Durchlauf bearbeitet wird. Die
						Spindelwerkzeuge stellen jeweils Kombinationswerkzeuge dar, in
						die bis zu neun verschiedene Bearbeitungsoperationen integriert
						sind. Beispielhaft fьr den Aufbau wird hier das
						Ausspindelwerkzeug fьr das H-Lager dargestellt. 
						Der
						sandgestrahlte Grundkцrper ist aus hochfestem Stahl und hat
						eine HSK63-Aufnahme mit Plananlage B80, deren Anlageflдche
						einen auf 80 mm vergrцЯerten AuЯendurchmesser aufweist. Im
						Grundkцrper sind je eine Hartmetall-Wendeschneidplatte fьr
						die stirnseitige Planbearbeitung und das vorderseitige Anfasen
						der Lagerbohrung untergebracht. AuЯerdem ist in den
						Grundkцrper ein schwingungsarmer Schwermetall-Kцrper
						eingeschrumpft, der aus einem verjьngten Schaft, einem
						ausgebauchten Mittelteil und einem schlanken Kopfteil besteht.
						Im oberen Mittelteil sind zwei Wendeschneidplatten zum
						Ausspindeln der Lagerbohrung (Bild 2) angeordnet. Um die
						Durchmessertoleranz von 0,05 mm genau einstellen zu kцnnen,
						sind die viereckigen, mit einem groЯen Spanwinkel (15°)
						versehenen Schneidplatten ьber eine Exzenterschraube
						verstellbar. 
						 
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						Bild
						2 Ausspindeln
						der 
Lagerbohrung
												 
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						Bild
						3 Schneidplatte
						fьr das Zirkularfrдsen der Lagerbohrungsrьckseite
												 
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						In
						zwei weiteren Plattensitzen im unteren Mitteilteil sind zwei
						Formplatten eingesetzt. Sie dienen zur rьckseitigen
						Bearbeitung der Lagerbohrung (Bild 3). Dabei wird durch
						Zirkularfrдsen in einem Umlauf ein AuЯenradius in einen Steg
						gefrдst, die Stirnseite geplant sowie eine 30°- und eine
						5°-Fase hergestellt. Um weitere Werkzeugwechselzeiten
						einzusparen und damit die Taktzeit zu verkьrzen, enthдlt das
						Werkzeug im schlanken Kopfteil zwei weitere Plattensitze zur
						Aufnahme zweier Sonderschneidplatten. Mit diesen Stellplatten
						wird eine kleine Auflageflдche auf der Unterseite des
						Querlenkers plangefrдst. Das Planfrдsen der kleinen
						Augenflдche erfolgt mit Hilfe der fьnften Achse des
						Doppelspindlers. Dabei ragt der Teil des Werkzeugs mit den
						Sonderschneidplatten in den 50 mm breiten Spalt zwischen
						Vorrichtung und Palette hinein. 
						An
						der Spitze des Kombinationswerkzeugs sitzt ein Stufenbohrer aus
						Vollhartmetall, der mit einer Spannschraube im Kopfteil fixiert
						ist. Mit ihm werden fьnf der sieben M8-Kernbohrungen mit
						Schutzsenkung in die Oberseite des Querlenkers gebohrt. Die
						beiden fehlenden M8-Kernbohrungen haben eine kleinere
						Bohrungstiefe und eine andere Schutzsenkung. Dieser
						Stufenbohrer ist Teil des Kombinationswerkzeugs fьr das
						W-Lager. 
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						Um
						beim Zirkularfrдsen der Rьckseite Beschдdigungen der
						Lagerbohrung z.B. durch Wickelspдne zu vermeiden, wurden vier
						Kьhlschmiernuten in den Schaft des Schwermetallkцrpers
						eingebracht. Durch diese Schlitzlцcher werden die Schneiden
						mit einem starken Kьhlschmierstoffstrom beaufschlagt, der die
						Aluminiumspдne unmittelbar nach dem Entstehen wegschwemmt.
						Dadurch bleiben keine Spдne in der Bohrung liegen und kцnnen
						auch nicht am Schaft anhaften. 
						
						Die
						Werkzeuge fьr das W- und G-Lager sind дhnlich aufgebaut. Mit
						dem erstgenannten Werkzeug werden insgesamt sieben, mit dem
						Werkzeug fьr das G-Lager neun Einzeloperationen ausgefьhrt. 
						
						Zirkularfrдsen
						auf PKD umgestellt
Aus
						Kostengrьnden waren alle Werkzeuge in der ersten Testphase
						durchgдngig mit Wendeschneidplatten aus Hartmetall bestьckt.
						Allerdings lieЯ sich damit die geforderte Taktzeit von 200 s
						nicht realisieren. Weil das Zirkularfrдsen der rьckseitigen
						Lagerbohrungsbearbeitung die lдngste Bearbeitungszeit in
						Anspruch nahm, wurden bei den Kombinationswerkzeugen fьr das
						H-, G- und W-Lager die Hartmetall-Wendeschneidplatten durch
						polykristalline Diamant (PKD)-Schneidplatten ersetzt (Bild 4). 
						 
						
						 
 
						
						Bild
						4 Umstellung
						auf PKD-Schneidplatten, u.a. beim Werkzeug fьr das H-Lager
						(links) und das G-Lager (rechts) 
						Damit
						konnten die Schnittgeschwindigkeiten bei Schnitttiefen von 2
						bis 3 mm von 500 m/min auf 1.000 m/min sowie die Vorschьbe von
						0,12 mm/z auf 0,23 mm/z (z=2) gesteigert werden. Aus Grьnden
						der Standzeitvereinheitlichung wurden des Weiteren die
						Hartmetall-Wendeschneidplatten zum Ausspindeln der
						Lagerbohrungen durch PKD-Wendeschneidplatten ersetzt. Resultat
						der Umstellung dieser drei Kombinationswerkzeuge war eine
						Reduzierung der Taktzeit um 15 s auf die geforderten 200 s bei
						gleichzeitig besserer Oberflдchenqualitдt, gьnstigerer
						MaЯhaltigkeit und deutlich erhцhter Standzeit, so dass sich
						eine wesentliche Verbesserung der Prozesssicherheit ergab. 
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						Bild
						5 Schwesterprojekt
						Trapezlenker 
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						Mittlerweile
						werden die Querlenker serienmдЯig auf vier
						Bearbeitungszentren ELHA HBZ-2-630 mit diesen
						Kombinationswerkzeugen bearbeitet, wobei monatlich etwa 30.000
						Satz Querlenker, d.h. 30.000 linke und 30.000 rechte
						Querlenker, komplett bearbeitet werden. Die Standzeit der
						Kombinationswerkzeuge fьr die Bearbeitung von H-, G- und
						W-Lager liegt bei 45.000 Bauteilen. Die hier gemachten
						Erfahrungen waren so gut, dass ein weiteres Projekt zur
						Komplettbearbeitung eines дhnlich aufgebauten Trapezlenkers
						(Bild 5) gestartet worden ist. Die bisherigen Ergebnisse sind
						ebenso positiv wie bei der beschriebenen Querlenkerbearbeitung. 
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						Bildnachweis:
						Joh. + Ernst Link GmbH + Co.KG, Stuttgart. 
						 
						Dieter
						Trick ist Leiter der Projektabteilung der Joh. + Ernst Link
						GmbH + Co.KG, Stuttgart. 
Ralf Pickenhahn ist Assistent
						der Projektabteilung im selben Unternehmen. 
						 
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