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Ausgabe 3/2002 - Bearbeitung von Steuergehдusen bei Renault

Bei der Bearbeitung von Aluminiumlegierungen haben sich PKD-Werkzeuge aufgrund der erreichbaren Bearbeitungsqualitдten und der hohen Standzeiten etabliert. Flexibilitдt und Prozesssicherheit verbunden mit einem grцЯtmцglichen Ausbringen waren auch die Forderungen seitens Renault bei der Fertigung von Steuergehдusen und Steuerdeckeln aus AlSi9Cu3. K.-D. Schicker; D. Thamke

Mit insgesamt 220.160 Neuzulassungen konnte Renault bei PKW und leichten Nutzfahrzeugen im letzten Jahr in Deutschland gegen den allgemeinen Markttrend um 0,32 % zulegen, wodurch ein Marktanteil von 6,21 % erreicht wurde. Damit erzielte die franzцsische Marke zum fьnften Mal hintereinander einen Marktanteil von mehr als sechs Prozent und bleibt mit groЯem Abstand stдrkste auslдndische Automobilmarke in Deutschland.

Ein Eckpfeiler des anhaltenden Renault-Markterfolges ist die umfangreiche Palette von hochmodernen Turbodiesel-Direkteinspritzmotoren von 1,5 bis 3 l Hubraum mit kraftstoffsparender und lauffreudiger Common-Rail-Technologie. Die Dieselverkдufe von Renault stiegen 2001 im Vergleich zum Vorjahr um etwa 73 %, so dass etwa ein Viertel aller neu zugelassenen Renault-Modelle einen Dieselmotor "unter der Haube" haben. Ein Teil dieser Dieselmotoren wird im Werk Cleon, nahe Rouen, Frankreich, gefertigt, wobei ein Teilbereich die Vor- und Fertigbearbeitung von Steuerdeckeln und Steuergehдusen fьr diese Motoren umfasst.

Hohe Anforderungen seitens des Kunden In Cleon werden jдhrlich etwa 172.000 Steuergehдuse (Bild 1) und -deckel fьr Dieselmotoren mit 2,2 und 2,5 l Hubraum hergestellt, u.a. fьr den Einsatz in den Modellen Vel Satis, Laguna 2 und Espace sowie den Kleintransporter Master. Diese Bauteile bestehen aus einer Aluminiumlegierung mit einem Siliziumgehalt von 9 % und einem Kupfergehalt von 3 %. Die Bearbeitung umfasst steuergehдuseseitig:

  • Bohren (Ш 30 bis Ш 85), z.B. von Lagerbohrungen fьr Riemenscheibe und Wasserpumpe

  • Gewinde- (M6 und M8) und Aufnahmebohrungen (Ш 9 bis Ш 11) zur Befestigung des Deckels und der Цlwanne

  • Frдsbearbeitung der Flдchen zum Kurbelgehдuse o Frдsbearbeitung der Flдchen zur Цlwanne

Bild 1 Zu bearbeitendes Steuergehдuse

Bild 2 Bearbeitungszentrum Mach 1-500 mit Blick in den Bearbeitungsraum

  

Steuerdeckelseitig sind entsprechend Lager- und Aufnahmebohrungen zu erstellen und die Flдchen zum Gehдuse sowie zur Aufnahme eines weiteren Deckels planzufrдsen. Seitens des Kunden war neben einer hohen Flexibilitдt der Anlage eine mцglichst hohe Ausbringungsmenge an komplett bearbeiteten Werkstьcken gefordert, was sich in der Vorgabe einer Taktzeit von 300 s fьr beide Werkstьcke widerspiegelt.

Bearbeitungskonzept Fьr die Bearbeitung der Steuergehдuse und Steuerdeckel kommen Hochgeschwindigkeits-Bearbeitungszentren des Typs Mach 1-500 (Bild 2) von Honsberg Lamb, Remscheid, zum Einsatz. Diese Bearbeitungszentren sind mit zwei Spindeln ausgerьstet, die gleichzeitig zwei Werkstьcke bearbeiten kцnnen oder alternativ wechselseitig arbeiten, d.h. wдhrend eine Spindel das Werkstьck bearbeitet, fдhrt die andere Spindel zum Werkzeugmagazin und wechselt das Werkzeug fьr die nдchste Bearbeitungsoperation. Damit steht das Spanen im Vordergrund. Werkzeugwechselzeiten, die den Bearbeitungsvorgang zwangslдufig verlдngern, entfallen. Deshalb entschied man sich bei Renault fьr den Einsatz der zweiten Variante. Des Weiteren kristallisierte sich bei der Erstellung des Bearbeitungskonzeptes eine Lцsung mit voneinander unabhдngigen Bearbeitungszentren heraus, so dass jedes Bearbeitungszentrum die Komplettbearbeitung eines Satzes Werkstьcke bestehend aus Gehдuse und Deckel ьbernimmt (ersetzende Bearbeitung).

Aufgrund der nur etwa 30 mm dicken, aber 440 x 245 mm groЯen Steuergehдuse werden auch an das Spannsystem groЯe Anforderungen gestellt, um die geforderten Bauteilqualitдten und damit letztendlich die Prozesssicherheit zu gewдhrleisten. Die Werkstьckaufnahme erfolgt an angegossenen Spannlappen in einer Rahmenspannvorrichtung, mit der die Komplettbearbeitung von zwei Werkstьckseiten des Deckels und drei Seiten des Gehдuses mцglich ist. Mit einer Dreipunktspannung und zusдtzlichen Abstьtzungen wird eine sehr gute Ebenheit erzielt, wobei die Spanndrьcke der Spannvorrichtungen einzeln eingestellt werden kцnnen und ьber Folgeventile ein festgelegter Spannablauf erfolgt.

Um die Lagerhaltung und die Beschaffung zu minimieren, werden beide Werkstьcke mit einem Werkzeugsatz bearbeitet. Dabei kommen zur Vorbearbeitung Hartmetallwerkzeuge und zur Fertigbearbeitung polykristalline Diamant-(PKD-)werkzeuge zur Anwendung. Ьber das mit 44 Werkzeugen bestьckte Werkzeugmagazin werden Steuergehдuse und -deckel in der Reihenfolge Bohren, Gewinden und Frдsen bearbeitet. Nachdem die Lagerbohrungen mit PKD-bestьckten Bohrstangen erstellt wurden, werden im nдchsten Arbeitsgang 21 Bohrungen (Steuergehдuse) bzw. 18 Bohrungen (Steuerdeckel) im Durchmesserbereich von 5 mm bis 85 mm gebohrt. In einen Teil dieser Bohrungen werden anschlieЯend Gewinde gebohrt, bevor die in Bild 1 zu erkennenden Flдchen plangefrдst werden (Bild 3).

Fьr das Fertigfrдsen werden mit PKD-Wendeplatten (KorngrцЯe 25 µm) bestьckte Werkzeuge von 22 bis 63 mm Durchmesser eingesetzt. Das Fertigfrдsen der Planflдchen erfolgt z.B. mit einem Werkzeugdurchmesser von 63 mm bei Drehzahlen bis zu 18.000 min-1 und einem Vorschub von 13,2 m/min. Mit diesen Bearbeitungsparametern in Verbindung mit den axial feinjustierbaren Schneiden werden die geforderten Bearbeitungsqualitдten (Parallelitдt 0,05 mm, Ebenheiten bis 0,1 mm, cmk = 1,67) prozesssicher eingehalten. In solchen Anwendungen zeichnen sich die PKD-Frдser gegenьber Hartmetallwerkzeugen durch eine 10-fach grцЯere Standzeit aus. Im vorliegenden Fall betrдgt die Standzeit der PKD-Werkzeuge etwa 10.000 Deckel bzw. 6.000 Gehдuse, was einer Einsatzdauer von je ca. 35,5 h entspricht.

  

Bild 3 Frдsen der Planflдchen der Steuergehдuse

Kombi-Werkzeuge zum Bohren sorgen fьr einen reibungslosen Bearbeitungsablauf Bei dieser Hochgeschwindigkeitsbearbeitung der Steuergehдuse und -deckel stellte sich die Problematik, dass die mit etwa 6 Sekunden schon sehr kurzen Werkzeugwechselzeiten speziell bei der Bearbeitung der grцЯeren Bohrungsdurchmesser immer noch zu lang waren, um Stillstдnde durch Werkzeugwechsel zu vermeiden. Deshalb wurden von der Firma Kennametal Hertel GmbH & Co. KG, Fьrth, eine Reihe von Kombinationswerkzeugen entwickelt, damit mehrere Bearbeitungsoperationen mit einem Werkzeug ausgefьhrt werden kцnnen. Typisches Beispiel ist das in Bild 4 gezeigte PKD-Bohrwerkzeug. Dabei handelt es sich um ein 4-Stufen-Werkzeug, mit dem sich die Bohrungen der Durchmesser 30 mm, 35 mm, 50 mm und 72,99 mm ohne Werkzeugwechsel fertigen lassen. Das PKD-bestьckte Werkzeug (KorngrцЯe 25 µm) benцtigt bei einer Drehzahl von 12.000 min-1 und einem Vorschub von 1,2 m/min inklusive der Nebenzeiten etwas mehr als 6 Sekunden fьr die Fertigbearbeitung der vier Bohrungen, so dass die Zeit fьr den parallel laufenden Werkzeugwechsel genutzt werden kann. Die Standzeit dieser Bohrwerkzeuge liegt bei ca. 24.000 Bauteilen.

  

Bild 4 Bohrungsbearbeitung mit 4-Stufen-Werkzeug

 

Neben dem problemlosen, prozesssicheren Erreichen der geforderten Bauteilqualitдten (Position 0,1, Durchmesserqualitдt IT8 und Rechtwinkligkeit der Hauptbohrung zur Basisflдche bis zu 0,02 mm) zeichnet sich die Bohrungsbearbeitung mit PKD dadurch aus, dass kaum Gratbildung entsteht. Ein nachtrдgliches Entgraten von Bohrungen und Flдchen ist nicht mehr erforderlich. Gebohrt wird unter Einsatz von Emulsion aus einer Kьhlmittelanlage mit Temperierung, damit auf Dauer eine gleichbleibende Qualitдt gewдhrleistet ist. Die Werkstьcke sind nach dem Waschen einbaufertig und kцnnen montiert werden.

Mit der geforderten Taktzeit von 300 s fьr beide Werkstьcke und einer mehr als 95 %-igen technischen Verfьgbarkeit der Einzelmaschinen wird eine Jahresproduktion von ca. 57.300 Satz Steuergehдusen und -deckeln pro Maschine erzielt. Dieses im Endeffekt fьr den Kunden optimale Resultat lieЯ sich nur durch die enge Zusammenarbeit von Werkzeugmaschinenhersteller und Werkzeughersteller realisieren, da auftretende Probleme so schon grцЯtenteils im Vorfeld gelцst werden konnten.

 

Bildnachweis: Verfasser.

Klaus-Dieter Schicker ist OEM-AuЯendienstmitarbeiter bei der Kennametal Hertel GmbH & Co. KG, Fьrth. Dr. Ing. Dirk Thamke ist Leiter der Abt. Werkzeugkonstruktion, Technologie und Verfahren bei der Honsberg Lamb Sondermaschinen GmbH, Remscheid.

 

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