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Thema 12. Das Verb

Im Althochdeutschen bestanden manche Formen der Verben aus drei Elementen

1)der Wurzel

2)dem Themavokal

3)der Endung

z.B. mahhôn

Präsens Indikativ Aktiv: ich mahh‌‌‌‌1│ô2│m3

Manche Verben hatten keinen Themavokal:

z.B. tuo1│n3

ich tuom, du tuos, er tuot

Im Weiteren verschmolzen der Themavokal und die Endung zur Personalendung des Verbs. Es gab also thematische (regelmäßige) und athematische (unregelmäßige) Verben. Nach der Bildungsweise vom Präteritum und Partizip2 zerfielen die thematischen Verben in 2 Klassen, die seit Jakob Grimm starke und schwache Verben genannt werden. Die starken Verben bildeten das Präteritum und Partizip2 mit Hilfe des Ablauts, und das Partizip2 endete auf –an.

z.B. scrîben – screib – scribum – giscriban

Die schwachen Verben hatten im Präteritum und Partizip2 das Suffix –t.

z.B. teilen – teilta- giteilit

Die starken Verben hatten im Althochdeutschen und Mittelhochdeutschen 4 Grundformen: den Infinitiv, das Präteritum Indikativ Aktiv (die 1 und 3 Person Singular), das Präteritum Indikativ Plural (alle 3 Personen im Singular) und das Partizip2.

Im Neuhochdeutschen verschwand bei einigen starken Verben die zweite Grundform und bei manchen die dritte (es gab keine Regel).

Im Althochdeutschen wurden bei den starken Verben 7 Ablautreihen unterschieden. Im Mittelhochdeutschen – 7, heutzutage – 7.

Die schwachen Verben hatten im Althochdeutschen besondere Suffixe im Stamm.

z.B. suochen, lobôn, lebên

Nach den stammbildenden Suffixe e, ô, ê wurden die schwachen Althochdeutschenerben in 3 Klassen eingeteilt. Die schwachen Verben der 1 Klasse hatten das Suffix –e, der 2 Klasse –ô, der 3 Klasse –ê.

Im Mittelhochdeutschen – nur ein Suffix: -e (wegen der Reduktion).

Im Althochdeutschen bildeten die schwachen Verben der 1 Klasse das Präteritum nach 2 Modellen:

Modell 1Wurzelmorphem + stammbildendes Suffix –i + t + Personalendung

z.B. leggen – legita – gilegit

Auf diese Weise bildeten die Verben mit einem leichten Wurzelmorphem das Präteritum. Als leichtes Wurzelmorphem gilt das Morphem mit einem kurzen Vokal und einem Konsonanten im Morphemauslaut.

Modell 2Wurzelmorphem + Suffix –t + Personalendung

z.B. teilen – teilita – giteilt

So bildeten die schwachen Verben der 1 Klasse mit einem schweren Wurzelmorphem das Präteritum. Als schweres Wurzelmorphem gilt das Morphem mit einem langen Vokal oder Diphthong und das Morphem, das auf eine Konsonantenverbindung ausgeht.

Die schwachen Verben der 2 und 3 Klasse haben in allen Formen im Althochdeutschen die stammbildenden Suffixe –ô (für die 2) und –ê (für die 3).

z.B. lobôn – lobôta – gilobôt

lebên – lebêta – gilebêt

Die anomal schwachen Verben: 7 Verben (brennen, kennen, nennen, rennen, senden, wenden, denken – heutzutage). Diese Verben haben im Infinitiv den Umlaut, und im Präteritum und Partizip2 haben sie keinen Umlaut. z.B.im Gotischen: branjan → brennen

Jakob Grimm dachte, dass diese Verben den Umlaut im Präteritum verloren hätten, und sprach vom Rückumlaut. Das ist aber nicht so.

Die Präteritopresentia – heutzutage 7 Verbenbrennen, kennen, nennen, rennen, senden, wenden, denken.

Die alten Präsensformen sind verlorengegangen. Die Funktion des Präsens haben die Präteritalformen übernommen. Als Ersatz für die ins Präsens übergegangenen Präteritalformen entstanden neue Präteritalformen nach dem Vorbild der schwachen Formen (das Suffix –t).

Im Althochdeutschen gab es 11 Präteritopresentia:

1)wiззan → wissen 5)durfan → dürfen 9)boug = es nützt

2)eigam = besitzen 6)sculan → sollen 10)ginan = es genügt

3)unnan → gönnen 7)mugan →mögen 11)gitar = ich wage

4)kunnan → können 8)muoззan → müssen

Die Präteritopresentia verdanken ihre Benennung den eigentümlichen Präsensform, die nach dem Modell des altgermanischen starken Präteritums gebildet ist. Ihre Kennzeichen sind:

1)die Nullflexion in der 1 und 3 Person Singular

2)diejenigen Stufen des Ablauts, die bei regelmäßigen starken Verben das Präteritum Singular und das Präteritum Plural kennzeichen.

Im Mittelhochdeutschen gehörten zu den Präteritopresentia auch 11 Verben. Das Verb ginah ist verschwunden, aber das Verb wil hat sich dieser Gruppe angeschlossen.

Im Neuhochdeutschen verschwanden die Verben turren (gitar) und eigen (eigam). Die Verben taugen (toug) und gönnen (unnan) gingen zu den schwachen Verben über.

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