Добавил:
Upload Опубликованный материал нарушает ваши авторские права? Сообщите нам.
Вуз: Предмет: Файл:
Klaus Laubenthal-Strafvollzug 6. Auflage (Sprin...docx
Скачиваний:
0
Добавлен:
03.02.2020
Размер:
2.92 Mб
Скачать

2.5.4 Strafvollzugsvorschriften der ddr

In der ehemaligen DDR war der Strafvollzug zunächst als eine polizeiliche Auf- 134 gabe160 mittels Verordnungen und Durchführungsbestimmungen des Innenministe-riums geregelt.161 Nach einer Kriminalrechtsreform existierte bereits ab 1968 ein Strafvollzugs- und Wiedereingliederungsgesetz. Dieses wurde von dem Gesetz über den Vollzug der Strafen mit Freiheitsentzug (StVG-DDR) vom 7.4.1977, ergänzt durch das Wiedereingliederungsgesetz vom gleichen Tag, abgelöst.162

Das Strafvollzugssystem der DDR folgte einer ideologisch orientierten, diszip-linierenden Erziehungskonzeption163, deren Grundsätze auch in § 39 Abs. 3 und 4 StGB-DDR zum Ausdruck kamen. Da jedem Mitglied der sozialistischen Gemeinschaft die Möglichkeit zu einem gesellschaftskonformen Verhalten gege-ben sein sollte und der Straftäter sich als Ergebnis einer persönlichen Entschei-dung hierüber hinwegsetzte164, war dem zur Freiheitsstrafe Verurteilten nach § 2 Abs. 1 StVG-DDR seine „Verantwortung als Mitglied der sozialistischen Gesell-schaft durch nachhaltige Beeinflussung bewusst zu machen“. Dem Vollzug oblag es damit, den Inhaftierten zu einem gesetzmäßigen Verhalten im Sinne der sozia-listischen Ideologie zu erziehen. Dabei umfasste Erziehung im Strafvollzug gem. § 5 StVG-DDR „den Einsatz zu gesellschaftlich nützlicher Arbeit, staatsbürgerli-che Schulung, Durchsetzung von Ordnung und Disziplin, allgemeine und berufli-che Bildungsmaßnahmen sowie kulturelle und sportliche Betätigung.“ Nach § 6 StVG-DDR stand die Erziehung zu gesellschaftlich nützlicher Arbeit im Mittel-punkt des Strafvollzugs, welcher zudem eine sichere Verwahrung des Gefangenen zu gewährleisten sowie Ordnung und Disziplin durchzusetzen hatte (§ 4 StVG-DDR).

Die Strafen wurden in Anstalten („Strafvollzugseinrichtungen“) vollzogen, in 135 denen unmenschliche Verhältnisse herrschten.165 Dies betraf nicht nur eine grau-same und willkürliche Behandlung der Inhaftierten durch das Gefängnisperso-nal.166 Auch die Unterbringung in den Einrichtungen widersprach humanitären Bedingungen. So wurden relativ kleine Zellen (z.B. 3 x 5 Meter) im Durchschnitt

mit 10 bis 15 Inhaftierten belegt. Daneben existierten sog. Schlafsäle, in denen 30

159 Zweites Gesetz zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes und anderer Gesetze v. 13.12.2007 (BGBl. I 2007, S. 2894).

  1. Vgl. Wunschik, 1997, S. 74 ff.

  1. Siehe Nachw. bei Bath, 1988, S. 171.

  1. GBl.-DDR I 1977, S. 109 ff., 98 ff.

  1. Dazu Arnold, 1990, S. 328; Bath, 1988, S. 176 ff.; Essig, 2000, S. 26 ff.; Lekschas/ Buchholz, 1988, S. 356 ff.

  1. Zu den Kriminalitätsursachentheorien in der DDR: Rode, 1996, S. 25 ff.

165

Dazu Arnold, 1993, S. 390 ff.; Heyme/Schumann, 1991, S. 13 ff.; Kessler, 2001,

S. 149 ff.; Krause Th., 1999, S. 90; Oleschinski, 1994, S. 255 ff.

166

Schroeder, 1989, S. 271.

74 2 Historische Entwicklung

bis 50 Personen eingeschlossen waren.167 Politische Häftlinge wurden regelmäßig noch schlechter behandelt als die kriminellen Gefangenen.168

Das Strafvollzugsgesetz der DDR kannte keine Rechtsbehelfe zur gerichtli-chen Überprüfung von Vollzugsmaßnahmen. Dem Strafgefangenen war nach § 35 Abs. 1 StVG-DDR lediglich das Recht eingeräumt, Eingaben einzureichen. Gegen Disziplinar- und Sicherungsmaßnahmen sowie gegen Verfügungen zur Ersatzleistung wegen in der Strafanstalt verursachter Schäden konnte er Be-schwerde beim Leiter der Strafvollzugseinrichtung einlegen (§ 35 Abs. 2 StVG-DDR). Erfolgte keine Abhilfe und war die Beschwerde gegen eine Entscheidung des Anstaltsleiters selbst gerichtet, musste diese dem Leiter der Verwaltung Straf-vollzug im Ministerium des Innern zur abschließenden Entscheidung vorgelegt werden. Davor war die zuständige Staatsanwaltschaft zu hören, der gem. §§ 9, 63 f. StVG-DDR eine begrenzte Aufsicht über die Wahrung der Gesetzlichkeit beim Vollzug der Freiheitsstrafen oblag.

136 Die Reintegration des Strafgefangenen nach seiner Entlassung in die Gesell-schaft regelte neben §§ 56 f. StVG-DDR das Wiedereingliederungsgesetz (WEG). Dieses band die für erforderlich erachteten Maßnahmen und Aktivitäten in das umfassende System staatlicher Sozialkontrolle ein. Nach § 8 WEG hatten die Örtlichen Räte die Durchführung zu überwachen. Diese konnten von anderen staatlichen Organen, von Betrieben, Einrichtungen und Genossenschaften Aus-künfte über die „Erziehungsergebnisse“ und die weitere Entwicklung des Entlas-senen einholen.

Mit dem Wirksamwerden des Beitritts der DDR am 3.10.1990 und dem Inkrafttreten des bundesdeutschen Strafvollzugsgesetzes auch in den neuen Bundesländern wur-den zugleich das StVG-DDR und das WEG aufgehoben. Dies folgte aus Art. 9 Eini-gungsvertrag sowie aus dessen Anlage II über fortgeltendes Recht der DDR; dort blieben beide Gesetze unerwähnt.

Dem Einigungsvertrag gemäß wurde im Jahr 1990 § 202 in das StVollzG ein-gefügt. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift waren die von DDR-Gerichten nach dem StGB-DDR rechtskräftig verhängten Freiheits- und Haftstrafen gemäß den Rege-lungen des bundesdeutschen Strafvollzugsgesetzes zu vollziehen.

  1. Heyme/Schumann, 1991, S. 14.

  1. Siehe Gräf, 1995, S. 474; Knabe, 2007.

Соседние файлы в предмете [НЕСОРТИРОВАННОЕ]