Добавил:
Upload Опубликованный материал нарушает ваши авторские права? Сообщите нам.
Вуз: Предмет: Файл:
Klaus Laubenthal-Strafvollzug 6. Auflage (Sprin...docx
Скачиваний:
0
Добавлен:
03.02.2020
Размер:
2.92 Mб
Скачать

2.5.3 Föderalismusreform und Landes-Strafvollzugsgesetze

  1. Im Jahr 2003 setzten Bestrebungen ein, die legislatorischen Kompetenzen von Bund und Ländern neu zu regeln.140 Die Ende 2004 abgebrochenen und dann im Jahr 2005 fortgesetzten Bestrebungen einer von Bundestag und Bundesrat einge-setzten Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung141

(sog. Föderalismuskommission) hatte u.a. den Vorschlag entwickelt, die Gesetz-gebungskompetenz für den Bereich des Strafvollzugs den Bundesländern zuzu-weisen. Bei der Bildung der Großen Koalition von CDU, CSU und SPD zu Be-ginn der 16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags nahm die Koalitions-arbeitsgruppe zur Föderalismusreform im November 2005 diese Bestrebungen wieder auf. Im Koalitionsvertrag vom 11. November 2005 wurde demgemäß u.a. vereinbart, durch eine Änderung des Grundgesetzes die Aufgabe des Strafvollzugs ebenso wie den Untersuchungshaftvollzug den Gegenständen der konkurrierenden Gesetzgebung zu entnehmen und die Kompetenz der Landesgesetzgebung zuzu-ordnen.

Ebenso wie der ursprüngliche den Strafvollzug betreffende Vorschlag der Fö-deralismuskommission142 stieß auch in den parlamentarischen Beratungen auf Bundesebene die Kompetenzübertragung für den Haftvollzug auf nachhaltige Kritik.143 Vorgetragen wurden insbesondere Aspekte der Rechtseinheit sowie der Reformentwicklung. Von Befürworterseite verwies man auf die besondere Sach-kompetenz der Länder in Vollzugsangelegenheiten.144 Berechtigt war die Kritik am Bundesgesetzgeber, dass er sowohl bei der Fortschreibung des Strafvollzugs-gesetzes als auch bei seinen Aufgaben zur Verabschiedung eines Jugendstrafvoll-zugsgesetzes sowie eines Untersuchungshaftvollzugsgesetzes versagt hat.

  1. Durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Föderalismusreformge-setz) vom 28.8.2006145 wurden die Aufgaben des Strafvollzugs und des Untersu-chungshaftvollzugs den Gegenständen der konkurrierenden Gesetzgebung ent-nommen und die Kompetenz der Landesgesetzgebung zugeordnet. Dies erfolgte durch die Streichung der Worte „und den Strafvollzug“ in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG a.F. und die Einfügung der Worte „(ohne das Recht des Untersuchungshaftvoll-

  1. Allgemein zur Föderalismusreform Häde, 2006, S. 930 ff.; Thiele, 2006, S. 714 ff.

  1. BT-Drs. 15/1685; BR-Drs. 750/03.

  1. Siehe Alex, 2006a, S. 726 ff.; Caspari, 2006, S. 142; Cornel, 2005, S. 48; ders., 2005a, S. 42 f.; Dünkel/Schüler-Springorum, 2006, S. 145 ff.; Köberer, 2006, S. 2; Koepsel,

2005, S. 41; Maelicke, 2006, S. 89; Müller-Dietz, 2005, S. 38 ff.; ders., 2005a, S. 156 ff.; Rehn, 2006, S. 122 ff.; Schüler-Springorum, 2007, S. 403 ff.

  1. Siehe v. Lange-Lehngut, Seebode, Maelicke, Moser, Rechtsausschuss des Bundestages

– Öffentliche Anhörung am 17.5.2006 (http//www.bundestag.de/ausschuesse/a06/ foederalismusreform/Anhoerung/02_Justiz/Stellungnahmen/index.html).

  1. So Lückemann in der Anhörung vom 17.5.2006.

  1. BGBl. I 2006, S. 2034.

2.5 Der bundesdeutsche Strafvollzug 71

zugs)“ nach dem Wort „Verfahren“. Gemäß Art. 125a Abs. 1 GG gilt das als Bun-desrecht erlassene Strafvollzugsgesetz als partikulares Bundesrecht fort. Die Bun-desländer besitzen jedoch die Kompetenz zur Verabschiedung jeweils eigener Landes-Strafvollzugsgesetze.

In einem Urteil vom 31.5.2006 stellte zudem das Bundesverfassungsgericht146 fest, dass für den Jugendstrafvollzug die verfassungsrechtlich notwendigen, auf die spezifischen Anforderungen des Strafvollzugs an Jugendlichen zugeschnitte-nen gesetzlichen Grundlagen fehlten. Zugleich setzte das Gericht der Legislative eine Frist bis zum Ablauf des Jahres 2007, eine verfassungsrechtlich konforme gesetzliche Regelung zur Durchführung des Jugendstrafvollzugs zu schaffen.147

Der verfassungsgerichtlichen Entscheidung folgend haben die Bundesländer 133 Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen eigenständige Jugendstrafvollzugsgesetze erlassen, die überwiegend am 1.1.2008 in Kraft getreten sind.148

In Bayern149 und – zunächst – in Hamburg150 wurden Gesetze verabschiedet, die den Erwachsenenstrafvollzug und den Jugendstrafvollzug umfassen. Hamburg

  1. BVerfGE 116, S. 69 ff.; hierzu Laubenthal/Baier/Nestler, 2010, S. 392 f.; Schneider R., 2010, S. 37 ff.

  1. Dazu Kap. 9.1.

  1. Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe in Berlin (Berliner Jugendstrafvollzugsge-setz – JStVollzG Bln) v. 15.12.2007 (GVBl. Nr. 33/2007, S. 653); Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe im Land Brandenburg (Brandenburgisches Jugendstrafvoll-zugsgesetz – BbgJStVollzG) v. 18.12.2007 (GVBl. I Nr. 20/2007, S. 348); Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe im Land Bremen (Bremisches Jugendstrafvollzugsge-setz – BremJStVollzG) v. 27.3.2007 (GBl. Nr. 19/2007, S. 233); Hessisches Jugend-strafvollzugsgesetz (HessJStVollzG) v. 19.11.2007 (GVBl. I Nr. 25/2007, S. 758); Ge-setz über den Vollzug der Jugendstrafe (Jugendstrafvollzugsgesetz Mecklenburg-Vorpommern – JStVollzG M-V) v. 14.12.2007 (GVBl. Nr. 19/2007, S. 427); Gesetz

zur Regelung des Jugendstrafvollzuges in Nordrhein-Westfalen (Jugendstrafvollzugs-gesetz Nordrhein-Westfalen – JStVollzG NRW) v. 20.11.2007 (GVBl. Nr. 27/2007, S. 539); Landesjugendstrafvollzugsgesetz Rheinland-Pfalz (LJStVollzG RLP) v. 3.12.2007 (GVBl. Nr. 16/2007, S. 252); Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe (Saarländisches Jugendstrafvollzugsgesetz – SJStVollzG) v. 30.10.2007 (Abl. 2007, S. 2370); Sächsisches Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe (Sächsisches Jugend-strafvollzugsgesetz – SächsJStVollzG) v. 12.12.2007 (Sächs. GVBl. Nr. 16/2007, S. 558); Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe in Sachsen-Anhalt (Jugendstrafvoll-zugsgesetz Sachsen-Anhalt – JStVollzG LSA) v. 7.12.2007 (GVBl. LSA Nr. 30/2007, S. 368); Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe in Schleswig-Holstein – Jugend-strafvollzugsgesetz – (JStVollzG S-H) v. 19.12.2007 (GVBl. Nr. 21, S. 563); Thüringer Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe (Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetz – ThürJStVollzG) v. 20.12.2007 (GVBl. Nr. 13/2007, S. 221).

  1. Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe, der Jugendstrafe und der Sicherungsver-wahrung (Bayerisches Strafvollzugsgesetz – BayStVollzG) v. 10.12.2007 (BayGVBl. Nr. 28/2007, S. 866).

72 2 Historische Entwicklung

hat jedoch schon 2009 das Kombinationsgesetz reformiert und ein eigenständiges Jugendstrafvollzugsgesetz151 – neben dem Gesetz über den Vollzug der Freiheits-strafe und der Sicherungsverwahrung152 – geschaffen. In Niedersachsen153 gilt ein Justizvollzugsgesetz mit Vorschriften zum Erwachsenenstrafvollzug, Jugendstraf-vollzug sowie zum Vollzug der Untersuchungshaft. In Baden-Württemberg wurde zunächst ein eigenständiges Jugendstrafvollzugsgesetz154 verabschiedet sowie für einen Teilbereich ein Justizvollzugdatenschutzgesetz155 beschlossen. Der Jugend-strafvollzug wurde dann 2009 als viertes Buch in das Justizvollzugsgesetzbuch156 integriert. Dieses Gesetzbuch enthält zudem die Vorschriften über den Untersu-chungshaftvollzug und den Erwachsenenstrafvollzug. In Hessen existiert neben dem Jugendstrafvollzugsgesetz ein eigenes Gesetz für den Erwachsenenstrafvoll-zug.157

Damit haben bislang Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Nie-dersachsen von ihrer Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet des Erwachsenen-strafvollzugs weitestgehend Gebrauch gemacht. Im Übrigen gilt im Erwachsenen-strafvollzug in den restlichen Bundesländern das am 1.1.1977 in Kraft getretene Bundes-Strafvollzugsgesetz fort. Allerdings ersetzen die Landes-Strafvollzugs-gesetze gem. Art. 125a Abs. 1 GG in ihren jeweiligen Geltungsbereichen das Bun-des-Strafvollzugsgesetz nicht gänzlich. Einige – wenige – Regelungsbereiche des Bundes-Strafvollzugsgesetzes gelten auch dort fort. Dies betrifft vor allem die Vorschriften über den gerichtlichen Rechtsschutz auf dem Gebiet des Erwachse-nenvollzugs gem. §§ 109 ff. StVollzG. Denn die Ausgestaltung des gerichtlichen Rechtsschutzes in Vollzugssachen liegt auch nach der Föderalismusreform gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG in der Regelungskompetenz des Bundesgesetzgebers. Dieser hat in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 31.5.2006158 ein Gesetz zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes159 verabschie-

  1. Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe, der Jugendstrafe und der Sicherungsver-wahrung (Hamburgisches Strafvollzugsgesetz – HmbStVollzG) v. 14.12.2007 (HmbGVBl. Nr. 47/2007, S. 471).

  2. Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe in Hamburg (Hamburgisches Jugendstraf-vollzugsgesetz – HmbJStVollzG) v. 14.7.2009 (HmbGVBl. Nr. 35/2009, S. 280).

  1. Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der Sicherungsverwahrung (Hamburgi-

sches Strafvollzugsgesetz – HmbStVollzG) v. 14.7.2009 (HmbGVBl. Nr. 35/2009, S. 257).

  1. Gesetz zur Neuregelung des Justizvollzuges in Niedersachsen (Niedersächsisches Jus-tizvollzugsgesetz – NJVollzG) v. 14.12.2007 (Nds. GVBl. Nr. 41/2007, S. 720).

  1. Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe in Baden-Württemberg (Jugendstrafvoll-zugsgesetz – JStVollzG B-W) v. 3.7.2007 (GBl. Nr. 11/2007, S. 298).

  2. Gesetz über den Datenschutz im Justizvollzug in Baden-Württemberg (Justizvollzugs-datenschutzgesetz – JVollzDSG) v. 3.7.2007 (GBl. Nr. 11/2007, S. 320).

  1. Gesetzbuch über den Justizvollzug in Baden-Württemberg (Justizvollzugsgesetzbuch – JVollzGB) v. 10.11.2009 (GVBl. Nr. 3710/2009, S. 545).

  2. Hessisches Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der Sicherungsverwahrung (HStVollzG) v. 28.6.2010 (GVBl. I Nr. 12/2010, S. 185).

  1. BVerfGE 116, S. 69 ff.

2.5 Der bundesdeutsche Strafvollzug 73

det, das am 1.1.2008 in Kraft trat. Dieses enthält u.a. Regelungen über Rechtsbe-helfe im Vollzug des Jugendarrestes und der Jugendstrafe.

Соседние файлы в предмете [НЕСОРТИРОВАННОЕ]