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Klaus Laubenthal-Strafvollzug 6. Auflage (Sprin...docx
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2.3 Reformen des 19. Jahrhunderts

  1. Der Niedergang des Gefängniswesens und die damit einhergehenden Missstände in den Anstalten lösten im 18. Jahrhundert einsetzende Reformbestrebungen aus, die dann im 19. Jahrhundert vor allem in Nordamerika, England und den deut-schen Partikularstaaten zu einer Erneuerung des Strafvollzugs führten.

  1. Einfluss auf die Fortentwicklung der Freiheitsstrafe nahm die vor-kantische Aufklärungsphilosophie, die eine endgültige Zurückdrängung von Folter, Leibes-und Lebensstrafen forderte und bewirkte. Wie schon vor ihm Montesquieu in seinem Werk „De l’esprit des lois“34 1748, trat auch der Mailänder Philosoph Cesare Beccaria in seinem 1764 erschienenen Buch „Dei delitti e delle pene“ für maßvolle Strafen ein. Im Gegensatz zum totalen Gesellschaftsvertrag Rousseaus, der aus diesem heraus der Todesstrafe noch ihre Berechtigung zuerkannte35, hat nach Beccaria der Bürger für Handlungen, die ein Gesetz für strafbar erklärt, nicht Leib und Leben, sondern nur einen Teil seiner Freiheit dem Staat verpfändet (par-tieller Gesellschaftsvertrag).36

  1. Wurde die Freiheitsstrafe damit im 19. Jahrhundert zur Regelform staatlicher Kriminalstrafe, gaben Situationsanalysen von Howard und Wagnitz wesentliche Impulse zu ihrer Neugestaltung. Der Engländer John Howard kam nach Jahren des Studiums zahlreicher europäischer Anstalten zu der Überzeugung, dass Gefäng-nisse nicht allein der Verwahrung der Inhaftierten dienen sollten, sondern darin eine Erziehung der Rechtsbrecher durch Arbeit und Sittenstrenge erfolgen musste. In seinem 1777 veröffentlichten Werk „The State of the Prisons in England and Wales“ entwarf er den Plan eines Besserungsstrafvollzugs. Seinem Leitgedanken „make men diligent and they will be honest“ folgend schlug Howard dazu vor:

Einzelhaft zur Verhinderung gegenseitiger krimineller Ansteckung, Arbeitszwang verbunden mit der Zahlung von Arbeitslohn,

Verpflichtung zur Rücklage eines Teils des Lohns für den Tag der Entlassung, Schaffung hygienischer Zustände in den Anstalten,

Einführung eines Progressivsystems, in dem der Einzelne durch Wohlverhalten Vergünstigungen bis hin zu einer Verkürzung der Strafzeit erlangen konnte.37

  1. Das Werk Howards verbreitete in Deutschland der Anstaltspfarrer Heinrich Wagnitz aus Halle. Dieser befasste sich mit den Reformideen und setzte sich in seinem 1791 erschienenen Buch „Historische Nachrichten und Bemerkungen über die merkwürdigsten Zuchthäuser in Deutschland“ ebenfalls für eine Besserung der Verbrecher durch nützliche Arbeiten ein.38

  1. Buch VI, Kap. 9, Ausgabe Görlitz, 1804.

  1. Du Contract Social ou Principes du Droit Politique, Ausgabe Paris, Band II.5, 1824.

  1. Dei delitti e delle pene, Ausgabe Milano, 1911, S. 21 ff.

  1. Howard, Ausgabe Leipzig, 1780, S. 69, 162 ff.

  1. Wagnitz, 1791, S. 15.

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