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Bis_zur_Grossen_Freiheit.doc
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Videodreh

Bevor es nun im Studio weitergehen konnte, machten wir alle uns auf den Weg zur Plattenfirma. Dort sollte ein Meeting stattfinden und nun festgelegt werden, was genau in Zukunft alles passiert. Termine, Videodreh und alles, was mit der kommenden Veröffentlichung von Unheilig zusammenhinge.

Dort angekommen, trafen wir uns alle in einen großen Raum nachdem wir durch einen Flur voller goldener Schallplatten gegangen waren. Markus, der Produzent und Grant waren ebenfalls mitgekommen. Dort wurde dann viel über das was ansteht geredet und allerhand Möglichkeiten durchdacht. Ebenso, dass nun schnellstmöglich das Video gedreht werden müsste und das „Sage ja!" dann inklusive Video an die Presse rausgehen sollte. Bis es soweit sei, sollte die Arbeit im Studio bei dem Produzenten weitergehen, da wir bis dahin ja auch noch eine zweite Nummer als B-Seite für die Single fertig haben mussten.

Der Produzent meinte, wir sollten dafür Skin nehmen, was schließlich schon fertig sei. Alle stimmten diesem Vorschlag zu. Markus meinte, dass er eine Möglichkeit hätte einen Auftritt zu organisieren und dieser wäre beim Doomsday Festival 2000. Ich erschrak ein wenig, war es doch schon gar nicht mehr so lange hin und ich wurde sichtlich nervös.

Alle meinten, dass dies eine tolle Sache für die Promotion der CD wäre. Bei diesem Meeting wurde über unzählige Sachen geredet an die ich mich nicht mehr wirklich erinnern kann. Es war damals viel zu komplex für mich, um alle Zusammenhänge wirklich zu verstehen. Ich fand damals alles einfach nur spannend. Als das Meeting zu Ende war, konzentrierte ich mich auf meine nächste Aufgabe, welche der Videodreh sein sollte. Der Produzent würde in der Zeit, wo ich nicht da wäre, schon weiter an den Liedern arbeiten und ich könnte nun in aller Ruhe das Video drehen. Dementsprechend machte ich mich in der kommenden Woche auf den Weg ins Studio meines Verwandten, der das Video produzieren sollte. Ich packte alles ein, was ich mir bis dato für meine äußerliche Erscheinung ausgedacht hatte und zog es dort an, bis ich irgendwann in voller Montur dastand. Um Geld zu sparen, war keine Visagistin da oder irgendwer, der mich schminken konnte, was mir auch ganz lieb war, da ich so selber alles in der Hand hatte, was mir ins Gesicht kam.

Meine Kontaktlinsen gestalteten sich etwas schwieriger. Ich hatte zwar schon am Vorabend mal probiert sie einzusetzen, allerdings gestaltete sich dies nicht so einfach. Kurz nachdem ich sie einsetzte, begannen sie immer in den Augen zu brennen. Ich biss auf die Zähne und wartete eine halbe Stunde, bis meine Augen nicht mehr ganz so rot aussahen.

Sie vermittelten mir tatsächlich das Gefühl eine Sonnenbrille zu tragen. Ich war, wenn ich sie trug im Grunde wie hinter einer Wand und sah dermaßen fremd aus, das jeder den ich anschaute mir recht unsicher entgegen trat. Es funktionierte. Sie machten mich mutiger, da mein Gegenüber mir so nicht mehr in die Augen zu schauen wagte. Der Videodreh von „Sage ja!" fing abends an und ich platzierte mich in der sogenannten Hohlkehle. Das war ein Runder Raum, der komplett weiß gestrichen war, sodass dieser kein Ende hatte. Ich stellte mich hinein und wartete, bis die Musik losging. Mein Verwandter und ein Freund von ihm, hatten jede Menge Kameras und Equipment ausgeliehen und bauten dieses vor mir auf.

Das Lied fing an und ich machte dann einfach, was mir gerade einfiel. Ich stellte mir vor, auf der Bühne zu sein und lies meinen Emotionen freien Lauf. Bei der ersten Aufnahme schauten alle völlig konsterniert zu und die Kameras liefen. Keiner sagte etwas. Sie ließen mich einfach machen und blickten voller Unverständnis auf das was ich da fabrizierte. Ich machte einfach weiter und vergaß die Umwelt um mich herum.

Auch wenn jemand etwas gesagt hätte, hätte ich es wohl nicht wahrgenommen. Als das Lied dann zu Ende war rief einer der Beiden stopp und alle klatschten. Scheinbar gefiel ihnen, was ich da machte. Daraufhin wiederholten wir die Szene dann noch einige Male. Der gesamte Dreh ging bis in die frühen Morgenstunden. Es war damals eine unglaubliche Hitze im Raum und ich schwitzte aus alle Poren. Nach jedem Dreh musste ich mich abtrocknen, da die Schminke immer wieder verlief. Morgens um sechs Uhr waren wir dann fertig und ich war mit meinen Kräften am Ende. Ich machte mich mit Grant auf den Heimweg und wir verabredeten uns zum nächsten Videodreh, der am übernächsten Tag in alten Katakomben gemacht werden sollte.

Ich fuhr nach Hause und schlief den ganzen Tag und die nächste Nacht. Den Tag darauf stand ich morgens auf und die Reise ging weiter zum Videodreh. Hier war schon jede Menge los. Mein Verwandter hatte es geschafft, trotz des geringen Budgets seine komplette Firma dazu zu bringen mitzumachen. Eine Vielzahl an Leuten war anwesend und jeder schien eine genaue Aufgabe zu haben.

Heute sollte ein Dreh mit einer gesamten Band stattfinden, und somit hatte der Gitarrist, der „Sage ja!" eingespielt hatte, gleich seine ganze Band mitgebracht, die nun in den Gängen der Katakomben positioniert wurde. Ich war damals von dem betriebenen Aufwand ziemlich überwältigt. Vorerst sollte aber nichts sonderlich aufregendes mehr passieren. Ich war morgens angekommen und am Nachmittag saß ich immer noch da, bis endlich jemand kam und sagte, dass es mit mir los geht. Ich wurde irgendwo in eine Höhle gestellt und man machte die Musik an. Ich performte wieder so, wie es mir einfiel und diesmal war eine Band dabei, die im Hintergrund anfing das Lied nachzuspielen. Der ganze Dreh dauerte wieder bis spät in die Nacht hinein. Es war kalt, nass und dreckig. Mittlerweile waren jede Menge Zuschauer dazugekommen, welche sich das ganze Schauspiel ansahen, da dies ein öffentlicher Platz und somit für alle zugänglich war.

Immer und immer wieder wurde Dreh für Dreh und jede kleine Einstellung wiederholt, bis dann letztendlich alles im Kasten war. Ich bedankte mich bei den Musikern des Gitaristen, dass sie das gemacht hatten und einer meinte noch, wenn ich mal eine Band brauchte, sollte ich mich melden. Ich bedankte mich nochmals und machte mich endlich auf den Weg nach Hause.

Alles war aufregend gewesen, allerdings auch ziemlich anstrengend. Mein Verwandter meinte, dass er gleich morgen an den Schnitt gehen würde und bald die ersten Ergebnisse fertig wären.

Ich war froh, dass alles gut gelaufen war und fiel am Abend nur noch in mein Bett. Am nächsten Morgen sollte es endlich wieder ins Studio gehen, um weiter an den Liedern zu arbeiten.

Abrakadabra, die Zweite

Ziemlich fertig und verschlafen, machte ich mich dann morgens auf zum Produzenten. Als ich ankam, schien er schon wieder fleißig gewesen zu sein, denn alles an Geräten und Lämpchen brannte bereits, als ich das Studio betrat. Er allerdings telefonierte wieder.

Ich kannte diese Situation inzwischen schon und setzte mich hin und wartete. Als er kam, fragte er, wie der Dreh gelaufen sein und ich erzählte ihm begeistert davon. Danach machte er sich daran, die nächsten Lieder zu produzieren. Er arbeitete bis spät in die Nacht an dem Song „Willenlos". Ich saß wie schon bei „Sage ja!" daneben und er fragte mich immer wieder, ob es mir gefiele. Das tat es!

Diese Arbeit machte Spaß und ich konnte dabei auch immer wieder Ideen einbringen und die Lieder entwickelten sich immer mehr. Im Grunde waren die kommenden Wochen durchweg produktiv.

Lied für Lied wurde so bearbeitet. Er benutzte dabei die Daten und alle Sounds, die ich in dem Studio vorher überspielt hatte. Somit ging alles recht reibungslos. Währenddessen, bekamen wir einen Anruf, dass das Video nun fertig sei und wir in den nächsten Tagen zu der Präsentation in die Firma meines Verwandten kommen möchten. Wir waren alle ziemlich gespannt, was nun letztendlich dabei rumgekommen ist. Erstmal machten wir uns aber wieder an die Arbeit, um die fehlenden Songs nun fertig zu produzieren. Bei der Produktion schaute ich dem Produzenten zu, wie er arbeitete. Ich interessierte mich für seine Programme und er beantwortete bereitwillig meine Fragen.

Es war für mich wie eine Offenbarung, da es um ein Vielfaches logischer und einfacher zu bedienen war als mein Computerprogramm. Wenn ich auch damit arbeiten würde, brauchte ich diese ganzen Überspielarien nicht mehr machen. Er meinte damals nur, wenn ich auch mit diesem Programm arbeiten würde, konnte ich vielleicht auch für ihn ein paar Auftragsjobs machen.

Der Gedanke mit ihm gemeinsam zu arbeiten gefiel mir. Er war recht erfolgreich und ich hätte so die Möglichkeit viel zu lernen und vielleicht durch ihn den einen oder anderen Kontakt zu bekommen. Irgendwann, nachdem nun auch bei allen Liedern die Gitarre eingespielt wurde, war alles fertig.

Von dem, was nun bei allen Liedern herausgekommen war, war ich begeistert und selbst meine Lieder, die ich gemacht hatte und die er somit übernommen hatte, gefielen mir. Ich fand, dass sie zu den neu produzierten Stücken passten. Grant hatte bei einigen Liedern den Chor eingesungen und alles schien zu passen und das Album war fertig.

Ich war sehr beeindruckt davon, wie der Produzent das damals umgesetzt hatte. Wusste er doch genau, was er wollte und wie er es angehen musste. Ebenso fand ich die Geschwindigkeit sehr beachtlich, mit der er gearbeitet hatte. Sein Tun und Handeln hat mich damals durchaus beeindruckt. Zumal ich durch ihn

auch eine Möglichkeit sah, vielleicht auch einmal für andere bekannte Künstler zu schreiben. Er suchte ja immer neue Bands, die er produzieren könnte und vielleicht würde sich für mich so eine völlig neue Türe öffnen, mit der Musik auf eigenen Füssen stehen zu können.

Das Video

An irgendeinem Tag trafen wir uns alle in der Firma meines Verwandten. Ich hat schon vorher mit ihm und Grant telefoniert und er sagte uns, das der Dreh in denf Höhlen bei weitem nicht so gut geworden wäre, vjie er es sich erhofft hatte. Der Dreh im Studio würde viel besser rüberkommen. Daher hätte er nun lediglich den Dreh im Studio verwendet und mit vielen Effekten herumgespielt. Aber alles in allem, wäre es toll geworden. Er schien recht zuversichtlich zu sein und somit sammelten sich alle zur Präsentation in einem Raum, wo das Video dann laufen sollte. Plattenfirma, Produzent Grant und alle anderen waren auch dort und schauten gespannt auf das Video, welches nun vor unseren Augen ablief. Als es fertig war, klatschen alle und sagten, dass es super wäre. Der Produzent allerdings war wohl weniger zufrieden damit, ich konnte es an seinem Blick sehen. Alle anderen fanden es toll. Der Produzent musste dann aus irgendeinem Grunde schnell weg und rief mich auf meinem Handy an und sagte zu mir, das das was er gesehen hatte ihm überhaupt nicht gefiele.

Ich gab meinem Verwandten das Telefon und sie redeten noch recht lange. Daraufhin sprach dieser wohl wieder mit den Leuten der Plattenfirma und diese riefen dann wiederum den Produzenten an. Irgendwann nach langem hin und her, fragte ich Grant und dieser meinte, dass der Produzent noch einen Dreh haben wollte, weil ihm in dem Video die Erotik fehlte oder so was ähnliches. Ich fragte: „Erotik?" Ich verstand nun gar nichts mehr. Grant war sichtlich genervt von der ganzen Situation und sah das völlig anders. Das Video sei so super und alles andere ist Blödsinn und nicht notwendig. Am späten Abend, fuhren wir nach Hause und redeten noch lange über das ganze Thema und entschieden nun abzuwarten, was passieren würde. Am nächsten Morgen rief Grant mich an und sagte, dass nun noch auf Wunsch des Produzenten und der Plattenfirma ein zusätzlicher Dreh organisiert werden würde, damit das Video mehr Erotik bekommen würde. Ich fragte ihn, ob ich nun nackt rumhüpfen sollte oder wie ich mir das vorzustellen hätte. Er erwiderte, dass nun drei Models gebucht würden und mit ihnen dann ein Dreh gemacht würde, wie in den Dracula Filmen. Ich hörte nur wieder Dracula und dachte mir, bitte nicht schon wieder.

Allerdings fand ich die Idee, dass das Video einen Look bekommen könnte wie der Film, recht gut und sah das ganze daraufhin mit etwas weniger Skepsis. In den nächsten Tagen wurde eine Lokation gesucht und irgendwann wurden wir im tiefen Belgien fündig. Der Produzent hatte die Models organisiert und an irgendeinem Morgen, trafen alle an dem Drehort ein.

Diesmal war auch eine Visagistin dabei, allerdings war sie für die Models da und nicht für mich. Später trudelten diese dann ein und gingen sofort in die Maske. Ich fühlte mich in diesem Moment wieder an alte Zeiten unserer Girlgroup erinnert, wobei alles doch viel professioneller ablief. Am Drehort befanden sich wieder jede Menge Leute, die damit beschäftigt waren die Lokation für den Dreh vorzubereiten. Fenster wurden abgedunkelt und allerlei Kram herangekarrt.

In der Mitte eines großen Raumes begann man damit Felle und Kerzen aufzubauen. Im besagten großen Raum war ein riesiger Karmin, der nun schon mit jeder Menge Holz befeuert wurde. Es sollten einige Drehs mit mir alleine, dann nur mit den Models alleine und in der Folge mit uns allen zusammen stattfinden. Inzwischen zogen sich die Damen um und wurden für ihren Dreh vorbeireitet. Ich machte bei allem mit, schließlich wollte ich das das Ergebnis gut würde und machte mir über alles Anstehende keine Gedanken. Es war schließlich mein Verwandter der das Video drehte und alles, was dort passierte schien mir in keiner Weise seltsam. Wenn Erotik in das Video musste, dann sollten sie Erotik bekommen. Irgendwann begann der Dreh, wobei ich mit den Models gemeinsam auf dem Fell „performen" sollte. Alle platzierten sich in diesem Moment um unsere aufgebaute Spielwiese und es wurde uns erklärt, was nun ablaufen sollte. Mittlerweile war der Besitzer dieser Lokation mit seiner kompletten Familie, die mit Oma und Opa und den Kindern aus nahezu 20 Leuten bestand, zum Zuschauen gekommen. Sie versammelten sich in aller Ruhe auf einer Empore über unserer Spielwiese und verfolgten das Geschehen.

Ich fühlte mich nicht gerade wohl dabei, wie in einer Peepshow von ihnen beobachtet zu werden. Ich sagte ihnen, das sie doch bitte den Raum verlassen sollten, weil ich mich unwohl fühlte. Nach dieser Aufforderung gingen diese dann glücklicherweise und der Dreh konnte weitergehen. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich keinen Spaß daran hatte, mich mit den durchaus hübschen Models auf einer Hasenfelldecke rumzuräkeln. Schließlich bin ich auch nur ein Mann. Allerdings war es überaus anstrengend, dabei die Konzentration nicht zu verlieren und jede Bewegung gezielt auszuführen. Nachdem wir uns dann nahezu zwei Stunden vor dem Kamin rumgeräkelt hatten, war alles im Kasten und der Drehtag vorüber. Ich war damals froh endlich fertig zu sein. Der Produzent war zu diesem Zeitpunkt schon lange nicht mehr da. Er hatte sich irgendwann von mir verabschiedet, weil er unbedingt nach Hause müsste.

Das war für mich nicht nachvollziehbar, schließlich war er derjenige, der diesen Dreh unbedingt haben wollte. Ich fuhr spät abends Heim und fiel in mein Bett. Einige Tage später sahen wir uns das Video mit neuem Schnitt wieder an und nun schienen alle Parteien endlich zufrieden zu sein und das Video konnte nun im Zuge der Promotion an alle wichtigen Kontakte der Plattenfirma rausgeschickt werden.

Doomsday Festival 2000

Mittlerweile waren einige Monate vergangen und ich musste inzwischen schon einige Interviews geben. Es lief eigentlich ganz gut, schließlich hörte ich von keiner Seite etwas Negatives. Der Veröffentlichungstermin von „Sage ja!" war für den 02.10.2000 angesetzt worden.

An die Pressekontakte waren bis dahin lediglich Promotionpressungen rausgeschickt worden. Die ersten Reaktionen der Presse in Interviews sowie in einigen Rezensionen waren recht positiv und nun sollte bald dej- erste Liveauftritt stattfinden. Das Doomsday Festival 2000 stand nun vor der Tür.

Dieser Auftritt sollte zu Promozwecken stattfinden und somit machten sich der Gitarrist und ich einige Tage vor dem Auftritt auf den Weg zu unserem Livemenschen, der für diesen Auftritt schon seit Wochen alles organisierte. Ich hatte mich mittlerweile damit abgefunden und hielt mich aus der Liveumsetzung völlig heraus und war gespannt, was jetzt passieren würde.

Der Gedanke vor Menschen auf einer Bühne zu stehen, trieb mir immer noch ein flaues Gefühl in die Bauchgegend. Grant musste noch zuhause einiges erledigen und würde am Auftrittstag zu uns stoßen. In der Heimat unseres Livemenschen angekommen, hatte dieser unser Bühnenbild in einer Garage aufgebaut, damit wir es uns ansehen konnten. Da stand nun im Grunde das gleiche in Großformat, was er schon als Modell in Miniformat gebaut hatte.

Alles sah ziemlich seltsam und befremdlich aus. Eine Wand aus Spiegeln mit einer eingebauten Tür, die man durchschreiten konnte. Die Wand bestand nicht aus richtigen Spiegeln, sondern aus Holzplatten, die mit einer Spiegelfolie beklebt worden waren und diese hatte überall Blasen. Er hatte sie aufgeklebt und scheinbar keine Zeit gehabt; das vernünftig zu machen. Über die Spiegelwand war ein Netzt gespannt, in dem; Gummispinnen hingen. i Ehrlich gesagt sah das Ganze ziemlich bescheuert aus! Alle anderen fanden es aller-' dings mal wieder ganz toll und meinten, dass das auf der Bühne super aussehen würde Ich hatte mal wieder keine Erfahrungen und hielt mich einfach mit meiner Meinun zurück. Der Livemensch meinte, dass er nun mit mir den Auftritt üben wollte un das Liveset durchgehen möchte. Wir würden erstmal ein paar Probeauftritte machen Am nächsten Morgen gingen wir alle in die Garage und die Proben konnten begin nen. Wir probten an diesem Tag fast acht Stunden. Der Livemensch redete währen der ganzen Probe durchgehend auf mich ein. Als wir am Abend fertig waren, bespra chen wir den Ablauf des nächsten Tages, an dem der Auftritt stattfinden sollte. Ich bin recht früh ins Bett gegangen, um in aller Ruhe in mich gehen zu können. I< weiß noch, dass mich das ganze Gerede der anderen überaus nervös machte und somi verschwand ich recht früh in mein Zimmer. Ich weiß heute leider nicht mehr, w ich am Abend vor meinem allerersten Auftritt gedacht habe. Ebenso weiß ich nich mehr, ob ich gut schlafen konnte.

Ich weiß nur, dass ich am nächsten Morgen aufgewacht bin und überhaupt nicht mehr nervös war. Es machte sich eine Ruhe und Ausgeglichenheit in mir bemerkbar, die mich ziemlich verwunderte. Alle Beteiligten fragten mich immer wieder, ob ich nun nervös sei, welches ich verneinte.

So machten wir uns alle in einem alten Bulli auf den Weg zum Festival, in dem auch unser etwas gewöhnungsbedürftiges Bühnenbild untergebracht war. Wir hatten einen Fahrer und noch jemanden dabei, der dafür zuständig war, alles aufzubauen. Im Laufe der Hinfahrt, klingelte mein Handy und Grant war dran.

Ich dachte, er würde nun anrufen um mir mitzuteilen, dass er schon da wäre oder unterwegs sei. Er rief mich allerdings an um mir zu sagen, dass er leider verschlafen hatte und so nicht beim ersten Auftritt von Unheilig dabei sein konnte. Er entschuldigte sich tausendmal bei mir, worauf ich nur antwortete, dass es schade wäre und ich ihn gerne dabeigehabt hätte.

Das Schlimmste war allerdings für mich, dass ich mir nun die ganze Zeit die Wirren Ideen unseres Livemenschen anhören musste und nicht mehr Grant vorschieben konnte. Als wir auf dem Festivalgelände angekommen waren, fing dk Zeit unseres Livemenschen aber erst richtig an. Er sprang aus dem Bulli und fing an, den erst Besten, der ihm über den Weg lief an zu schreien. Frei nach dem Motto: Wir wären nun hier und jeder sollte das wissen und alles hörte auf sein Kommando. Dieser Moment war mir unendlich peinlich. Ich dachte nur, dass mein erster auch gleichzeitig mein letzter Auftritt sein würde. Ich fand dieses Verhalten einfach unmöglich. Dadurch wussten allerdings schon nach ein paar Minuten alle, die etwas mit dem Festival zu tun hatten, das wir nun da waren.

Der Livemensch verschwand darauf hin erst einmal und kam nach einiger Zeit wieder. Sofort gab es lautstark neue Anweisungen an alle umstehenden Personen und das Ausladen des Bullis begann. Der Gitarrist und ich verschwanden schnell in unseren Backstagebereich, damit wir dem ganzen entfliehen konnten. An diesem Tag waren wir „Opener" und mussten somit als allererstes spielen. Ich nutzte die Zeit vor meinem Auftritt um einmal in aller Ruhe über das ganze Gelände zu gehen und mir alles anzusehen. Die Eindrücke, die ich dort bekam waren unglaublich für mich. Ich fand es einfach nur beeindruckend.

Ich weiß noch wie heute, wie ich all das, was ich dort sah, auf mich wirken ließ. Irgendwann ging ich wieder in den Backstagebereich, denn der Auftritt sollte nun bald losgehen und wir versammelten uns alle hinter der Bühne.

Die Festivalcrew fing an unsere Spiegelwand aufzubauen, was wiederum zu Aufmerksamkeit im Publikum und vor der Bühne führte. Ich bekam alles nur hinter der Bühne mit und schaute mir das gesamte Spektakel gespannt an. Nervös war ich immer noch nicht. Vielleicht war mir auch damals gar nicht so bewusst, was gleich passieren sollte. Irgendwann kam dann der Augenblick, in dem ich durch die Tür der Spiegelwand auf die Bühne musste. Ich tat es einfach und der Auftritt ging los. An alles, was dann auf und um die Bühne herum passiert ist, habe ich keinerlei Erinnerung mehr. Ich weiß lediglich, dass die Leute klatschten und irgendwann war der Auftritt dann vorbei. Ich weiß noch genau, wie ich eine lange Laderampe hinunterging, wo mich niemand mehr sehen konnte und das dort meine Beine so anfingen zu zittern, dass ich mich hinsetzen musste. Meine Hände und alles andere war in diesem Moment wie elektrisiert und ich zitterte irgendwann am ganzen Körper. Ich muss in diesem Momen ausgesehen haben, wie ein Junkie auf Droge.

Später kam dann der Livemensch zu mir und gratulierte mir. Ebenso tat es der Gitar Sie verschwanden dann wieder schnell und ich blieb noch etwas sitzen. Ich weis nie mehr, wie lange ich dort saß. Ich weiß nur noch, dass ich in diesem Moment am liebsten noch einmal auf die Bühne wollte, da das Gefühl über den eigenen Schatten gesprungen zu sein einfach unbeschreiblich war. f Ich war stolz auf mich und ging erst einmal direkt unter die Dusche. Darauf folgend sollte noch eine Autogrammstunde stattfinden, wo ich mich ehrlich fragte, wer denri da kommen sollte. Mich kannte doch keiner.

Markus und Ollie kamen zu mir und gratulierten mir ebenfalls und sagten, dass < die Autogrammstunde an einem Merchstand stattfinden sollte und brachten miert und den Gitarristen dorthin. Wir platzierten uns hinter einem Tresen und vor uog standen auch schon eine ganze Menge Leute, die ein Autogramm von uns wollten Ich war verwundert, wie lang die Schlange war. Irgendwann wollte jemand ein Foti und somit kam ich hinter dem Tresen vor um ein Foto mit Ihm machen zu könne" Ich dachte mir in diesem Moment, dass ich gleich hier stehen bleibe, da vielleicht nochj jemand ein Foto mit mir wollte. Ich genoss diese Augenblicke sehr, denn eigentlich war ich ein eher zurückhaltende!? Typ, der sich nie traute auf Menschen zuzugehen. So genoss ich es zum ersten Ma in meinem Leben, dass Menschen zu mir kamen, weil das was ich tat ihnen gefiel. ;i Völlig fremde Menschen kamen zu mir und sagten, dass mein Auftritt gut gewesen*; sein und das sie begeistert wären. Dazu wollten sie noch ein Foto und ein Autogramm! Ich war einfach überwältigt und genoss jeden einzelnen Augenblick. Irgendwann wa dann alles vorbei und ich war immer noch hin und weg. Ein toller Tag ging zu Ende. Der Gitarrist und ich ließen uns noch ein letztes Mal mit; Markus und Ollie fotografieren und dann machten wir uns wieder auf den Weg nach, Hause. Auf dem Heimweg dachte ich noch lange still vor mich hin, was ich an diesem Tag erlebt hatte. Es war ein gutes Gefühl und ich wollte solche Momente noch viele male in meinem Leben genießen können.

Stadion am Zoo

Als ich am nächsten Morgen in meinem Zimmer bei unserem Livemenschen aufwachte, fühlte ich mich unglaublich gut. Allerdings tat mir auch alles weh. Durch mein«;; Zappelei auf der Bühne, hatte ich wohl Muskeln in meinem Körper angespannt, die? ich bis dahin noch nicht kannte. , Dennoch lächelte ich, als ich mich an den Auftritt vom Vortag erinnerte. Heute sollt« die Reise wieder in die Heimat gehen und ich freute mich auf zuhause. Gerade aufge-/ standen, wurde ich wieder von unserem Livemenschen verbal überfallen. Der nächste Auftritt würde feststehen und dieser wäre nun in einem Stadion. f

Ich schaute wohl etwas ungläubig, worauf er sagte, dass es sich um ein Fußballspiel handele, bei dem wir vorher spielen könnten. Er habe mit Markus und Ollie telefoniert, da die beiden das organisiert hatten. Er allerdings habe schon wieder mit Gott und der Welt telefoniert, damit das auch so abläuft wie er sich das vorstellte. „Die haben ja alle keine Ahnung", meinte er nur und würde das nun alles persönlich regeln. Seine Art ging mir mittlerweile wirklich gegen den Strich, da ich seine Umgangsformen einfach nicht teilte und sie fast immer für völlig unangebracht hielt. Zumal ich mir seine ganzen Visionen nun wieder anhören musste, da Grant ja nicht da war. Ich beeilte mich an diesem Morgen schnell in Richtung Heimat zu kommen und schnappte mir den Gitarristen und befand mich sehr schnell auf der Autobahn. In den nächsten Tagen, telefonierte ich oft mit Grant und bekam mit, dass die Eskapaden unseres Livemenschen nun doch größere Ausmaße annahmen. Es war egal mit wem ich telefonierte, denn alle verdrehten die Augen und machten deutlich, dass die Zusammenarbeit mit ihm inzwischen überaus anstrengend war. Das konnte ich durchaus nachvollziehen. Nichts desto trotz organisierte er schon wieder den anstehenden Auftritt und jeder, der nicht nach seiner Pfiffe tanzte, wurde solange von ihm bearbeitet, bis er das tat, was er wollte.

Am Tag des Auftritts, fuhr ich morgens ins Wuppertaler Stadion. Dort angekommen war ich ziemlich überwältigt von der Größe. Irgendwo vor einem Tor auf dem Fußballfeld hatte der Livemensch wieder seine Spiegelbühne aufgebaut, die ich an diesem Tag so überflüssig fand, wie einen Kühlschrank am Nordpol. Das war alles viel zu klein und von den Tribünen kaum richtig erkennbar.

Zudem hatte unser Livemensch veranlasst, um den gesamten Fußballplatz Boxen aufzubauen, damit das komplette Stadion bis in die kleinste Ecke beschallt werden konnte. Ich fragte mich in diesem Moment, ob der Aufwand mit meinem kurzen Auftritt zu rechtfertigen war.

In der Folge traf ich mich wieder mit dem Gitarristen in dem Bereich, der für uns nun als Backstagebereich vorgesehen war. Schon beim Betreten dieses Bereiches hörte ich, wie unser Livemensch denjenigen, der uns für diesen Auftritt gebucht hatte und somit alles veranstaltete, anschrie. Es wären schließlich immer noch keine Brötchen da. Dieser wusste gar nicht, wie ihm geschieht und meinte mit hochrotem Kopf, dass es nicht mehr lange dauern könnte, bis die Brötchen da wären, da seine Frau diese gerade schmieren würde.

Dem Livemenschen schien das alles egal zu sein. Er schrie weiter auf ihn ein und meinte, dass er alles genau kontrollieren würde und wenn auch nur ein Brötchen fehlte, würde der Veranstalter ein wirkliches Problem bekommen. Ich versank in diesem Moment wieder in Grund und Boden und schämte mich. Mir war das alles einfach nur peinlich und fürchterlich unangenehm. Sein Verhalten war in meinen Augen einfach nicht angebracht. Irgendwann war es dann endlich soweit und ich konnte Auftreten.

Nun, was soll ich aus heutiger Sicht zu dem Auftritt sagen. Es war alles sehr beeindruckend. Das große Stadion und über fünfzehntausend Menschen darin. Allerdings hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, das es allen Zuschauern recht egal war, was ich da auf dem Fußballplatz machte. Ich zog meinen Auftritt durch und rannte dabei quer über das Spielfeld. Eigentlich war ich froh, als es vorbei war und ich mich wieder in

meine Umkleide zurückziehen konnte.

Auf dem Rückweg vom Spielfeld bekam ich mit, wie der Livemensch wieder im Hintei grund rumschrie und diesmal wohl eine andere Person fertig machte. Als ich de Backstage erreichte, entschied ich mich dafür, dass es so nicht weitergehen konnte*5 Überall wo unser Livemensch auftauchte, hinterließ er einen fürchterlich schlechte Eindruck, da er sich mit Allen anlegte und die Leute völlig unberechtigt fertig machtei Ich redete mit Grant und sagte ihm, dass er das regeln sollte. Schliesslich war es auch seine Idee gewesen ihn mit ins Boot zu nehmen. Er gab mir direkt Recht und meinte» dass es wirklich so nicht so weitergehen konnte.

Als ich am Abend nach Hause fuhr, war ich einerseits froh, das der Auftritt gut geklappt hatte, andererseits auch gespannt, wie es nun weitergehen würde und wie unser Livemensch damit umgehen würde, wenn er mitbekäme, dass im Grunde alle Beteiligten sein Auftreten nicht weiter dulden] würden.

Phosphor

Ich weiß heute nicht mehr, was in den darauf folgenden Monaten genau ablief. Ich weiß nur noch, dass ich viele Dinge einfach nicht mehr nachvollziehen konnte. Alle Parteien, die sich mit Unheilig zu diesem Zeitpunkt beschäftigten arbeiteten aus irgendeinem Grunde aneinander vorbei.

Grant setzte sich immer noch mit dem Livemenschen auseinander, mit welchem weder der Produzent, noch die Plattenfirma zu recht kamen, da dieser nur seine Meinung akzeptierte und keine andere. Die Plattenfirma verschob nun wiederum den Veröffentlichungstermin des ersten Albums alle zwei Wochen aufs Neue, da weder das Artwork noch irgendetwas anderes fertig wurde. An einen weiteren Liveauftritt war zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr zu denken.

Mein letzter Kontakt zur Plattenfirma war, als es darum ging den Albumtitel zu benennen. Ich habe mich damals für den Namen Phosphor entschieden. In dieser dunklen Zeit sollte der Albumtitel etwas Licht im mein düsteres Umfeld bringen. Glücklich war ich damals nicht mehr. Ich bekam mit, wie Grant sich in der Folge nur noch bitterböse e-mails mit unserem Livemenschen austauschte. Worum es ging weiß ich nicht. Es war mir allerdings auch inzwischen egal. Ich weiß noch, dass ich viel mit Markus und Ollie telefonierte und sie mir sagten, dass sie alles in Bewegung setzten, damit man bald wieder in ruhigere Gewässer kommen würde. Letztendlich wäre es aber zuerst an der Plattenfirma, einige Entscheidungen zu treffen. Ich machte in der Folge das, was ich am liebsten machte. Ich machte wieder Musik. In erster Linie schrieb ich einfach Lieder um mich abzulenken. Ich dachte daran, wie sehnlichst ich mir einen Plattenvertrag gewünscht hatte und nun aber erfahren musste, dass doch alles nicht so einfach war. Ich merkte, dass ich in einer Abhängigkeit zu anderen stand.

Es ging mir zu diesem Zeitpunkt nicht besonders gut. Ich dachte mal wieder viel über

Gott und die Welt nach und schrieb fast nebenbei das Lied Eva. Ich genoss es, in aller Ruhe in meinem Studio alleine zu sein und von den ganzen Wirrungen, die außerhalb meines Studios stattfanden, nichts mitzubekommen. Musik lenkte mich ab und machte mir einfach wieder Spaß.

Ich telefonierte zu dieser Zeit auch viel mit dem Produzenten, welchem ich die fertigen Lieder immer wieder per mp3 zuschickte. Mit ihm konnte ich mich ausschließlich über die Musik unterhalten und er erzählte mir nichts von anderen Dingen, die organisiert werden sollten. Laut Plattenvertrag sollte er auch das zweite Album produzieren und somit tauschte ich mich mit ihm zu dieser Zeit schon einmal aus. Nachdem sehr viel Zeit verstrichen war, legte man sich endlich auf ein endgültiges Veröffent-lichungsdatum für „Phosphor" fest.

Nachdem fast wieder ein Jahr vergangen war, sollte das Album nun am 27.02.2001 erscheinen. Ebenso sollte die zweite Single „Komm zu mir" nur einige Monate später folgen, was allerdings kaum jemanden nachhaltig interessierte. Die Querelen zwischen den einzelnen Parteien nahmen immer größere Ausmaße an und meine Musik schien für sie immer mehr in dem Hintergrund zu rücken.

Mittlerweile hatte ich schon sehr viele neue Lieder geschrieben, welche ich für das nächste Unheiligalbum sammelte und freute mich letztendlich doch darüber, dass der Veröffentlichungstermin meines ersten Albums nun endlich feststand. Als nun der ersehnte Tag der Veröffentlichung gekommen war, dachte ich damals, dass nun etwas besonderes passieren müsste.

Es passierte aber gar nichts. Es war ein Tag wie jeder andere. Man sagte mir, daß erst die nächsten Wochen Aufschluss über den Erfolg des Albums geben würden. Daraufhin bekam ich ab und zu einige Interviews per e-mail zugeschickt und musste zu verschiedenen Radiosendern fahren, die ein Interview mit mir wollten. In diesen Momenten hatte ich wenigstens das Gefühl, dass sich etwas bewegt. Damals merkte ich genau, dass alles etwas anders ablief, als ich es mir vorher gedacht hatte. Ich hatte erwartet, dass man im Moment einer Veröffentlichung sofort eine Reaktion von Aussen erfährt. Ich merkte zu diesem Zeitpunkt, dass es im Grunde kaum jemanden interessierte, ob ich Musik machte oder nicht. Ich war einer von so vielen, die Musik machten und ging in der Masse einfach nur unter. Ich hatte Jahre darauf hingearbeitet ein Album zu machen welches auch veröffentlicht wird. Ich musste feststellen, dass ich mich inmitten eines Fiaskos befand, das aus viel zwischenmenschlicher Unfähigkeit und grundlegenden Meinungsverschiedenheiten resultierte. All meine Träume, die ich in diese Platte gelegt hatte, schienen plötzlich wieder so weit weg zu sein. An eine weitere Planung oder Vorgehensweise seitens der Plattenfirma war in diesem Moment nicht zu denken, weil wir alle keine genaue Aussage bekamen, was nun wann passieren sollte. Bei der Plattenfirma wurde ein Meeting nach dem anderen abgehalten aber nichts konstruktives und konkretes kam dabei heraus.

Ich war damals ziemlich enttäuscht über alles, was in meinem Umfeld passierte. Woran es genau lag, weiß ich nicht. Ich glaube, dass der eine Partner nicht wusste was der andere tat und somit zog der Veröffentlichungstermin von Phosphor recht still und leise vorbei und ich schrieb einfach weiter an neuen Songs.

99

Phantasia

Ich telefonierte zur damaligen Zeit weiterhin viel mit Markus und dem Produzenten. Das waren für mich die Kontakte, die mir sinnvoll erschienen, war doch an fast jeder anderen Baustelle lediglich Chaos vorzufinden. Beiden schickte ich die bisherigen neuen Lieder zu und ihr Feedback war durchweg positiv.

Mit Grant hatte ich zum damaligen Zeitpunkt zwar weniger Kontakt, was allerdings daran lag, das er in dieser Zeit vielen eigenen Projekten nachging. Der Kontakt zu dem Produzenten war allerdings wesentlich intensiver als zu Markus. Ebenso fing ich an, mit dem Produzenten zusammenzuarbeiten. Er spielte mir Demos von Bands vor und wir diskutierten, was man daraus machen könnte. Ich fühlte mich damals überaus geschmeichelt, dass er meine Meinung hören wollte, da ich doch ein recht unbeschriebenes Blatt war.

Allerdings merkte ich, dass wir musikalisch gut zueinander passten und das gleiche musikalische Grundverständnis besaßen. Somit besprachen wir alles und ich fing an, das Besprochene musikalisch umzusetzen und ihm zuzuarbeiten. Ich begann Songs für ihn zu programmieren. Ich hatte mir einen gebrauchten Computer gekauft, mit dem ich nun das gleiche Programm wie er benutzte.

Mitderweile war mein Konto völlig leer. Ich investierte trotzdem gerne Geld in Equip-ment, da ich durch meine Arbeit beim Produzenten einen Lichtblick hatte mit der Musik auf diesem Wege Geld zu verdienen. Ich fuhr fast jeden Tag zu ihm und wir arbeiteten an vielen verschiedenen Projekten. Ab und zu brachte ich dann auch ein neues Unheilig Lied mit, welches allerdings in einer Schublade landete, weil noch nicht feststand, wie es denn nun weitergehen sollte.

Er meinte immer, dass wir mit der Produktion erst noch abwarten sollten, da er sich auch nicht sicher war, ob die vorhandene Plattenfirma noch die richtige wäre. Schließlich sollte es ja beim nächsten Album anders ablaufen, als bei Phosphor und aus diesem Grunde, würde er sich lieber noch etwas zurückhalten, bis sich eine andere Möglichkeit in dieser Hinsicht ergibt. Zu dieser Zeit freundete ich mich mit dem Produzenten etwas an und in den darauf folgenden Wochen erarbeiteten wir viele Projekte und ich schrieb auch das ein oder andere Lied für die neuen Projekte. Ich lernte viele Künstler kennen, die mit Ihm zusammenarbeiteten. Manche waren recht unbekannt, manche wiederum sehr bekannt.

Es war schon toll für mich, als recht junger unerfahrener Künstler Einblick in diese Welt zu bekommen. Ich arbeitete an alle Projekten mit und war sehr froh darüber, dies tun zu können. Ich bekam dafür nichts, was mir allerdings auch nichts ausmachte. Um Geld ging es mir dabei nicht, eher um die Musik und das Arbeiten mit Künstlern, die ich sonst nur von Postern und Titelseiten kannte. Damals schienen sie alle beim Produzenten ein- und auszugehen. Das war inzwischen auch für mich ganz normal. Ich arbeitete manchmal Tag und Nacht an den Liedern anderer Künsder. Es kam häufig vor, dass alle schon in ihren Betten waren und ich beim Produzenten alleine im Studio saß und Songs programmierte und editierte, damit die Arbeit am nächs ten Morgen weitergehen konnte.

In dieser Zeit bekam ich kaum Schlaf und ruhte mich zwischendurch lediglich ein bis zwei Stunden auf der Couch aus. Ich genoss diese Arbeit, auch wenn sie sehr zeitaufwendig war. Ich durfte in einem Studio arbeiten, welches ich mir selber niemals leisten konnte und arbeitete mit Künstlern zusammen, die ich sehr schätzte. Zudem wurde meine Arbeit von ihnen auch immer wieder mit Lob gewürdigt. Im Grunde passierte die nächsten Monate nichts, was mit Unheilig zu tun hatte. Ich arbeitete sehr viel an anderen Baustellen und für andere Künstler. Die Arbeit machte mir sehr viel Spaß und ich lernte dabei recht viel über das Programmieren und Arrangieren von Liedern. Mit ihm zusammen tat ich das, wovon ich träumte. Irgendwann kam das Gerücht auf, das die jetzige Plattenfirma wohl aus irgendwelchen wirtschaftlichen Gründen Probleme hätte und diese dazu führen würden, das es sie bald nicht mehr geben würde. So teilte es mir jedenfalls der Produzent mit. Da ich bei ihm einen Vertrag unterschrieben hatte und er wiederum den Plattenvertrag bei der Plattenfirma, fielen nun alle Rechte wieder an ihn zurück. Der Produzent meinte zu mir, das es das Beste sei, was mir passieren könnte. Er würde mit den neuen Songs von mir mit Sicherheit eine neue und bessere Plattenfirma finden können. Es wäre zwar noch nicht spruchreif, allerdings sollten wir schon einmal mit dem Gedanken spielen, uns bei einigen Plattenfirmen vorzustellen. Eines Morgens machten wir uns somit auf nach Hamburg. Das war damals „Die Stadt", in der fast alle großen Plattenfirmen vertreten waren. Im Gepäck hatten wir einige neue Projekte und auch die neuen Unheiligdemos von mir. Das Ziel war es, eine Plattenfirma zu finden, die sich dafür interessierte. Unheihg hatte zu diesem Zeitpunkt zwar noch eine Plattenfirma, aber der Produzent wollte versuchen trotz alledem eine Neue zu finden, da dies für Unheilig besser sei.

In Hamburg angekommen, klapperte er mit all den Demos ziemlich viele Platten-firmen ab. Ich wartete jeweils im Auto und er sprang heraus und ging hinein. Was da nun letztendlich genau passierte, weiß ich nicht. Schließlich war ich nicht dabei. Er erzählte mir lediglich, was die jeweilige Plattenfirma zu den einzelnen Projekten sagte. Allerdings legte sich keine Firma fest. Alle Reaktionen wären durchweg positiv und sie würden sich melden. Nach einigen Stunden hatten wir somit alle Plattenfirmen abgeklappert, die es wohl in Hamburg gab und im Grunde war nichts weltbewegendes dabei herausgekommen. Die nächsten Tage würden es nun zeigen, ob etwas positives für Unheilig dabei herauskommen würde, meinte der Produzent. Ich weiß nicht mehr genau, was ich damals dachte. Allerdings wurde mir an diesem Tag klar, dass es neben der „ach so tollen Welt", die ich durch den Produzenten kennen gelernt hatte, neben den vielen Bekanntschaften von irgendwelchen Berühmtheiten mit denen er zusammenarbeitete, anscheinend noch eine andere Welt gab, von der ich dachte, das sie hier nicht existiert. Diese Welt hieß Realität und kam mir ziemlich bekannt vor. Ich hatte immer gedacht, dass ein solch erfolgreicher Produzent es im Grunde immer leichter haben würde Plattenfirmen zu überzeugen, wenn man einmal den Fuß in der Tür hat. Es wäre einfacher für ihn einen Vertrag zu erhalten, wenn er die Musik produzierte.

Mir wurde klar, dass es bei ihm auch nicht anders war als bei mir. Er musste ebenso die Türklinken putzen und hoffen, dass sich eine Plattenfirma für das interessiert, was er fabrizierte. Allerdings sah es der Produzent als völlig unproblematisch an, dass keines seiner Projekte mit wehenden Fahnen direkt vor Begeisterung einen Plattenvertrag bekommen hatte. '

Das sei normal, sagte er. Irgendwann klappt ein Projekt und das reicht schließlich, meinte er damals zu mir. Ich fuhr an diesem Abend mit gemischten Gefühlen nachhause und dachte darüber nach, was passieren würde, wenn nicht ich das Projekt für ihn sei, was die Plattenfirmen haben wollten, sondern ein anderes. Mir wurde in diesem Moment klar, dass es dem Produzenten nicht um Unheilig ging, sondern um irgendein Projekt, das er bei einer Plattenfirma unterbekäme. Ich sagte ihm auf der Rückfahrt nichts von meinen Gedanken, sondern behielt sie für mich.

Dream On

In den nächsten Tagen dachte ich viel darüber nach, was mir seit der Reise nach Hamburg durch den Kopf ging. Ich überlegte, was mit Unheilig passieren würde, wenn der Produzent nun einen Plattenvertrag für ein anderes Projekt bekommen würde. Ich hatte mich doch gefreut, dass wir nun die Möglichkeit hätten eine bessere Plattenfirma für Unheilig zu finden und merkte plötzlich, dass es alleine in seiner Entscheidung lag, welche dies sein sollte und ob es überhaupt eine gäbe. Ich verdrängte diesen Gedanken aus meinem Kopf und entschied mich erst einmal abzuwarten, was nun passieren würde. Vielleicht gäbe es ja auch eine positive Reaktion seitens der Plattenfirmen.

In dieser Zeit rief mich Markus an und erzählte mir von einer Idee, die er schon lange hätte. Er würde gerne ein Album mit Depeche Mode Nummern machen und fragte mich, ob ich Lust dazu hätte. Er würde das gerne bei dem Lied „Dream on" von Depeche Mode probieren. Da zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststand, was nun mit Unheilig werden würde, war es für mich eine willkommene Möglichkeit etwas anderes zu machen.

Ich stimmte zu und fing somit auch sofort damit an. Ich rief den Produzenten an und erzählte davon und dass ich somit nicht zu ihm kommen könnte, worauf er ziemlich seltsam reagierte. Er schien mir nicht sonderlich begeistert zu sein. Ich hatte eher ein „Freut mich für dich" oder irgendeine Reaktion von seiner Seite erwartet. Allerdings kam nichts dergleichen. Ich machte mir weiterhin keine Gedanken und fing an das Lied zu programmieren und zu Remixen, was sehr gut klappte. Ich spielte alle Melodien ein, die mir einfielen und arrangierte das ganze in zwei Tagen. Ich schickte Markus das Ergebnis zu und er war beigeistert. Am darauf folgenden Tag, war ich wieder bei dem Produzenten im Studio, worauf er kurz nach eintreffen zu mir meinte, das ich nicht alleine, ohne ihn zu fragen Lieder programmieren oder produzieren könnte, schließlich habe ich einen Vertrag mit ihm, was das ganze Musikalische anginge und da müsste ich ihn vorher fragen. Ich schaute nur etwas verdutzt und sagte ihm, dass er das bitte mit Markus klären sollte, da er mich schließlich gefragt hatte.

Somit telefonierten beide und nach einigen Diskussionen stand fest, dass der Produzent das Lied nun mit mir zusammen machen sollte. In den drauffolgenden Tagen arbeiteten der Produzent und ich in seinem Studio an „Dream on". Im Grunde nutzte er meine eingespielten Ideen und Instrumente und nach kurzer Zeit war das Lied auch fertig.

Ich arbeitete mit, war allerdings innerlich ziemlich verunsichert und merkte hier zum ersten Mal, dass etwas ganz falsch lief. Ich konnte es noch nicht richtig einordnen oder erklären. Ich behielt meine Gedanken für mich und ließ mir nichts davon anmerken. Ich verstand damals einfach noch nicht, wie die Zusammenhänge waren. Allerdings fühlte ich mich in nahezu jeder Situation vom Produzenten überfahren. Fast so, als wenn man mir etwas weggenommen hätte.

An einem der kommenden Tage wollte Markus zu dem Produzenten ins Studio kommen, um sich nun die letztendliche neue Version von „Dream on" anzuhören und das vertragliche zu regeln. Er habe das Lied bei einer Plattenfirma untergebracht und es ginge nun um die Rahmenbedingungen. Markus meinte damals noch zu mir, er würde gerne danach in Ruhe mit mir sprechen und somit fuhren wir nachdem er alles beim Produzenten geregelt hatte zu mir nach hause. Zuhause angekommen setzten wir uns an den Tisch und er fing an zu erzählen.

Er fragte mich, ob ich es als normal empfinden würde, wenn ich für die vielen Stunden, die ich arbeiten würde, keine Bezahlung bekäme. Geschweige denn irgendeine Vergütung für meine Fahrfkosten, den Aufwand der letzten Monate oder Geld für das Programmieren. Es könnte doch nicht sein, dass ich alles was ich für den Produzenten erledigte, kostenlos machte. Eigentlich hätte er das Depeche Mode Cover gerne mit mir alleine gemacht, allerdings ginge das nicht, da ich einen Vertrag bei dem Produzenten hatte. Somit wird das Lied nun bei einer Plattenfirma veröffentlicht, die ihm als Produzenten erwähnt, wobei ich doch fast alles gemacht hatte. Zudem bekäme er noch Geld von der Plattenfirma für die Produktion.

Es könnte nicht sein dass ich alles mache ohne etwas dafür zu bekommen und ich müsste meine Einstellung diesbezüglich unbedingt ändern, da ich sonst niemals auf eigenen musikalischen Füssen stehen könnte. Ich hätte damals einen Vertag unterschrieben, der klar zu meinem Nachteil wäre und es sich wohl leider in den nächsten Jahren auch nicht ändern würde, bis dieser Vertrag ausläuft. Allerdings sollte ich wenigstens etwas dafür verlangen, was ich für ihn täte. Ich sollte mir das was er mir gesagt hatte nun durch den Kopf gehen lassen und mal eine Zeit darüber nachdenken. Ebenso sollte ich mal mit meiner Familie darüber reden und sie einfach fragen, wie ihre Meinung dazu ist und wie sie das sehen würden. Ich weiß nicht mehr, was ich in diesem Moment sagte, ich weiß nur, dass ich ihn wohl ziemlich ungläubig angeschaut habe. Ich konnte in diesem Moment einfach nichts sagen, da ich wusste, dass er Recht hatte. Ich weiß noch genau, wie er mich damals anschaute und zu mir sagte, dass er mir nichts böses wolle, wenn er mir so etwas sagte.

Ich habe damals gewollt, dass er mein Management machte und das tat er nun. Das was die letzten Monate abliefe, ginge in keiner Weise, meinte er. Ich sagte damals nur, „du hast Recht" und war ziemlich verstört. Ich verabschiedete mich von ihm und sagte,

dass ich das alles erstmal sacken lassen müsse und ich mich bald wieder bei ihm melden würde, wenn ich alles geordnet hätte, da ich nun ziemlich durcheinander wäre. Als wir uns voneinander verabschiedet hatten, saß ich noch eine Zeit lang bei mir zuhause und dachte über vieles nach. Ich ließ die letzten Monate und Momente noch einmal an mir vorbeiziehen. Allerdings ließ mich ein Satz nicht mehr los: Der Vertrag ist klar zu meinem Nachteil! Alles was ich machte, gehörte nicht mir. Jedes Lied, Jeder Remix. Einfach alles.

Was in aller Welt hatte ich da unterschrieben? Mir wurde klar, dass ich wohl Grant damals nicht so hätte drängen sollen, den Vertrag unterschreiben zu wollen. Dieser hatte mir oft genug gesagt, dass das immer etwas dauert. Allerdings war es mir damals unwichtig, denn ich wollte um jeden Preis mit ihm arbeiten. An diesem Abend bin ich im Grunde aus meiner Phantasiewelt aufgewacht und schlug recht hart auf den Boden der Tatsachen auf. I

Ich hatte meine Kreativität und meine Seele verkauft um einen Plattenvertrag zu bekommen. Alles was ich nun musikalisch machte, lag in der Hand eines Anderen. Er allein konnte entscheiden, was aus meinen Liedern würde und nicht ich. Ich dachte damals noch lange darüber nach, was werden und ich als nächstes tun solle.

Die Maske fällt

Am nächsten Morgen machte ich mich auf en Weg zum Produzenten und als ich dort war, erzählte ich ihm von meinen Gedanken. Ich sagte ihm, dass ich in Zukunft nicht immer alles kostenlos machen könnte und für den „Dream on" Remix müsste ich auch etwas für meine geleistete Vorarbeit bekommen.

Er schien recht überrascht und wusste damals erst nicht, wie er reagieren sollte. Er meinte nur, dass er sich nun in Zukunft im Vorfeld überlegen würde, ob er bestimmte musikalische Projekte mit mir machte oder jemand anderen suchen sollte. Ich erwiderte, dass das für mich in Ordnung wäre.

Ebenso sagte ich ihm, dass nun bitte alle musikalischen Deals über mein Management laufen sollten, woraufhin er ziemlich ernst schaute und meinte, das er keine Lust hätte, im Vorfeld zu verhandeln bevor wir etwas Musikalisches machten. Wenn ich dies so wollte, wäre es meine Entscheidung. Ich merkte bei diesem Gespräch, das er alles nachvollziehen konnte, was ich ihm sagte, er es aber nicht verstehen wollte, da es für ihn plötzlich lediglich Nachteile hatte.

Er verhielt sich in diesem Moment wie ein großes Baby, dem man seine Schäufelchen weggenommen hatte und er reagierte mit Trotz und Wut. Er meinte, er würde sich das alles mal durch den Kopf gehen lassen und mir dann sagen, wie er sich das dann in Zukunft vorstellt. Auf dem Nachhauseweg rief ich Markus an und sagte ihm, dass ich nun alles geschäftliche über ihn laufen lassen möchte. Wir redeten noch einige Zeit darüber und waren beide gespannt, was nun dabei herauskäme. Kurze Zeit später rief der Produzent mich an und sagte mir, dass er mir für „Dream on" eine prozentuale Beteiligung geben würde, woraufhin ich ihn fragte, ob er das mit Markus schon besprochen hätte, was er wiederum verneinte. Das könnten wir doch auch unter uns machen, meinte er. Ich bat ihn die Abwicklung bitte über Markus zu machen, schließlich sei er mein Management.

Ich merkte am Telefonhörer, das ihm das in keiner Weise passte. In den nächsten Stunden klingelte dauernd das Telefon bei mir. Markus informierte mich darüber, das er nun ein Angebot bekommen hat, was er nicht sonderlich gut fände. Die prozentuale Beteiligung sei völlig indiskutabel. Sie seien noch auf keinen Nenner gekommen und er würde mich auf dem laufenden halten. Allerdings wehrte sich der Produzent mit Händen und Füssen dagegen mir etwas für meine geleistete Arbeit zu geben.

Mir qualmte zu diesem Zeitpunkt der Kopf und ich merkte, das da einiges im Argen lag. Ich merkte, dass er lediglich mit mir zusammengearbeitet hatte, weil ich es kostenlos tat und es einfach gewesen war mich nicht gerade zu übervorteilen. Bei meinem Management sah es da schon etwas anders aus. An diesem Tag, klingelte das Telefon nicht mehr. Scheinbar war etwas Ruhe eingekehrt. Scheinbar! Am Abend rief mich der Produzent an und meinte er habe etwas vor, wodurch ich einen großen Vorteil haben würde. Er würde eine Remix von ein* bekannten Band machen können und er würde dieses gerne mit mir zusammen machen. Allerdings müsste das unter uns bleiben und dürfte nicht über das Management laufen. Ich sagte ihm, daß ich das nicht will und er sich damit bitte an Markus wenden sollte. Ebenso fand ich es in keiner Weise korrekt, dass er nun versucht schon wieder mein Management zu übergehen. Danach war Stille am anderen Ende. Was nun folgen sollte, war der impulsivste Ausbruch an Emotionen, den ich bis heute erlebt habe. Der Produzent rastete reglerecht aus. Es ist schwer in Worte zu fassen und zu beschreiben. Man könnte es als einen verbalen Vulkanausbruch beschreiben. Er fing an zu schreien, was mir einfallen würde und ob ich vergessen hätte, wer er wäre und was ich mir einbilden würde so mit ihm zu reden. Es gebe Millionen von Künstlern, die gerne mit ihm zusammenarbeiten würden und das ich doch letztendlich nur ein unbedeutender kleiner Sänger wäre und ich sollte vorsichtig sein mit dem was ich zu ihm sagte. Ich stand zu hause und schaute nur den Telefonhörer an. Er baute sich am Telefon immer weiter auf und schrie die ganze Zeit. Sein schreien schlug irgendwann in eine zittrige Stimme um, die anfing zu jammern. Ich verstand zu diesem Zeitpunkt kein Wort mehr. Ich kam mir vor, als wenn der am anderen Ende der Leitung in einer fremden Sprache mit mir redete, die ich nicht verstehen konnte. Ich wartete, bis er sich wieder etwas beruhigt hatte und eine Pause machen musste, um auch mal wieder Luft zu holen.

Ich wunderte mich in diesem Moment, wie ruhig ich war. Ich sagte nur zu ihm, dass er bitte über alles nachdenken sollte und es besser sein jetzt erst einmal aufzulegen. Das tat ich dann auch in der Folge, um direkt Markus anzurufen und ihm von dem gerade Erlebten zu erzählen, damit er auch Bescheid wusste. Er konnte genauso wie ich kaum glauben, dass das gerade wirklich passiert war.

An diesem Abend klingelte das Telefon dann nicht mehr. Ich dachte darüber nach, was nun werden sollte. Schließlich wusste ich, dass der Produzent nun eine Höllenwut auf mich hatte. Trotzdem hatte ich mit ihm einen Vertrag, der ziemlich zu meinem Nachteil war.

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Ich bekam in diesem Moment Angst, dass es das nun gewesen sei und das er mich nun absichtlich auflaufen lassen würde, um es mir heimzuzahlen, dass ich mich erdreistet hatte nicht das zu tun, was er will. Allerdings war alles besser als die jetzige Situation, dachte ich mir.

Selbst wenn die nächste Zeit nun völlig unsicher werden würde, war der jetzige Zustand nicht tragbar für mich und ich ärgerte mich darüber, dass ich mich so hatte ausnutzen lassen.

Ein kleines Wunder

Ich entschied mich am nächsten morgen Markus anzurufen und mit ihm zu besprechen, was nun passieren sollte. Er hatte mit dem Produzenten auch nicht mehr gesprochen, seitdem dieser am Telefon ausgerastet war.

Wir redeten ziemlich lange über die gesamte Situation und ich sagte ihm, dass ich am liebsten aus dem Vertrag mit dem Produzenten raus wollte. Je weniger ich mit ihm zu tun hatte, umso besser fühlte ich mich. Ich hatte einfach das Gefühl, nicht mehr Herr der Lage zu sein und wollte das umgehend zu meinem Wohl ändern. Er meinte, dass das mit Sicherheit die beste Entscheidung wäre, allerdings wäre es nicht gerade einfach, da der Produzent am längeren Hebel säße.

Schlussendlich ginge es Ihm, wie so vielen in dieser Branche, in erster Linie ums Geld. Unheilig hatte zu diesem Zeitpunkt im Grunde keine Plattenfirma mehr, da diese nicht mehr existierte und somit lagen alle Rechte wieder bei dem Produzenten. Er konnte mit Unheilig machen, was er wollte, hätte aber auch keine momentane Einnahmemöglichkeit, weil keine Plattenfirma da war. Es wäre jetzt der richtige Moment, Ihm ein Angebt zu machen, um wieder frei arbeiten zu können. Markus und ich einigten und darauf, das er sich nun mit dem Produzenten in Verbindung setzen und die Punkte in Ruhe mit ihm besprechen sollte.

An diesem Tag wartete ich im Grunde nur noch darauf, das nun das Telefon klingelte und ich erfuhr, ob es eine neue Nachricht geben würde. Irgendwann klingelte das Telefon und Markus erzählte mir, dass er mit dem Produzenten gesprochen hatte. Er hätte sich wohl wieder beruhigt und hatte auch schon damit gerechnet, dass er sich nun bei ihm melden würde.

Allerdings will ich mich in diesem Kapitel nicht über irgendwelche vertraglichen oder finanziellen Gegebenheiten auslassen. Dieses alles nun hier aufzuschreiben würde ins unermessliche Führen und ich würde nur noch prozentuale Beteiligungen und jede menge Vertragliche Eskapaden ausführen und davor möchte ich wirklich jeden Leser bewahren. Klar war zur damaligen Zeit, dass es wie immer letztendlich ums Geld ging. Für die Auflösung des Vertrages ging es nun darum eine finanzielle Lösung zu finden. Der Produzent hatte da recht klare Vorstellungen. Er würde noch weitere fünf Lieder für das neue Album produzieren und bekäme in der Folge eine Summe, mit der man sich getrost einen Neuwagen im gehobenen Preissegment kaufen könnte. Als ich den geforderten Betrag gehört hatte, bin ich fast ohnmächtig geworden!

Wie in aller Welt sollte ich eine solche Summe aufbringen? Markus meinte, dass er nun erst einmal mit Ollie sprechen müsste und er sich dann wieder bei mir melden würde. Vielleicht gäbe es eine Lösung, meinte er. Ich weiß noch wie heute, dass ich mich nach diesem Telefonat unglaublich aufregte. Ich zog mir die Sportklamotten an und ging erst einmal eine Runde im Wald joggen. Dabei ging mir alles nochmals durch den Kopf und ich wurde immer wütender, je mehr ich daran dachte. Ich fühlte mich unfair behandelt. All die Arbeit und die Tage und Nächte, die ich ohne irgendetwas zu verlangen gearbeitet hatte, zählten plötzlich nicht mehr. Es ging nur darum, möglichst viel Profit aus allem herauszuschlagen und eine Freundschaft schien es nie wirklich gegeben zu haben. Jedenfalls nicht beidseitig! Ich sah immer nur diese riesige Summe vor mir, die ich nun zahlen sollte und fragte mich, wie ich aus der ganzen Sache jemals wieder rauskommen konnte. Nachdem ich nun Kilometer um Kilometer abgespult hatte und irgendwann völlig fertig zuhause angekommen war, ging es mir damals schon etwas besser.

Auf meinem Anrufbeantworter war eine Meldung von Markus, der mich bat umgehend zurück zu rufen.

Ich rief ihn direkt an und er meinte, dass wir uns am besten in Ruhe treffen sollten, um die Situation zu besprechen. Er habe eine Idee, die er mir vorstellen wollte. Ich stimmte sofort zu und am nächsten Tag machte ich mich auf ins Münsterland, um Markus zu treffen. Ich war ziemlich gespannt, was er mir nun erzählen würde, schließlich war die ganze Situation für mich eher unlösbar. Aber scheinbar gab es eine Lösung, die ich nun erfahren sollte.

Dort angekommen fing Markus an von seiner Idee zu erzählen. Er meinte, er habe mit Ollie alles durchgesprochen und die beste Lösung wäre, wenn wir drei die Dinge nun selber in die Hand nehmen würden und mich aus dem Künstlervertrag herauskauften. Sie würden mir das Geld, welches dazu notwendig war vorstrecken und ich könnte es mit meinen zukünftigen Einnahmen wieder zurückzahlen. Ich weiß noch wie heute, dass ich im ersten Moment nichts sagen konnte. Ich fragte nur, warum sie das machen wollten, worauf er wiederum sagte, dass sie an die Musik und mich glauben würden und felsenfest davon überzeugt wären, eine Zukunft in mir zu sehen. Ehrlich gesagt, war ich ziemlich sprachlos. Ich schaute ihn wohl nur ungläubig an, denn das was er sagte, tat mit so unendlich gut. Ich fragte ihn noch, wie sie beide das ganze Geld denn aufbringen könnten, worauf er sagte, dass sie das schon hinkriegen würden. Sie würden einen Kredit aufnehmen und so würde schon das meiste davon zusammenkommen. Den Rest schaffen wir auch noch, sagte er. Es war ein unglaublich schöner Moment.

Da saß jemand vor mir, der bereit war, im Grunde alles was er hat, in mich zu investieren, weil er an mich glaubt, mit dem Risiko selber alles verlieren zu können. Hierbei ist nochmals anzumerken, dass es damals nicht um „Kleingeld" ging, sondern um eine Summe, die ich niemals hätte aufbringen können.

Ich sagte ihm, dass ich das toll finden würde, allerdings nicht wüsste, ob ich das annehmen könnte, woraufhin er meinte, ich sollte es mir in Ruhe überlegen. Er würde es an meiner Stelle machen. Beide hätten sich das gut überlegt und würden voll und ganz dahinter stehen. Wir verabschiedeten uns damals und ich sagte noch zu ihm, dass ich in aller Ruhe noch einmal darüber nachdenken mußte und mich wieder bei ihm melden würde, was er durchaus verstehen konnte. Auf dem Heimweg dachte ich die ganze Zeit über dieses Angebot nach. Ich könnt«'' es immer noch nicht fassen. Allerdings merkte ich auch, wenn ich darauf eingehen würde, dass es eine unglaubliche Verantwortung für mich wäre und ich musste mit nun klar werden, ob ich bereit dafür war, diesen Schritt zu machen.

Bruder

Am nächsten Tag entschied ich mich dazu aufidas Angebot einzugehen und daraufhin fing Markus an mit dem Produzenten zu verhandeln. Ich entschied mich die ganze Situation meiner Familie zu erklären und hoffte, dass sie mir trotz der monatlichen Unterstützung vielleicht noch ein wenig mehr zusteuern könnten, damit wir die gesamte Summe die nötig war, um mich aus dem Vertrag herauszukaufen, zusammen bekommen konnten. Ich weiß noch genau, wie es damals war. Es war eines dieser Familienfeste, wo alle da waren und sich in aller Ruhe unterhielten. Bei diesen Anlässen erzählt man sich immer alles, was bei jedem einzelnen gerade so abläuft. Beruflich wie Privat. Einfach ein schönes geselliges Zusammentreffen. Ich saß am Anfang nur dabei und alle unterhielten sich. Es ging bis dahin um nichts Bestimmtes.

Irgendwann fasste ich all meinen Mut zusammen und fing an mit den Worten, „ich muss Euch etwas erzählen und brauche Euren Rat und Hilfe". In diesem Moment waren alle still und schauten mich an. Wir saßen im vertrauten Familienkreis zusammen und alle hörten mir zu. Ich erzählte von der Situation, in die ich mich durch meinen Künstlervertrag gebracht hatte und das ich nun dort heraus wollte, dies allerdings nicht so einfach war.

Ebenso berichtete ich von dem unglaublichen Angebot, welches mir Markus und Ollie gemacht hatten und das ich darauf eingehen wollte. Allerdings brauchten wir noch etwas mehr Geld, damit wir die komplette Summe zusammenkriegen. Als ich fertig war, war erst einmal Stille im Raum und meine Familie schaute mich ziemlich sorgenvoll an.

Nach zwei Sekunden stand mein Bruder dann plötzlich auf und sagte mir, dass es kein Problem wäre. Er habe einiges gespart und das würde er mir geben und wen ich es irgendwann einmal könnte, sollte ich es ihm zurückzahlen. Ich schaute ihn in dem Moment nur mit großen Augen an und war sprachlos. Er wiederum sagte nur, „guck >' nicht so, du bist mein Bruder und ich glaube an dich." Er zückte einen Scheck, schrieb eine Summe drauf und gab ihn mir.

Ich wusste, dass mein Bruder beruflich recht erfolgreich war, allerdings wusste ich auch, dass er nicht Rockefeiler war und schaute immer noch wie ein Auto. Als ich dann die Summe sah, sagte ich ihm, das ich das nicht annehmen könnte, worauf er erwiderte, „doch kannst du und ich wäre enttäuscht wenn du es nicht tun würdest." Ich bedankte mich bei ihm und alle die da waren klatschten.

Es war ein schöner Moment und ich war zu Tränen gerührt. „Schön eine Familie zu haben", sagte ich „und noch schöner einen großen Bruder zu haben". Wir umarmten uns und ich bedankte mich nochmals. Er meinte nur, „dank mir nicht - mach was draus."

Ich wusste, dass es nun in greifbarer Näher war mit Markus und Ollie einen Neuanfang zu wagen und mich aus dem Vertrag, den ich bei dem Produzenten hatte, herauszukaufen. Die Freude darüber war sehr groß, die Verantwortung allen Personen gegenüber allerdings noch größer. Ich wusste, das dies die einzige Möglichkeit war, meine musikalische Freiheit wieder zurück zu erlangen, auch wenn der Druck dann umso großer für mich wäre. An diesem Tag saßen wir alle noch zusammen. Den Moment, in dem mein Bruder einfach aufstand und mir seine Unterstützung zusagte, werde ich nie vergessen. Damals wusste ich nicht, wie ich es ihm danken sollte. Heute weiß ich, dass ich ihm später das Lied Bruder widmen würde, welches von diesem einen Moment an diesem besonderen Tag handeln würde. Er stand damals auf und wusste was zählte.

Die Holländer

In den darauf folgenden Tagen fing alles langsam an in Bewegung zu geraten. Wir schmissen im Grunde alles was wir hatten zusammen in einen Topf und Markus schaffte es, den vorhandenen Künstlerertrag aufzulösen. Der Produzent wollte allerdings trotz alledem noch 5 Titel des neuen Albums produzieren, was ich auch nicht schlimm fand.

Wann nun die letztendliche Produktion losgehen sollte, stand aber noch nicht fest. Markus und ich unterhielten uns in der Folge darüber, wie Unheilig nun Live aussehen sollte.

Wir entschieden uns zu versuchen eine Liveband mit einzubeziehen und wollten wissen, wie Unheilig wohl klingen würde, wenn die Musik von einer kompletten Band gespielt würde. Wir hatten die Möglichkeit auf dem Wave Gothic Treffen 2001 zu spielen und wollten diesen Auftritt dazu nutzen Unheilig auch Live auf den richtigen Weg zubringen.

Der Livemensch gehörte inzwischen der Vergangenheit an und wir nahmen Kontakt zu dem Gitarristen auf, der schon die ersten beiden Auftritte mit mir bestritten hatte. Ich erinnerte mich an den Videodreh in den Katakomben und wir fragten seine Band, ob sie nicht Lust dazu hätten. Markus brachte noch einen Keyboarder mit ins Spiel, den er wiederum über zehn andere Ecken kannte.

Somit trafen wir uns alle mit den ganzen Musikern. Im Grunde eine richtige Band. Da gab es einen Schlagzeuger, Gitarristen, Bassisten, Keyboarder und meine Wenigkeit. Ebenso hatte die Band einen Tourbus und jemanden, der alles für sie organisierte. All das boten sie uns nun an für Unheilig zu nutzen. Wir machten die Vereinbarung, dass alle Einnahmen unter allen Beteiligten aufgeteilt würden.

Zu diesem Zeitpunkt gab es jedoch keine Einnahmen, weshalb alle sich einigten, bis dahin unentgeltlich zu arbeiten bis Unheilig Erfolg haben würde. Ich war davon begeistert und somit fingen die ersten Proben in dem Proberaum der Band an. Dieser befand sich nicht weit weg von meinem Zuhause, daher war es ebenso perfekt. Es war das erste Mal, dass ich eine Probe mit einer Band hatte. So etwas hatte ich vorher noch nie gemacht.

Bisher war die Musik anhand von Samplern und MD-Playern wiedergegeben worden und ich habe dazu live gesungen. Jetzt wurde alles von echten Musikern gespielt. Allerdings hatte das auch wiederum seinen Preis. Die Musik klang anders als ich es gewohnt war. Die Elektronik ging durch das nun vorhandene Liveschlagzeug im Rhythmusbereich fast völlig verloren und klang somit nicht mehr so, wie ich es gewohnt war. Allerdings wollte ich es versuchen. Vielleicht war dies nun doch der richtige Weg, da mir das Arbeiten mit ihnen recht viel Spiß bereitete.

In den darauffolgenden Wochen, wurden alle Lieder, die wir in Zukunft spielen wollten neu arrangiert. Es war ein sehr großer Unterschied zu den bisherigen Liedern und somit musste alles neu gemacht werden. Das wiederum klappte gut, dauerte aber auch seine Zeit. Es war zwar anders, allerdings fand ich es gut und somit arbeiteten wir alle gemeinsam weiter daran, bis der nächste Auftritt kommen konnte. Mir gefiel es, wie sie sich untereinander organisierten und alles in Ruhe regelten. Die fehlende Gegenwart unseres ehemaligen Livemenschen war eine Wohltat für mich und ich genoss diese Zeit. Allerdings hatte die Band auch schon ein paar Angewohnheiten, die ich nicht so prickelnd fand.

Nachdem einige Stunden geprobt worden waren, war es für sie völlig normal um die Mittagszeit ein paar Flaschen Bier oder anderes härteres Zeug zu sich zu nehmen. Ich, der nun überhaupt keinen Alkohol trank, konnte das nun wiederum in keiner Weise nachvollziehen.

Ich habe eher eine Abneigung gegen alles Alkoholische, da ich oft genug gesehen habe, was das Zeug aus einem Menschen machen kann und meide ihn daher so oft es geht. Es gibt für mich kaum etwas schlimmeres, als lallende angetrunkene Menschen, die mit glasigem Blick vor mir stehen und mir etwas erzählen wollen, wobei ich in diesem Moment genau weiß, dass sie es am nächsten Tag vergessen haben. Von der säuerlichen Fahne, die einem da entgegenweht, ganz zu schweigen. Allerdings beschäftigte ich mich damit auch nicht weiter, schließlich waren sie alle alt genug und so lange sie alles auf die Reihe bekamen, sollte es mir wohl egal sein, schließlich konnten sie nichts dafür, dass ich persönlich ein Problem damit habe. Irgendwann machten wir uns in unserem Bandbulli, der bis oben gefüllt war mit Equipment, dann auf den Weg zum WGT. Wir packten alles rein, was wir an Material brauchen konnten und die Reise ging los.

Dieser Bulli hatte keine Fenster, da er eher zum beladen gedacht war und nicht, um Passagiere zu transportieren. Auf der Ladefläche waren somit einfach ein paar alte Fliegersitze am Boden festgeschraubt worden und das Innere war mit Schaumstoff abgeklebt worden. Licht kam in das Ding lediglich vom Frontfenster und von der Heckscheibe.

Das war aber kein Hinderungsgrund, von einem Ort zum nächsten zu kommen. Wir hätten damals eher ein Problem mit unserer Ladungssicherung bekommen, wenn es zu einem Unfall gekommen wäre. Das war in den Augen der Insassen aber eher nebensächlich. So saßen wir in einem dunklen Bus mit voll aufgedrehter Musik und alle außer mir und dem Fahrer, zogen sich ab und an schon ein paar Flaschen Bier rein.

In Leipzig angekommen, trudelten wir pünktlich in der Moritzbastei ein, wo unser Auftritt stattfand und alle begannen mit dem Aufbau der Instrumente. Da sich die Band nun recht lange kannte, waren sie ein eingespieltes Team und jeder wusste, was er zu tun hatte und alles lief richtig gut. Diesmal war ich allerdings überaus nervös und bekam zum allerersten Mal vor einem Auftritt richtiges Lampenfieber. Ich hatte das Gefühl, dass nun alles von mir abhängt und hatte Angst, dass vielleicht kaum jemand käme, um den Auftritt zu sehen. Das ganze vorherige Durcheinander und die in meinen Augen völlig missglückte Veröffentlichung von Phosphor waren nicht gerade beruhigend für mich. Markus und Ollie kamen im Laufe des Abends noch zu uns und meinten, das die Moritzbastei komplett voll werden würde. Das beruhigte mich vorerst, danach machte es mich allerdings noch nervöser und ich bekam Angst irgendetwas falsch zu machen. Nach ewiger Warterei, war es dann soweit und der Auftritt konnte losgehen. Alles lief gut und ich erinnere mich heute noch gerne an diesen Auftritt.

Dort hatte ich zum ersten Mal das Gefühl auf der Bühne, so wie ich es heute auch noch habe. Ich schaltete meinen Kopf aus und machte einfach das, was die Musik mir sagte. Das Publikum klatschte und war begeistert von dem, was passierte. Zum Ende hin mussten wir sogar eine Zugabe spielen, womit keiner von uns gerechnet hatte. Einer der schönsten Momente war nach dem Auftritt, als ich in den Backstage ging und Markus und Ollie grinsend da standen. Ich lachte ebenfalls und wir umarmten uns und sie meinte zu mir, dass ich das toll gemacht hätte. Ich war ebenso begeistert von dem Auftritt und ich strahlte über beide Ohren. Da es an diesem Abend keine Autogrammstunde mehr gab, konnten wir den Abend in aller Ruhe ausklingen lassen. Heute weiß ich, dass dieser Auftritt einer er schönsten in meinem Leben war. Er war zu diesem Zeitpunkt wichtig für mich, da ich im Grunde erst hier gemerkt habe, wie sehr ich das Gefühl auf der Bühne zu stehen und den Applaus des Publikums brauchte.

Zillo Festival 2001

In den drauffolgenden Tagen traten wir noch auf dem Zillo Festival 2001 auf, welches aufgrund des damaligen Wetters, weniger attraktiv war, allerdings für uns doch eine weiteres Highlight als Band darstellte.

Wie immer machten wir uns in unserem Selbstmörderbandbus, wie wir in nannten, weil wahrscheinlich keiner von uns einen Unfall überleben würde, auf den Weg zu diesem Festival. Der Regen und die Kälte machten die Reise dorthin ziemlich ungemütlich. Da unser Bus hinten, wo wir alle saßen, keine Heizung hatte, sondern lediglich vorne, froren wir alle ziemlich und waren froh endlich in der Nähe des Geländes anzukommen.

Alle außer dem Fahrer und mir, waren wieder fröhlich am „Feiern". Dort angekommen kamen wir in eine Polizeikontrolle, somit mussten wir anhalten und alle aussteigen. Als dann beim Öffnen des Transportraumes Bierflaschen und andere alkoholische Fläschchen rauskullerten, waren die Polizisten nicht gerade erfreut darüber und checkten uns somit alle. Wir mussten alle unsere Papiere rauskramen und jeder von uns wurde überprüft, was mir ziemlich unangenehm war. Ich merkte, dass wir alle über einen Kamm geschert wurden, auch wenn ich nichts getrunken hatte, sah es doch für die Polizei so aus. Ich kam mir vor wie ein Penner unter Pennern, der eine neue Wohnung suchte. Der Bus muss wie eine Kneipe gestunken haben und ich empfand es als ein kleines Wunder, dass sie uns wieder fahren ließen. Als dann alles vorbei war, sagte ich zu Allen, dass es so nicht weitergehen könnte und die Sauferei nicht ginge, worauf ich ein eher leises Gelächter erntete. Sie erwiderten mit den Worten, „... ey, das ist Rock 'n' Rolf'. Ich meinte noch, das ich das aber nicht will, worauf sie mir sagten ich sollte mich nicht so anstellen, schließlich machten sie das hier umsonst und ich sollte es nicht so eng sehen.

Ich entschied mich die Füße still zu halten und nichts mehr zu sagen und das Thema zu verschieben, weil ich nun nur noch an den Auftritt dachte. Ich merkte, dass meine Worte nicht gerade zur guten Stimmung beitrugen. Da der Auftritt am nächsten Morgen stattfand, checkten wir erst einmal im Hotel ein und trafen uns im Foyer des Hotels, wo scheinbar alle Bands waren. Es war ein geselliges Beisammensein an diesem Abend. Damit ich am nächsten Tag fit für den Auftritt war, ging ich recht früh ins Bett, wobei die anderen noch dort blieben. Ich weiß noch, dass ich irgendwann mitten in der Nacht wach wurde, weil ein Getöse auf dem Hotelflur zu hören war. Jemand schien lautstark sein Zimmer zu suchen und polterte wohl den ganzen Flur entlang bis er es endüch gefunden hatte. Danach war wieder Stille und ich schlief wider ein. Am Morgen erfuhr ich, dass wohl einer meiner Band am Abend ziemlichen Rabatz gemacht hatte und die Bar völlig betrunken nicht mehr verlassen wollte. Daraufhin sei die Polizei gerufen worden, welche ihn dann laut schreiend und kreischend zum Hotelzimmer gebracht hatte. Irgendwann wäre er dann still gewesen und glücklicherweise würde das Hotel nun auf eine Anzeige verzichten.

Ich weiß noch, dass das alle anderen recht lustig fanden, ich allerdings nicht. Als er dann auch zum Frühstück kam, sah ich, dass er immer noch einen im Tee hatte und das ebenso witzig wie alle anderen fand. Er kam mit aufgesetzter Sonnenbrille an den Tisch und grinste mit einem Gesichtsausdruck, als wenn ein Jäger mit erlegtem Wild nach Hause gekommen wäre.

Ich schämte mich einfach nur und sagte zu allen, das ich das nicht weiter mitmachte. Schließlich werfe das nicht gerade ein gutes Licht auf Unheilig. Ich fände so etwas völlig unprofessionell. Wenn ich zur Arbeit ginge, könnte ich mich auch nicht besaufen und das man in diesem Zustand eine gute Show ablieferte, konnte ich mir auch nicht vorstellen.

Ebenso wollte ich nicht den Ruf bekommen, dass die von Unheilig immer alle angetrunken sind und im Hotel randalieren. Die anderen meinten nur, ich sollte mich nicht so aufregen. Ich hätte schon Recht, aber trotzdem schmunzelten sie doch dabei. Er entschuldigte sich und meinte er bekäme den Auftritt schon hin und ich sollte mir keine Sorgen machen.

Als dann der Auftritt kam, lief glücklicherweise alles sehr gut. Alle spielten eine gute Show und bis auf das Wetter lief alles perfekt. Selbst unser angetrunkenes Bandmitglied bekam alles auf die Reihe. Nach wahrscheinlich sechs Kannen Kaffee war er wieder verhältnismäßig nüchtern geworden. Ich allerdings war immer noch sauer. Ich machte mir die ganze Zeit nur Sorgen, ob er nicht umfallen oder sich verspielen würde. Nachdem der Auftritt vorbei war, sprach ich das noch einmal an und alle meinten, dass dies nicht mehr vorkommen würde. Ich nahm sie alle beim Wort und vergaß die ganze Geschichte somit.

Bis auf diese Geschichte lief damals alles ziemlich gut. Unheilig kam in dieser Konstellation auch bei den Konzerten sehr gut an und es gefiel mir, das alle Instrumente live waren und nichts mit Samplern ablief.

Der Sound war halt anders als ich es gewohnt war aber damals gefiel es mir. Zu dieser Zeit war ich mir ziemlich sicher, dass Unheilig in dieser Konstellation genau das Richtige war. Ich profitierte von den Liveerfahrungen der Band. Sie machten schon seit vielen Jahren miteinander Musik und jeder hatte seinen Part in der Band. Bis auf diesen einen Ausrutscher, war soweit alles in Ordnung. Für mich war es optimal. Ich konnte in Ruhe meine Lieder schreiben und sie setzten meine Ideen dann in Form einer Band um.

Somit plante ich auch mit ihnen für die Zukunft und es war für mich klar, dass Unheüig nun eine Band sein sollte und das nächste Album auch in dieser Konstellation produziert werden sollte.

Das 2. Gebot als Band

Wir entschieden uns das nächste Album, welches „Das 2. Gebot" heißen sollte, mit der kompletten Band aufzunehmen. Markus kontaktierte den Produzenten und sagte ihm, welche Lieder er nun produzieren sollte, da er wie vereinbart 5 Lieder produzieren wollte.

Ich entschied mich, das der Produzent nun die Titel Maschine, Gib mir mehr, Krieg der Engel, Mona Lisa und das Lied One on the dead, produzieren soUte.Ich weiß noch ziemlich genau, das es dem Produzenten nicht so recht in den Kram passte, das wir ihm nun sagen konnten, welche der Songs er machen musste. Das war mir allerdings ziemlich egal. Schließlich hatte er schon genug Vorteile durch Unheilig gehabt und daher war es mir gleich, was er nun dachte oder lieber gehabt hätte. Die Band und ich konzentrierten uns somit auf die Songs Eva, Zinnsoldat, Rache, Herzland, Mann im Mond, Sternenschiff und Damian. Diese Lieder wollten wir nun in aller Ruhe als Band produzieren. Die Band war ebenso bereit die Gitarren zu den Liedern beizusteuern, die der Produzent produzieren sollte, was mich einerseits wieder etwas ärgerte, da er nun wieder ohne einen Finger zu krümmen etwas geliefert bekam.

Andererseits war ich froh darüber, das somit alles gut produziert werden konnte. In den darauf folgenden Wochen wechselte ich von einem Studio ins andere. Ich sang die Lieder bei dem Produzenten ein und die Arbeit machte mir trotz der vorhergegangenen Querelen viel Spaß. Ging es hier zwar lediglich um einen Job, den der Produzent abliefern musste, war gerade das etwas, was der Musik gut tat. Ich konnte ihm genau sagen wie ich es haben wollte, da ich ihn dafür schließlich bezahlte. Bei der Band wiederum lief alles ebenso professionell ab, allerdings merkte ich auch, dass ein ziemlicher musikalischer Unterschied zwischen den Produktionen zu hören war.

Die Produktion des Produzenten war doch eher das was ich mir vorstellte, die Produktion der Band war mir eher etwas zu altmodisch. Dort fehlte mir im Grunde die Elektronik im Rhythmus und den Keyboards, was lediglich daran lag, das dies eine Band nicht erfüllen konnte.

Ich merkte, dass beides nicht wirklich zusammenpasste, wollte allerdings erst einmal abwarten, bis die ganzen Produktionen zu Ende waren und wir alle Lieder fertig hatten. Dann wollte ich mit Markus und Ollie entscheiden, was wir machen sollten. Die nächsten Wochen waren recht produktiv und es ging zügig vorwärts. Lied für Lied wurde fertig und „Das 2. Gebot" nahm immer mehr Gestalt an. Währen der Produktion stand das Wave Gothic Treffen an, worüber wir alle uns sehr freuten. War es doch eine gute Gelegenheit einmal wieder aus dem Studio herauszukommen, ebenso wie der Auftritt auf dem anstehenden Woodstage Festival. Beide Auftritte liefen wunderbar ab und brachten eine angenehme Abwechslung.

Allerdings merkte ich zu diesem Zeitpunkt, das die 3 Lieder, die der Produzent produzierte hatte nicht viel mit dem zu tun hatten, was wir Live machten. Das waren zwei völlig verschiedene Welten. Im Moment war das noch kein Problem, da noch niemand die anderen Versionen kannte.

Ich hingegen dachte allerdings schon daran, wie die Resonanz darauf sein würde, wenn das Publikum andere Lieder zu hören bekommt, als sie von der Platte her kennen. Ich entschied mich trotz meiner Bedenken erst einmal abzuwarten, bis letztendlich alle Lieder fertig waren.

Als dann nach ein paar Monaten alles soweit produziert war, war ich von dem Ergebnis recht begeistert. Der Unterschied der beiden Produktionen war mir allerdings immer noch bewusst. Ich dachte mir, daß „Das 2. Gebot" nun zwei Seiten zeigen würde, die elektronische und eine eher akustische, was ich letztendlich auch gar nicht so schlecht fand.

Das Jahr hatte damals noch einige Monate, allerdings legten Markus, Ollie und ich den VeröffenUichungstermin zum damaligen Zeitpunkt schon auf den 07.04.2003 fest Ich war damals überglücklich, denn es sollte die erste Unheilig Veröffentlichung werden, bei der ich ein wirklich gutes Gefühl hatte. Ich merkte, dass auf Markus und Ollie Verlass war.

Sie organisierten alles. Ob es das Artwork, die Pressung des Albums, Interviewtermine, Anzeigen oder sonst was wa£ Alles wurde bis ins kleinste Detail bearbeitet und somit lief alles im Vorfeld wunderbar ab.

Ich war ziemlich zuversichtlich, das nun alles wesentlich geordneter ablaufen würde, da wir nicht von anderen abhängig waren, die nur ständig Meetings abhielten bei denen letztendlich nichts herauskäme.

Das Frohe Fest

Zum damaligen Zeitpunkt war ich ziemlich begeistert, wie alles ablief. Ich hatte in allem ein sehr gutes Gefühl. Da nun auch die Produktionen bei dem Produzenten vorbei waren, war ich wie befreit.

Allerdings wusste ich auch von der Verantwortung, die ich gegenüber meiner Familie und Markus und Ollie hatte, da sie im Grunde alles was sie hatten in mich investierten. Wir tüftelten immer viele Ideen aus und redeten über alles, was man eventuell machen könnte. Wir sprachen fast täglich über die Musik und warfen alle Ideen immer zusammen.

So entstand hier das Artwork oder auch viele andere Ideen rund um Unheilig. Obwohl nun schon die Produktion von dem 2. Gebot fertig war schrieb ich noch weitere Lieder. Eines davon war Schutzengel. Dieses Lied spielte ich bei einer Probe der Band vor. Allerdings waren sie nicht sonderlich davon begeistert. Wir probierten diesen Song als Band umzusetzen, allerdings war das Ergebnis nicht gerade überzeugend. Ein typischer Song, der als Band nicht funktioniert meinten sie, was mich allerdings sehr ärgerte. Bei den Titeln „Jetzt noch nicht" oder „Bruder", den ich meinem Bruder widmen wollte, bestand das gleiche Problem. Als Demo von mir war es klasse, als Bandversion klang es seltsam und langweilig.

Allerdings hatte ich damals auch das Gefühl, das die Band nicht wirklich Lust und Freude daran hatte an neuen Liedern zu arbeiten. Es wurde sich lieber über die bisher fertigen Lieder unterhalten, was für mich allerdings in keiner Weise produktiv war. Allerdings fand ich die Lieder sehr gut und meinte das sie auf „Das 2. Gebot" gehörten, was die Band wiederum nicht so fand. Sie konnten damit nicht so wirklich etwas anfangen.

Bei diesem Thema gab es eine erste Unstimmigkeit zwischen der Band und mir. Ihre Meinung war mir wichtig, allerdings kamen wir hier nicht auf einen Nenner. In diesen Tagen hatte ich mit Markus die Idee bekannte Weihnachtslieder in ein neues musikalischen Gewand zu kleiden.

Die Idee entstand wie immer in unserem telefonischen Brainstorming, wo wir über nahezu alles redeten. Das Jahr hat noch zwei Monate dachte ich mir damals. „Das 2. Gebot" ist fertig, da kann ich doch noch etwas machen, zumal ich meine wieder gewonnene Freiheit Lieder zu schreiben richtig genoss.

Ich suchte mir im Internet die ganzen Lieder und Texte heraus und fing einfach an diese zu produzieren, was durchaus zügig von statten ging. Es machte Spaß, diese doch so alten Lieder nachzukomponieren und dann wiederum in ein anderes musikalisches Kleid zu packen.

Ebenso fand ich es unglaublich, welche Texte wir alle als Kinder so vor uns hergeträllert haben. Waren sie doch manchmal überhaupt nicht kinderfreundlich. Da ging es um Tod, Mord und Totschlag, was wir als Kinder unterm Weihnachtsbaum oder in der Kirche singen mussten.

Ich machte das gesamte Album „Frohes Fest" in einem Monat fertig und wir entschieden uns dieses nun noch im gleiche Jahr zu veröffentlichen. Ebenso sollten einige Auftritte zu Weihnachten bezüglich des Albums stattfinden. Ich spielte der Band die Lieder vom Frohen Fest vor und war ziemlich enttäuscht von deren Reaktion. Auch hier befassten sie sich wieder lieber mit dem 2. Gebot als mit den neuen Songs. Die Weihnachtslieder nun wieder als Band zu gestalten, weil ich die Lieder in meinem Studio mit viel Elektronik gemacht hatte, war wohl etwas, wozu sie nicht wirklich Lust zu hatten. Sie spielten lieber zum hunderttausendsten mal andere Lieder. Die Band hatte zwar Lust zu Weihnachten ein paar Auftritte zu machen. Allerdings wollten sie die Weihnachtslieder nicht spielen. Sie meinten, die seien nicht cool genug. Ich ärgerte mich damals ziemlich darüber, dass ich immer in diesen Punkten überstimmt wurde. Fakt war, dass es neue Lieder gab, wie Schutzengel und Bruder, die ich unbedingt auf dem 2. Gebot haben wollte, was sie wiederum nicht wollten, da sie diese Lieder nicht als Band so umgestalten könnten, das sie wirklich gut würden und nun wollten sie die Weihnachtslieder Live auch nicht spielen. Dieses Gezicke ging mir damals ziemlich auf die Nerven. Ich redete mit Markus und Ollie darüber und wir entschieden dann, das es so gemacht würde, wie wir es entscheiden hatten und wir uns auf keine weitere Diskussionen einlassen wollten. Das stieß damals bei allen auf ziemliche Gegenwehr. Allerdings stimmten sie irgendwann zu. Die Proben der Weihnachtslieder gingen somit zwar von statten, allerdings nicht gerade sehr produktiv. Wir bekamen lediglich drei Stücke hin. Zu dieser Zeit fingen sie wieder an, sich um die Mittagszeit Bier und anderes zu genehmigen, was die Proben nicht gerade einfacher machte. Das lockerte die Zunge und es flogen immer wieder kluge Sprüche durch den Raum in denen sie sich ziemlich abwertend über unser Vorgehen äußerten, um es mal gelinde auszudrücken.

Trotzdem schafften wir es ein paar Weihnachtslieder als Band für die Liveauftritte zu arrangieren. Als dann nun der Veröffentlichungstermin von „Frohes Fest" gekommen war, kamen nicht gerade positiven Reaktionen auf das Album. Kurz gesagt, das „Frohe Fest" wurde von der Presse völlig verrissen. Es gab wirklich keine einzige positive Rezension. Allerdings gab es viele gute Einträge seitens der Fans auf den Unheilig Internetseiten.

Allerdings war es das auch. Für die Band war das ein willkommenerer Grund sich wieder darüber auszulassen, diese Lieder Live nicht spielen zu wollen. Ich teilte ihre Meinung weiterhin nicht. Allerdings konnte ich sie auch nicht zwingen. Ich bat sie nun darum, mir diesen Wusch doch zu erfüllen, worauf sie sich dann auch nach langem hin und her einließen.

Somit machten wir uns auf den Weg zu den Weihnachtsauftritten, ohne allerdings viele Weihnachtlieder zu spielen. Es waren nur drei Lieder, die sie spielen wollten. Der Rest des Weihnachtssets bestand aus den Liedern, die auf „Das 2.Gebot" kommen sollten, was ich in keiner Weise toll fand.

Weihnachtsauftritte

Die Reise zu den Weihnachtskonzerten ging wie immer in den frühen Morgenstunden los. Die erste Fahrt sollte nach Lübeck gehen. Pünktlich zur Jahreszeit war Schnee gefallen und es war richtig kalt geworden.

Dementsprechend war unser Bulli ohne Fenster auch nicht gerade warm von innen, da hinten ja keine Heizung war. Die Band fing schon bei der Abfahrt an, sich demzufolge von „Innen" gegen die Kälte zu wärmen, was mich ziemlich wurmte. Ich konnte dem immer noch nichts abgewinnen. Für mich war nicht klar, warum man schon zu einer solchen Uhrzeit anfangen sollte Alkohol zu trinken, sagte aber nichts. Die Reise gestaltete sich dem Wetter entsprechend. Es ging richtig schleppend voran und irgendwo auf der Autobahn platzte dann auch noch ein Reifen. Wir schafften es mit unserem Bus gerade noch auf einen Parkplatz, wo sich der Fahrer daran machte einen neuen Reifen zu besorgen. Es war damals richtig kalt und gefährlich war das Ganze auch noch.

Unser Bulli war eh nicht gerade ein Beispiel an Verkehrssicherheit, aber das mit dem geplatzten Reifen hätte auch anders Laufen können. Als dieser platzte, schaukelte unser Bus hin und her und ich hatte wirklich Angst, da die Ladung im Falle eines Unfalls auf uns alle hätte fallen können. Die Ladungssicherung war immer noch extrem fragwürdig und entsprach nicht annähernd dem, was die Straßenverkehrsordnung vorsieht.

Allerdings war ich wohl wieder der Einzige, der sich darüber Gedanken machte. Die anderen fanden das alles witzig. Irgendwann kamen wir dann an. Der Auftritt war nicht gerade weltbewegend. Es kamen lediglich fünfundzwanzig Leute um sich die Show anzusehen. Allerdings hatten diese richtig Spaß dabei und machten ordentlich Stimmung.

Nach der Show fragten mich einige von ihnen, wieso wir so wenige Weihnachtslieder gespielt hätten, worauf ich nicht wirklich eine Antwort wusste. Ich redete mich heraus und das mochte ich gar nicht. Ich blieb noch einige Zeit an dem Abend bei den Fans, während die anderen schon ziemlich angeheitert an der Bar saßen und ab und an auch wieder laut wurden und rumkrakelten.

Am nächsten Tag ging die Reise weiter in Richtung Darkstorm Festival. Der Auftritt war erst am übernächsten Tag. So konnten wir in Ruhe weiter fahren ohne wirklichen Zeitdruck. Auf der Hinfahrt rastete ich dann ziemlich aus. Ich wurde laut und ließ meinem Frust über viele Dinge freien Lauf.

Ich sagte ihnen, das ich die Sauferei vor und nach den Auftritten nicht gut fand. Ebenso das wir keine Weihnachtslieder spielten, weil sie aus meiner Sicht nur zu faul waren diese zu proben und das ich Lieder wie Schutzengel und Bruder auf dem 2. Gebot haben wollte, da ich die wesentlich besser fand als andere Lieder, die mit der Band produziert worden sind.

Sie guckten mich mit großen Augen an und wollten wieder mit ihren Sprüchen kommen, worauf ich nur sagte, das ich das in Zukunft entscheide, schließlich wäre ich auch der Einzige, der hier Lieder schreibt und seine komplette Existenz in die Musik steckt und nicht wie die Band das Ganze nebenbei machte. Damit mussten sie nun klarkommen.

Zu einer Diskussion kam es damals nicht. Die Fahrt war eher still und hier und da flüsterte einer. Das war mir allerdings völlig egal. Ich musste mir damals einfach Luft machen und ich sah nicht ein, das ich wieder, wie es in der Vergangenheit oft genug vorgekommen war, der Einzige war, der zurücksteckte. Nach einiger Zeit beruhigte sich die Situation und wir kamen im Hotel an.

Über das was auf der Hinfahrt vorgefallen war, redeten wir nicht mehr. Sie schienen, es zu akzeptieren und so taten alle, als wenn nichts gewesen wäre. Am nächsten Tag trudelten wir alle zum Darkstorm Festival ein und bei der Ankunft fingen alle mit den Aufbauarbeiten an.

Der Auftritt lief richtig gut und alle verhielten Sich auch in der Band korrekt. Die Show, machte richtig Spaß und es waren auch viele Fans wegen Unheilig gekommen. Nach der Show ging ich wie immer zu den Fans um Autogramme und Fotos mit ihnen zu machen. Am nächsten Morgen ging es dann weiter in Richtung letzter Weihnachtsauftritt. Es sollte der Abschluss unserer kleinen Weihnachtstour sein. Ich erzählte auf der Hinfahrt zum Auftritt, dass ich laufend von Fans gefragt werde, warum wir nur drei Weihnachtslieder spielten und dass ich es immer noch total schade fände, dass wir nicht mehr spielten und ich in Zukunft gerne mehr Weihnachtslieder bei einer Weihnachtshow spielen wollte. Eine richtige Antwort bekam ich damals nicht, lediglich ein „Ok, wenn du meinst".

Am Auftrittsort angekommen, merkte ich dass die komplette Band mir immer mehr aus dem Weg ging. Etwas wurmte sie und ich wusste noch nicht genau, was es ist. Ich konnte mir aOerdings an allen zehn Fingern abzählen, das es sich nur darum handeln könnte, dass ich vor einigen Tagen meine Meinung gesagt hatte. Allerdings war ich mir auch nicht ganz sicher. Auch auf ein Fragen, ob es ein Problem geben würde, hörte ich nur ein „nein, alles Ok, warum?" Am Abend kamen die ersten Besucher des Clubs und ich ging zu den Fans um Autogramme zu geben und Fotos zu machen. In dieser Zeit kam die Band nicht aus dem Backstage heraus. Ich merkte das sie wild diskutierten als ich nicht dabei war. Irgendwann sah ich einen von ihnen mit einer Flasche Schnaps rumlaufen und da wusste ich, dass etwas im Busch war. Ich wusste, daß sie sich wieder die Welt schön reden und dabei anfingen wieder Alkohol zu trinken. Ich stand noch einige Zeit bei den Fans und ging dann ebenfalls in den Backstage. Der Club war nicht sonderlich voll, allerdings waren einige da, die ich schon von anderen Auftritten kannte und die wegen Unheilig gekommen waren, worüber ich mich sehr freute. Im Backstage angekommen, stand die ganze Band vor mir und trank fröhlich vor sich hin. Einer schaute mich an und sagte, daß ich ihn am Allerwertesten lecken könnte und ich mir den heutigen Auftritt abschminken könnte, wenn ich sie nicht endlich in Ruhe ließe.

Er meinte, dass die Band entscheiden müsste, was bei passiert und nicht ich. Schließlich sei ich nur eine Person und sie seien zu fünft. Also ginge es nach der Mehrheit und das wäre überall so. Ich stand da und schaute sie nur an. Sollte das heißen, dass sie heute nicht auftreten würden?

Ich merkte in diesem Moment, dass ich ganz alleine auf weiter Flur war und das Risiko bestand, dass es an diesem Abend keinen Auftritt gab. So ließ ich sie erst einmal alle reden. Sie polterten verbal durch den Raum, mit Schnaps in der Hand und machten sie darauf aufmerksam, dass sie deutlich mehr Ahnung hätten, wie alles läuft. Ich hörte ihnen damals nicht wirklich zu, sondern überlegte nur noch, wie ich sie dazu kriegen konnte, dass sie schlussendlich auftreten würden.

Irgendwann kam der Fahrer von uns rein, der auch ein Kumpel von ihnen war und meinte er habe Zahnweh und fragte, ob einer eine Schmerztablette hätte und unterbrach so das Gelaber der Band und der Fokus fiel von mir auf ihn. In dem Moment sagte ich nur, „Ok, Ok, ihr habt ja alle Recht, lasst uns in Zukunft alles anders machen, allerdings müssen wir den Auftritt heute machen, da draußen stehen Leute die für uns da sind". Sie schauten mich ein wenig skeptisch an und lallten irgendwas von „Rock 'n Roll, Prost".

Dann machten wir uns auf den Weg zur Bühne und der Auftritt fand stand. Es war damals einer meiner schlimmsten Auftritte. Ich dachte während meines Auftrittes die ganze Zeit nur, hoffentiich ist bald alles vorbei. Ich wollte hier keine gute Miene mehr zum bösen Spiel machen.

Als alles vorbei war, ging ich noch zu den Fans und später kamen nun auch einige von der Band dazu. Allerdings hatten sie teilweise schon ziemlich einen sitzen und ich fand es peinlich. Irgendwann machten wir uns dann am gleichen Abend auf den Weg in Richtung Heimat.

Unser Fahrer, der immer noch Zahnweh hatte, hielt irgendwann an der Tankstelle um dort vielleicht was gegen seine Schmerzen zu bekommen. Er kam wieder und schien auch etwas bekommen zu haben und die Fahrt ging weiter. Alle redeten in unserem Bus durcheinander. Ich tat so, als ob ich auch lustig wäre und wusste tief in mir, dass ich heute zum allerletzten mal mit ihnen zusammen sein würde. Ich behielt meine Gedanken auf dieser Fahrt noch für mich, da es eh sinnlos wäre ihnen meine Meinung zu der ganzen Geschichte zu sagen.

Dafür war zu viel Alkohol im Spiel. Auf der Heimfahrt war ich mir sicher, dass ich nie wieder etwas mit ihnen zu tun haben wollte. Innerlich war ich am kochen und dachte darüber nach, das sie mir doch tatsächlich vor dem Auftritt gedroht hatten nicht aufzutreten, wenn ich nicht mache was sie wollten.

Nach einigen Stunden Rückfahrt waren wir dann zuhause angekommen und als ich dann sah, dass unser Fahrer sich Schnaps als Schmerzmittel in der Tankstelle geholt hatte und diesen die ganze Zeit auf der Heimfahrt getrunken hatte, war ich einfach nur fassungslos. Alle hatten es mitbekommen, nur ich nicht, weil ich im hinteren Teil des Bullie saß.

Sie setzten mich zuhause ab und ich winkte brav zu Abschied. Es sollte ein endgültiger Abschied sein! Am nächsten Morgen berichtete ich Markus und Ollie von allem was passiert war und von meinem Entschluss nichts mehr mit der Band zu tun haben zu wollen. Sie waren fassungslos als sie das hörten und stimmten mir zu. Allerdings hatten wir ein Problem. „Das 2. Gebot" war zwar fertig und die Veröffentlichung stand nun kurz bevor, allerdings gab es jetzt keine Band mehr. Demzufolge wäre es unsinnig gewesen das Album in dieser Form heraus zu bringen. Ich meinte nur, dass mir das egal sei.

Ich würde nun zu der Band fahren und ihnen sagen, das es das war. Alles andere ließe sich schon regeln und wenn ich alle Lieder selber machen müsste. Sie stimmten zu und ich machte mich auf den Weg zur Band. Dort angekommen taten alle so, als wenn nichts gewesen wäre.

Es war erst Mittag und sie fanden es wieder lustig sich wieder einen zu genehmigen. Ich meinte nur, ich muss mit euch allen reden und etwas später waren auch alle da. In diesem Moment sprudelte alles an Frust und Gedanken aus mir heraus. Was ich damals genau gesagt habe, weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur, das ich alles sagte, was mir auf dem Herzen lag und zum Schluss sagte ich zu allen, das es das war und ich nun alleine weitermachen werde. Nach einiger Zeit meiner Standpauke, verließ ich den Proberaum der Band und war seitdem auch nicht mehr dort. Ich fuhr heim und war wie befreit. Ich weiß heute nicht mehr, ob sie mir irgendetwas erwiderten oder ihre Sichtweise der Dinge äußerten. Mir war egal was sie sagten. Ich wollte nur, dass sie wissen, wie ich mich entschieden hatte und was ich über sie dachte. Daraufhin telefonierte ich noch viel mit Markus und Ollie und wir redeten über die gesamte Situation. Bald war Neujahr und es stand die Veröffentlichung von dem 2. Gebot an. Allerdings wollte ich nun die Lieder „Bruder" und „Schutzengel" ebenso mit auf dem Album haben. Da ich nun nicht mehr mit der Band diskutieren musste, ging das. Was nun in Punkte Live passieren würde, dazu hatten wir alle noch keine genaue Idee und schoben diese Entscheidung erst einmal hinten an. Kurz vor Sylvester hatte ich ein Schreiben in meinem Briefkasten, welches von der Band war. Darin stand, dass sie mir nun untersagen würden ihre eingespielten Versionen für ein Album zu verwenden. Ich las die Zeilen und konnte es nicht glauben. Sie hatten für die Produktion von Markus, Ollie und mir Geld bekommen und wollten mir das nun trotz alledem verbieten? In diesem Moment hatte ich wirklich die Nase voll. Ich war sauer, stinksauer und machte mir bei Markus und Ollie Luft. Ich sagte Markus und Ollie, das ich nun alle Lieder noch einmal alleine mache wollte, um so möglichen Problemen mit der Band aus dem Weg gehen zu können. Ich nahm meine original Demos und arbeite diese nochmals selber aus, bis sie fertig wären. Sie meinten, dass das die beste Lösung sei, da wir so nichts von der Band nutzen brauchten. Allerdings wäre die Zeit recht knapp, da ich nur noch drei Wochen zeit hierfür hatte. Ich sagte, dass ich das schaffen würde und fing noch am gleichen Abend an.

In den darauf folgenden Wochen, arbeitete ich Tag und Nacht. Ich schlief kaum, sondern arbeitete an allen Liedern. Die Wut auf die Band und all ihre Unverschämtheiten, feuerte mich damals ungemein an. Ich sagte mir innerlich immer nur, „nicht mit mir". Ich würde Ihnen zeigen, dass auch ohne sie gehen könnte. In diesen Tagen schwor ich mir, das ich niemals mehr Musiker auf irgendeine Art und Weise mit in Unheilig aufnehme oder entschieden lasse.

Nach vierzehn Tagen war ich mit allem fertig und so konnten wir den Terminplan doch noch einhalten. Die Veröffentlichung konnte wie geplant stattfinden. Ich war damals überglücklich und von dem Ergebnis meiner Marathon-Produktion begeistert. „Das 2. Gebot" war nun fertig und ich war von dem Ergebnis überzeugt. Von der Band habe ich seitdem nichts mehr gehört. Ich glaube zwei von ihnen haben sich mit einem Studio selbstständig gemacht. Sicher bin ich mir aber nicht. Im Grunde waren alle von ihnen richtig gute Musiker. Allerdings hatten auch sie es an sich, wie so viele Musiker, die ich mittlerweile kennen gelernt habe, dass sie sich immer alles nur schönreden oder schöntrinken und somit irgendwann viel zu spät merken, dass ihr Zug plötzlich abgefahren ist.

Die Band hat meinen Traum einfach nicht mitgeträumt und somit musste ich eine Entscheidung treffen, die mich wieder in den Vordergrund stellt und meine Bedürfnisse berücksichtigt. Aus heutiger Sicht war diese Zeit wichtig und nötig für mich. Wenn das alles nicht passiert wäre, hatte ich nie den Mut gefunden alles alleine zu machen und mir Musiker lediglich dazuzuholen, die dafür bezahlt werden, was sie tun.

So haben Markus, Ollie und ich das letzte Wort und wir können in Ruhe planen und entscheiden und sind somit sicher vor irgendwelchen Eskapaden anderer. So ist es heute immer noch und so wird es auch bleiben.

Ein neuer Anfang

Markus, Ollie und ich redeten viel darüber, wie es nun weitergehen sollte. Wir alle waren uns einig, das ich nun das ganze musikalische alleine machen sollte und wir nun lediglich für Auftritte Gastmusiker brauchten. Allerdings wollte ich nicht schon wieder eine Liveband haben.

Die Songs waren im Studio elektronisch entstanden, warum sollte es dann Live anders sein. Somit gingen wir auf die Suche nach einem Keyboarder, welcher den elektronischen Bereich Live abdeckt und einen suchten zudem noch einen Gitarristen. Markus und Ollie machten damals ebenso das Management von ein paar anderen Bands.

Demzufolge wurden zuerst Musiker aus diesem Bereich angesprochen. Darunter war auch der Keyboarder von Neuroticfish und zudem gab es noch einen Bekannten von Markus, der in einer Band Gitarre spielte. Beide wurden gefragt ob sie Lust hätten als Livemusiker bei Unheilig mitzumachen. Ihnen wurden die Rahmenbedingungen und unsere Vorstellungen erklärt und sie stimmten zu.

Ich traf beide bei der ersten geplanten Probe und merkte sofort, dass ich mit Henning dem Keyboarder und Licky dem Gitarristen genau die richtigen gefunden hatte. Sie wussten beide von meinen schlechten Erfahrungen mit anderen Musikern und das Markus, Ollie und ich die Entscheidungsträger sein würden. Dies alles war kein Problem für sie.

In den nächsten Tagen telefonierten Markus und Ollie mit vielen Bands, die zu dem damaligen Zeitpunkt angesagt waren um zu schauen, ob wir nicht mit Ihnen auf Tour gehen könnten. Wir alle waren der Überzeugung, dass man die Unheilige Musik unbedingt Menschen näher bringen müsste und das wir so einen großen Schritt in die richtige Richtung machen könnten.

Nach einiger Zeit merkte ich, das auch hier alles anders ablief, als ich dachte. Ich dachte immer, wenn man als noch recht unbekannte Band mit einer bekannten Band auf

Tour gehen will, geht es lediglich darum, ob der anderen Band die Musik gefällt oder nicht. Falsch gedacht. Es geht einzig und alleine darum, wie und zu welchem Preis man sich bei der bekannten Band einkauft und wie viel uns das ganze Wert ist. Man muss im Grunde für jeden Auftritt zahlen.

Als ich das damals hörte, war ich recht geschockt, allerdings überraschte es mich auch nicht. Hatte ich doch schon in der Vergangenheit gemerkt, dass es neben der Liebe zur Musik auch das Musikgeschäft gab. Nach vielen Verhandlungen hatten Markus und Ollie es geschafft, die ganze Geschichte für uns alle bezahlbar zu machen und so sollten wir auf unsere erste Tour mit einer anderen Band durch ganz Deutschland gehen.

Die Band, mit der wir auf Tour gehen konnten, war einmal die Hauptband, die ich die Unsterblichen nenne und die Band, die noch mit bei ihnen im Boot war, war die Band mit den drei Buchstaben. Wir würden bfei dieser Tour als erstes spielen, dann die Band mit den drei Buchstaben und dann die Unsterblichen. Somit machten wir uns am 20.02.2003 auf den Weg zu unserem ersten Auftritt nach Nürnberg. Wir fuhren die gesamte Tour mit einem Bulli und hatten in den verschiedenen Städten Hotels zur Übernachtung gebucht. Die Beiden anderen Bands wiederum bevorzugten einen Nightliner um zu den Clubs kommen. Unser Bulli war diesmal allerdings nach allen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung geprüft und nicht so ein Selbst-mördergeschoss, wie der von der Band. Wir hatten nun Fenster und Heizung und wir verstanden uns alle prächtig.

In Nürnberg im Hirsch angekommen, waren die anderen Bands schon vor Ort und ich lernte alle ungehend kennen. Im Grunde nichts besonders, man sagt sich guten Tag und sonst nichts, schließlich kannte man sich ja noch nicht. Der Sänger der Band mit den drei Buchstaben gab mir die Hand und sagte mir „Hallo" allerdings meinte er nur, das ich kein richtiger Grufti bin, da ich ja völlig normale Klamotten anhatte. Er meinte das nicht witzig, sondern in diesem Moment eher abwertend. Ich schaute ihn wegen seiner Äußerung etwas verwundert an, sagte aber nichts dazu. Ich konnte das nicht nachvollziehen. Ich hatte mehrere Stunden im Auto gesessen, da ist es doch logisch, das ich mir Klamotten anzog, die funktionsmäßig waren und ich nicht schon dort mein Oufit für die Bühne anhatte. Ich wollte etwas bequemes für die lange Fahrt anziehen und keinen Schönheitspreis gewinnen.

Allerdings sah ich schon bald über seine Äußerung hinweg, weil er mir ansonsten schon sympathisch vorkam, genau wie seine Bandkollegen. Wenig später hörte ich den Sänger der Unsterblichen. Ich hörte ihn, bevor ich ihn sah. In der Ferne pöbelte er lautstark rum, sodass man ihn aus weiter Entfernung schon hören konnte. Er erklärte wer nun käme und mit wem er redete und was er wohl gerade dachte. Als ich ihn sah, kam er auf mich zu uns sagte mir „Hallo". „Ah, unser Opener. Ihr seid die, die nur zu dritt auf der Bühne stehen, sagte er. Ich bejahte dies. „Ach, wie niedlich", meinte er und lachte. Ich guckte nur und sagte auch hier nichts. Schon an unserem ersten Tag merkte ich, dass es hier eine klare Hierarchie gab. Erst kam Band Nummer eins, die Unsterblichen, dann kam Band Nummer zwei, die mir den drei Buchstaben und dann kamen wir, Unheilig. Wir hatten in ihren Augen wirklich gar nichts zu melden, womit ich kein Problem hatte, da ich nur auf der Bühne vor Leuten spielen wollte.

Diese Hierarchie kam mir vor wie beim Bund und so sah ich das ganze auch. Wir bekamen das, was übrig blieb. An diesem Abend zum Beispiel war es so, das wir erst 5 Minuten vor Einlass des Publikums mit dem Soundcheck anfangen konnten. So kam es hier vor, dass wir noch auf der Bühne standen und Soundcheck machten, als das Publikum hereinkam.

Das wurde ganz klar mit Absicht gemacht um uns von Anfang an klarzumachen, wer der Chef war und somit auch das sagen auf dieser Tour hatte, nämlich die Unsterblichen. Wir akzeptierten die Situation wie sie war und regten uns nicht darüber auf. Eher amüsierten wir uns über das überkandidelte Verhalten der anderen Bands. Irgendwann war es dann soweit, dass wir auf die Bühne konnten und somit den Abend eröffneten.

Henning legte los und wir merkten, das aus irgendeinem Grunde keine Musik zu hören war, obwohl wir schon alle auf der Bühne waren. Irgendjemand hatte scheinbar die Kabel herausgezogen oder nicht richtig eingesteckt. Nach kurzen hin und her klappte es dann und wir konnten unsere halbe Stunde spielen.

Der Auftritt war toll! Trotz der Umstände mit dem Sound und dem Gefühl, dass das einer absichtlich gemacht hatte. Wir dachten nicht länger dran und hatten einfach Spaß. Wir konnten sogar eine Zugabe spielen, was uns alle sehr freute. Nach unserem Auftritt ging ich wieder zu den Fans und Licky und Henning kamen später auch dazu. Es war ein toller Abend. Es war der erste in dieser Konstellation. Wir drei wussten, dass es bei dieser Tour Probleme und Dinge geben würde, auf die wir achten mussten Wir hatten trotzdem alle viel Spaß. Der Abend klang schön angenehm mit den Unheilgfans aus und irgendwann ging es weiter zur Übernachtung in unser Hotel.

In den nächsten Tagen ging die Reise weiter durch ganz Deutschland. Es passierte bei dieser Tour immer wieder, dass bei unserem Liveauftritt bestimmte Dinge passierten, die nur damit zu tun haben konnten, dass uns „Jemand" im wahrsten Sinne des Wortes manipulierte. Hier setzte die Musik aus, dort waren die Gitarrenkabel herausgezogen oder irgendetwas, was dazu führte, dass wir bei unserem Auftritt immer auf alles gefasst sein mussten.

Das alles ärgerte uns schon, allerdings konnten wir nichts belegen und somit hielten wir die Augen auf und arrangierten uns mit der Situation.

Keine Stimme

Auf dieser Tour spielten wir die Songs von dem 2. Gebot. Das Album sollte zwar erst ein paar Monate später zu haben sein, allerdings war die Tour eine gute Gelegenheit die Lieder zu präsentieren.

Ärgerlich war es allerdings für mich schon, wenn Leute die das Album haben wollten mich bei den Autogrammstunden fragten, ich allerdings immer darauf verweisen musste, dass es erst in zwei Monaten rauskommen sollte. Auch wenn dies etwas unglücklich gelaufen war, machte es alles in allem den Anschein, dass alles bis auf die kleinen Seltsamkeiten, wunderbar für Unheilig lief.

Dem Publikum gefielen die neuen Lieder und jeder Auftritt wurde zu einem Highlight des Abends für uns. Wir verstanden uns im Grunde mit allen Bands, allerdings ließ man uns ab und an schon spüren, dass wir im Grunde in ihren Augen am Abend die unwichtigste Band waren.

An einem Tag gab es nur zwei Backstageräume. Wir mussten somit den Flur ohne Heizung nehmen, worüber ich mich sehr ärgerte. Es war nicht gerade angenehm den Abend vor und nach dem Auftritt völlig verschwitzt in einem zugigen Flur zu verbringen. Es wäre doch kein Problem gewesen uns nur zum Umziehen mal für ein paar Minuten in den Raum der andren hineinzulassen. Aber es war wie es war. Somi merkte ich nach einigen Auftritten der Tour, dass ich eine Erkältung bekam und meine Stimme schon recht angeschlagen Wang. Die Tour war schon fast über die Bühne, da erkannte ich, dass es mich ziemlich stark erwischt hatte. Ich hatte die volle Ladung einer Grippe abbekommen und ich fühlte mich damals hundeelend. Ich hatte alles, was man sich bei einer Erkältung so vorstellen konnte. Husten, Schnupfen, Heiserkeit und das ganze Programm. In der Lokation in Darmstadt angekommen, merkte ich, dass ich Schüttelfrost bekam und entschied mich nicht aufzutreten.

Ich packte mich um die Mittagszeit ins Bett und schlief bis zum nächsten Morgen durch. Am Morgen danach fühlte ich mich schon wesentlich besser, was allerdings auch daran liegen konnte, das ich mir soviel Medikamente reingehauen hatte um wieder gesund zu werden.

Ich war immer noch krank, allerdings halfen die Medikamente und somit konnte ich am Abend wieder auftreten. Meine Stimme allerdings ließ sehr zu wünschen übrig. Ich hörte mich an, wie eine Motorsäge und es kratzte ganz schön gewaltig in der Stimme. Der hohe Part von Schutzengel wurde zu dieser Zeit zu meiner Angstpassage, weil ich den Part mit Erkältung in keiner Weise richtig hinbekam. Das Publikum allerdings schien mir diesen Fehler zu verzeihen und wir absolvieren weiterhin viele schöne Auftritte. Ich ging trotz alledem immer wieder nach den Shows und vor der Show zu den Fans, auch wenn nur wenige da waren. Es machte mir Spaß und freute mich, dass ich einige immer wieder erkannte. Allerdings merkte ich, dass auch dies nicht gerade zu meiner Genesung beitrug.

Ich machte es aber trotzdem, da ich nicht mehr viele Auftritte zu meistern hatte. Das größte Problem war allerdings, dass ich nach der Show mit meinem Auftritt nicht genügend Möglichkeiten hatte alle Klamotten immer zu wechseln. Ich brauchte eigentlich mehrere Garnituren, was allerdings unglaublich teuer gewesen wäre. So kam es häufig vor, dass ich in die nassen Sachen vom Vortag wieder reinschlüpfen musste und das trug ebenso nicht gerade zu meiner gesundheitlichen Genesung bei. Ich weiß noch genau, wie ich damals darüber nachdachte in Zukunft ein Outfitt für die Bühne zu wählen, welches angenehmer zu wechseln war. Irgendwann war es dann soweit und der letzte Auftritt der Tour stand fest. Mittlerweile hatten wir uns auch mit der Band mit den drei Buchstaben etwas angefreundet. Wir hatten alle viel Spaß und so klang der letzte Auftritt der Tour auch sehr angenehm aus. Kontakt mit den Unsterblichen hatten wir weniger, da uns allen die laute Art und Weise des Sängers eher gegen den Strich ging. Von den Kleinigkeiten, die ungeklärt waren und wir uns immer noch fragten, wer das nun immer war, der uns da die Kabel aus den Instrumenten zog, mal ganz abgesehen.

An diesem Abend verabschiedeten wir uns noch voneinander und die erste Tour, bei der wir als Support mitspielten, ging somit vorbei. Wir hatten alles gut überstanden und die Tour war für uns alle ein großer Erfolg. Merkte ich doch, dass ich mit den beiden neuen Mitstreitern Licky und Henning zwei Musiker an der Seite hatte, die auch menschlich voll auf meiner Wellenlänge waren.

Ich war zwar durch diese Tour krank geworden, aber es war doch alles bis auf diesen einen Auftritt noch mal gut gegangen. Und letztendlich sind viele Menschen auf die Musik aufmerksam geworden.

Zelluloid

In den darauf folgenden Wochen und Monaten spielten wir noch auf vielen Festivals und alles lief im Grunde ziemlich gut. „Das 2. Gebot" war unglaublich gut bei den Fans angekommen und Unheilig hatte einen schönen Schritt nach vorne gemacht. Unser Bekanntheit war deutlich gestiegen.

Die Reaktionen seitens der Fans waren wunderbar und so entscheiden wir uns, dass diese auch die Single aus dem Album wählen sollten. Nach dem Voting stand der Titel fest und ich freute mich damals riesig darüber, dass dieser Schutzengel war. War dieser Titel doch eher ein ruhiger Titel, so schien er doch sehr vielen gefallen zu haben. Daraufhin wurde die CD Schutzengel als EP mit ein paar neuen Liedern veröffentlicht. Es war damals wunderbar, in aller Ruhe mit Markus und Ollie zu planen und zu entscheiden, was nun wie und in welcher Form veröffentlicht würde. Wir hatten alles in der Hand und waren unabhängig und konnten somit in aller Ruhe planen. Wenn ich nicht gerade mit Liveauftritten zu tun hatte, schrieb ich Lieder und dachte viel darüber nach, wie die Thematik des neuen Albums sein könnte. Das Jahr war noch nicht um und „Das 2. Gebot" war immer noch aktuell, so richtete sich allerdings mein Fokus schon wieder auf das nächste Album. Im Grunde war dies die Zeit, wo ich endlich nach vielen Jahren etwas zur Ruhe kam.

Ich merkte, dass ich die Summen, die mir Markus und Ollie, sowie meine Familie und mein Bruder geliehen hatten, hier und da ein wenig tilgen konnte. Im Grunde hatte ich bei allen immer noch viele Schulden aber ich sah, dass es weniger wurde und das motivierte mich noch umso mehr.

Ich werde es nie vergessen, wie ich meinem Bruder das geliehene Geld zurückgeben konnte. Ich gab ihm den Umschlag, bedankte mich bei ihm und drückte ihn einfach. Er meinte nur, „kein Problem, ich bin dein Bruder". Ich erinnerte mich wieder an alles, was gewesen war und ließ die Vergangenheit an mir vorüberziehen. Ich dachte zu dieser Zeit häufig darüber nach, was ich alles erlebt hatte und somit kam ich auf die Idee das nächste Album Zelluloid zu nennen. Im Grunde der Film meines Lebens. Es sollte eine Art Rückblick auf meine Vergangenheit sein.

Waren doch viele Texte der vorherigen Alben eher fiktiv gewesen, machte ich mich bei diesem Album nun daran mein Leben und meine Erfahrungen als Grundlage für die Lieder zu nehmen. Ich schrieb Lieder wie „Zauberer", welches von den Erfahrungen mit dem damaligen Produzenten handelte oder „Auf zum Mond", welches von meinem Drang erfolgreich zu sein, handelte.

Ebenso schrieb ich zu dieser Zeit auch das Lied „Freiheit", mit dem ich verarbeitete, dass ich mich oft nicht getraut hatte, meine Meinung zu sagen. Eines der bis heute schönsten Lieder, die ich zu dieser Zeit schrieb, war das Lied „Mein König". Ich schrieb es in Gedenken an meinem Großvater.

Er war schon vor einigen Jahren verstorben, allerdings merkte ich zu dieser Zeit erst, was er mir bedeutet hatte. Ich hatte nie sehr viel Kontakt zu ihm. Ich bin eher ungern zu ihm gegangen. Es waren eigentlich immer eher Pflichtbesuche. Allerdings merkte ich zu dieser Zeit, dass es ein Fehler war. '

Vielleicht wurde ich damals etwas erwachsener und beschäftigte mich somit auch mit Vergangenem, was ich sonst bis dahin nie getan hatte. Es war das erste Mal, dass ich beim Schreiben eines Liedes und beim Einsingen weinen musste. Es war ein neues, allerdings auch sehr reinigendes Gefühl. Ich war froh dies zu tun. Ich sah es als kleine Entschuldigung an, die ich meinem Großvater mitteilen wollte, wenn ich ihm nun nach so vielen Jahren auf diese Weise mit diesem Lied sagen konnte, das es mir leid tut, das ich nicht häufig zu seinen Lebzeiten zu ihm gegangen war. Jahre später merkte ich, das ich einen Fehler gemacht hatte und ich machte dieses Lied um mich bei ihm dafür zu entschuldigen. Da ich an Gott glaube, stellte ich mir vor, dass er es nun auch hören konnte, selbst wenn er schon seit langem tot war. Die Menschen um mich herum bekamen zu dem damaligen Zeitpunkt eine andere Bedeutung. Ich merkte wie wichtig sie sind, gerade die Familie. Ich denke ich wurde tatsächlich damals ein bisschen erwachsener und die Musik half mir dabei. Gerade das Lied „Mein König" war diesbezüglich eines der wichtigsten in meinem Leben. Somit schrieb ich weiter an den Liedern von Zelluloid.

Es lief damals sehr gut und es kristallisierte sich immer mehr heraus, wie das Album werden würde. Ebenso war es das erste Album, was ich komplett in eigener Sache produzieren und schreiben konnte, was ich durchaus genoss. Es war immer noch so, das ich aufgrund meiner Erfahrungen alles alleine machen konnte und nicht abhängig von dem Produzenten war.

Ich schrieb somit Lied für Lied von Zelluloid und irgendwann war ich mit allem fertig. Wir alle waren von diesem Album sehr beigeistert und setzen die Veröffentlichung auf den 16.02.2004. Dazu muss man wissen, das ein Album immer einige Monate vor dem Veröffentlichungstermin fertig sein musste. Im Grunde kann man sagen, war es noch 2003 und es brauchte viel Zeit, um alle Details zu diesem Album in Ruhe zu planen.

Ich schrieb derweil trotzdem noch weitere Lieder, da wir wieder ein Voting durch die Fans machen wollten, und dann würden die Lieder auf die geplante EP kommen. Ich genoss diese, doch für mich neue Art des Arbeitens. Markus und Ollie kümmerten sich um die komplette Organisation und ich konnte mich in aller Ruhe um das Schreiben von Liedern kümmern.

Alles andere, wie Veröffentlichungen, Planung rund um die Musik, Organisation der

Interviews bis hin zur Tourplanung und Verhandlungen mit Medienpartnern, ging alles auf ihre Kappe und lief unglaublich gut. Im Grunde setzten die beiden das gleiche Herzblut in das was sie taten, wie ich in die Lieder und die Musik. Ich wurde schon damals zu jeder noch so kleinen Kleinigkeit gefragt und war somit über alles informiert und entschied in allem mit. Das war damals so und ist bis heute unsere gemeinsame Stärke.

Zu dieser Zeit machte ich mir viele Gedanken um mein Outfit. Hatte ich doch bei der letzten Tour eher negative Erfahrungen mit den Stiefeln und der Jacke gehabt, da ich diese nur in einer Ausführung hatte. Natürlich hätte ich auch noch eine zweite oder dritte kaufen können.

Das schien mir aber zu teuer und so überlegte ich mir, ob ich nicht etwas völlig anderes machen könnte. Der Umhang oder der Mantel, wie man es auch nennen könnte, war mir doch zu düster und mittlerweile zu unpassend. Ich hatte das Gefühl, da ich mehr von meinen privaten Erinnerungen in die Musik gelegt hatte, nun auch etwas normaler und weniger verkleidet auf der Bühne und den Fotos rüberzukommen. Ich trug selber privat auch Anzug und Krawatte und somit wollte ich dieses auch in die Musik mit einbringen. Ich entschied mich von dem alten Outfit zu verabschieden und besorgte mir nun eine ganze Palette Hemden und schwarzen Krawatten sowie einem Gehrock.

Ich hatte mir geschworen nie mehr in nasse Kleidung steigen zu müssen, weil ich nicht genügend Outfits dabei hatte. Somit dachte ich, würde ich mich einer Erkältung eher fernhalten, als wenn ich nasse Klamotten anhätte.

Mit diesem neuen Outfit war dies kein Problem mehr. Ich konnte es mehrfach in meinen Tourkoffer packen und fühlte mich zudem deutlich wohler in meiner „Haut".

Die zweite Tour

Wir hatten in der Vergangenheit so einige Konzerte gespielt. Da nun die Veröffentlichung des neuen Albums feststand, entschieden wir uns wieder bei einer bekannten Band mit einzusteigen, wenn diese auf Tour ging.

Wir entschieden uns für eine Band, die zum damaligen Zeitpunkt recht bekannt war. Allerdings waren die Grundvoraussetzungen schon ein wenig anders, da wir nun mittlerweile nicht mehr ganz so unbekannt waren, wie bei unserer ersten Tour mit den Unsterblichen und der Band mit den drei Buchstaben.

Trotz alledem, ging es auch wieder nur ums Geld und eine Summe, durch die wir überhaupt erst einmal in Frage kamen, dort mitfahren zu können. Als das geklärt war und der Zeitpunkt der Tour feststand, begannen Licky, Henning und ich mit den Proben. Ich hatte noch einige Wochen Zeit, bis es losging und fing an im Vorfeld viel Sport zu machen. Hatte ich doch gemerkt, das schon eine halbe Stunde Auftritt, sowie die stundenlangen Autogrammstunden vor dem Konzerten und hinterher recht anstrengend und schweiß treibend waren. Es machte mir durchweg Spaß, trotzdem ist alles in allem eine ziemliche körperliche Belastung.

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Ich machte demzufolge ziemlich viel Sport und ernährte mich sehr gesund. Ich ging bis zum Touranfang mehrmals die Woche Joggen und wurde somit auch immer fit-ter. Ich hatte Angst wieder krank zu werden und wollte dem ganzen etwas vorbeugen. Als es dann losging, hatte ich ein sehr gutes Gefühl. Ich war fit und somit machten wir uns alle auf den Weg zum ersten Aufrittsort. Die Reise von Stadt zu Stadt, sollte wieder wie bei der letzten Tour mit einem Bulli stattfinden und wir hatten in jeder Stadt wieder ein Hotel. Irgendwann kamen wir dann am ersten Auftrittsort an und trafen die Band, mit der wir nun auf Tour gehen sollten.

Ich kannte sie vorher lediglich von CD's, aber alle schienen mir sehr angenehme Kandidaten zu sein. Die Jungs waren nett und gefielen uns. Wir verstanden uns auf Anhieb. Natürlich war es noch ein wenig ungewohnt für alle Anwesenden, weil man sich ja im Grunde überhaupt nicht kannte. Allerdings war das Eis nach ein paar Minuten gebrochen. t

Alles war gleichwertiger als bei der ersten Tour und wesentlich angenehmer. Die gesamte Tour lief recht reibungslos und rund. Wir merkten, dass bei dieser Tour wesentlich mehr Unheiligfans kamen als noch bei den ersten Auftritten. Ebenso bemerkte das auch die Band, mit der wir auf Tour waren uns so konnten wir bei einigen Auftritten die Positionen tauschen.

Ebenso blieb ich bei dieser Tour gesund. Das Achten auf meine Gesundheit und der Sport, den ich im Vorfeld gemacht hatte, sowie das immer stetige wechseln der Kleidung nach den Auftritten tat mit Sicherheit seinen Teil dazu. Wir spielten das erste Mal als Letzter und sie vor uns.

Wir waren im Grunde gleichberechtigt und die Auftritte waren allesamt grandios. Markus, Ollie und ich hatten uns im Vorfeld dazu entschieden, dass ein Konzert bei dieser Tour nun aufgenommen werden sollte. Dies sollte in Nürnberg geschehen. Wenn die Aufnahmen gut wären, könnte man mit dem Gedanken spielen eine DVD herauszubringen, dachten wir uns.

So kam damals der Tag der Aufzeichnung. Und ich wurde ziemlich nervös, da nun alles was ich tat aufgezeichnet werden sollte. Jeder Fehler würde nun auffallen und somit wollte ich logischerweise keinen machen.

Am Nachmittag, hatten wir das Problem, dass wir von dem Veranstalter keine Erlaubnis bekamen, unsere Kerzen anzuzünden, was uns alle nicht gerade fröhlich stimmte, da letztendlich nun alles aufgezeichnet werden sollte. Und ein Bühnebild ohne brennende Kerzen sieht nun mal nicht sehr gut auf einer DVD aus. Das ganze nahm seine Runde und irgendwann kam es wohl auch dem Sänger der Band, mit der wir auf Tour waren zu Ohren und er stellte, ohne das wir ihn fragten, einen von seinen Leuten ab, der die Brandwache übernahm und sprach mit dem Veranstalter. Er meinte wohl zu ihm, dass die Kerzen brennen müssen und er das ganze auf seine Kappe nehmen würde.

Ich war ziemlich beeindruckt und bedankte mich auch dreimal bei ihm dafür. Im Grunde kann man heute sagen, dass ohne seine doch recht selbstlose Tat, heute auf der DVD, die einmal Kopfkino heißen sollte, keine brennenden Kerzen zu sehen wären.

Ich finde es heute immer noch toll, dass er das damals für uns gemacht hat. Die Aufzeichnung und der ganze Auftritt an diesem Abend liefen wunderbar und das Bildmaterial ist auch klasse geworden. Im Grunde verlief die gesamte Tour sehr angenehm und toll.

Es gab nichts, was irgendwie aus dem Ruder lief. Es war ein tolles Publikum und ich habe an diese gesamte Zeit sehr gute Erinnerungen und das schöne bei der ganzen Sache ist, dass das alles auch noch auf der DVD Kopfkino festgehalten wurde. Am letzten Tourtag, verabschiedeten wir uns dann alle voneinander. Diese Tour war für uns alle ein schöner Erfolg und ich freue mich heute noch, wenn ich ab und an bei Festivals oder anderen Auftritten einige von ihnen wieder sehe.

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