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6.3. Das Arbeitslager auf dem „Gut des Kommandeurs"

Die ehemalige Kolchose des Dцrfchens Maly Trostinez beschlagnahmte der KdS vermutlich im April 1942 als Landgut zur Eigenbewirtschaftung. Die Kolchose war etwa 250 Hektar groЯ. Sie bestand zum Zeitpunkt der Ьbernahme nur aus eini­gen zumeist baufдlligen Scheunen und einem groЯen Silo. Kommandeur Strauch plante, die Kolchose von jьdischen Zwangsarbeitern zu einem Mustergut ausbauen und bewirtschaften zu lassen. Nach dem Krieg wollte sich Strauch auf Dauer in Maly Trostinez niederlassen - buchstдblich auf Zehntausenden Leichen, wie Christian Gerlach treffend schreibt.109

Die ersten Arbeitskrдfte auf Maly Trostinez waren allerdings etwa zwanzig nicht jьdische WeiЯrussen. Sie hatten wegen verschiedener (angeblicher) Vergehen im Minsker Justizgefдngnis eingesessen. Die Sicherheitspolizei brachte die Mдnner Ende April oder Anfang Mai 1942 auf das neue „Gut des Kommandeurs". Sie muss­ten Bauarbeiten leisten und wurden im August 1942 mehrheitlich wieder freigelas­sen.110 Ferner zog der KdS ab Mai 1942 einige Dorfbewohner aus Maly Trostinez zu Arbeiten in der Landwirtschaft heran.111

Um den 10. Mai trafen die ersten beiden jьdischen Zwangsarbeiter ein: Zwei deutsche Juden aus dem Polizeihaftlager Salaspils mussten einen Viehtransport mit 34 Rindern von Riga nach Maly Trostinez begleiten. Die beiden Mдnner, ein Vieh­hдndler aus Wьrzburg und ein Agronom aus Rothenburg, mussten auf dem „Gut des Kommandeurs" leitende Positionen in der Land- und Viehwirtschaft ьbernehmen.112 Sie waren in Salaspils offenbar mit Bedacht ausgewдhlt worden, mцglicherweise von Gerhard Maywald, dem vorgesehenen Gutsverwalter von Maly Trostinez. Maywald und andere Angehцrige des KdS Riga - darunter einige mit landwirtschaftlichen Kenntnissen - kamen ebenfalls Mitte Mai 1942 nach Maly Trostinez. Zu ihnen gehцrte SS-Hauptscharfьhrer Heinrich Eiche, ein Baltendeutscher aus Riga. Offiziell fьhrte er eine Gдrtnerei auf Maly Trostinez. Er war jedoch auch als Aufseher fьr die Arbeitshдftlinge eingesetzt. Am 19. Mai wiederum eskortierten Angehцrige des von Arlt geleiteten Zuges Waffen-SS einen „Transport von Pferden und landwirtschaft-

  1. Ebenda, S. 708.

  2. Iz stenogrammy besedy sotrudnikov belgosmuseja istorii VOV s byvдimi uznikami Tros-teneckogo lagerja i ocevidcami [Auszьge aus Protokollen von Gesprдchen von Mitarbeitern des weiЯrussischen staatlichen Museums fьr Geschichte des GroЯen Vaterlдndischen Krie­ges mit ehemaligen Hдftlingen des Lagers Trostenec und Augenzeugen], Fjodor Vasil'evic Sumaev, 31. 1. 1960, in: Komitet, Trostenec, S. 187 f.

  3. Protokol oprosa svidetelja K. E. Kovalenko [Protokoll der Vernehmung der Zeugin Kova-lenko], 15. 7. 1944, in: ebenda, S. 64; Protokol oprosa svidetelja A. E. Maklakova [Protokoll der Vernehmung der Zeugin A.E. Maklakova], 15. 7. 1944, in: ebenda, S. 68. Dazu auch Ver­nehmung J. F. (Gutsverwalter Frьhjahr bis Sommer 1944), 18. 11. 1960, BArch B 162/1673, Bl. 412.

  4. Vernehmung L. G., 20. 2. 1962, BArch B 162/1326, Bl. 617 f.

liehen Maschinen fьr das Gut des Kdr's. von Kobyl, ungefдhr 150 km von hier, nach Minsk".113 Zuletzt gab es in Maly Trostinez 127 Rinder, 132 Schweine, 70 Pferde sowie 300 Schafe und einiges Geflьgel.114

Mitte Mai 1942 war auch der erste „Judentransport" des Jahres 1942 aus Wien in Minsk eingetroffen. Die Sicherheitspolizei hatte 81 Insassen als Zwangsarbeiter auf das Gut gebracht. Aus weiteren Transporten wurden zwischen zwanzig und fьnfzig Personen ausgewдhlt.115 Das genaue Prozedere ist unklar. Hans Mьnz, Ьberlebender des Transportes „Da 224", berichtet, SS-Angehцrige hдtten die Insassen bereits beim Цffnen der Waggontьren nach ihren Berufen gefragt: „Die vor mir sagten: .Bergar­beiter, Bergarbeiter. Ich dachte, es waren schon genug Bergleute und sagte: .Schlos­ser. L. K., der neben mir stand, sagte ebenfalls: .Schlosser, Maschinenschlosser'. Der SS-Mann meinte zu uns: ,Geht hier bergab, dort wartet schon eine Gruppe, stellt Euch daneben.' Das haben wir getan."116 Erich Prinz indes, einer der vier Ьberlebenden des Transportes „Da 226" aus Theresienstadt, schrieb nach dem Krieg, alle Insassen hдtten sich zunдchst auf einer Wiese neben den Bahngleisen aufstellen mьssen. Dort habe ein SS-Angehцriger folgende Ansprache gehalten: „Ihr braucht Euer Gepдck nicht, Ihr kommt in ein Lager, wo alle gleich sind und daher gleiche Lagerkleidung tragen, Geld ist hier wertlos, ist daher abzugeben, Uhren sind abzugeben, im Lager befindet sich eine elektrische Lageruhr, Fьllfedern sind abzugeben, da das Briefeschreiben bei Todesstrafe verboten ist, Messer sind ebenfalls abzugeben. Frist fьr die Ablieferung dieser Gegenstдnde 10 Minuten. Bei wem nach 10 Minuten noch einer der vorstehen­den Gegenstдnde gefunden wird, wird auf der Stelle erschossen."117

Tatsдchlich sei kurz darauf eine junge Frau erschossen worden, die Geld bei sich behalten habe (was offenkundig eine Durchsuchung ergeben hatte). Dann sei der Aufruf ergangen, es mцgen sich Spezialisten melden. Erich Prinz meldete sich als Lebensmittelchemiker und durfte sich gemeinsam mit seiner Ehefrau zu einer klei­nen Gruppe gesellen. Die Gruppe bestand schlieЯlich aus 44 Personen. Zu diesem Zeitpunkt durften die Arbeitshдftlinge bereits ihre Familienangehцrigen - auch kleine Kinder - mit auf das „Gut des Kommandeurs" bringen.118 Beim ersten Trans­port waren einige der Arbeitskrдfte noch von ihren Angehцrigen getrennt worden, was zu groЯer Unruhe unter ihnen gefьhrt hatte.119

  1. Zit. nach Baade, Ehre, S. 247.

  2. Vernehmung L. G., 20. 2. 1962, BArch B 162/1326, Bl. 618.

  3. Dazu Aufzeichnungen ьber Judendeportationen (Kopie), DцW, Akt 854, Bl. 2; zu weite­ren Transporten ebenda, Bl. 2, („manchmal 20, manchmal 30"); Vernehmung Julie Sebek, 20./21. 3.1962, BArch B 162/3225, Bl. 353 („20 bis 40 Personen").

  4. Interview Hans Mьnz, Archiv des Jьdischen Museums Prag, Kazeta 90, Bl. 4.

  5. Bericht ьber das Schicksal des Transportes Bk, Simon Wiesenthal Archiv Wien, Ordner Minsk, Bl. 1 f.

  6. Ebenda, Bl. 2; Interview Hans Mьnz, Archiv des Jьdischen Museums Prag, S. 5; Vernehmung J. F., 18. 11. 1960, BArch B 162/1673, Bl. 412.

  7. Aufzeichnungen ьber Judendeportationen, DцW, Akt 854, Bl. 2.

Nach dem Ende der Deportationen im Herbst 1942 brachte der KdS auch weiЯ­russische Juden mit speziellen handwerklichen Fдhigkeiten nach Maly Trostinez. Darunter war der bereits erwдhnte Lev Lanskij aus Baranovici, der als Elektri­ker arbeiten musste.120 Zudem war ab Oktober 1942 mцglicherweise eine grцЯere Anzahl polnischer Juden in Maly Trostinez gefangen. Sie unterstanden anscheinend der Organisation Todt; 250 von ihnen wurden an die SS-Bauleitung in Smolensk abgegeben.121 Die Zahl der Zwangsarbeiter lag bis zum Herbst 1943 bei 600 bis 900 Menschen; die Mehrheit stellten stets Juden.122 WeiЯrussen waren oftmals nur zeit­weise in Maly Trostinez interniert. 480 Juden wurden im September 1943 - gemein­sam mit 350 Insassen des Ghettos Minsk - nach Majdanek verbracht, weitere 80 in Blagovscina erschossen. Die Zahl der Arbeitshдftlinge sank auf 112 Juden und 80 WeiЯrussen; bis zum deutschen Rьckzug im Sommer 1944 blieb sie ungefдhr auf diesem Stand.123

Die Arbeitshдftlinge waren in den ersten Monaten in den baufдlligen Kolchos­scheunen und -stallen untergebracht, in denen sie auf dem FuЯboden schlafen muss­ten. Die Scheunen wurden bewacht und waren mцglicherweise provisorisch mit Sta­cheldraht umgeben.124 Als Unterkunft diente auch das Silo; hier waren nach Anga­ben von Zeitzeugen einige jьdische Дrzte untergebracht.125 Wahrscheinlich wurde das Silo als Krankenrevier genutzt. Einige WeiЯrussen mussten offenbar in einem ehemaligen Lebensmittelkeller der Kolchose hausen.126 Bis zur Jahreswende muss­ten die Arbeitshдftlinge im unteren Teil des Gutsgelдndes ein Barackenlager errich-

  1. Dazu Vernehmung Lev Lanskij, 12. 12. 1962, LHA Koblenz; Best. 584, 1, Nr. 8647.

  2. Gerlach, Morde, S. 763. Dazu auch Hans Mьnz, Archiv des Jьdischen Museums Prag, Bl. 10.

  3. Brief Julie Sebek, 11. 4. 1948 (Kopie), LHA Koblenz, Best. 584, 1, Nr. 8535, Bl. 10546 („600 bis 900 Menschen"); Vernehmung L. G., 22. 8. 1960, BArch B 162/1681, Bl. 1577 („600 Perso­nen"); Schicksal des Transportes Bk, Simon Wiesenthal Archiv, Bl. 2 („als Hцchststand 640 Juden und einige hundert Russen"); Aufzeichnungen ьber Judendeportationen, DЦW, Akt 854, Bl. 3, („ungefдhr 600 Juden und 300 Russen"); einzig abweichend Zeugenaussage des Herrn Isaak Grьnberg, 4. 1. 1962, DЦW, Akt 2563/1-4, Bl. 2 („schдtzungsweise 1200 bis 1300 Juden").

  4. Vernehmungen L. G., 19./22. 8. 1960, BArch B 162/1681, Bl. 1573 und 1577 f.; Schicksal des Transportes Bk, Simon Wiesenthal Archiv, Bl. 4; Aufzeichnungen ьber Judendeportationen, DЦW, Akt 854, Bl. 4 f.

  5. Bericht ьber das Schicksal des Transportes Bk, Simon Wiesenthal Archiv, Bl. 3, Aufzeich­nungen ьber Judendeportationen, DцW, Akt 854, Bl. 2; Vernehmung Julie Sebek, 20./21. 3. 1962, BArch B 162/3225, Bl. 352; Interview Hans Mьnz, Archiv des Jьdischen Museums Prag, Kazeta 090, Bl. 6.

  6. Protokoll der Vernehmung des Zeugen V. K. G., 24.9. 1962 (Ortsbegehung in Maly Trostinez, russisch), USHMM, RG-06.027, Case #4483/4; Protokoll der Vernehmung des Angeklagten A. I. S., 25. 9. 1942 (Ortsbegehung in Maly Trostinez, russisch), in: ebenda.

  7. Iz stenogrammy besedy sotrudnikov belgosmuseja istorii VOV s byvsimi uznikami Trosten-eckogo lagerja i ocevidcami [Auszьge aus Protokollen von Gesprдchen von Mitarbeitern des weiЯrussischen staatlichen Museums fьr Geschichte des GroЯen Vaterlдndischen Krieges mit ehemaligen Hдftlingen des Lagers Trostenec und Augenzeugen], V. P. Bereznjackij, 31. 1. 1960, in: Komitet, Trostenec, S. 186.

ten, das mit Stacheldraht umzдunt wurde. Es bestand aus drei oder vier Baracken.127 Hier werden weitere Parallelen zum Lager Salaspils sichtbar. Dieses Polizeihaftlager lieЯ der KdS Lettland ab Oktober 1941 gleichfalls von verschleppten „Reichsjuden" errichten.128 Es ist denkbar, dass die Minsker Sicherheitspolizei nahe Maly Trostinez einen grцЯeren Haffort nach dem Vorbild von Salaspils errichten wollte. Auf ein sol­ches Vorhaben deutet auch die Nomenklatur des Lagers hin: Ein ьberlebender Wie­ner Jude berichtet, es sei offiziell als „Erweitertes SS- und Polizeigefдngnis" bezeich­net worden.129 In einem Fernschreiben des BdS Ostland vom November 1942 wird das Lager als „Ersatzgefдngnis KL. Trostinez" gefьhrt, in dem gegenwдrtig „zum Aufbau der Anlagen und Betriebe 330 Juden"130 im geschlossenen Arbeitseinsatz beschдftigt seien.

Weit mehr als Salaspils blieb Maly Trostinez als Haftort jedoch stets ein Provi­sorium. Die Organisationsstruktur ist kaum mehr zu ermitteln. Verantwortlich war nach dem leitenden KdS wahrscheinlich der jeweilige Verwalter des Gutes. Nachdem der zunдchst fьr diese Position vorgesehene Maywald an Fleckfieber erkrankt war, ьbernahm SS-Hauptsturmfьhrer Wilhelm Madeker vom Minsker KdS diese Position. Er wдhlte auch die Arbeitshдftlinge aus den „Judentransporten" aus dem Reich aus. Madekers Funktion war den Angehцrigen der Minsker Dienststelle „rдtselhaft".131 Seine Nachfolger waren Walter Kallmeyer und Johann Faber. Die Aufsicht ьber die Hдftlinge fьhrte ein SS-Unterfьhrer, den die Lagerinsassen als „Kommandanten" oder „Lagerleiter" bezeichneten. Das war wahrscheinlich zunдchst Kujau. Danach nahm SS-Hauptscharfьhrer Heinrich Eiche aus Riga diese Position ein. Ihm war gleichsam als Adjutant ein Angehцriger der Schutzpolizei beigegeben worden.132 Ьber Eiche heiЯt es im Erinnerungsbericht eines ehemaligen Hдftlings: „Begleitet von einem Wolfshund ging er im Lager wie Napoleon einher, nцrgelte, kritisierte und schaffte wohl 100 Dinge auf einmal an, und alles sollte, kaum ausgesprochen, schon dastehen."133

Bis zum Oktober 1942 scheint zudem Leonora Peschek, eine Krankenschwes­ter, eine wichtige Rolle in der Hдftlingsgesellschaft eingenommen zu haben. Sie war gleichfalls Insassin des ersten Transportes aus Wien, fiel jedoch im Herbst 1942 in Ungnade. Angeblich hatte sie ein Verhдltnis zwischen Aufseher Kujau und einer

  1. Zur Zeitangabe vgl. die Hдftlingsskizze auf S. 216; Protokoll der Ortsbegehung mit dem Zeu­gen V. K. G, Maly Trostinez, 25. 9. 1962, USHMM, RG-06.027, Case # 44853/4.

  2. Angrick/Klein, „Endlцsung", S. 259 ff.; als Ьberblick Franziska Jahn, Salaspils, in: Benz/Dis­tel (Hrsg.), Ort des Terrors, Bd. 9, S. 548 ff.

  3. Schicksal des Transportes Bk, Simon Wiesenthal Archiv, Bl. 2.

  4. Fernschreiben BdS Ostland an das RSHA, 6. 11. 1942, NARB, 4683-3-985, Bl. 99.

  5. Vernehmung W. H., 25. 8. 1959, LHA Koblenz, Best. 584, 1, Nr. 8496, Bl. 749.

  6. Vernehmung L. G., 19. 8. 1969, BArch B 162/1681, Bl. 1570 f. sowie Vernehmung W. M., 7. 2. 1961, LHA Koblenz, Best. 584,1, Nr. 8508, Bl. 6609.

  7. Aufzeichnungen ьber Judendeportationen, DцW, Akt 854, Bl. 3.

w lener jucun, der Lagerkцchin Hermine Hermann gedeckt. Die beiden Frauen wur­den zur Dienststelle des KdS in Minsk gebracht und dort vernommen. Zumindest Hermine Hermann wurde einer „verschдrften Vernehmung" unterzogen, geschla­gen und gefoltert. AnschlieЯend kamen beide Frauen zur Verwunderung aller ande­ren Hдftlinge wieder auf das „Gut des Kommandeurs" zurьck. Anfang Januar wurde die Angelegenheit anscheinend noch einmal neu aufgerollt; die beiden Frauen wur­den am 4. Januar 1943 vor den Augen aller Lagerinsassen an einem eigens dafьr errichteten Galgen aufgehдngt.134 Julie Sebek musste anschlieЯend die Position der Lagerkцchin ьbernehmen.

1942 waren die Hдftlinge vorrangig beim Aufbau von Wohn- und Wirtschaftsge­bдuden auf dem Gutsgelдnde eingesetzt. Sie errichteten im sogenannten Wirtschafts­teil von Maly Trostinez ein „Herrenhaus" fьr die KdS-Fьhrer, ein Holzhaus fьr den Lagerkommandanten, einige Stall-Neubauten, eine Kfz-Werkstatt, eine Tischlerei und eine Schmiede. In bereits bestehenden Gebдuden wurden weitere Werkstдtten eingerichtet, in denen die Lagerinsassen zwцlf bis 15 Stunden am Tag arbeiten muss­ten.135 Nach Angaben von Erich Prinz gab es in Maly Trostinez „eine Bautischlerei, eine Mцbeltischlerei, eine Schmiede, 1 Schneiderwerkstatt, 1 Waschkьche, 1 Schus­terwerkstatt, eine FaЯbinderei, 1 Hausgerberei und eine GroЯgдrtnerei".136 Die Hдft­linge mussten auch landwirtschaftliche Arbeiten ausfьhren, darunter Torfstechen in der Umgebung des Gutes.

Jьdische Lagerinsassen wurden zu Arbeitseinsдtzen im Dienstgebдude und den Werkstдtten des KdS in Minsk herangezogen: Hans Mьnz etwa wurde jeden Tag mit anderen Lagerinsassen in die Schlosserei des KdS nach Minsk gebracht. Isaak Grьnberg verfьgte als Maurer „ьber eine Sonderbewilligung, den Bewachungs­dienst zu passieren. Verschiedene Maurerarbeiten habe ich auch fьr die Wohnsitze des SD ausgefьhrt."137 Weibliche Hдftlinge mussten in den „Asservatenkammern" von Maly Trostinez - zwei groЯen Scheunen, in denen das Eigentum der ermorde­ten Juden lagerte - Koffer und Kleidungsstьcke penibel nach versteckten Wertsa­chen durchsuchen.138 Die Wertgegenstдnde mussten dem KdS ausgehдndigt wer­den, der sie wahrscheinlich nach Berlin verbrachte. Einige wenige Lebensmittel aus

  1. Vernehmung L. G., 19. 8.1960, BArch B 162/1681, Bl. 1571 f., Vernehmung Julie Sebek, 20. 3. 1962, BArch B 162/3225, Bl. 354 ff.

  2. Vgl. hierzu die Skizze des ehemaligen Hдftlings L. G. vom 20. 2.1962, Staatsarchiv Hamburg, 213-12-0597/006, Bl. 2669 (s. S. 216 in diesem Buch) sowie Aufzeichnungen ьber Judendepor­tationen, DцW, Akt 854, Bl. 3.

  3. Bericht ьber das Schicksal des Transportes Bk, Simon Wiesenthal Archiv, Ordner Minsk, Bl. 2 f.

  4. Zeugenaussage Isaak Grьnberg, DЦW, Akt 2563/1-4, Bl. 1 f.; Vernehmungsprotokoll E. S., 12. 12. 1962, LHA Koblenz, Best. 584,1, Nr. 8647, ohne Paginierung sowie Kazeta 090, Hans Mьnz, Archiv des Jьdischen Museums Prag, S. 8 ff.

  5. Ebenda, S. 12 f.

dem Gepдck der Ermordeten wurden zur Ernдhrung der Hдftlinge verwendet.139 Die Ernдhrungslage war bei der schweren kцrperlichen Arbeit vцllig ungenьgend und verschlechterte sich nach dem Ende der Deportationen noch weiter. Lagerkц­chin Julie Sebek zufolge erhielten die Hдftlinge pro Tag „Wassersuppen, in welchen die verfaulten Kartoffeln mit der Schale gekocht werden muЯten, und 200 bis 400 Gramm Brot".140

Die Arbeitshдftlinge von Maly Trostinez waren bestдndig der Gefahr von „Selek­tionen" ausgesetzt. Isaak Grьnberg berichtet, dass Kommandant Eiche und sein Gehilfe regelmдЯig erkrankte und geschwдchte Hдftlinge erschossen, die das gefor­derte Arbeitstempo nicht einhalten konnten: „[Sie] fьhrten diese Selektionen durch einfaches Zeigen auf den Hдftling - du links - du rechts - durch. Dann kam das Kommando ,Abmarsch' und kurze Zeit spдter hцrte man die SchuЯsalven."141 Mit ErschieЯung wurde auch jedes Vergehen gegen die (nicht ьberlieferte) Lagerord­nung bestraft. „Im Lager", so resьmiert Hans Mьnz, „galt nur eine Strafe, und zwar ErschieЯen."142 Mindestens sieben tschechische Juden wurden hingerichtet, weil sie versucht hatten, bei Dorfbewohnern Lebensmittel einzutauschen.143 Ein weiterer Jude wurde erschossen, da er sich nach der Sperrstunde auЯerhalb der Hдftlingsba­racken aufgehalten hatte.144 Getцtet wurden auch Gefangene, die versucht hatten, Briefe aus dem Lager zu schmuggeln.145

Die Bewachung der Hдftlinge ьbernahmen zunдchst Zьge der lettischen Kom­panie.146 Nach ihrem Abzug im Frьhjahr/Sommer 1943 stellten Angehцrige der Volksdeutschen Kompanie des KdS/BdS die Wachmannschaften: Volksdeutsche aus Rumдnien, Ungarn und Jugoslawien - darunter Freiwillige der Jahrgдnge 1924 bis 1928 - wurden ab Januar 1943 schubweise von der Volksdeutschen Mittelstelle Wien und aus Berlin-Buckow nach Minsk verlegt. Die Volksdeutsche Kompanie gehцrte offiziell zur Waffen-SS. Sie hatte im Sommer 1943 schlieЯlich eine Stдrke von rund 200 Mann.147 Die Kompanie wurde dem ukrainischen SD-Bataillon 23 unter SS-Hauptsturmfьhrer Regitschnig unterstellt, das ab Herbst 1943 seinen Sitz in Maly Trostinez nahm. Dieses Bataillon hatte Ehrlinger kurz vor dem deutschen Rьckzug in Kiew gegrьndet; es war ьber Zitomir nach Minsk gezogen. Das Bataillon bestand

  1. Bericht ьber das Schicksal des Transportes Bk, Simon Wiesenthal Archiv, Bl. 3. sowie Erin­nerungsbericht F. Sumaev, in: Komitet, Trostenec, S. 187.

  2. Brief Julie Sebek, 11. 4. 1948 (Kopie), LHA Koblenz, Best. 584, 1, Nr. 8535, Bl. 10546.

  3. Zeugenaussage Isaak Grьnberg, DцW, Akt 2563/1-4, Bl. 1 f.

  4. Interview Hans Mьnz, Archiv des Jьdischen Museums Prag, Kazeta 090, Bl. 13.

  5. Vernehmung L. G., 19. 8. 1960, BArch B 162/1681, Bl. 1572 f.

  6. Ebenda, Bl. 1574 sowie Vernehmung Julie Sebek am 20./21. 3. 1962, BArch B 162/3225, Bl. 359.

  7. Ebenda, Bl. 357 f.

  8. Vernehmung A. I. S., 12. 6. 1962 (Kopie, russ.), USHMM, RG-06.027, Case # 44853/1.

  9. Vgl. dazu u. a. Vernehmung L. R., 7. 6. 1962, Staatsarchiv Hamburg, 213-12-0597, Bl. 3485 sowie Vernehmung J. M., 21. 9. 1962, BArch B 162/1690, Bl. 3834.

aua uici jvornpanien, war etwa 500 bis 600 Mann stark und wurde kompanieweise zur Partisanenbekдmpfung eingesetzt.148 Ein Цsterreicher aus dem SD-Bataillon 23, SS-Hauptscharfьhrer Rieder, lцste Eiche als Lagerkommandant ab. Der weiЯrussi­sche Hдftling Bozko berichtet, Rieder habe bei geringstem Fehlverhalten befohlen, „die Hosen herunter zu lassen und sich auf den Boden zu legen. Er selbst schlug dann mit der Peitsche auf den Kцrper. Die kleinste Portion waren 25 Schlдge. Bei grцЯeren Vergehen ging er in den Wald und erschoЯ eigenhдndig."149 Kurz vor dem deutschen Rьckzug wurden auch Angehцrige der 3. Kompanie des 11. SD-Bataillons nach Maly Trostinez verlegt. Es bestand aus WeiЯrussen und unterstand gleichfalls dem BdS in Minsk.150

Angehцrige der Volksdeutschen Kompanie und des SD-Bataillons 23 waren Ende 1943 zeitweise im Barackenlager der Hдftlinge untergebracht. Die jьdischen Lagerinsassen mussten daraufhin „auf den Arbeitsplдtzen und in den Werkstдtten zusammenziehen".151 Nach Errichtung neuer Wohnbaracken fьr die BdS-Einheiten scheinen die Hдftlinge jedoch wieder ins Barackenlager zurьckgezogen zu sein.

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