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krahl_kurz-kleines woerterbuch der stilkunde

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Syllogismus

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relativiert oder näher bestimmt wird. Zum Beispiel ist ein ↑ Redeverb ein einfaches syntaktisches Mittel in bezug auf den Satzteil, der die ↑ Redewiedergabe enthält (Man sagte, er sei krank); es kennzeichnet den folgenden Satzteil als Rede und verlangt den Konjunktiv oder ein anderes Mittel als formales Kennzeichen. Zugleich ist es insofern suprasyntaktisches Mittel, als es für alle weiteren Sätze der Redewiedergabe inhaltlich gilt and mitunter auch formal bestimmend bleibt (... krank. Doch vielleicht könne er kommen. Er habe nämlich .. .)• Ausschließlich suprasyntaktisch fungiert z. B. das ↑ Redesubstantiv, indem es — nachträglich oder im voraus — etwas als wiedergegebene Rede kennzeichnet (Er sei/ist krank. Er könne/kann nicht kommen, habe/hat außerdem . . . Diese Mitteilung war ...).

Syllogismus, argumentierende Gedankenfolge: Schema der Fügung von ↑ Hauptgedanken und argumentierenden Gedanken (↑ Erörtern). Das vollständige Schema besteht aus vier Sätzen: der Nennung des Aussageziels (Propositio f); zwei argumentierenden Gedanken (Prämissen); der Schlußfolgerang (Conclusio f), die inhaltlich identisch mit der Propositio ist. Ein Beispiel: Die DDR-Wirtschaft hat die überkommene wirtschaftliche Zersplitterung zu beseitigen und ihre ökonomischen Kräfte und Mittel zu konzentrieren (= Nennung des Aussageziels). Der wissenachajtlich-technische Fortschritt erfordert di eBeseitigung der überkommenen wirtschaftlichen Zersplitterung und an deren Stelle die Konzentration der ökonomischen Kräfte und Mittel (= 1. Prämisse). Die DDR-Wirtschaft muß wissenschaftlichtechnischen Fortschritt aufweisen (— 2. Prämisse). Die DDRWirtschaft hat die überkommene wirtschaftliche Zersplitterung zu beseitigen und ihre ökonomischen Kräfte und Mittel zu konzentrieren (= Schlußfolgerung). Ein solcher vollständiger Syllogismus wird in der wissenschaftlichen und publizistischen Praxis selten angewandt, da diese nicht der logischen Schemata wegen existiert, sondern im Dienst des Menschen steht und dessen Denken, Wissen und Assoziationsvermögen in Rechnung stellt. Der Syllogismus wird daher in der Regel eingeschränkt auf drei oder zwei der vier Sätze. Meist unterbleibt die zweimalige Nennung des Hauptgedankens als vorangestelltes Beweisziel bzw. als Sohlußfolgerung, sofern es sich nicht um eine These,

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Synekdoche

eine zu begründende Behauptung handelt. Oftmals wird der Hauptgedanke ganz unterdrückt. Dafür können zwei völlig verschiedene Gründe maßgebend sein. Es kann einmal die Absicht bestehen, das Publikum die Schlußfolgerung selbst ziehen zu lassen. Hier liegt Analogie zur ↑ Anspielung vor. Zum anderen kann die demagogische Absicht bestehen, die Schlußfolgerung dem Publikum vorzuenthalten — ein Hauptverfahren imperialistischer Meinungsmanipulation. Der Syllogismus wird weiterhin dadurch beschränkt, daß statt beider Prämissen nur eine gesetzt wird. Damit beginnt ein Prozeß schwindender Beweisführung. Der Prozeß kann so weit gehen, daß überhaupt keine Urteile (Prämissen) gegeben werden. Das braucht kein unbedingter Mangel zu sein, da der argumentierende, exakt begründende Gedanke nur eine Möglichkeit überzeugender Darlegung ist, keineswegs die ausschließliche. Allerdings ist sie in der wissenschaftlichen Abhandlung die geforderte Form der ↑ Gedankenführung. Insbesondere in publizistischen Texten treten neben die Syllogismen weitere Gedankenformen, z. B. Frage, Appell, Ursache/Folge, Gegensatz (↑ Antithese), ↑ Gleichnis, historischer Vergleich.

Symbol, Sinnbild: Zeichen für eine Klasse von Erscheinungen.

Symploke f: Kombination von ↑ Anapher und ↑ Epipher. Synästhesie f: Verschmelzung mehrerer Sinnesempfindungen, z. B. das rostige Quietschen der Schwengelpumpen.

Synekdoche f: Art des ↑ Tropus; Ersatz eines Ausdrucks durch einen Ausdruck, dessen Bedeutung innerhalb der Grenzen des begrifflichen Inhalts des ersetzten Ausdrucks liegt (↑ aber Metonymie). Es sind mehrere Grenzen des Begriffsinhaltes, die von der Synekdoche betroffen. werden können: (1) die Grenzen zwischen Art und Gattung (der Apfel / das Obst), (2) die Grenzen zwischen Teil und Ganzem (pro Kopf / pro Einwohner), (3) die Grenzen zwischen Einzahl und Mehrzahl (der Mensch / die Menschen), (4) die Grenzen zwischen Fertigprodukt und Rohstoff

(Goldmedaille / Gold).

Unterschieden wird die Synekdoche vom Weiteren und die Synekdoche vom Engeren. — 1. In der Synekdoche vorn Weiteren wird das Engere durch das Weitere ausgedrückt, und zwar (1) die Art durch die Gattung (statt Apfel wird Obst gesetzt), <2) der Teil durch das Ganze — auch Totum pro parte (statt

Synkope

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20000 Leipziger waren auf den Beinen wird gesetzt: Ganz Leipzig war auf den Beinen.), (3) die Einzahl durch die Mehrzahl (statt

Der Mensch geht uns auf die Nerven wird — zugleich in euphemistischer Weise — gesetzt: Die Menschen können einem auf die Nerven gehen), (4) das Fertigprodukt durch den Rohstoff (statt: Die Olympiakämpferin gewann drei Goldmedaillen wird gesetzt: Die Kämpferin gewann dreimal Gold). — 2. In der Synekdoche vom Engeren wird das Weitere durch das Engere ausgedrückt, und zwar (1) die Gattung durch die Art (statt lebensnotwendige Nahrungsmittel wird Brot gesetzt); (2) das Ganze durch den Teil — auch Pars pro toto (statt pro Einwohner wird pro Kopf gesetzt), (3) die Mehrzahl durch die Einzahl (statt die Menschen wird gattungsbegrifflich der Mensch gesetzt). Synkope ↑ unter Elision.

Synonyme n pl: verschiedene sprachliche Zeichen für ein und denselben Sachverhalt. (1) Nach dem Bereich des Sprachsystems, dem die austauschbaren Formen zugehören, unterscheidet man zwischen lexischen, morphologischen und syntaktischen Synonymen. a) Lexische Synonyme sind austauschbare Bezeichnungen für ein Wort, einen Namen (gegensätzliche lexische Zeichen werden ↑ Antonyme genannt); zu den lexischen Synonymen zählen die versehiedenen Formen des ↑ Tropus (↑ Metapher, Metonymie, Euphemismus). b) Morphologische Synonyme sind austauschbare Wortformen (Brots/Brotes). c) Syntaktische Synonyme sind austauschbare syntaktische Strukturen (Müllers Sohn / der Sohn Müllers / der Sohn von Müller / der Sohn des Müller). (2) Nach den Differenzen in semantisch-stilistischer Hinsicht (↑ Stilfärbung, Stilschicht) wird zwischen ↑ begrifflichen Synonymen (nur begrifflich, jedoch nicht stilistisch gleichwertigen Formen) und ↑ stilistischen Synonymen (begrifflich und stilistisch deckungsgleichen Formen) unterschieden. Diese Unterscheidung ist umstritten; sie hängt davon ab, ob man stilistische Nuancen als zur Bedeutung gehörig betrachtet oder nicht. (3) Nach der Fixierung der Austauschbarkeit im Sprachsystem trennt man absolute bzw. grammatische Synonyme und kontextuale Synonyme (↑ kontextuale Synonymie). Die vieldiskutierte Frage, wieweit man von absoluten oder überhaupt von Synonymen sprechen kann, ist im Hinblick auf den Gesamttext sekundär, weil im Kontext

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syntaktische Synonyme

auch nicht-deckungsgleiche Formen absolut synonym werden können.

Vom Standpunkt des Textes dürfen auch Aussageeinheiten und selbst Aussagekomplexe als synonym bezeichnet werden; hier ist jedoch zweckmäßigerweise nicht von Synonymen, sondern von ↑ Synonymie (des Textes) zu sprechen. Von den Synonymen zu trennen sind die landschaftlich begrenzten gleichwertigen Bezeichnungen, die ↑ Heteronyme.

synonyme Wiederholung: gedankliche Präzisierung durch ↑ kontextuale Synonymie, daher auch als gedankliche Wiederholung bezeichnet. Im Unterschied zur ↑ variierten Wiederholung taucht der tragende Ausgangsbegriff nicht wieder auf, auch nicht in veränderter Form (eine Replik, eine geschickte Antwort; etwas Furchtsames, gleichsam Gehetztes). ↑ Wiederholung, Synonymie.

Synonymie f: gleiche Bedeutung von Wörtern, Wendungen, Sätzen und deren Strukturen sowie von größeren Texteinheiten. Synonymie wird ermöglicht durch vorhandene ↑ Synonyme bzw. ↑ Dubletten und durch synonyme Mittel der Struktur, ist jedoch auch durch verschiedene Anwendung des ↑ Tropus, darunter vor allem der ↑ Periphrase, zu erreichen. In einem weiteren Sinn kann sie durch alle Formen des Anderssagens, für die Stilistik und Grammatik noch keine festen Benennungen haben, erzielt werden, Maßgeblich ist, auf den Gesamttext bezogen, die Synonymie der gesamten ↑ Aussage; zu ihr können auch nichtsprachliche (gestische, intonatorische u. a.) Mittel beitragen. Synonymie der Aussage, des Textes geht also über grammatische und lexische Synonymie hinaus; die in Grammatik und Wörterbuch fixierten Varianten bieten nur eine leicht handhabbare Grundlage. Der eigentliche Denkprozeß beginnt bei der Gestaltung und Umgestaltung des Textes (↑ Textgestaltung, Bearbeitung, neue ↑ Fassung, ↑ auch Redigierung), die eine Verdeutlichung und Verschönerung (↑ Ornatus) der Aussage zum Ziel hat. Eine Sonderform der Synonymie ist die ↑ kontextuale Synonymie. ↑ auch fakultative Sprachformen.

syntaktische Anapher ↑ unter Anapher. syntaktische Epipher ↑ unter Epipher. syntaktische Synonyme ↑ unter Synonyme.

Tabuwort

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T

Tabuwort: ursprünglich aus religiösen Gründen, aus dem Glauben an die Identität des Wortes mit der bezeichneten Erscheinung gemiedenes Wort. Heute werden bestimmte Bezeichnungen vielfach aus politischen Gründen zum Teil berechtigt, zum Teil unberechtigt gemieden. Historische Berechtigung liegt vor, wenn Bezeichnungen vermieden werden, die sich verbrecherische Personen und Institutionen in meist demagogischer Absicht selbst gegeben haben, z. B. Nationalsozialiamus, Führer, Gauleiter, Ostmark. Keine historische Berechtigung liegt vor, wenn imperialistische Sprachmanipulierer offizielle Bezeichnungen wie Deutsche Demokratische Republik, Vorsitzender des Ministerrats der DDR, Karl-Marx- Stadt (früher Chemnitz) zu Tabuwörtern erklären.

Tautologie f: Häufung sinngleicher, auch nach der Wortart gleicher Wörter (bereits schon) im Unterschied zum ↑ Pleonasmus, der Häufung sinngleicher, nach Wortart verschiedener Wörter (ein älterer Greis). Heute werden Tautologie und Pleonasmus weitgehend synonym gebraucht. Eine Quelle der Tautologie ist das Nichtverstehen von Fremdwörtern (neu immatrikuliert). Auch Aussagen können tautologisch sein. Bewußte Tautologie kann in der ↑ Zwillingsformel vorliegen.

Teilausklammerung ↑ unter stilistisohe Ausklammerung. Teilzitat: Zitatstück, das in einen eigenen Satz eingefügt oder zu einem Satz formal vollendet wird. Des Teilzitats bedient man sich, wenn sich der vollständige Originalsatz nicht der eigenen Syntax angleichen läßt, wenn er der eigenen Diktion (↑ Autorstil) widerspricht oder inhaltlich in eine andere Richtung weist oder wenn ein einzelner Begriff (und die dahinter stehende Auffassung) Gegenstand der Polemik, des Beweises usw. sind. In der Polemik kann das Teilzitat sowohl der schrittweisen Widerlegung der gesamten Äußerung als auch dem Entdecken einzelner Phrasen dienen; als Belegoder Berufungszitat nutzt es eine besonders gültig formulierte Aussage zur eigenen Beweisführung. Die Möglichkeit, zitierte Auffassungen absichtlich oder unbewußt zu entstellen, ist gegeben.

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Tempuswahl

Bei Teilzitaten ist der Wechsel der ↑ Perspektive zu beachten: Sie sollen z. B. keine Pronomina enthalten, die der Perspektive des Autors entgegengesetzt sind. ↑ Zitat.

Telegrammstil: gängige Bezeichnung für satzartige Formulierungen in Telegrammen und Zeitungsüberschriften. In dieser Mitteilungsform entfallen nach Bedarf Artikel, finite Formen des Verbs sein, bei eindeutigen Präpositionen auch Vollverben (DDR-Elf nach Bukarest = ,DDR-Elf begibt sich nach Bukarest'), zuweilen auch Präpositionen und Konjunktionen (Länderkampf DDR —Polen), in Telegrammen selbst außerdem oft Personalpronomina der 1. Person.

Temporalisierung: Verzeitlichung von Statischem, um die Aussagen zu beleben, mit Dynamik zu erfüllen. ↑ Dynamik, Statik.

Tempuswahl: stilistisch-kompositorische Entscheidung über den Gebrauch eines Tempus. Tempora haben nicht in jedem beliebigen Zusammenhang die gleiche Funktion. Sie können zugleich mit den zeitlichen Bezügen Geltungsgrad, Hervorhebung (Anteilnahme) und ↑ Perspektive bezeichnen. Zwang zu einem bestimmten Tempus herrscht z. B. bei mündlicher oder schriftlicher Beschreibung existierender Sachen und Bezüge und beim Bericht über jetzt ablaufende Vorgänge (Direktreportage). Mitunter werden auch bestimmten Grundhaltungen bestimmte Tempora zugewiesen, so nach Weinrich das Präteritum und das Plusquamperfekt der erzählenden Haltung („erzählte Welt"), das Präsens und das Perfekt der besprechenden Haltung („besprochene Welt"). Doch gibt es relative Möglichkeiten der Wahl zwischen Präteritum und Perfekt, und unter bestimmten. Bedingungen kann von einemTempus zum anderen gewechselt werden. — z. B. vom Futur zum Präsens oder vom Plusquamperfekt zum Präteritum — , ohne daß ein Wechsel in den Zeitbezügen erfolgen würde. Stilistisch, d. h. durch Gedankenführung, durch kompositorische und sprachästhetische Erwägungen bedingte Tempusformen sind (1) das Perfekt im erzählenden Text; (2) das Perfekt als rahmengebendes Tempus (Einleitungs-, Schluß-, Rahmentempus); (3) das Präsens im Präteritumtext (↑ historisohes Präsens); (4) das Prasens als durchgehendes Erzähltempus; (5) das Präsens der ↑ direkten Reflexion; (6) das Präteritum oder Präsens der ↑ erlebten Rede

Terminus

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und der ↑ erlebten Reflexion; (7) das durch die Einbeziehung eines noch gegenwärtigen Sachverhalts in die Erlebnis-Ebene — in den Präteritumkontext — bedingte Präteritum (↑ Präteritalanziehung); (8) Ersatztempora (ursprüngliche Modi) zum Ausdruck zukünftiger Sachverhalte vom Standpunkt eines vergangenen Geschehens; (9) Tempusformen, die zur Vermeidung störenden ↑ Gleichklangs gewählt werden, also z. B. Präteritum für wiederholtes Plusquamperfekt oder Perfekt, Präsens oder Modalformen für wiederholtes Putur. So werden längere Textstücke im Plusquamperfekt, Perfekt oder Futur nicht allein wegen der Unschönheit gleichklingender Formen vermieden, sondern auch wegen der ungewollten Anaphorik des Faktischen

(hatte oder hat geschrieben/gedacht), darüber hinaus auch aus Gründen der Sprachökonornie. Deshalb wird in solchen Fällen durch ein Signal, das den folgenden Text weiter als zeitlichen ↑ Rückgriff kennzeichnet (damals, in dieser Zeit), zum einfachen Tempus übergeleitet. Der abermalige Wechsel zur ursprünglichen Zeitebene wird wiederum mit lexischen Mitteln (nun, jetzt) signalisiert (im übrigen ergibt er sich meist durch den Inhalt). ↑ Berichtstempora, Erzähltempus.

Terminus, auch Fachausdruck: Ausdruck innerhalb eines bestimmten Fachgebiets mit einer weitgehend festgelegten Bedeutung im Gegensatz zum nichtfachbezogenen Ausdruck, bei dem Mehrdeutigkeit möglich ist (↑ Polysemie). Das Verstehen eines Terminus setzt im allgemeinen die Kenntnis der fachlichen Systembezogenheit voraus, doch werden zahlreiche Termini auch außerhalb des Fachgebiets verstanden, z. B. Akkumulationsfonds. ↑ auch Professionalismus.

territoriale Dubletten ↑ unter Dubletten.

Tertium comparationis n: das Dritte des ↑ Vergleichs, das Gemeinsame zweier ähnlicher Erscheinungen, analoge Eigenschaften, vergleichbare Merkmale. Ähnlichen Erscheinungen sind unähnliche Eigenschaften beigemengt. Der Mischungsgrad zwischen ähnlichen und unähnlichen Eigenschaften variiert. Extremfälle sind der Gegensatz (↑ Antithese) als Extrem des Unähnlichen und die ↑ Synonymie als Extrem des relativ Sinngleichen. Beide Extreme markieren die Grenzen des ↑ Vergleichs. Das Ahnliche erscheint entweder als ↑ Beispiel oder als assoziativer Vergleich. Die Grenzen sind fließend. Beim Bei-

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Text

spiel dominiert als zwingendes Drittes des Vergleichs der objektive, fixierte, dokumentarische Sachverhalt (↑ Sachvergleich); bei den assoziativen Vergleichen, insbesondere in publizistischen und belletristischen Texten, tritt das Assoziationsvermögen der vergleichenden Person stärker in Erscheinung. Die vergleichende Person setzt ausdrücklich die Beziehung zwischen Sachund Übertragungsebene. So erscheint diese Beziehung bei Hegel als „subjektiv Gemachtes"; Hegel spricht daher vom „subjektiven Dritten", da der Vergleichende nach seiner eigenen Anschauung die Ähnlichkeit flndet und die Sache durch das verwandte, ähnliche Bild veranschaulicht und erklärt. In diesem Sinn wird das subjektive Dritte, das Tertium comparationis, der ideelle Angelpunkt für die in Vergleich gesetzten Erscheinungen. Es nimmt seinen Ausgangspunkt in den Anschauungen, d. h. in den Ideen der vergleichenden Person. Es verrät auf intime Weise die Gedanken des Autors (↑ bildlicher Vergleich).

Nach Aristoteles ist es das Kennzeichen des Genies, das Gleiche in den Dingen zu finden. Lessing gelangt zu der Erkenntnis, daß in einer vollkommenen Darstellung Begriff und Bild zusammengehöre wie Mann und Weib. Goethe, der sich selbst einen „Gleichnismacher" nennt, meint, man dürfe ihm Gleichnisse nicht verwehren, da er sich sonst nicht zu erklären wisse, und faßt diesen Gedanken in den assoziativen Vergleich: „In Gleichnissen laufe ich mit Sancho Pansas Sprichwörtern um die Wette."

Text: im stilistischen Sinne jede schriftliche oder mündliche Gesamtäußerung. Der Text sagt, was die Sache ist, die in ↑ Aussage, in Wort umgesetzt wird. Die Sache muß sich selbst tragen. Diese sich selbst tragende Sache heißt der Gegenstand, der sich in seinen Verhältnissen und Begebenheiten, in der Vielzahl der Umstände und deren Entwicklung kundgibt. Beabsichtigter ↑ Effekt des Textes ist, den Gegenstand dem Publikum bewußt zu machen (↑ Aussageabsicht). Jeder Text hat eine Form, seine Form mit bestimmenden Merkmalen (↑ Stilzüge). Texte mit ähnlichen bestimmenden Formmerkrnalen schließen sich als Genre bzw. als Gattung (↑ Genrestil bzw. ↑ Gattungsstil) zusammen. In bezug auf ↑ Perspektive und Originalität ist der Text einzuteilen in ↑ Autortext und ↑ perso-

9 Stükunde

Textgestaltung

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nalen Text. Zur Gliederung von Texten ↑ Dreiteilung, ↑ Zweiteilung.

Textgestaltung: strukturell-gedankliche und sprachliche Formung einer ↑ Aussage, auch als ↑ Stilisierung bzw. ↑ Stilgestaltung bezeichnet.

Jedes Schreiben und Sprechen ist zugleich Textgestaltung, denn jeder Text hat ↑ Stil. Die Gestaltung erfolgt in verschiedenem Grade bewußt. Nachlässige Alltagsrede ist kaum oder nur intuitiv gestaltet. Höchste Bewußtheit liegt gewöhnlich künstlerischer Textgestaltung zugrunde; sie zielt auf ↑ Dichte und Ästhetik der Aussage (↑ ästhetische Stilisierung). Bewußtheit bei wissenschaftlicher Darstellung hat anderen Charakter; deren Maßstab ist vor allem ↑ Präzision. Ähnliches gilt für Amtsdokumente, die freilich in der Klassengesellschaft bewußt auf Präzision verzichten, diese durch augenfällige Eleganz verdecken können.

Jedes sinnvolle sprachliche Mitteilen fordert Gedankenformung und Sprachformung. Nicht der Stil an sich wird gestaltet, sondern die Gedanken werden geformt und mit ihnen ihre Hülle. Das Schaffen und Mitgestalten (so auch die ↑ Redigierung bzw. ↑ Lektorierung) von Texten ist das Feld, auf dem sich — neben der ideellen Qualifikation des Autors für das Thema — theoretische Kenntnisse der Stilistik und methodische Prinzipien der Stillehre zu bewähren haben.

Thema: 1. im stilistischen Sinne der begrifflich abgegrenzte Gegenstand (das Subjekt im weitesten Sinne) einer Darstellung (↑ Text), über den eine mehr oder weniger umfassende ↑ Aussage gemacht werden soll. Dieses Thema selbst ist nicht Aussage; es wird ausschließlich nominal formuliert (über ... / zum / zur ... / betreffend den/die/das). Die Formulierung in einem Satz mit Prädikat ist bereits Quintessenz, Resümee, ↑ Hauptaussage einer Mitteilung, also ↑ Inhaltsangabe. Mit der ↑ Überschrift ist das Thema nur in wissenschaftlichen Texten identisch; die Überschrift hat auch andere Funktionen als die Themaangabe, sie kann das Thema sogar bewußt umgehen. - 2. in der kontextual orientierten Grammatik der Teil des Satzes, der keine neue Aussage bringt, sondern auf Bekanntes bzw. Vorausgegangenes, Gegebenes zurückgreift, im Unterschied zum Thema, das die eigentliche Mitteilung gibt. Auch das Thema in

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Titel

diesem Sinn ist nicht Aussage, sondern (in einem allerdings engeren, jedoch nicht formal-grammatischen Sinn) Gegenstand. — 3. auch, besonders in älterer Aufsatzlehre, der Grundoder Leitgedanke eines Textes (dazu Thema probandum = ,der zu beweisende Satz'); dieser wird je nach stilistischem Gesichtspunkt und praktischer Realisierung im Text genauer als vorgefaßter Grundgedanke, ↑ Aussageabsicht, ↑ Hauptaussage oder Aussage des Textes bezeichnet.

Thema probandum n ↑ unter Thema 3. theoretische Stilistik ↑ unter Stilistik.

Titel: Ankündigung einer Aussage oder eines Auasagekomplexes. Die Bezeichnung wird oft im Gegensatz zur ↑ Überschrift gebraucht, die auf den Einzelbeitrag bezogen wird. Diese Gegenüberstellung ist unberechtigt.

Die Funktion des Titels ist unterschiedlich je nach dem Bereich der zugehörigen Texte. In wissenschaftlichen Publikationen sollen Titel exakt über das ↑ Thema orientieren, im übrigen haben sie vor allem Reizfunktion, daneben auch grob informierende Funktion. Auch logisch sind Titel keine einheitlichen Gebilde. Sie können ein Thema angeben, d. h. einen Begriff oder Begriffskomplex mit spezifizierenden Attributen nennen (Die Entscheidung / Die Heiden von Kummerow), oder eine ↑ Aussage bilden, die die Textaussage vorwegnimmt, sei sie real gedacht (Zeitungsgenre: Gewerkschaften wollen keine Halbheiten) oder gleichnishaft (Die Toten bleiben jung). Aussagetitel in diesem Sinn sind jedoch nicht an ein Prädikat gebunden. Namentlich in telegrammartig formulierten Pressetiteln lassen viele nominale Formulierungen die Interpretation als Aussage zu, und zwar nicht nur, wo offensichtlich das Verb ausgelassen wurde (DDR-Delegation [ist] nach Ulan-Bator [gereist]), sondern auch bei Substantivierungen (Hohe Ehrung für Frans Masereel = ,Frans Masereel wurde hoch geehrt'). Bei Verbalabstrakten ist der Artikel entscheidend: Der Empfang des Ministerrates ist Thematitel, Empfang des Ministerrates ist verkappte Aussage (= ,Der Ministerrat gab einen Empfang'). Titel existieren nicht für sich, sondern neben und über dem Text, dessen Hauptaussage bzw. Hauptproblem sie andeuten. Dabei müssen Titel und Textaussage(n) eine stilistische Einheit bilden. ↑ auch Sprachrhythmus, Stabreim.

9*

Totum pro parte

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Totum pro parte ↑ unter Synekdoche. Tractatio ↑ unter Rhetorik.

Treppensätze: Bezeichnung für Sätze mit mehreren jeweils einander untergeordneten Gliedsätzen.

tropische Wiederholung: Veranschaulichung eines Begriffs, einer Definition, eines Urteils, einer Schlußfolgerung durch einen ↑ Tropus. Die tropische Wiederholung hat einen festen Platz in der politischen Publizistik, z. B. Wer war das Thema, das Herrn Camphausen so begeisterte, daß er begeisternd zu Begeisterten sprach? Wer der Äneas dieser Äneide vom 6. Juni? Wer anders als der Prinz von Preußen! (Marx). ↑ Wiederholung.

Tropus: Wendung; Ersatz einer Bezeichnung durch einen nicht von vornherein synonymen Ausdruck. Zum Beispiel gelten anfangen und beginnen lexikologisch als Synonyme; die Wendungen an den Start gehen, den Stein ins Rollen bringen, aufs Tapet bringen aber können nicht von vornherein als Synonyme gelten, da sie jeweils nur unter bestimmten kontextualen Bedingungen an die Stelle der weitgehend sinngleichen Verben anfangen bzw. beginnen treten können. Hauptarten des Tropus sind: ↑ Emphase, ↑ Hyperbel, ↑ Ironie, ↑ Katachrese, ↑ Litotes, ↑ Metapher, ↑ Metonymie, ↑ Periphrase, ↑ Synekdoche. Verschiedene Tropen sind untereinander kombinierbar, z. B. ist Falladas Titel Wolf unter Wölfen zugleich ↑ Periphrase des Personennamens und Metapher für die Klassenzugehörigkeit der Person und ihre Stellung in der Gesellschaft.

U

Überarbeitung ↑ unter Bearbeitung. übersatzmäßige Einheit ↑ suprasyntaktische Einheit.

Überschrift: eindeutschendes Wort für das Polysem ↑ Titel. In der Praxis wird die Überschrift meist als eine Unterart dem umfassenderen Titel gegenübergestellt, z. B. Buchtitel — Kapitelüberschrift / Zeitungstitel — Artikelüberschrift. Die Trennung ist unberechtigt, da es z. B. in der Journalistik

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variierte

Wiederholung

 

neben Zeitungstitel und Artikelüberschrift noch andere Formen des Titels gibt, die sich in bezug auf den Zusammenfassungsgrad unterscheiden (Seitentitel, Sammeltitel, Gliederungstitel, Obertitel, Untertitel, Zwischentitel usw.); sie sind begrifflich der Überschrift teils über-, teils untergeordnet. Die Bezeichnung Überschrift kann deshalb nur als praktisches Synonym für eine bestimmte Art des Titels gelten.

Übersteigerungsformel ↑ unter Hyperbel.

Übertreibung ↑ unter Hyperbel. Umgangs[spracli]stll ↑ Alltags[sprach]stil.

umrahmende Wiederholung: Wiederholung texteinleitender Begriffe oder Wortfügungen am Ende des Textes oder eines Textabschnittes nach dem Prinzip des ↑ Rahmenbaus.

uneigentlich direkte Rede ↑ unter erlebte Rede. uneingeleiteter Dialog ↑ Blankdialog.

unverbundene Aufzählung, Asyndeton n: nicht durch Konjunktionen verbundene, mehrgliedrige, inhaltlich unabgegrenzte, jedoch stilistisch hervortretende Wortgruppe, z. B. Ein Schreibtisch, ein Sitzungstisoh, acht Stühle, ein Schrank, ein Garderobenständer, zwei Bilder, Rundfunkempfänger — einfache, leichte Möbel, glatt und hell, sachlich: das Zimmer des Kommandeurs (H. Hauptmann). Durch die unverbundene Aufzählung wird hier die Absicht, Impressionen zu geben, verwirklicht.

V

Variation ↑ stilistische Variation.

variierte Wiederholung: Veränderung der Ausgangsbezeichnung durch Abwandlungen und Zusätze verschiedener Art (alles, aber auch alles; nichts, aber auch gar nichts). Der variierten Wiederholung eines leitmotivisch verwendeten ↑ Zitats oder ↑ Teilzitats bedient sich gern das polemische ↑ Erörtern, vgl. dazu Engels' Streitschrift „Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft". ↑ auch etymologische Wiederholung, Wiederholung.

veranschaulichende Merkmalsfolge

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veranschaulichende Merkmalsfolge: Aufzählung von bestimmenden Merkmalen zu einem Begriff, einer Sache, einem Vorgang, einer Handlung, einem Prozeß, einer Person, einem Kollektiv, einer Gemeinschaft. Die veranschaulichende Merkmalsfolge hat ihren Platz im berichtenden, beschreibenden, charakterisierenden, erzählenden, schildernden Text. ↑ Epithetahäufung, Hauptaussage, Nebenaussage; ↑ auch Anapher, Epipher, Kerngedanke.

Verba agendi ↑ unter Redeverb. Verba dicendi ↑ unter Redeverb. verbale Klammer ↑ unter Klammerung.

Verbalstil: Darstellungsweise, die bestrebt ist, dem 8atz in lexisch-semantischer und rhythmischer Hinsicht möglichst viel Bewegungsfreiheit zu verschaffen, und zwar durch den Gebrauch von Pradikaten, die ausschließlich aus dem Verbum finitum gebildet sind (z. B. er kam, sah, siegte), durch Häufung und mitunter Wiederholung von Verben (z. B. Krähengesichtig .

. . hocken sie, hocken, hocken und hocken [Borchert]), durch Gebrauch von Bewegungsverben statt Zustandsverben (Es grünt statt Es ist grün), durch ↑ Personifizierung (Der Motor brüllte und donnerte und fraß gierig das endlose Band der weißen Uferstraße in sich hinein [Weiskopf]). ↑ Dynamik, ↑ aber Nominalstil, Zuordnungshäufung.

Verba sentiendi ↑ unter Reflexionsverb.

verbundene Aufzählung, Polysyndeton n: durch Konjunktionen verbundene, mehrgliedrige, inhaltlich unabgegrenzte, jedoch stilistisch hervortretende Wortgruppe, z. B. Der Hund / Ist kräftig und klug und gekauft / Die Gärten zu bewachen (Brecht).

Verdeutlichung ↑ grammatische Verdeutlichung, kontextuale Verdeutlichung, Spracheffizienz.

Vergleich: Darstellungsverfahren, das sich das Gemeinsame in den Eigenschaften zweier oder mehrerer Erscheinungen zunutze macht. Diese gemeinsame Eigenschaft ist das ↑ Tertium comparationis. Formen des Vergleichs sind der ↑ Sachvergleich und der ↑ bildliche Vergleich.

verkleidete Gedankenführung ↑ unter Gedankenführung. verschleierte Rede ↑ unter erlebte Rede.

verschlüsselte Gedankenführung ↑ unter Gedankenführung.

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Vorreiter

Verweisung: sprachlicher Ausdruck der Gedankenverflechtung, Bezugnahme auf anderweitig geäußerte Gedanken; oft in Parenthesen erfolgend (wie schon bemerkt. ..).

Voluntas ↑ unter Rhetorik.

Vorausdeutung: andeutende Vorwegnahme eines in bezug auf das eben dargestellte Geschehen erst später eintretenden (und dann nochmals dargestellten) Geschehens. Die Vorausdeutung ist der mehr literaturtechnische Begriff (mit leicht mythisierendem Beiklang) für die stilistisch orientierte Bezeichnung ↑ Vorgriff.

Vorgriff: Ausweichen aus der ↑ Zeitebene eines Textes, Erwähnung oder kurze Ausführung eines Geschehens, das in bezug auf das augenblicklich dargestellte erst zukünftig ist. Es gibt im Deutschen kein eigentliches Vorgriffstempus; Vorgriffstempora werden durch Umschreibung gebildet. In ↑ erlebter Rede bzw. ↑ erlebter Keflexion kann auch das Präteritum bei Vorgriffen verwendet werden. (Er wußte: morgen war es so weit.), in ↑ direkter Reflexion wie in der Alltagsrede das Präsens. ↑ Rückgriff, Rückblende, Tempuswahl, ↑ auch Vorausdeutung.

Vorreiter: 1. ironisch-bildhafte Bezeichnung für Bezugswörter und -fügungen, die den semantisch wichtigeren Begriff syntaktisch unterordnen. Vorreiter sind ursprünglich sinnvolle, dann aber meist schablonisierte Wörter und Fügungen wie Sache des/der, Frage des/der, Problem des/der, aus den Reihen der (= ,aus der'), im Zuge des (= .beim'), im Interesse der (= ,für die'), in der Zeit des

(= ,während'), auf den Seiten der (— ,in der'). Neben solchen floskelhaft gewordenen Wortkomplexen kann auch jede Wortgruppe als Vorreiter bezeichnet werden, bei der die Aussage allein im formal abhängigen Satzteil, dem Attribut, vollzogen wird, z. B. in der folgenden Formulierung: die Schaffung einer atomwaffenfreien Zone fordern (= ,eine atomwaffenfreie Zone fordern'); alle Kraft im Dienste der Verwirklichung der Beschlüsse zur Durchführung des (= alle Kraft für den). Derartige Fügungen waren oft Gegenstand satirisch überspitzter Sprachglossen, so daß in bedeutenden Publikationen und Publikationsorganen diese Unsitte kaum mehr zu finden ist. — Bei der VorreiterKonstruktion handelt es sich um einen Widerspruch zwischen Inhalt und Form, indem die begrifflich domi-

Vulgarismus

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nierenden Vorstellungen grammatisch — möglicherweise sogar mehrfach — untergeordnet sind. — 2. Bezeichnung für ↑ rhetorische Floskeln, Satzteile und Sätze, die keine inhaltliche Bedeutung haben, günstigenfalls die eigentliche Äußerung („zur Sache") vorbereiten, z. B. ich würde sagen, ich würde meinen; man könnte sagen; meiner Meinung nach — wenn ich das so sagen darf — könnte man. Vorreiter dieser Art müssen unterschiedlich beurteilt werden: (a) Formulierungen wie Was diese Frage betrifft / Erwähnenswert ist / Es muß besonders hervorgehoben werden können signalgebende Übergänge zu neuen Gedanken bilden, die die besondere Aufmerksamkeit beanspruchen; (b) sie können auch bewußt einer kurzen Denk-, einer Erholungspause innerhalb einer längeren Rede dienen (und z. B. auch eine Pause im Mitschreiben schaffen); (c) sie können aber auch eine sonst eintretende Leere überbrücken wollen, belanglose Sachverhalte aufbauschen usw. — 3. In einem noch weiteren Sinn kann jedes entbehrliche Epitheton zu einem sinnwichtigen Begriff, vor allem das ↑ stehende Epitheton oder auch eine Gruppe stereotyper Charakterisierungen zu einem Substantiv, als Vorreiter bezeichnet werden.

Häufung von Vorreitern beeinträchtigt den ↑ Effekt der Äußerung; sie führt zum Desinteresse an der eigentlichen ↑ Aus-sage. Vulgarisnius: grober, derb-dreister, vulgärer Ausdruck; er kann als charakterologisches Mittel dienen. ↑ Stilfärbung, Stilschicht.

W

wachsende Glieder: zunehmende Quantität der Teile einer ↑ Aufzählung oder ↑ Wiederholung, z. B. der Silbenzahl aufgezählter Wörter oder der Wortlänge bzw. Wortzahl parallel gebauter Satzteile (↑ Isokolon) und schließlich auch parallel geführter Gedanken (↑ Isolog). Das Prinzip der wachsenden Glieder darf als eine quantitative ↑ Klimax bezeichnet werden. Es gilt als

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Wörtlichnehmen

„Gesetz", als Stilprinzip (Prinzip der Steigerung), doch ist auch das der ↑ Antiklimax entsprechende Gegenteil möglich.

Werkstil ↑ unter Stilarten.

Wiederholung: Häufung des Gleichen; Methode der ↑ Gedankenführung, bei der einzelne Wörter, Wortgruppen, Sätze oder kompositorische Strukturen, die gleichen Inhalts sind, in gleicher oder verschiedener Weise und in verschiedener Häufigkeit aufgegriffen werden, um aussagewichtige Sinneinheiten zu verdeutlichen. Über einen längeren Text hinweg fungieren Wiederholungen als Sinnbrücken, als leitende Motive für das Verständnis. Formen der Wiederholung sind: ↑ etymologische Wiederholung, ↑ Isokolon, ↑ synonyme Wiederholung, ↑ tropische Wiederholung, ↑ umrahmende Wiederholung, ↑ variierte Wiederholung, ↑ wörtliche Wiederholung. ↑ auch Akkumulation, Amplifikation.

wissenschattlicher Sprachstil: Sprachstil wissenschaftlicher Beschreibung, Erörterung und Darlegung. Deren Hauptkenn-zeichen ist Sachbezogenheit, Entindividualisierung, Gebrauch der Terminologie. Auf diese und ähnliche Charakteristika stützt sich die Ausgliederung wissenschaftlicher Darstellungsweise als eines besonderen ↑ Bereichsstils. Da Hauptzweck wissenschaftlicher Mitteilungen die Ausbreitung und Diskussion von Erkenntnissen ist, kann wissenschaftlicher Sprachstil spezieller in seinen hauptsächlichen ↑ Darstellungsarten ↑ Beschreiben, ↑ Erörtern und ↑ Darlegen gefaßt werden. Kennzeichnend für den ↑ Denkstil wissenschaftlicher Mitteilungen sind vor allem eine streng logische, oft vom Generellen zum Speziellen schreitende ↑ Disposition, meist argumentierende Gedankenfolge (↑ Syllogismus), maximale ↑ Dichte und ↑ Präzision.

Wortfolge ↑ Normalfolge, stilistische Satzgliedfolge. Wort-Ironie ↑ unter Ironie.

wörtliche Wiederholung: grammatisch unveränderte, durch keinen semantischen Zusatz vermehrte Wiederaufnahrne von Ausdrücken, entweder unmittelbar hintereinander oder in Abständen, z. B. Lernen, lernen und nochmals lernen. Sonderformen der wörtlichen Wiederholung sind lexische ↑ Anapher, lexische ↑ Epipher und ↑ Anadiplose.

Wörtlichnehmen: Art des ↑ Wortwitzes; bewußte Ausnutzung des polysemischen Charakters von Sprachformen (↑ Polysem);

Wortspiel

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humoristisch pointiert z. B.: Verkäuferin zum Käufer eines Spiegels: „Soll ich Ihnen den Spiegel einschlagen?" Käufer: „Um Himmelswillen!" ↑ auch Namenwitz.

Wortspiel: 1. im engeren Sinne eine Art des ↑ Wortwitzes; die geistvolle, oft humoristische oder satirische Verbindung teilweise gleicher Sprachformen in einer Aussage (Und die Lautesten sind nicht immer die Lautersten. [Bredel]) oder einer einzelnen Bezeichnung (humoristische oder satirische ↑ Kontamination). — 2. im weiteren Sinne Bezeichnung für ↑ Wortwitz. Wortverbindung ↑ stehende Wortverbindung.

Wortwitz, Sprachwitz: Sammelbezeichnung für die zahlreichen Möglichkeiten, aus der Mehrdeutigkeit von Sprachformen (↑ Polysem), aus der Verbindung lexischer Elemente, aus parodierender Nachahmung, aus der Veränderung des Einzelwortes und der Variation bekannter Sprichwörter, aus „verbogenen Zitaten" (Weinert) u. dgl. humoristische oder satirische Wirkungen zu erzielen. ↑ Doppelsinn, Namenwitz, Wörtlichnehmen, Wortspiel.

Z

Zahlenhyperbel ↑ unter Hyperbel.

Zeitebene: realer oder fiktiver Zeitbereich eines dargestellten Geschehens, z. B. beim funkischen Direktbericht (Funkreportage) ein gegenwärtiger Abschnitt, beim historischen Roman ein Zeitbereich der Vergangenheit. Ein Text kann mehrere Zeitebenen enthalten; von einer hauptsächlichen Zeitebene kann übergewechselt werden in eine andere, frühere (↑ Rückgriff, Rückblende) oder in eine — relativ oder absolut — zukünftige (↑ Vorgriff). Auch Wechsel aus einer eigentlich vergangenen Zeitebene in eine fiktiv gegenwärtige ist möglich (↑ historisches Präsens). Die Übergänge werden durch Tempuswechsel oder andere Tempussignale (z. B. Tempusadverbien) markiert.

Zeitstil, Epochalstil: zusammenfassende Bezeichnung für die in einer gesellschaftlichen Periode herrschenden allgemeinen

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Zitat

↑ Stilzüge und besonders Stilnormen (↑ Sprachstilnormen). Der Zeitstil ist bedingt durch Gemeinsamkeiten in der materiellen und insbesondere in der geistigen Kultur, namentlich durch aktuelle literarische Traditionen (z. B. durch Rezeption antiker Literatur in einem bestimmten Zeitabschnitt), auch durch literarische Modeerscheinungen. Die Kenntnis historiseh begrenzter Stilmerkmale ist bei der Einschätzung von Texten früherer Epochen, insbesondere Werken des kulturellen Erbesy dringlich. Zeitunggsprache ↑ Zeitungs[sprach]stil.

Zeitungg[sprach]stil, unexakt Zeitungssprache: eine schriftliche Variante des ↑ publizistischen Sprachstils; Bezeichnung für die Eigenheiten des Sprachstils der Zeitungen, auch der Presse allgemein. Der abwertende Charakter, der insbesondere der Bezeichnung „Zeitungssprache" inneliegt, rührt aus unspezifischen Untersuchungen her, aus der Auslese negativer Stilmerkmale, z. B. der Häufung von ↑ Fertigstücken, unmotiviertem ↑ Nominalstil, einem Übermaß an ↑ Zuordnungshäufung in bestimmten Teilen bzw. Genres der Presse.

Zeugma n: unlogische, sprachwidrige Verbindung von zwei oder mehr Ausdrücken (Wörtern, Wortfügungen) durch Ein-sparung eines logisch notwendigen Satzglieds; vielfach herbei-geführt durch ein polysemes Verb (↑ Polysem), das zugleich zu den verschiedenen Ausdrücken in unterschiedlicher Bedeutung zu verstehen ist. Als beabsichtigter ↑ Wortwitz erscheint das Zeugma meist in der Form, daß zwei Substantive humoristisch oder satirisch durch ein Verb verbunden sind, das für den einen Fall konkrete, für den anderen übertragene Bedeutung hat, z. B.

Hastig ergriff er sein Gepäck und die Flucht.

Zitat: eine angeführte Textpassage, die wörtliche Wiedergabe einer für den dargestellten Zusammenhang wichtigen Äußerung (↑ direkte Rede). Mit dem Begriff Zitat ist keine besondere grammatische oder stilistisch-kompositorisehe Form der ↑ Redewiedergabe gemeint, sondern — mehr inhaltlich — eine vorwiegend als Beweis, als Beleg, als Ausgangspunkt für eine Polemik oder auch als ↑ Aufhänger für einen darzustellenden Sachverhalt dienende Rede (↑ Rede 2). Weniger auf diesen inhaltlichen Charakter des Zitierens als auf die syntaktische

Zuordnungsfolge

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Form und die Stellung im Text beziehen sich die Hilfsbezeichnungen ↑ Teilzitat und ↑ Spitzenzitat.

Zuordnungsfolge, Attributkette: stufenweise Zuordnung eines Begriffs zu einem übergeordneten Begriff, wobei der abstraktiv höherstehende Begriff grammatisch jeweils untergeordnet ist; eine Form der ↑ Zuordnungshäufung. Zuordnungsfolgen erscheinen grammatisch als eine mehrfache Aneinanderreihung von präpositionalen Kasus (Voraussetzung für die Beziehungen zu den Menschen in diesem Betrieb) oder als eine Kette von Genitiven

(Stellvertreter des Vorsitzenden des Rates des Kreises), oder es erscheinen präpositionale Kasus und Genitive im Wechsel. Im Hinblick auf die Verständlichkeit ist gegen Zuordnungsfolgen nichts einzuwenden; sie können noch über das fünfte Glied hinaus leicht erfaßbar sein (Auszüge aus dem Diskussion-beitrag des Stellvertreters des Vorsitzenden der Kommission Handel und Versorgung des Kreises). Größere Schwierigkeit bereitet das Verständnis umfangreicher Begriffskomplexe, die teils neben-, teils untergeordnet sind, teils nominalen, teils verbalen Charakter tragen.

Zuordnungshäufung: Häufung logischer Zuordnungen zu einem verbalen oder substantivischen Begriff. Das Zugeordnete erscheint grammatisch als Attribut oder Adverbialbestimmung, die Häufung als Attributhäufung oder (seltener) als Adverbialhäufung. Die grammatische Bezeichnung der für den ↑ Nominal-stil wichtigen „Attributhäufung" verdeckt die Tatsache, daß es weniger um „Hinzugefügtes", um Eigenschaften geht — deren Häufung kann spezieller als ↑ Epithetahäufung bezeichnet werden —, als vielmehr um die Zuordnung des grammatisch determinierten Begriffs selbst, und zwar in zwei verschiedenen logischen Strukturen: (1) Der Begriff wird in einen größeren Zusammenhang eingeordnet und damit als Merkmal grammatisch untergeordneter Begriffe ausgewiesen (. .. die Wahrheit in Psychologie und Moral dieser scheinbar so leicht und plauderhajt arrangierten Romane [Rilla]) bzw. rubriziert (Leiter derKommission für .. . beim ... in .. .); (2) der Begriff wird vofauszusetzenden Vorgängen, Sachverhalten, Identitäten zugewiesen und erscheint logisch nur als deren Folge (Prozeß des Zerfalls des Kolonialsystems unter den Schlägen der nationalen Befreiungsbewegung).

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Zwillingsformel

Der Widerspruch zwischen grammatischer Unterordnung und logischer Überordnung erweist sich bis zu einem gewissen Grad als spannungsfördernd (↑ Satzspannung). Doch kann gehäufte grammatische Unterordnung, sofern sie nicht als rein sukzessive ↑ Zuordnungsfolge erscheint, mit zunehmendem Grad schwerer erfaßt werden, eben wegen des umgekehrten Verhältnisses von grammatischer Unterordnung und logischer Überordnung. Das Erfassen wird weiter erschwert durch das Nebeneinander und die grammatisch gleiche Behandlung der beiden genannten logischen Strukturen in ein und demselben Zusammenhang. Die Häufung von Zuordnungen ist einerseits ein Spiegelbild möglicher Abstraktionshöhe, indem sie eine große Zahl vorausgehender Geschehnisse und übergeordneter Bezüge begrifflich zu fassen und unter einem einzigen Begriffskomplex zu subsumieren vermag. Andererseits gilt sie mit Recht als Stilfehler, jedoch nicht aus den meist vorgebrachten sprachästhetischen Gründen (Häufung von -ung, von Genitiven usw.), sondern wegen der damit verbundenen ↑ Statik, dem Mangel an Zeitlichkeit. Vor allem wird das Spannungsverhältnis zwischen gedanklicher und sprachlicher Struktur überfordert und so auch die Wirksamkeit der Aussage (↑ Effekt) beeinträchtigt.

Zweiteilung: Grundtyp der Gliederung eines ↑ Textes. Der Text stellt zwei Teile gegenüber, auf innere Spannung zielend. Der Modellfall ist die ↑ Antithese. ↑ auch Dreiteilung. Zwillingsformel: durch und verbundenes, in dieser Bindung übliches, meist staboder endreimendes Wortpaar, das oft durch ein Wort ersetzbar ist, aber wegen Betonung oder Rhythmus verwendet wird. Es benennt die gleiche Sache (Lenkung und Leitung) (↑ auch Tautologie), nahestehende Sachverhalte (weit und breit) oder Gegensätzliches, das sich zuweilen summieren läßt

(Tag und Nacht = immer). ↑ Sprachrhythmus.

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