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krahl_kurz-kleines woerterbuch der stilkunde

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berichtete Rede___________________

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ischer Hinsicht, dessen Richtigkeit oder Falschheit, Aufrichtigkeit oder Unaufrichtigkeit bringen es mit sich, daß mit Hilfe der ausgewählten, gewichteten und bezeichneten Tatsachen das Geschehen wahrheitsgemäß hervortritt oder entstellt oder gar

umgekehrt wird; Darstellungsarten, Berichtstempora. berichtete Bede: häufige Bezeichnung für die nach der Redekennzeichnung (A. nahm das Wort) syntaktisch selbständig und im

Konjunktiv fortgeführte Redewiedergabe: . . . Er sei damit einveretanden. Die Leistung sei hervorragend, er unterstütze den Vorschlag. Für besonders verdienstvoll halte er die Ausarbeitung der theoretischen Grundlagen. Die Bezeichnung ist nicht notwendig und

führt leicht zur Verwechslung mit dem eigentlichen Redebericht.

Es handelt sich um indirekte Rede.

Berichtigung, Correctio f: Zurücknahme einer zunächst absichtlich schwächeren, anders akzentuierten oder geradezu falschen Aussage und Ersatz durch die richtige.

Berichtstempora: die dem Berichten als einer Darstellungsart gemäßen Tempora; es sind bei vergangenem Geschehen Präteritum (Bericht über Abläufe) und Perfekt (Bericht über Fakten), bei augenblicklichem Geschehen (z. B. in einer Direktreportage) das Präsens. Insofern referierend über Pläne von zukünftigem Geschehen berichtet wird, darf auch das Futur als ein Berichtstempus gelten. Es gibt also — im Unterschied zum

eigentlichen Erzähltempus — kein bestimmtes Berichtstempus. Die Tempora geben hier stärker objektive Zeitbezüge wieder; Möglichkeiten subjektiver Tempuswahl hängen von Gegenstand und Darstellungshaltung ab. — Beim Melden haben Tempora,

von der Pressezitatkennzeichnung abgesehen (unter historisches Präsens), sogar reine Zeitfunktion.

Berichtszeit unter Berichtstempora.

Berufsjargonismus Fachjargonismus. Bescheidenheitsperiphrase, Höflichkeitsperiphrase f: Umschreibung

(Periphrase) anstelle der direkten Bezeichnung der Person in einem Pronomen: Der Rezensent bemerkt für ,Ich bemerke' / Es darf festgestellt werden für ,Ich konstatiere'. In solcher Umschreibung äußern sich historische Relikte ursprünglicher Subalternität (z. B. Gnädige Frau wünschen? / Was wünscht die Dame?) und damit verbundene Konventionen (Eure Majestät / Eure Exzellenz usw. haben).

25________________________ __Bildkontamination

Beschreiben: Darstellungsart, mit deren Hilfe der Autor festliegende Erscheinungen oder sich wiederholende Vorgänge in Natur und Gesellschaft vorstellbar macht, wobei er seine volle Aufmerksamkeit auf die Sache richtet. Mittels beschriebener äußerer und innerer Merkmale trägt er zum Erkennen des Wesentlichen einer Erscheinung bei und verwirklicht partiell

seine Aussageabsicht, indem er von seinem fachlichen, politischen, gnoseologischen, ideologisohen Standpunkt aus die Erseheinungsmerkmale auswählt, gewichtet, bezeichnet und insofern bewertet, als er sie entweder einem Wesentlichen richtig zuordnet oder vom Wesentlichen isoliert. Die einzelnen Merkmale der beschriebenen Erscheinung sollen sich so zusammenfügen, daß ein Ganzes entsteht oder zumindest skizziert wird. Dazu verhelfen Verfahren, die einem bestimmten Ordnungsgedanken folgen. Diesen Ordnungsgedanken entnimmt der Autor den situationsbedingten Zusammenhängen. Zum Beispiel beschreibt er, indem er sich dem Beobachtungsobjekt nähert oder indem er das Objekt auf sich zukommen läßt. Oder er geht vom optischen Gesamteindruck aus, wendet sich den sichtbaren Merkmalen zu und geht dann zu nicht-optischen Merkmalen über. Oder er erfaßt das äußere Bild eines Menschen, beschreibt dann die äußeren Lebensbedingungen und zieht Rückschlüsse auf die innere Verfassung dieses Menschen. Oder er ordnet die Erscheinungsmerkmale nach funktionalen Gesichtspunkten. Widersprüchliches deutet er durch Entgegensetzung artverschiedener, antithetischer Merkmale an. Im allgemeinen wird der Autor beachten müssen, daß er das Publikum von Bekanntem, Vertrautem zu Unbekanntem, Fremdartigem führt oder besonders komplizierte Erscheinungen durch einfache, vorstellbare Merkmale plausibel macht. Alle genannten darstellungstechnischen Gesichtspunkte sind dem tragenden zentralen Betrachtungspunkt untergeordnet; sie helfen jedoch beschreibende Textpassagen zu ordnen und zweckmäßig anzu-

legen. Darstellungsarten. Bild Sprachbild.

Bildhafügkeit Gegenständlichkeit.

Bildkontamination, Bildvermengung: Ineinanderfließen (Konta-

mination) von zwei oder mehr bildlichen Vorstellungen (Sprachbild) auf Grund einer formalen oder gedanklichen Ge-

bildliche Hyperbel__________________

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meinsamkeit. Die ↑ Metapher Geißel des Krieges hat z.B. eine auf einem bestimmten Bild beruhende Bedeutung. Wenn es jedoch heißt Wir müssen die Geißel des Krieges ersticken, wird dieses Bild von einem zweiten (etwa: einen Brand ersticken) gestört (formal-lexische Gemeinsamkeit: Krieg in den zugrundeliegenden üblichen Verbindungen bzw. ↑ Fertigstücken Kriegsbrand und Geißel des Krieges; ungenau vorgestellte gedankliche Gemeinsamkeit: ‚das Schädigende’). Nicht selten wirkt das Ergebnis der Bildkontamination lächerlich: Dieser Geist wird schlimme Früchte tragen, wenn wir ihm nicht in den Arm fallen. bildliche Hyperbel ↑ unter Hyperbel.

bildlicher Vergleich: Form des ↑ Vergleichs, die neben die begriffliche Bezeichung der Sache eine übertragene (bildliche, metaphorische) Bezeichnung stellt, z.B. Lernen ist wie rudern gegen den Strom. Sobald man aufhört, treibt man zurück. Das Bild des Ruderns steht hier neben der Sache lernen. Das Gemeinsame, das ↑ Tertium comparationis, ist die stetige Anstrengung. Die Notwendigkeit der ständigen geistigen Anstrengung (lernen) wird durch die der körperlichen Anstrengung (rudern) vorstellig gemacht.

Bild und Sache müssen in echtem Ähnlichkeitsverhältnis zueinander stehen. Willkür in der Kombination zweier Bereiche, des bildlichen und des begrifflichen, führt keineswegs zu Originalität, sondern zu schiefen oder verfälschenden Vergleichen. Die Sprache der Demagogie bedient sich intensiv willkürlicher bildlicher Vergleiche. So heißt es, bezogen auf Staatsmänner, die sich ernsthaft Gedanken um die Erhaltung des Weltfriedens machen, in einem staatsmonopolistischen Blatt: Ein Holzpferd auf einem Karussel hat das Gefühl, ungeheuer weit vorwärts zu kommen. Dass es sich wochenlang im Kreise dreht, merkt es in seiner hölzernen Einfalt gar nicht. Diese Leute sind wie Holzpferde auf dem Karussel der Weltgeschichte. Aber was dreht sie? Sind sie alle nur Hampelmänner eines dialektischen Geschichtsprozesses, der ohne ihr Zutun abläuft? Hier wird mittels des bildlichen Vergleichs der gesellschaftliche Umwälzungsprozeß in vulgärmaterialistischer Gesellschaftsklitterung in eine Art von Mechanismus umgewandelt. ↑

Sachvergleich.

Bildschwulst: Bezeichnung für stark übertriebene Bilder und Vergleiche, etwa wenn es im Porträt einer Forschers heißt: Im

27__________________

_______ Charakterisieren

wilden Sturmgebraus der Gedanken wehten ihm neue Ideen zu; wie Blitze schlugen sie in das Gestau sirupzäher Überlieferung.

Beim Bildschwulst sind meist schon die Einzelglieder der Aussage schwülstig (hier: Sturmgebraus, zuwehen, Gestau, sirupzähe Überlieferung). ↑ Sprachbild.

Bildvermengung ↑ Bildkontamination.

Blankdialog, uneingeleiteter Dialog: literarisch oder publizistisch gestalteter ↑ Dialog ohne jeweilige Bezeichnung der redenden Personen und ihres Verhaltens sowie der Gesprächsumstände (↑ Redekennzeichnung); unmittelbarer Wechsel von Rede und Gegenrede. Rede und Gegenrede sind in diesem Fall nur durch den Inhalt der Äußerungen, gegebenenfalls (bei ↑ Sprachcharakteristik) auch durch die Sprechweise erkennbar; äußerlich wird ihre Folge durch graphische Zeichen (Anführung, Absatz, Einzug, Gedankenstrich), im Mündlichen durch Pausen, zusätzlich auch durch Stimmänderung oder Rollenverteilung, gekennzeichnet.

Blankdialoge sind unangebracht, wenn die Aussagen für die betreffenden Personen inhaltlich und formal nicht charakteristisch sind. ↑ epischer Dialog.

Blickrichtung ↑ Perspektive.

Bonmot n: Ausspruch, der in sprachlich eleganter, pointierter, oft paradoxer Form eine Aussage enthält, die eine gegebene Situation schlagartig deutet. Zum Beispiel: E. E. Kisch, um sein Urteil über den Romancier R., der zum Renegaten geworden war, gebeten, antwortete: „Das ist doch der Mann, der sich, im Gegensatz zu seinen Büchern, so leicht verkauft.“

C

Charakterisieren: kombinierte Darstellungsart, mit deren Hilfe der Autor unter einem zentralen, situationsbedingten Gesichtspunkt das Wesen einer Person erfasst, deutet und bestimmt, indem er über ihr Tun, über ihre Gewohnheiten, über ihr Auftreten in der Familie, im Kollektiv, über ihr Reaktionsvermögen

charakterologischer Ausdruck ______

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in bestimmten Lebenssituationen und -konflikten berichtet, indem er das Milieu einfängt, den Lebensund Entwicklungsgang betrachtet. Beim Bestimmen des Charakters einer Person stellt der Autor mit Auswahl, Gewichtung und Bezeichnung der einzelnen Charakterisierungselemente die Person in ihrer Erscheinung und in ihrem Wesen von seinem fachlichen, politischen, gnoseologischen, ideologischen Standpunkt aus dar. ↑ Darstellungsarten.

charakterologischer Ausdruck: Sprachform, die der historischen, räumlichen, sozialen, bildungsmäßigen, altersbedingten Zuordnung dient. Flickwörter (halt, eben, man, gell), Modewörter (Schau, makaber, 'ne Wolke; ↑ Modernismus) fungieren in diesem Sinn ebenso vorzugsweise wie ↑ Argotismus, ↑ Fachjargonismus, ↑ Vulgarismus einerseits und ↑ Archaismus, ↑ Historismus, ↑ Poetismus andererseits. Theoretisch vermag jedes Wort und jede Wendung die charakterisierende Funktion zu übernehmen. Im gegebenen Text setzen sich charakterologische Ausdrücke deutlich gegen die Autorlexik und -phraseologie ab und wirken daher wie eine besondere Art von Zitaten. Sie werden, sofern sie nicht innerhalb zitierter Rede erscheinen, im Autortext oft in Anführungsstriche gesetzt und erhalten so den Rang eines ↑ Teilzitats. In der Satire tragen sie dazu bei, Militarismus, Chauvinismus, Sozialdemagogie u. a. m. zu entlarven. Tucholsky z.B. läßt in seiner Satire „Der Türke" die Hauptgestalt sprechen:

Da haben wir eine Nummer jesoffen! Einfach verheerend!

Sprachcharakteristik

Chiasmus ↑ unter Kreuzstellung.

Conclusio ↑ unter Syllogismus, Hauptgedanke, Dreiteilung. Correctio ↑ Berichtigung.

D

Darlegen: Darstellungsart, mit deren Hilfe der Autor die Kausalzusammenhänge eines Geschehens in Natur und Gesellschaft

mittels ↑ Syllogismus neben notwendiger Tatsachendarstellung

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Darstellungsarten

unter einem zentralen, situationsbedingten Leitgedanken erfaßt und deutet. Der Autor trägt die Kausalzusammenhänge als Fazit seiner Überlegungen in lehrhafter Weise vor. Von seinem fachlichen, politischen, erkenntnistheoretischen Standpunkt aus wählt er den ↑ Hauptgedanken und argumentierende Gedanken (↑ Ratio) aus, gewichtet und verknüpft sie. Er nimmt beim Darlegen für sich in Anspruch, souverän und definitiv über seinen Gegenstand zu schreiben, überzeugt davon, daß seine Urteile richtig sind und beim Publikum uneingeschränkt Zustimmung finden. Einwände registriert er als beantwortete, nicht als offene Fragen. Damit hängt zusammen, daß das Darlegen autoritäre und didaktische Züge zeigt. — Im Lehrbuch, das relativ gültige Aussagen vermittelt, sprechen für das Darlegen Geradlinigkeit der ↑ Gedankenführung, Denkund Textökonomie, mit denen der Gegenstand erfaßt und entfaltet wird. Im publizistischen Beitrag werden diese Vorteile stark relativiert, sobald das Publikum Vorbehalte gegen den Gegenstand, den Autor oder die lehrhafte Behandlungsart hat oder sobald es Gelegenheit nehmen will, schöpferisch an der Meinungsbildung über den Gegenstand und dessen Einordnung in das gesellschaftliche Gesamtbild teilzunehmen (↑ Erörtern). Das auf die Auseinandersetzung verzichtende Darlegen erweckt den Eindruck, daß der Gegenstand in Struktur, Funktion und Gesetzmäßigkeit richtig (im erkenntnistheoretischen Sinne wahr) dargestellt wird. Ist jedoch der Leitgedanke, den der Autor festlegt, wirklichkeitsfremd oder gar wirklichkeitsverzerrend, so stehen subjektivistischer Leitgedanke und sich objektiv gebende Darstellung in Widerspruch. Ergebnis kann bei demokratischer Regsamkeit des Publikums ein Aufbegehren gegen die Aussage sein, bei politischer nnd gesellschaftlicher Indifferenz Meinungsmanipulation und Irreführung. ↑ Darstellungsarten.

Darstellnnggarten, auch Darstellungsweisen: Verfahren, wie man einen Gegenstand wiedergibt. Grunddarstellungsarten sind das ↑ Beschreiben, das ↑ Schildern, das ↑ Berichten, das ↑ Erzählen, das ↑ Melden, das ↑ Erörtern, das ↑ Darlegen. In ihnen spiegeln sich Grundsituationen zwischen Gegenstand, Mitteilungszweck und Autor wider. Beim Beschreiben reiht der Autor Merkmale

einer Erscheinung (Mensch, Ding) aneinander. Beim Schildern stellt er Merkmale der Erscheinung in Handlungen dar. Beim

Darstellungshaltung ______

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Berichten folgt er den Phasen einer Bewegung, die er beim Erzählen in besonderer Weise gestaltet. Beim Melden teilt er Hauptfakten eines Sachverhalts mit. Beim Erörtern sucht er Argumente zu einem zentralen Gedanken. Beim Darlegen reiht er die Argumente des zentralen Gedankens aneinander. Die reinen Darstellungsarten werden nach Gegenstand, Aussageabsicht, Genre, Erscheinungsorgan, Medium (Presse, Hörfunk, Fernsehen) vielfältig modifiziert und kombiniert. So bilden sich abgeleitete oder kombinierte Darstellungsarten heraus, z, B. das ↑ Charakterisieren, das ↑ Rezensieren. Sonderformen der Darstellung entstehen durch Brechung der Wirklichkeitsdarstellung, die sich aus den Äußerungen und gedanklichen Reflexionen von Textpersonen (↑ Rededarstellung, Reflexionsdarstellung) und aus der Verschmelznng der ↑ Perspektive von Autor und dargestellten Personen in ↑ erlebter Rede

und ↑ erlebter Reflexion ergibt. ↑ auch Dynamik, Statik. Darstellungshaltung: Verhältnis des Darstellenden, des Autors, zum Geschehen einerseits und zum Publikum andererseits. Eine einheitliche, z. B. eine streng sachbezogene, eine episch breite, eine satirische oder pathetische Darstellungshaltung, also die stilistische Einheitlichkeit des Textes, ist Grundforderung an den Autor. Inkonsequenzen in der Darstellungshaltung des Autors äußern sich in ↑ Stilbruch, Inkonsequenzen in der Darstellungshaltung seiner Personen, sichtbar im ↑ personalen Text, beeinträchtigen daneben die Glaubwürdigkeit der Darstellung überhaupt.— Bei erzählender Literatur wird die Darstellungshaltung spezieller als Erzählhaltung bezeichnet. Darstellungsmethodc: Verfahren zur ↑ Stilisierung von Texten, z. B. ↑ Komprimieren, ↑ Pointieren, Vergleichen (↑ Vergleich). Darstellungssituation ↑ personale Darstellungssituation. Darstellungstempo, in erzählender Literatur Erzähltempo: Tempo, in dem ein dargestelltes Geschehen seinen Fortgang nimmt. Es wird bezeichnet durch sprachliche ↑ Komprimierung, mit semantischen und syntaktischen Mitteln.

Darstellungsweisen ↑ Darstellungsarten. deliberatiye Gattung ↑ unter Rhetorik.

Denkstil, Gedankenstil: Hilfsbezeichnung für die Form der gedanklichen Komponente sprachlicher Äußerungen, in Ab-

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Denkstilistik

grenzung von der sprachlichen Aussageweise, dem ↑ Sprachstil. Diese gedankliche Komponente ist erkennbar in der gesamten ↑ Textgestaltung, in ↑ Disposition, ↑ Komposition und ↑ Gedankenführung im engeren Sinne, in ↑ Anschaulichkeit, in ↑ Statik und ↑ Dynamik der Darstellung (die jedochzugleich abhängt von Statik und Dynamik des darzustellenden Gegenstandes), in ↑ Dichte, ↑ Präzision usw. und in der Verwendung gedanklicher Figuren, die nicht an feste sprachliche Formen gebunden sein müssen (↑ Isolog, Antithese, Gleichnis, Vergleich). Der Denkstil muß zu einem großen Teil aus dem Text mittelbar erschlossen werden; er ist nur zum Teil ablesbar an lexisch, morphologisch und syntaktisch auffälligen Formen, die von der ↑ Sprachstilistik registriert werden. Insofern ist der Sprachstil Teil des Denkstils; andererseits kann der Sprachstil relativ unabhängig vom Denkstil verändert werden (↑ Gedanke und Sprachform), z. B. durch bloßen Austausch von ↑ Synonymen und die Variation nur formaler Elemente (Vermeidung von ↑ Gleichklang, ↑ stilistisohe Variation, ↑ Stabreim). Vielfach wird der hier unter Denkstil gefaßte Sachverhalt als ↑ literarischer Stil bezeichnet, doch engt man ihn damit auf die künstlerische Literatur ein (abgesehen davon, daß die Bezeichnung literarischer Stil mehrdeutig ist).

Nicht identisch ist der hier erläuterte Terminus Denkstil mit dem teilweise von Psychologen verwendeten Begriff, der die formale Apperzeption im Sinne von Anschauungsstil meint. ↑ Denkstilistik.

Denkstilistik: Hilfsbezeichnung für jenen Teil der Stilistik, der im Unterschied zur ↑ Sprachstilistik nicht die durch die Sprachwissenschaft (insbesondere durch Grammatik und Lexikologie) erfaßbare Seite sprachlicher Äußerungen, sondem die Form der gedanklichen Komponenten der Äußerungen, d. h. den ↑ Denkstil zum Gegenstand hat. Von manchen Wissenschaftlern wird der hier gemeinte Sachverhalt als ↑ literaturwissenschaftliche Stilistik bezeichnet, doch engt man ihn damit auf die künstlerische Literatur ein — abgesehen davon, daß diese Bezeichnung mehrdeutig ist.

Nicht identisch ist unser Begriff mit der teilweise von Psychologen verwendeten Bezeichnung, die eine Theorie der formalen Apperzeption meint.

Detail ______ _______ 32

Detail: Glied einer Aussagenfolge; es erscheint als ein argumentierender Gedanke (Ratio) zum Hauptgedanken in der argumentierenden Gedankenfolge (Syllogismus) und als

charakterisierendes Merkmal einer Erscheinung in der veranschaulichenden Merkmalsfolge.

Detaillierung: im erzähltechnischen Sinn das Beleben und Veranschaulichen eines Berichts, einer Erzählung usw. durch charakteristische, interessante, die Atmosphäre verdeutlichende Einzelheiten und Merkmale. Die Details epischer Prosa müssen für das Geschehen und für seinen Ausgang wesentlich sein, sie müssen Funktion haben, d. h. ihren Beitrag zur dichterischen oder

publizistischen Umsetzung der generellen Aussageabsicht leisten.

Detail.

Dialektismus: Wort, Wendung, grammatische Eigenheit mit territorial begrenzter Anwendung. Außerhalb der Alltagssphäre dienen Dialektismen gewöhnlich der Zeichnung lokalen und

sozialen Kolorits. charakterologischer Ausdruck, Stilfärbung. Dialog: Zwiegespräch, Wechselrede in einem Kunstwerk; in publizistischen Texten oft einfach als Gespräch bezeichnet, an dem allerdings auch mehr als zwei Personen beteiligt sein können.

Die Darstellung des Dialogs bedarf als eine Form der Rededarstellung zunächst der Kennzeichnung bzw. Einleitung (Rede-

kennzeichnung); diese kann direkt oder durch den Kontext erfolgen. In diesem Sinn gibt es (entgegen der Bezeichnung) keinen „uneingeleiteten Dialog". Doch müssen Rede und Gegenrede, nach der prinzipiellen Kennzeichnung, nicht stets von neuem

gekennzeichnet werden (Blankdialog). Vom fiktiven Dialog der Kunst und dem realen Dialog realer Personen kann noch unterschieden werden der fingierte Dialog (auch fingierte Rede) realer Gestalten; er ist vor allem Mittel politischer Publizistik, aber auch populärwissenschaftlicher Darstellung. Monolog, Satzkonstanz.

Dichte, Aussagedichte: Gedrängtheit, Ökonomie der Aussage, Weglassung alles für die Aussage Unwesentlichen, aller Füll-

wörter und Floskeln, auf ein Ganzes gesehen auch der Nebenaussagen, im Gegensatz zu Breite und Ausführlichkeit. Dichte ist

in der Kunst wesentliches Gestaltungsprinzip der Lyrik; lyrische Dichte wird oft der epischen Breite, der Lyriker als

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direkte Rede

Verdichter und deshalb eigentlicher Dichter dem Schfiftsteller gegenübergestellt. Diese Gegenüberstellung, etymologisch falsch und ästhetisch fragwürdig, bezieht sich auf Gattungs-, nicht auf Wertunterschiede. Innerhalb einer Gattung kann sie jedoch auch Grundlage für ein Werturteil sein, was dann in stilistischer Hinsicht begründet ist. Dichte kann gewissermaßen mechanisch durch sprachliche Straffung, oft als Komprimierung bezeichnet,

erreicht werden. Höchste Dichte strebt z. B. im Bereich der Redewiedergabe der themaangebende Redebericht an.

sprachliche Aussage und formal-logische Aussage, auch Prägnanz.

Dichtersprache: zusammenfassende Bezeichnung für die sprachlichen Möglichkeiten und Konventionen innerhalb der Dichtung, d. h. für spezifisch dichterische Wörter (Schwingen für ,Flügel'), Flexionsformen (Lande für ,Länder') und syntaktische Formen (einer Sache entraten); auch für die Realisierung der sprachlichen Möglichkeiten, die Sprache der Dichter einer bestimmten Periode oder Richtung, z. B. mittelhochdeutsche

Dichtersprache. Gemeint ist mit dem Begriff oft der künstlerische Sprachstil. Das einzelne dichterische Sprachmittel wird

auch als Poetismus bezeichnet.

:

'

 

 

Diktion: mögliches Synonym für Sprachstil (Sprachstil 2). direkte Bede: Erscheinungsform der Rededarstellung. Eine reale (in künstlerischer Literatur auch eine als real angenommene) mündliche oder schriftliche Äußerung ist wörtlich oder in adäquater Übersetzung fixiert; der Urheber kommt selbst zu Wort (personale Darstellungssituation), Modus, Tempus und Personenbezeichnung, der gesamte Stil der ursprünglichen Äußerung bleibt — von erlaubter Redigierung abgesehen — unverändert. Direkte Rede bedarf, wie die anderen Rededarstellungsformen, der Redekennzeichnung; zu dieser ist in dokumentarischen Texten auch die zusätzliche graphische Bezeichnung (Anführungszeichen oder Einrückung) bzw. die sprechtechnische Bezeichnung (Pause, Stimmänderung) zu zählen. Wo sie in künstlerischer Literatur fehlt, wird der Leser — bewußt oder unbewußt — im unklaren gelassen, ob es sich um

Autortext oder personalen Text, um direkte Rede oder

direkte Reflexion handelt. Hier entseheiden besonders der

Kontext und die kontextualen Mittel. Fehlende graphische

3Stilkuade

direkte Reflexion

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Bezeichnung in dokumentarischen Genres weist auf ↑ abstrahierte Rede. Direkte Rede kann auoh syntaktisch unvollständig als ↑ Teilzitat erscheinen.

Die Gestaltungsmethode, die zur „direkten Rede" führt, kann als direkte Rededarstellung, spezieller als direkte ↑ Redewiedergabe (bei realen Äußerungen), oder als direkte ↑ Redegestaltung (bei fiktiven Äußerungen) bezeichnet werden.

direkte Reflexion, in der Literaturwissenschaft ↑ innerer Monolog, auch stiller Monolog: eine Forrn der ↑ Reflexionsdarstellung. Die inneren geistig-psychischen Vorgänge einer dargestellten Person, ihre nicht geäußerten Erwägungen, Zweifel, Gefühle, Assoziationen u. ä. erscheinen ähnlich einer Äußerung, einer ↑ direkten Rede. Die Darstellung der Reflexionen wird gleichsam der Person selbst überlassen, sie bilden ↑ personalen Text, es ergibt sich eine ↑ personale Darstellungssituation. Grammatisch erscheinen sie demnach im Präsens als Grundtempus, im Indikativ als Grundmodus und in der 1. Person, seltener auch in der 2. Person. In dieser letzten Möglichkeit unterecheidet sich die direkte Reflexion von der direkten Rede, ebenso durch die meist feblenden Anführungszeichen. Allerdings werden zuweilen auch einfache Anführungszeichen, in älterer Literatur auch normale Anführungszeichen gesetzt; umgekehrt bleibt tatsächliche Rede in künstlerisoher Literatur oft graphisch unbezeichnet, so daß Rede und Reflexion in solchen Fällen formal nicht zu trennen sind. Die Unterscheidung ist durch die ↑ Reflexionskennzeichniing und durch den gesamten Kontext gegeben, sofern nicht der Lesende in dieser Hinsicht bewußt im unklaren gelassen werden soll. Vom ↑ Autortext heben sich Passagen direkter Reflexion demnach meist durch das Tempus (Präsens gegenüber dem normalen ↑ Erzähltempus, dem Präteritum) und durch die Personalpronomina (1. oder 2. Person gegenüber der normalen ↑ Er-Form künstlerischer Literatur) ab. Beispiele: Reflexion in Ich-Form: Er richtete sich auf. Immer, wenn

er aich aufrichtete, wurde ihm schwindlig. Ich muß zu Gundel! Der Gedanke blieb: Ich muß zu Gundel! (Noll) / Reflexion in Du-Form: Einmal sah er sein Spiegelbild im Waaser eines Dorfteiches. Ein viel zu großer Schädel, ein hohlwangiges Gesicht, fiebrig glänzende Augen, struppiger Bart . . . Das bist du, das ist von dir geblieben ... (Noll) — Sind sowohl Autortext als

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______

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Disposition

auch Reflexion in Ich-Form verfaßt, so bleibt als formales Unterscheidungsmerkmal der Tempuswechsel. Steht der Autortext im Präsens und in Ich-Form, so hebt sich die direkte Reflexion von ihm formal nicht mehr ab. Die Unterscheidung ergibt sich, vorbereitet durch die Reflexionskennzeichnung, allein durch inhaltliche Kriterien, oft auch durch die veränderte Diktion (↑ personaler Stil), durch andere Wortwahl, plötzlich veränderten, meist kürzeren oder bruchstückhaften Satzbau usw. Passagen solcher Reflexionen werden überhaupt syntaktisch freier gestaltet als der Autortext, da sie oft Impressionen, Träume oder Wachträume darstellen wollen; sie können auch aus einzelnen, scheinbar unzusammenhängenden Wörtern bestehen. Direkte Reflexion grenzt die geistig-psychischen Vorgänge stärker vom äußeren Geschehen und vom Autortext ab als die Darstellung ↑ erlebter Reflexion; anders als bei dieser werden sie direkt der dargestellten Person zugeordnet. In mündlicher Darbietung werden direkte Reflexionen zusätzlich durch veränderte Sprechhaltung, in Funkgenres durch Einblendung einer anderen oder der eigenen, technisch veränderten Stimme usw. gekennzeichnet. — Ein moderner Sonderfall direkter Reflexion ist der Filmoder Fernsehmonolog, in dem bei stummer Szene die Stimme des Nachsinnenden technisch reproduziert (und oft mit technischen Mitteln verfremdet) in die Szene eingeblendet wird. Die Reflexion kann auch als gemeinsame Überlegung einer Gruppe (als kollektive direkte Reflexion, kollektiver innerer Monolog) erscheinen.

Disposition, auch Gliederung, Dispositio: Auswahl und Anordnung der Gedanken — in Hinblick auf das Publikum — in der Weise, daß die Gedanken dem Gegenstand, seiner Darstellung und der ↑ Aussageabsicht am günstigsten sind. Die Art und Weise der Disposition bewegt sich zwischen zwei extremen Abfolgen. (1) Handelt es sich um historische Geschehensabläufe, so entspricht der Bericht oder die Erzählung, die in schlichten

Fügungen und Sätzen dem zeitlichen Ablauf des Geschehens nachgehen, der natürlichen Folge der Ereignisse. Diese natürliche Disposition hat den Vorteil der Einfachheit und Klarheit für sich; sie hat aber auch den Nachteil der Eintönigkeit, Unerregtheit und Selbstverständlichkeit, und es besteht die Gefahr,

3*

Dispositionsausdriicke ______

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das Publikum zu langweilen und bei ihm Desinteresse hervorzurufen. (2) Dieser natürlichen Disposition steht die kunstvolle Disposition gegenüber, die z. B. mit ↑ Vorausdeutung, ↑ Vorgriff, ↑ Rückblende, ↑ assoziativer Gedankenfolge, ↑ veranschaulichender Merkmalsfolge arbeitet.

Da die natürliche wie die kunstvolle Disposition sowohl den Ganztext als auch dessen einzelne Teile (Absätze, Abschnitte, Kapitel) betrifft, wird die Disposition zumeist je nach ihrer Bedeutung für die Gesamtaussage und die Aussageabsicht bald nach dem einen, bald nach dem anderen Prinzip aufgebaut. In bezug auf die argumentierende Gedankenfolge ↑ Gedankenführung, ↑ Syllogismus, ↑ Zweiteilung, ↑ Dreiteilung. Die Disposition als anordnendes Prinzip ist, wenn es um zergliedernde Erfassung oder überlegende Vorbereitung eines Textes geht, zu unterscheiden von der ↑ Komposition als vereinigendem Prinzip. Die Disposition wählt die einzelnen Aussagen aus und ordnet sie an; die Komposition entscheidet, über die syntaktische und phonetische Form der Wortgruppen, Sätze, Übersatzeinheiten. ↑ Rhetorik.

Dispositionsausdrücke ↑ Stichpunkte.

Dispositionsbegriffe ↑ Stichpunkte. Dispositionswörter ↑ Gliederungswörter.

Doppelsinn: Nutzung der Mehrdeutigkeit eines Ausdrucks (↑ Polysem) für eine Aussage. In der Regel macht der ↑ Kontext einen mehrdeutigen Ausdruck eindeutig, da er nur eine der möglichen Bedeutungen aktiviert. Jedoch läßt sich das Mitverstehen einer Zweitbedeutung im Kontext provozieren. Der Doppelsinn dient vor allem der Satire. So enthüllt Weinert im antifaschistischen Gedicht „Aufbruch der Nation" die gefähr-liche Verlogenheit des Nazischlagworts Aufbruch: Die Nation ist aufgebrochen / wie ein Pestgeschwür. Daneben kann Doppelsinn Mittel der ↑ Anspielung oder des Humors sein; z. B. gibt er Grundlage für harmlose Paradoxa (↑ Paradoxon): Was ist paradox? Wenn ein Hund an der Leine ohne Leine geht. ↑ Wortwitz.

Dreiteilung: Grundtyp der Gliederung (↑ Disposition) eines ↑ Textes in Anfangsteil, Hauptteil und Schlußteil. (1) Der knapp zu haltende Anfangsteil soll beim Publikum Interesse am Gegenstand hervorrufen. Methoden hierzu sind z. B. das An-

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______

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Dynamik

knüpfen an ↑ Sentenz, ↑ Sprichwort, ↑ Zitat, an ein aktuelles Ereignis, eine interessante Einzelheit, die aus dem Hauptteil vorweggenommen wird, Sinnbildliches, Vergleichendes, Historisches, ein erster Gesamteindruck; (2) der Hauptteil stellt das Beweisbzw. Darstellungsziel (Behauptung, These, Propositio) voran und läßt den begründenden Teil (Argumentation) bzw. den darstellenden Teil (Erzählteil, Narratio) folgen; (3) der Schlußteil (Peroratio) stellt die Übereinstimmung zwischen Behauptung und Schlußfolgerung (Conclusio) fest bzw. gibt nach der ausführlichen Darstellung eine begründete Gesamteinschätzung.

Dubletten f pl, lexische Dubletten: Wörter mit gleicher Bedeutung. — 1. schriftsprachliche (literatursprachliche) Dubletten: im schriftsprachlichen System mögliche Wörter für denselben Sachverhalt, lexische ↑ Synonyme. — 2. landschaftliche (territoriale) Dubletten: landschaftlich begrenzte, schriftsprachlich gleichberechtigte Wörter für denselben Sachverhalt; mit einem neueren Terminus als ↑ Heteronyme bezeichnet. Duktus ↑ Gedankenführung.

Dynamik f: Bewegtheit, Vorgang, Geschehen im Gegensatz zu Ruhe, Verharren, Anschauen (↑ Statik). Da die wichtigste Erscheinungsform der Bewegung ihr zeitlicher Ablauf ist, wird das Zeit-Wort, das Verb, in dem die Zeit grammatisch fixiert ist, als sprachliches Element der Dynamik, mithin der ↑ Verbalstil häufig als dynamischer Stil schlechthin angesehen, wobei unter Verbalstil eine Darstellungsweise verstanden ist, die sich relativ vieler finiter Verbformen bedient. Da jedoch Verben nicht nur Vorgänge, sondern auch Existenzformen bezeichnen, die ebenfalls nur in der Zeit denkbar sind (Uran ist ein Schwermetall), ist Verbalstil nicht identisch mit dynamischem Stil. Dynamik kann lexisch ebenso in bestimmten substantivierten Infinitiven und Verbalabstrakten (also Nomina) begründet sein; sie kann syntaktisch in einem lebhaften, wechselnden Satzbau, in ↑ assoziativer Gedankenfolge, in Bruchstücken von Sätzen, in kühner Metaphorik (↑ Metapher) usw. liegen.

Unter den ↑ Darstellungsarten enthält das Berichten natürliche

Dynamik, während Beschreiben und Charakterisieren, da ein Status ausführlich gekennzeichnet wird, zur Statik neigen. Die Kunst des Beschreibens und des Charakterisierens ist es, die

Effekt ______

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natürliche Statik durch sprachlich-dynamische Elemente zu überwinden, was im Einzelfall schon erreicht werden kann durch Temporalisierung, d. h. durch Verzeitlichung von Zuständen (grünt für ,ist grün'), oder durch Verwendung von Bewegungsfür Zustandsverben, was allerdings auch zu konventionalisierten Fügungen führen kann, die keine Dynamik mehr enthalten (links erhebt sich ein Haus für ,links steht ein Haus').

E

Eflekt m: Nachwirkung eines Textes beim Publikum. Der ↑ Text genügt sieh nicht selbst, er kehrt sich heraus, ruft den Leser, Hörer oder Zuschauer gleichsam zu sich heran und versucht, sich mit ihm durch die Art und Weise der Darstellung (↑ Darstellungsarten) selbst ins Verhältnis zu setzen. Sowohl die Gediegenheit der Gegenstandsdarstellung als auch die Wendung zum Publikum müssen im Text vorhanden sein, doch müssen beide Anliegen einander Gleichgewicht halten. Strengste Gegen-standsdarstellung läßt das Publikum im allgemeinen kalt. Tritt andererseits das Bemühen um Publikumskontakt zu sehr hervor, so kann zwar der Text gefallen, bleibt aber ohne inhaltliche Eindringlichkeit. einfache Gedankenftthrung ↑ unter Gedankenführung. Einklammerung ↑ Klammerung.

Einschaltung, Einschub: 1. innerhalb des Satzes eine ↑ Parenthese. — 2. in übersatzmäßigen Einheiten (↑ suprasyntaktische Einheit) auch ein in einem selbständigen Satz formulierter Nebengedanke. — 3. im Großzusammenhang ein ↑ Exkurs.

Einschub ↑ Einschaltung.

Einsparung ↑ grammatische Einsparung, kontextuale Einsparung, Sprachökonomie.

Einwand ↑ rhetorischer Einwand.

Einzelaussage ↑ unter Aussage.

Elativ m: Superlativ ohne Vergleichsverhältnis, z. B. grundehrlich.

Dispositionsausdriicke ______

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Elision: Wegfall eines Vokals aus sprechtechnischen oder aus rhythmischen Gründen: (1) Ausstoßung (Synkope f): gehn für gehen; (2) Abstoßung (Apokope f): lang für lange; (3) Ausund Abstoßung: grad für gerade. Auch zur Vermeidung der Aufeinanderfolge von Vokalen (Hiatus m) werden Vokale abgestoßen: trag' ich. — Stilistisch interessiert insbesondere die Apokope, da oft noch die vollen und die apokopierten Formen nebeneinander stehen. Die volle Form kann z. B. archaisierend (späte und frühe) oder volkstümlich (Mein Herze!) oder humoristisch (im Gemüte) oder poetisch (der Hirte) wirken oder ist rhythmisch begründet (Nun noch em Wort vorm Schlafengehn, indes / mein letzter Kämmrer mir das Bette macht! [Hebbel]). In manchen Fällen wird die apokopierte Form in wörtlicher Bedeutung (am Rand des Abgrunds), die volle Form in übertragener (am Rande des Abgrunds) verwendet.

Elocutio ↑ unter Rhetorik.

Emotionalität: mögliche Bezeichnung für die Summe der emotionalen, d. h. gemütsbewegenden Elemente eines ↑ Textes; Anreicherung des Textes durch gefühlsbezogene Aussageelemente; als Summe der emotionalen Textanteile eine wesentliche Komponente der ↑ Expressivität.

Emphase f: Art des ↑ Tropus; Bezeichnung eines Merkmals durch einen Begriff, dem das Merkmal inneliegt: Daß der Mensch zum Menschen werde, / Stift' er einen ew'gen Bund (Schiller). Würde der ganze Inhalt des Begriffes Mensch genommen, wäre die Aussage überflüssig. Sie zielt jedoch hier auf das Merkmal human im Sinne des Goetheschen Wortes Edel sei der Mensch, / hilfreich und gut. Solche emphatische Aussage kann, in gewöhnlichem Tonfall gesprochen, als überflüssig mißverstanden werden; sie wird daher intonatorisch und gestisch hervorgehoben, so daß heute vielfach Emphase als phonetisehes Mittel des Nachdrucks verstanden wird: Ist das auch deine Meinung?

Endstellung: Stellung eines Satzglieds am Ende des Satzes. Bei ↑ Normalfolge der Satzglieder, im grammatischen Beiapielsatz, in dem kein Satzglied in irgendeiner Weise hervorgehoben ist, nimmt bei entzweitem Prädikat der infinite Prädikatsteil Endstellung ein (Wir haben dem Monteur die Maschine übergeben.); bei nichtentzweitem Prädikat das sachliche Objekt — nach dem persönlichen Objekt: Wir übergaben dem Monteur die

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Maschine, bei Häufung adverbialer Bestimmungen die Zweck-, davor die Orts-, davor die Modal-, davor die Zeit-, davor die Kausalbestimmung: Er arbeitete deshalb täglich unermüdlich im Labor an der Verwirklichung seiner Idee. Die Entfernung vom finiten Prädikat, das im Aussagesatz stets in syntaktischer Zweitstellung steht, drückt (nach dem Prinzip der ↑ Satzspannung) in umgekehrter Folge die konventionelle Stufung des Mitteilungswerts der Satzglieder aus. Deren Abfolge hängt jedoch auch von der Plazierung im Text ab (↑ unter Anfangstellung).

Soll abweiehend von der konventionellen Stufung des Mitteilungswerts ein Satzteil hervorgehoben werden, rückt man diesen in ↑ stilistische Endstellung oder auch in ↑ stilstische Anfangstellung.

epideiktische Gattung ↑ unter Rhetorik.

Epidosis ↑ unter Komposition.

Epipher f: Wiederkehr derselben Sprachform am Ende mehrerer aufeinanderfolgender Satzteile, Sätze oder Absätze. Es kann unterschieden werden zwischen (1) einer lexischen Epipher, der Wiederholung desselben Ausdrucks, und (2) einer syntaktischen Epipher, der Wiederholung derselben syntaktischen Struktur; diese ist eine Form des ↑ Isokolons (Beispiele s. dort).

Die Epipher verbindet thematisch sich ergänzende Aussagen einer Folge von argumentierenden Gedanken (↑ Syllogismus) oder veranschaulichenden Merkmalen (↑ veranschaulichende Merkmalsfolge).

Ein Sonderfall der Epipher ist die rhetorische wörtliche Wiederholung einer schließenden Folgerung (↑ wörtliche Wiederholung), in der Dichtung der Kehrreim. ↑ aber Anapher, ↑ auch Symploke.

epischer Dialog: die für epische und berichtende Genres charakteristisohe Fixierung einer Wechselrede (↑ Dialog), bei der außer dem Redevorgang auch der Redende selbst jeweils ausdrücklich bezeichnet wird (↑ Redekennzeichnung), im Unterschied zum (mehr dramatischen) ↑ Blankdialog.

episches Präteritum: normale Erzählform der Literatur. Durch das Präteritum wird zunächst die Fiktion des Rückblicks geschaffen, auch im utopischen Roman, der gewissermaßen von einem nach-zukünftigen Standpunkt aus erzählt wird. Zugleich

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Epitheton

ist daß Präteritum obligates Grandtempus fiktiver Erzähluug und wird, indem der Leser oder Hörer den Erzählstandpunkt vergißt und das Erzählte wie gegenwärtig vor sich sieht, in temporaler Funktion nicht bewußt wahrgenommen, besonders in ↑ personaler Darstellungssituation. ↑ Erzähltempus.

Epithetahäufung: besondere, meist aus Adjektiven bzw. Adverbien bestehende Gruppe einer ↑ veranschaulichenden Merkmalsfolge; Häufung von Eigenschaften zu einer Erscheinung (↑ Epitheton). Die Epithetahäufung ist dort begründet, wo sie beschreibt und charakterisiert, d. h., wo sie ein echtes Stück der Aussage übernimmt, z. B. Es steht ein Mann im dicken Schnee, unten am Fuße eines schwarz angekohlten Baumes, der spitzwinklig in gute Höhe ragt mitten im verbrannten Walde, schwarz auf vielfach zertretener Weiße (A. Zweig). Wo sie die Darstellung sohwülstig oder statisch macht, ist sie stilistisch fehl am Platz.

Die Epithetahäufung ist nicht identisch mit der Attributhäufung im grammatischen Sinn, weil grammatische Attribute oft (in wissenschaftlichen Texten sogar weitgehend) nicht Eigenschaften, sondern begriffliche Zuordnungen (↑ Zuordnungshäufung) bezeichnen.

Epitheton n, Beiwort: nähere Kennzeichnung eines in einem Substantiv oder Verb ausgedrückten Begriffs, meist durch ein Adjektiv (die freundliche Straße) oder ein Adverb (er lächelte freundlich) (↑ aber weiter unten). Die Kennzeichnung (hier: freundlich) kann entweder als nur sachbezogenes oder zugleich als Atmosphäre gebendes Epitheton aufgefaßt werden. Oft erscheint das Epitheton in Zweizahl, entweder in ↑ Synonymie (wirklich und wahrhaftig) oder in ↑ Akkumulation (schweigend und gleichgültig), und in Dreizahl, ebenfalls in Synonymie (böse, zornig, wutentbrannt) oder in Akkumulation (ärmlich, verblichen, düster).

Das Epitheton ist nicht an die Wortarten Adjektiv und Adverb gebunden. Auch ein Substantiv kann Epitheton sein: als einfaches Kompositionsglied, z. B. ein Freundeslächeln, als satzwortartiges Kompositionsglied, z. B. ein Wenn-du-wüßtest- Lächeln, oder sogar als grammatisch übergeordneter, meist rnetaphorischer Begriff, dem das eigentlich gekennzeichnete Wort. — im Widerspruch zum Inhalt — als Genitiv oder prä-

Epochalstil _ _______

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positionaler Kasus folgt, z. B. die Spur eines Lächelns (= ,ein leises Lächeln'). Formelhaft gebraucht, wird das Epitheton zum ↑ stehenden Epitheton. ↑ Epithetahäufung.

Epochalstil ↑ Zeitstil.

Er-Form: Darstellung eines Gesehehens aus der ↑ Perspektive einer nichtbeteiligten Person; die Hauptperson des Textes erscheint (wie alle anderen dargestellten Personen) in den Pronomina der 3. Person (er, sie, es) bzw. ist integriert in die pronominale Bezeichnung einer Gruppe (sie pl, man, alle usw.). Die Bezeichnung Er-Form wird meist für die künstlerische, fiktive Literatur angewandt. Doch auch bei künstlerisch geformter authentischer Literatur, z. B. bei künstlerischer Reportage, kann man von Er-Form sprechen, wenn sich der Autor zur Objektivierung des Geschehens als fremde Person darstellt, etwa Kisch in „Paradies Amerika". ↑ Ich-Form.

erläuternde Synonymie ↑ glossierende Synonymie.

erlebte Rede: eingebürgerte Bezeichnung für die Darstellung zweier völlig verschiedener Sachverhalte: 1. eine Form der ↑ Redewiedergabe bzw. ↑ Redegestaltung, spezieller: der ↑ Inhaltsangabe. In diesem Sinne besteht die Bezeichnung zu Recht, sie meint miterlebte, nacherlebte Rede: Eine reale — in künstlerischer Literatur meist eine als real vorgestellte — Äußerung einer dargestellten Person wird in ↑ Perspektive, Tempus und Modus so gefaßt, als erlebe der Darstellende den in der Rede mitgeteilten Sachverhalt selbst. Die Rede erscheint in der pronominalen Perspektive und in der ↑ Zeitebene des ↑ Kontextes, also bei erzählenden Texten gewöhnlich in ↑ Er-Form und im ↑ Erzähltempus, dem Präteritum (Ausnahme: ↑ Ich-Form des Kontextes oder Wechsel zum ↑ historischen Präsens). So kann die Äußerung einer Alltagssituation Vielen Dank. Natürlich bin ich damit einverstanden!, umgesetzt in erlebte Rede, lauten: Er bedankte sich. Natürlich war er damit einverstanden! (Vergegenwärtigung: Natürlich ist er . . ., indirekte Rede: Natürlich sei er . . .). Ob der Leser oder Hörer eigentlich Rede vor sich hat, entscheidet für ihn der Kontext, so auch in künstlerischer Literatur: Winfried berichtete vom Dienst. Was es für Zufälle gab! Da hätten sie beinahe einen Mann erschossen nach rechtskräftigem Urteil. . . (A. Zweig). Die Kennzeichnung als Nichtautortext erfolgt hier, wie meist bei

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