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krahl_kurz-kleines woerterbuch der stilkunde

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erlebter

43 _ _______

erlebte Beflexion

Rede, im voraus, durch eine ↑ Redeeinleitung; außerdem sind Syntax und Lexik ähnlich der Originalrede emotional geprägt, der Sprachstil nähert sich dem der Textperson. Nur dadurch und durch den Inhalt ist erlebte Rede vom reinen ↑ Autortext abzugrenzen. — 2. eine Form der ↑ Reflexionsdarstellung, die vom Autor gleichsam miterlebten, nicht ausgesprochenen Gedanken, Gefühle, Assoziationen einer Person (z. B.

Schweigend saß sie da. Was sollte sie tun? Konnte sie noch länger warten?). Da es sich hier nicht um Rede handelt, ist die Bezeichnung „erlebte Rede" irreführend; das gleiche gilt für die zahlreichen synonymen Benennungen, mit denen man dieser stilistischen Erscheinung beizukommen suchte, bevor sich die Bezeichnung „erlebte Rede" durchgesetzt hat (verschleierte Rede, Rede als Tatsache, uneigentlich direkte Rede, halbdirekte Rede, Imperfekt der Rede usw.). Hier handelt es sich nicht um Rede, sondern eindeutig um ↑ Reflexion, und zwar um ↑ erlebte Reflexion. Diese theoretische Scheidung ist unbedingt notwendig, auch wenn es in der Literatur Passagen gibt, die den Leser bzw. Hörer bewußt oder unbewußt im unklaren lassen, ob hier Gesagtes oder nur Gedachtes vorliegt. Die sprachstilistischen Prinzipien sind allerdings in beiden Fällen die gleichen: Da die Perspektive des Autors und der von ihm dargestellten Person verschmelzen, vereinigen sich ↑ Autorstil und ↑ personaler Stil zum ↑ Autor- Personen-Stil.

erlebte Reflexion: Form der ↑ Reflexionsdarstellung: Die inneren geistig-psychischen Vorgänge einer dargestellten Person, ihre nicht geäußerten Erwägungen, Zweifel, Gefühle, Assoziationen werden sprachlich so gefaßt, als erlebe sie der Autor mit. Erlebte Reflexion erscheint in der pronominalen ↑ Perspektive und in der ↑ Zeitebene des Kontextes — also gewöhnlich in ↑ Er-Form und im Präteritum —, unterscheidet sich demnach klar von ihrer Entsprechung, der ↑ direkten Reflexion; nur bei präsentischer IchForm eines Textes fällt sie mit dieser zusammen. Die Abgrenzung vom Kontext, dem eigentlichen ↑ Autortext, ist dagegen oft schwierig. Zunächst wird erlebte Reflexion meist durch eine ↑ Reflexionskennzeichnung, die auf augenblickliche Gedanken, Gefühle, Assoziationen einer Textperson hinweist, eingeleitet (K. erinnerte sich. N. versank in Gedanken usw.). Die Reflexion selbst hebt sich vom Autortext

Erörtern _ _______

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meist durch den Wechsel zu einem Sprachstil, der sich der geistigen Physiognomie und psychischen Verfassung der dargestellten Person anpaßt, ab: W. war fast erschrocken gewesen, wie gut der Rat geklappt hatte. Man hatte den Aldinger wrklich geholt (Seghers). Syntax und Lexik sind stärker emotional geprägt; miterlebte Entscheidungsfragen machen oft die geistig-psychische Situation deutlich. Diese Art gemeinsamen Erlebens von Autor und Person ist auch in nichtfiktiven, publizistischen Texten möglich, so in der Biographie: Was der Zweiundzwanzigjährige [Engels] sah, wühlte ihn im Innersten auf. War das nicht das Bild seiner Vaterstadt, nur greller in den Farben, ersohreckender in den Kontrasten? — Bisweilen leitet der Autor unmerklich zur erlebten Reflexion über: Schließlich unterzeichneten sie die Bestätigung. Da lag sie. Ein Fehler war Max unterlaufen: er hatte Christian nicht nach seiner Zustimmung gefragt. Nur einmal zwischendurch eine versteckte Anfrage (H. Otto).

Eine besondere Form der erlebten Reflexion ist die kollektive erlebte Reflexion; hier identifiziert sich der Autor mit einer Gruppe (ebenfalls unter Beibehaltung der pronominalen Perspektive: sie oder ein stellvertretendes Indefinitpronomen oder die Gruppenbezeichnung selbst): Die Erregung unter den Männern . . . schlug hoch. Sie sollten bestraft werden für ihr Pech, das sie mit dem Gestängebruch hatten . . . Nur deshalb lagen sie mit der Planerfüllung am weitesten zurück. Deshalb keinen Kühlschrank für U 3. Niemand auf der Baustelle konnte das gutheißen (H. Otto).

Erlebte Reflexion über größere Textabschnitte hinweg, sprachliches Identifizieren mit der Person, Hineinversetzen in ihre Perspektive führt auch beim Leser oder Hörer stärker zum Miterleben, führt suggestiv zu einer gewissen Identifikation (↑ Identiflkationszwang). Die erlebte Reflexion wird vielfach als erlebte Rede bezeichnet, obwohl diese (↑ erlebte Rede 1) eine Form der ↑ Rededarstellung ist; daneben gibt es zahlreiche andere Benennungen (↑ unter erlebte Rede 2).

Erörtern: Darstellungsart, mit deren Hilfe der Autor Kausalzusammenhänge eines Geschehens in Natur und Gesellschaft in der Weise erfaßt und deutet, daß der Leser, Hörer oder Zu- schauer den Weg des Erkennens, den ihn der Autor führt, den

Weg des Beweises verfolgen kann und auf solche Art zum Mit-

45 _ _______

Erzählen

denken aufgefordert ist. Das Mitnehmen des Publikums ist das pragmatische Hauptmerkmal des Erörterns. Erörternde Elemente sind außer dem ↑ Syllogismus: Begründung, Erwägung, Hilfsüberlegung, Einwand, Wertung, Einschätzung, Fragestellung, Auseinandersetzung mit Auffassungen dritter Personen, Überprüfung von Tatbeständen.

Im publizistischen Bereich ist das Erörtern immer dort am Platz, wo es in erster Linie darum geht, Menschen zu überzeugen, Polemik zu führen, den Feind zu entlarven, den potentiellen Verbündeten zu gewinnen, wirksam werdende gesellschaftliche Gesetzmäßigkeiten zur Geltung zu bringen, sozialistische ethische Grundsätze anzuerziehen, moderne ästhetische Prinzipien zu vertreten, neue menschliche Beziehungen zu klären. ↑ Darstellungsarten.

Erzählen: Darstellungsart, ähnlich dem ↑ Berichten, jedoch unterschieden durch das Bestreben, ein Geschehen nicht im protokollarischen Sinn, sondern als Nacherlebtes und Nachzuerlebendes zu erfassen, durch das Streben nach besonderer, künstlerischer Gestaltung. Erzählt wird in einer bestimmten ↑ Darstellungshaltung (Erzählhaltung). Erzählen verlangt und erzeugt eine ↑ Erzählsituation; die Situation ist entspannt (und wird gespannt). Der Erzähler richtet seine Aufmerksamkeit nicht nur auf den Kern der Sache oder der Handlung; er versucht den ethischen und ästhetischen Anteil daran zu erfassen. Am deutlichsten treten die Charakteristika des Erzählens im literarischen Erzählen hervor. Während der Bericht auf realen Vorgängen fußt (Sonderfall: fiktiver Bericht als literarisches Genre), erlaubt literarisches Erzählen — in den Grenzen des realistischen Prinzips — die Fiktion, die beliebige Erfindung von Personen und Handlungen und von Vorgängen in Gesellschaft und Natur. Die Fiktion gestattet auch eine reiche Verwendung der sonst kaum möglichen, weil nichtdokumentarischen ↑ Reflexionsdarstellxing. Das Hineinversetzen des Lesers in die Vorgänge bewirken neben der Reflexionsdarstellung auch grammatische Mittel wie das ↑ historische Präsens. Spannungsfördernd in bezug auf das Was und das Wie sind ↑ Rückblende und ↑ Vorausdeutung, darüber hinaus jede Art des Wechsels der ↑ Perspektive. Inhaltlich wird

der Mitvollzug des Lesers durch Konflikt und Dramatisierung, durch Psychologisierung

Erzählertext _______

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u. a. m. erreicht. Durch den suggestiven Zwang zum Miterleben (↑ Identifikationszwang) kann das Geschehen derart gegenwärtig erscheinen, daß das Präteritum der Erzählung seines Zeitcharakters beraubt wird (↑ episches Präteritum). So unterscheidet sich literarisches Erzählen vom Berichten vor allem durch die komplexe Anwendung verschiedener literarischer Techniken. Mit dem modernen literarischen Erzählen verschmelzen reale und vorgegebene Assoziationen und ihre sprachliche Formulierung, z. B. als Meditation in ↑ direkter Reflexion, die in anderen Darstellungsarten, etwa im Berichten, kaum möglich sind und die nicht selbst als eine besondere Darstellungsart (etwa „Assoziieren" oder „Sprechdenken") gelten. Durch die potentielle Vereinigung dieser Formen erhält literarisches Erzählen eine Qualität, die es von jeder einzelnen Darstellungsart und von der Summe der in ihr aufgehobenen f Darstellungsarten unterscheidet.

Erzählertext ↑ Autortext.

Erzählhaltung ↑ unter Darstellungshaltung.

Erzählsituation: Situation, in der ein Geschehen erzählt wird; zugleich die Situation, die durch die Erzählung geschaffen wird. Zu unterscheiden ist zwischen (1) der eigentlichen (auktorialen) Erzählsituation (das Geschehen wird vom Autor selbst betrachtet und erzählt) und (2) einer personalen Erzählsituation (das Geschehen wird aus der ↑ Perspektive einer Textperson betrachtet und erzählt). Die personale Erzählsituation ist allgemeiner als ↑ personale Darstellungssituation zu bezeichnen.

Erzähltempo ↑ unter Darstellungstempo.

Erzähltempus: das dem ↑ Erzählen als einer Darstellungsart und dem realen oder vorgestellten vergangenen Erzählgegenstand gemäße Tempus; es ist das Präteritum. Vergangenes wird als eine Abfolge, nicht als Anhäufung einzelner Tatsachen dargestellt. Bedingt durch die erzählende ↑ Darstellungshaltung, wird das Geschehen als nicht gegenwärtig-real ausgewiesen, wobei das Zeitbewußtsein überhaupt schwinden kann (↑ episches Präteritum). Daneben ist relative Möglichkeit der ↑ Tempuswahl gegeben; so flndet sich in Unterhaltungsliteratur und Kolportage auch das Präsens, in

Mundarten auch das Perfekt (und zuweilen sogar das Futur) als Erzähltempus. Auch

47 _ _______

Exkurs

kann Vergangenes als gegenwärtig dargestellt werden (↑ historisches Präsens). Insgesamt hängen Erzähltempus und Erzählzeit also nicht unmittelbar zusammen; so kann auch aus einer ↑ Zeitebene des Erzählens in eine andere übergewechselt werden, ohne daß damit ein Tempuswechsel verbunden sein muß. ↑ auch Berichtstempora.

Erzählzeit ↑ unter Erzähltempus.

etymologische Wiederholung: Art der ↑ Wiederholung, bei der ein Substantiv mit einem stammverwandten Verb auftritt, z. B. einen Kampf kämpfen. Zur Vermeidung bloßer ↑ Tautologie und zur Erzielung von Nachdruck ist gewöhnlich ein ↑ Epitheton erforderiich: ein glückliches Leben leben. ↑ auch variierte Wiederholung.

Euphemismus: Sammelbezeichnung für beschönigende, höfliche, mildernde, betrügerische, demagogisohe, sophistische, verfälschende, verhüllende Ausdrücke, die aus den unterschiedlichsten Motiven, z. B. aus gesellschaftlicher Konvention, Zeitgeschmack, Höflichkeit, Aberglaube, Zynismus, Täuschungsabsicht, die direkte Bezeichnung des Sachverhalts umgehen. Das hauptsächliche Anwendungsgebiet für den Euphemismus ist die Demagogie, die Absicht des Sprechers, seine eigentliche Denkart zu verbergen, über eine für ihn unangenehme Situation hinwegzutäuschen, zu verhindern, daß der Gegner Informationen erhält, die dieser in der politischen Auseinandersetzung ausnützen könnte, die Absicht des Sprechers also, sehr bewußt Mißverständnisse hervorzurufen. In diesem Sinn ist die euphemistische Ausdrucksweise eine Hauptmethode imperialistischer Volksverleitung: Endlösung der Judenfrage für ‚rassistischen Völkermord’, Frontbegradigung für ‚Niederlage und Bückzug’. Mitunter gibt es für dieselbe Sache graduell abgestufte Euphemismen; so wird der Begriff „Proletarier" in Westdeutsohland durch den offiziellen Euphemismus Arbeitnehmer ersetzt; stark euphemistisch erscheint er als

Betriebsbürger.

Exkurs m: Abwendung vom eigentlichen Gegenstand, und zwar in eigener Sache oder zu anderen Gegenständen. (1) Das Eingehen auf die eigene Situation zielt auf Einholung der

Publikumszustimmung. Der Autor oder Sprecher gibt entweder offen die Schwierigkeiten zu, in denen er sich befindet (z. B. gewichtige

Exposition _______

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Tatsachen, die seiner Meinung entgegenstehen, wobei er jene bagatellisiert; ein das Publikum schockierender Gedanke; Zweifel an seiner Sachzuständigkeit), oder er verbirgt die Schwierigkeiten, indem er Scheingründe für das Übergehen wichtiger Untersuchungspunkte anführt oder seine Ausführungen abbricht, da er sich bewußt wird, über die Köpfe des Publikuma hinwegzureden; (2) Die Hinwendung zu anderen Gegenständen betrifft das ↑ Beispiel, die ↑ veranschaulichende Merkmalsfplge, den ↑ Vergleich, die zu breit angelegte argumentierende Gedankenfolge (↑ Syllogismus, ↑ Erörtern) u. a.

Exposition: Auslegung, Entwicklung eines Begriffs, Erklärung; Ausgangsposition, z. B. im Drama.

Expressivität, auch Ausdruckswert, Stilwert: mögliche Bezeichnung für die Summe aller begrifflichen und nichtbegrifflichen Merkrnale eines Textes, z. B. assoziative Elemente, Appellfunktion, ↑ Emotionalität, ↑ Rationalität. ↑ auch Stilwert.

Exzerpt n: Auszug aus einem ↑ Text unter dem Gesichtspunkt einer bestimmten anderweitigen Verwendung (Agitation, Gestaltung eines anderen Themas), im Unterschied zum Konspekt, in dem das Wesentliche aus dem Text zunächst ohne konkreten Verwendungszweck aufgenommen wird. Die sprachlichen Prinzipien des Exzerpierens und Konspektierens sind gleich; je nach Umfang der Vorlage und Verwendungsmöglichkeit erfolgt die Abfassung in ↑ Stichpunkten, im ↑ Telegrammstil oder in gedrängtem ↑ Nominalstil, unter Verwendung von ↑ Zitat und ↑ Teilzitat als Dokument. Offizielle Formen des Exzerpts sind in der Presse die ↑ Stichpunktwiedergabe und das ↑ Schlagzeilenexzerpt.

F

Fachausdruck ↑ Terminus.

Fachjargonismus, Berufsjargonismus: in einem Fachgebiet

üblicher ↑ Jargonismus, der im Unterschied zum ↑ Terminus nicht

49 _______

Fertigstücke

der literarischen ↑ Stilschicht angehört, z. B. Oberlicht für Oberbeletichter (beim Theater). Fachjargonismen in publizistischen und künstlerischen Texten dienen oft charakterisierenden, satirisehen und ähnlichen Zwecken. ↑ Stilfärbung.

fakultative Sprachformen: im Kontext mögliche, zur Auswahl stehende sprachliche Formen für denselben Sachverhalt; Formen (Fügungsweisen), die den Sinn der Aussage nicht verändern, allerdings den Sachverhalt unter verschiedenen Aspekten fixieren (↑ Synonyme) und in bezug auf Darstellungsbreite, Rhythmus, Wohlklang und vor allem in bezug auf die Einfügungsmöglichkeit innerhalb des Kontextes (Gedankenfolge, Blickrichtung, Variation) unterschiedlich sein können: Es zog ein Unwetter auf. / Ein Unwetter zog auf. — Du hast ein wertvolles Buch erhalten / ein Buch, das wertvoll ist, erhalten / ein Buch erhalten, das wertvoll ist.

Fassung: durch ↑ Bearbeitung oder Überarbeitung stilistisch, gliederungsmäßig oder inhaltlich abgeänderte Form eines künstlerischen oder wissenschaftlichen Werkes (Neufassung, zweite Fassung, Bühnenfassung usw.).

Fertigstücke: Begriffskomplexe (Wortkomplexe und syntaktische Fügungen), in denen der Vorstellungswert des Einzelteils verblaßt ist (↑ auch Floskeln). Fertigstücke sind sprachliche Formulierungen für Beziehungen und Sinnkomplexe, die in der gesellschaftlichen Praxis ständig wiederkehren und nicht von jedem Sprechenden und Schreibenden neu geprägt, sondern insgesamt übernommen, in eine eigene Darstellung eingefügt, beigegeben werden, d. h. sehr oft als Attribute und somit als Attributkette erscheinen. Zum Beispiel wird Erfüllung der Verpflichtungen (unserer Kollegen) in die Formulierung Kontrolle [der Erfüllung der Verpflichtungen (unserer Kollegen)]

übernommen und diese ihrerseits als Fertigstück dem nominal gefaßten Vorgang Organisieren (die Organisierung) untergeordnet: die Organisierung {der Kontrolle [der Erfüllung der Verpflichtun-gen (unserer Kollegen)]}. Geläufige Fertigstücke sind Begriffs-komplexe wie die Bevölkerung der DDR, die Partei der Arbeiterklasse, der Aufbau des Sozialismuß. Umfangreichere Fertigstücke sind allgemein bekannte wissenschaftliche Begriffskomplexe wie das Gesetz der ungleichmäßigen (politischen und wirtschaftlichen) Entwicklung der kapitalistischen Länder, die zu einer

4Stilkunde

Figurenrede_______

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Kette führen können: kraft des Wirkens [des Gesetzes der ungleichmäßigen (politischen und wirtschaftlichen) Entwicklung der kapitalistischen Länder]. Durch gedankenlose Verbindung von Fertigstücken kann es zu zweideutigen Formulierungen kommen wie Minister für Erziehung der Koreanischen Volksdemokratischen Republik. (Aktuelle Fertigstücke werden allerdings auch in solcher Verbindung richtig verstanden.) Oder es entstehen pleonastische Formulierungen wie die von der UdSSR beschlossene Verringerung der Streitkräfte der Sowjetunion aus den Fertigstücken Streitkräfte der Sowjetunion und von der UdSSR beschlossene Verringerung.

Als Fertigstücke werden mitunter auch Phraseologismen (↑ Phraseologismus) bezeichnet. ↑ auch Nachdruckformen. Figurenrede ↑ unter personaler Text.

Figurensprache ↑ Figurenstil.

Figurenstil, unexakt Figurensprache: Stil der Figuren in einem literarischen Werk. Da von Figuren nur bei erfundenen Personen gesprochen werden kann, ist die Bezeichnung ↑ personaler Stil umfassender.

figürliche (verkleidete) Gedankenführung ↑ Gedankenführung. flktive Rede: mögliche Sammelbezeiehnung für Äußerungen im Kunstwerk, deren Realität nur innerhalb des Werkes gilt. Nicht jede Rede im Kunstwerk ist fiktiv; auch reale Äußerungen real existierender Personen können darin enthalten sein. ↑ aber fingierte Rede.

fingierte Rede: besondere Form der ↑ Redewiedergabe, einer Person oder Gruppe zugesprochenes, aber nicht belegbares Zitat, vorgegebene Äußerung. In fingierter Rede, die formal der ↑ direkten Rede gleicht, werden unausgesprochene oder erwünschte Gedanken eines anderen, oft eines Gegners oder potentiellen Gesprächspartners, ausgedrückt. Fingierte Rede hat keine dokumentarische, sondern nur charakterisierende, illustrierende Funktion. ↑ aber fiktive Rede.

Floskeln f pl: 1. Redeblüten, nichtssagende Redesnarten. — 2. Wendungen und Sätze, die als ↑ Fertigstücke infolge häufigen Wiederkehrens der damit bezeichneten Situation oft in gleicher oder ähnlicher Form verwendet und vom Publikum nicht in ihrer vollen Bedeutung aufgenommen werden. ↑ rhetorische Floskeln.

_51 Gebrauchssprache

Formeln: allgemein übliche, konventionalisierte Wendungen (Satzteile, Sätze), die in ihrem eigentlichen Sinn verblaßt sind. Formeln in diesem Sinne sind Anredeformeln, Grußformeln, Briefformeln (Anfang und Schluß), juristisohe Formeln, religiöse Formeln, Zauberformeln usw. In der Literatur gibt es in Volkslied, Märchen und Sage, aber auch in der Epik immer wiederkehrende Formeln. Zu den Formeln gehören die Doppelformen (↑ Zwillingsformel), die durch Endreim (Saus und Braus) oder Stabreim (Lenkung und Leitung) oder einfach rhythmisch gebunden sind oder einen häufig wiederkehrenden inhaltlichen Kontrast bezeichnen (auf und ab). Auch die Verbindung bestimmter Substantive mit einem ↑ stehenden Epitheton (das blaue Meer) kann als Formel gelten. In der Nähe der Formeln stehen ↑ Losung, ↑ geflügeltes Wort, ↑ Schlagworte.

Funktionalstil ↑ Bereichsstil.

Funktionsstil ↑ Bereichsstil.

G

Gattungsstll: Gesamtheit der ↑ Stilzüge bzw. ↑ Stilprinzipien (↑ Stiltyp) einer Textgattung, gewöhnlich einer Gattung innerhalb der Kunst. Der Gattungsstil ist dem ↑ Bereichsstil unter-, dem ↑ Genrestil übergeordnet. Gattungsstile sind theoretisch noch ungenügend abgegrenzt.

Gebrauchssprache: öfters verwendete Bezeichnung für das im alltäglichen Gebrauch, im öffentlichen Leben und im mündlichen wissenschaftlichen Austausch angewandte Sprachsystem (Syntax, Lexik). Der Begriff wird in Abgrenzung von der ↑ Literatursprache bzw. ↑ Dichtersprache einerseits und dem Dialekt bzw. der Mundart andererseits verstanden; er schließt die Umgangssprache ein. Die Bezeichnung ist unexakt, nicht zuletzt insofern, als jedes (lebende) Sprachsystem dem Gebrauch dient. Gemeint ist oft der ↑ Alltags(sprach)stil bzw. der Stil der Sachprosa (↑ unter Bereichsstil).

4*

Gedankenabbruch_ 52

Gedankenabbruch, Aposiopese f: plötzliche Unterbrechung des Gedankens, der Gedankenfolge: Seine Augen blickten ratlos in der Runde umher: Sagt, was . . .! Hier ist der Abbruch des Gedankens syntaktisch angezeigt durch den Abbruch auch des Satzes. Gedankenabbruch muß aber nicht in jedem Fall Satzabbruch zur Folge haben. Vielmehr kann der Satz trotz der gedanklichen Unterbrechung grammatisch zu Ende geführt werden; es liegt dann ein Anakoluth vor, ein ↑ Satzbruch.

Gedankenfolge ↑ Syllogismus, assoziative Gedankenfolge. Gedankenführung, Duktus: die dem Verhältnis von ↑ Aussageabsicht und Gegenstand entsprechende gedankliche Komponente der ↑ Textgestaltung. Unterschieden werden können etwa einfache Gedankenführung, hintergründige Gedankenführung, verkleidete (figürliche) Gedankenführung, verschlüsselte (konspirative) Gedankenführung. (1) Bei der einfachen Gedankenführung besteht Übereinstimmung zwischen der Aussageabsicht und dem Gegenstand; der Autor meint das, was er sagt. (2) Bei der hintergründigen Gedankenführung herrscht keine Übereinstimmung zwischen Aussageabsicht und Gegenstand; der Autor heuchelt Übereinstimmung mit dem Gegenstand, verfolgt aber dabei die Absicht, beim Publikum eine Meinung zu provozieren, die der vordergründig simulierten Meinung entgegenwirkt. (3) Bei der verkleideten (figürlichen) Gedankenführung besteht zwischen Aussageabsicht und Gegenstand insofern keine Übereinstimmung, als der Autor sich aus gesellschaftlicher Rücksichtnahme scheut, den Gegenstand (den Tatbestand) beim Namen zu nennen. (4) Bei der verschlüsselten (konspirativen) Gedankenführung herrscht zwischen Aussageabsicht und Gegenstand deshalb keine Übereinstimmung, weil der Autor aus konspirativen Gründen die einfache Gedankenführung meiden muß. ↑ äsopischer Stil, Wiederholung.

Gedanken-Ironie ↑ unter Ironie. Gedankenstil ↑ Denkstil.

Gedanke und Sprachform. Die sprachliche Mitteilung ist die notwendige Äußerungsform des Gedankens (auch Mitteilungen mit Hilfe von Symbolen sind in diesem Sinne sprachliche Mitteilungen), doch hängen Gedanke und Sprachform nicht unmittelbar zusammen. Derselbe Gedanke kann in verschiedener sprachlicher Form ausgedrückt werden (↑ Synonymie von Text-

53_______

Gleichklang

einheiten). Urngekehrt kann dieselbe sprachliche Form verschiedene Gedanken bezeichnen. Nicht nur das einzelne ↑ Polysem läßt verschiedene Auslegungen zu, die erst durch den ↑ Kontext eingegrenzt werden; auch die als ↑ Gleichnis gedachte künstlerische ↑ Aussage bietet oft verschiedene Möglichkeiten gedanklicher Interpretation. ↑ Denkstil, Sprachstil.

geflügeltes Wort: allgemein bekannter, sprichwörtlich gebrauchter Ausdruck, dessen historischer Urheber oder dessen literarischer Ursprung nachweisbar ist, z. B. Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern (Marx).

Gegenständlichkeit, Bildhaftigkeit: Vorstellen einer Erscheinung durch das Beschreiben ihrer sichtbaren Merkmale:

Einer holt aus seinem Schnappsack die Dinge hervor, die er wahllos aus dem Rinnstein aufgelesen: Stücke alten Brotes, den Rumpf einer Puppe, zusammengeballte Zeitungen (er glättet sie sorgfältig), den Rest einer Brille, das Rudiment eines Bleistiftes (Kisch).

Gegenstandsstil ↑ unter Stilarten.

Genitivkette: Erscheinungsform der ↑ Zuordnungsfolge. Genrestil: Gesamtheit der ↑ Stilzüge bzw. ↑ Stilprinzipien eines Texttyps (Genres) vor allem in den Bereichen von Kunst und Publizistik, z. B. der Erzählung, der Anekdote, des Kommentars, der Nachricht. Genrestile unterscheiden sich u. a. hinsichtlich der ↑ Darstellungshaltung, der möglichen ↑ Perspektive, der Gedankenfolge, der ↑ Dichte, der Verwendung ästethischer und bildhafter Darstellungsmittel (z.B. ↑ Pointe, ↑ Sprachbild), der Syntax, der Lexik, des Gebrauchs der Tempora (↑ Tempuswahl). ↑ Gattungsstil, Bereichsstil.

Gespräch ↑ unter Dialog.

Gleichklang: Sammelbezeichnung für die visuelle und akustische Erscheinungsform von gleichen oder ähnlichen Lautfolgen (Lauten, Silben, Wörtern, Wortfolgen), gleichgültig, ob sie begrifflich identisch oder nur ähnlich sind (Gleichschreibungen = Homogramme n pl, Gleichlautungen = Homophone n pl, Ähnlichlautungen = Homöophone n pl). Es gilt als ungeschriebenes Gesetz guten Stils, Gleichklang zu meiden, sofern er nicht Funktion hat (Reim, ↑ Stabreim, ↑ Anapher, ↑ Epipher). Die Vermeidung gleichklingender Lautfolgen ist nicht, wie man

meist annimmt, ein lediglich sprachästhetisches Prinzip. Zwar

Gleichnis

_

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läBt sich der Gleichklang in wenigen Fallen (z. B. Satzfuge: . .

. hat, hat . . .) ausschließlich vom ästhetischen Standpunkt rügen; daneben kann unbeabsichtigter Gleichklang vom Text ablenken und so die Aussageabsicht gefährden. In den meisten Fällen darf die Vermeidung des Gleichklangs jedoch als stili- stisch-psychologisches Prinzip gedeutet werden: Gleiche oder ähnliche Lautung assoziiert bei schnellem Aufnehmen gleiche oder zusammengehörige Bedeutung, Gleichheit oder Ahnlichkeit der Aussage, Gleichheit des Bezugs u. a.; dies wird gerade durch den bewußten Gleichlaut in Anapher und Epipher bestätigt. Letzten Endes konnte auch die ↑ stilistisehe Variation als Bestreben interpretiert werden, die Assoziation auszuschalten, als handle es sich beim Auftauchen desselben oder eines ähnlichen Wortes um den gleichen Inhalt. So gesehen, ließe sich die Vermeidung des Gleichklangs als stilistisches Prinzip deuten, Langeweile und Desinteresse zu verhindern und Neuheit der Aussage sinnfällig zu machen oder lediglich zu suggerieren.

Gleichnis: Darstellungsverfahren, mit dessen Hilfe der Autor durch ↑ Detaillierung und durch ↑ Amplifikation das ↑ Tertium comparationis, das Gemeinsame eines Vergleichs, gedanklich ausweitet: ,,Aula. Kenn ich nicht. . ." ,,Hier kannst du doch nur mit einem Pferd reinreiten, Steigbügel aus Gold, und da vorne auf dem Thron sitzt die Königin und schmeißt mit Rosen nach dir" (H. Kant). Die kalte Großartigkeit der Aula wird hier durch Vereinzelung der Impression des Sprechers verdeutlicht. Diese Vereinzelung kann mitunter Anlaß werden, das Gleichnis zu verselbständigen: Es werden solche Details hinzugefügt, die nicht mehr als Details des Tertium comparationis anzusehen sind. So führt der zitierte Text weiter:

,,Und denn linst du ihr von oben, von dein Roß, in den Ausschnitt, und denn wird dir schwindlig, und die Knappen fangen dich auf . . .".

Gliederung ↑ Disposition.

Gliederungswörter, Dispositionswörter: Wörter, die vor allem in darlegenden und erörternden Texten die Gliederung der Aussage sichtbar machen (erstens, zweitens usw., zunächst, sodann, ferner, schließlich; zum einen, zum anderen). glossierende Synonymie, erläuternde Synonymie f: Erläu-

terung eines nicht allgemein verständlichen Ausdrucks durch Übersetzung oder Umschreibung, z. B. ... die Heuristik, di e

55_

grammatische Einsparung

Erfindungskunst, die Lehre von den Methoden und Regeln der Entdeckung und Erfindung, . . . ↑ Synonymie.

Gradation ↑ unter Klimax

grammatische Einsparung: bereits in der Grammatik fixierte

Einsparung an Ausdruck (↑ Ausdruck 1); Korrelat zur ↑ grammatischen Verdeutlichung. Grammatische Einsparung entsteht aus der Tendenz des Sprachgebrauchs, darzustellende Sach-verhalte möglichst ökonomisch zu fassen und diese Fassung im Sprachsystem festzulegen. So werden in der Wortbildung komplizierte Begriffe durch Auslassen von Zwischengliedern vereinfacht (Mutterschutzgesetz für Gesetz über Mutterund Kinderschutz und die Rechte der Frau) und zusammengesetzte Wörter gekürzt zu Initialwörtern (DDR für Deutsche Demokratische Republik) oder Wortteilen (Malimo aus

Mauersberger, dem Erfinder, Limbach-Oberfrohna, dessen Wohnort, und Molton, dem Grundgewebe). In der Morphologie führt die grammatische Einsparung zum Weglassen überflüssiger Laute, z. B. des Dativ-e, auf syntaktisch-systematischem Gebiet z. B. zur allmählichen Beschränkung des Konjunktivs I auf die ↑ Redewiedergabe, wo er wiederholte Kennzeichnung der Rede (↑ Redekennzeichnung) überflüssig macht. Sprachökonomische Tendenz führt z. B. zum Verzicht auf den Genitiv in einigen offiziellen Bezeichnungen (Nationale Front des demokratischen Deutschland), bei Parallelkonstruktionen zum Auslassen von gleichen Wörtern (Er singt und [er] lacht), selbst wenn sie sich in anderer Form wiederholen (Er ist einverstanden, ich [bin es] auch); bei einfacher Konstruktion wird ebenfalls oft auf Wiederholung verzichtet (Laß mich [mich] setzen). Einsparend ist auch die Umsetzung der Genitivapposition (ein Wort Brechts, Schüler Zechlins, eine Oper Brittens) als Bestimmungsglied eines Kompo-situms (Brecht-Wort, Zechlin-Schüler, Britten-Oper), obwohl diese Bildungen lange von Sprachpflegern als Ungeheuerlichkeiten mißbilligt wurden. Heute sind Verbindungen wie DDR-Anerkennung (in Zeitungsüberschriften) nicht mehr selten. Sprachökonomische Bestrebungen halten oft (wie die Sprache überhaupt) grammatisch-logischen Erwägungen nicht stand oder widersprechen ästhetischen Prinzipien. So werden einsparende Verbindungen wie die Partei und Regierung oder das Fest der Jugend und Studenten als falsch bezeichnet. Da die

grammatische Synonyme

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Begriffe als zusammengehörig gemeint sind, kann und sollte zwar in dem einen Fall Partei und Regierung (ohne Artikel; Genitiv: von Partei und Regierung) gesagt werden, im anderen Fall kann jedoch die Formulierung der Jugend und Studenten gegenüber der Verbindung der Jugend und der Studenten oder der korrekten, aber schwerfälligen Form der Jugendlichen und Studenten als sprachökonomisch und rhythmisch besser gebilligt werden.

Der grammatisohen Einsparung auf der Ebene des Sprachsystems (der langue) entspricht auf der Ebene der Rede (der parole) die ↑ kontextuale Einsparung; beide sind Erscheinungsformen der ↑ Sprachökonomie.

grammatische Synonyme ↑ unter Synonyme.

grammatische Verdeutlichung: bereits in der Grammatik fixierte verdeutlichende Umschreibung eines Begriffs, eines Bezugs; Korrelat zur ↑ grammatischen Einsparung. Grammatische Verdeutlichung entsteht aus der Tendenz des Sprachgebrauchs, darzustellende Sachverhalte eindeutig zu kennzeichnen und die entsprechenden Mittel im Sprachsystem festzulegen. Zum Beispiel werden zum Ausdruck von Bedingungen aus Gründen der Verdeutlichung wtirde-Formen verwendet, wo der Konjunktiv formal dem Indikativ gleicht (Wenn ich sagen würde für ,wenn ich sagte').

Der grammatischen Verdeutlichung auf der Ebene des Sprachsystems (der langue) entspricht auf der Ebene der Rede (der parole) die ↑ kontextuale Verdeutlichung; beide sind Erscheinungsformen der ↑ Spracheffizienz.

grotesker Vergleich ↑ unter Hyperbel.

H

halbdirekte Rede ↑ unter erlebte Rede. Häufung ↑ Akkumulation.

Hauptausage: Aussage, die in bezug auf eine relativ abgeschlossene Texteinheit die sinnwichtige Mitteilung enthält, z. B. die

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historisches Präsens

aktuelle Aussage einer Nachricht oder die ↑ Pointe. Die Hauptaussage ist nicht an eine bestimmte syntaktische Form gebunden. Sie kann z. B. in einem Nebensatz enthalten sein, die ↑ Nebenanssage in einem Hauptsatz (Typ: A. stellte fest, daß . . .). Es kann jedoch als Stilfehler gelten, wenn Hauptaussagen wiederholt in Nebensätzen — also entgegen der syntaktischen Ordnung — untergebracht werden.

Hauptgedanke: Gedanke, der in bezug auf eine argumentierende Texteinheit die höchste verallgemeinernde Aussage enthält, z. B. die Schlußfolgerung (Conclusio f) eines ↑ Syllogismus. ↑ Hauptaussage, Nebenaussage.

Hervorhebungsmittel: Mittel der Hervorhebung eines Begriffs, eines Bezugs, einer Aussage. Solche Mittel können sein: (1) stilistische Mittel, z. B. ein charakterisierendes ↑ Synonym, eine unerwartete syntaktische Fügung; (2) mit dem Sprechen verbundene Mittel wie Lautstärke, Betonung, Stimmführung, Stimmklang und -charakteristik (z. B. Imitation, Parodie), Pausen; (3) graphische und typographische Mittel wie Satzzeichen, Anführungszeichen (Ironie, Zitat), Einzug, Sperrung, Versalienschreibung, Unterstreichung, Fettdruck, Kursivdruck, Farbdruck, andere Schriftgröße, andere Schriftart; (4) akustisch-technische Mittel wie Geräusch, Hall, Stimmverzerrung, Sprecherwechsel, Originalton.

Heteronyme n pl, landschaftliche Dubletten f pl, landschaftiiche Synonyme n pl: landschaftlich begrenzte, aber in der Landachaft schriftsprachlich verwendete Sprachformen (meist Wörter, selten morphologische und syntaktisehe Formen) für ein und denselben Sachverhalt, z. B.

Samstag/Sonnabend, bügeln/plätten. In solchen Fällen hat sich die Sprachgemeinschaft noch nicht auf eine einheitliche Bezeichnung festgelegt. Zum Teil handelt es sich um Wörter, die an staatliche Grenzen gebunden sind, z. B. bei schweizerisch Rundspruch für das in den übrigen deutschsprachigen Gebieten gültige Rundfunk. ↑ auch stilistische Synonyme, ↑ auch unter Dubletten.

Hiatus ↑ unter Elision.

hintergründige Gedankenführung ↑ Gedankenführung. historisches Präsens: Bezeichnung für ein Präsens, das in oft

dramatisierender Absicht ein vergangenes Geschehen darstellt. Zum Teil wird Vergangenes bereits konventionell mit dem Prä-

Historisnius

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sens bezeichnet, so beim Zitat (DieZeitung schreibt: ...) und in historischen Tafeln (7765—1768: Goethe studiert in Leipzig). Hier und bei ausschließlichem Gebrauch in Berichten ist die vergegenwärtigende Wirkung meist abgestumpft; hingegen ist ↑ Identifikationszwang oft dem Präteritum (↑ episches Präteritum, Präteritalanziehung) zuzuschreiben. ↑ Tempuswahl.

Historismus: historisches Wort, historische Wortfügung, der Koloritzeichnung dienend. ↑ Stilfärbung.

Hochsprache ↑ unter Literatursprache. Höflichkeitsperiphrase ↑ Bescheidenheitsperiphrase. Homogramme ↑ unter Gleichklang.

Homonyme n pl: gleichlautende sprachliche Formen (meist Wörter), die verschiedene Gegenstände und Sachverhalte bezeichnen, z. B. Du hast ein Anrecht auf ein Anrecht (Theaterwerbung). Der genannte Satz enthält zwei Homonyme, es werden zwei Dinge mit demselben Namen bezeichnet. Vom Standpunkt der Bedeutungslehre existiert hier nur ein Wort, ein ↑ Polysem. Beide Gesichtspunkte sind für die Stilistik wichtig, der der Bezeichnungslehre z. B. für ↑ Gleichklang, ↑ stilistische Variation, ↑ kontextuale Verdeutlichung, der der Bedeutungs-lehre z. B. für ↑ Wortspiel, ↑ Doppelsinn.

Homöophone ↑ unter Gleichklang. Homophone ↑ unter Gleichklang.

Hyperbaton n: von der erwarteten Folge abweichende Satzgliedfolge; ↑ stilistische Satzgliedfolge.

Hyperbel f: Art des ↑ Tropus; graduelle Überbietung einer Bezeichnung, einer Feststellung, eines Urteils, insbesondere in der Umgangsaprache und in satirischen bzw. humoristischen Texten. Erscheinungsformen sind u. a. die bildliche Hyperbel (sich die Füße in den Leib steheri), die Zahlenhyperbel (schon hundertmal gesagt), die Übersteigerungsformel (wahnsinnig komisch), der groteske Vergleich (die Frau Schwester . . . Das Gesicht nur ein Mund zwischen den Ohren, die Brust trostlos öde wie die Lüneburger Heide; die ganze ausgekochte Gestalt glich einem Freitisch für arme Theologen [Heine]). Eine besonders gefährliche Form der Hyperbel ist die chauvinistische Hyperbel (größter Führer aller Zeiten).

Impertekt

der

Rede

Die gedankenlose Übertreibung bei ernstgemeinter Verständigungsabsicht mindert die Überzeugungskraft der Aussage:

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Immutatio syntactica

Dafür gibt es unzählige Beispiele statt ,mehrere' oder ,viele'

oder ,einige'.

hypotaktische Klammer ↑ unter Klammerung.

Hysteron-Proteron n: rhetorische Figur, die Späteres vor das Frühere setzt und insofern die Zeitoder Kausalfolge umkehrt; ein Mittel der Hervorhebung (So wvrd es niemals sein, so ist es nie gewesen). ↑ Nachholtechnik.

Ich-Form: Darstellung eines Geschehens aus der ↑ Perspektive des Selbsterlebens. Die Hauptperson bzw. das im Mittelpunkt stehende Kollektiv erscheint in den Pronomina der 1. Person: ich, wir. Die Ich-Form simuliert authentischen Charakter, schränkt jedoch die Gestaltungsmöglichkeiten in künstlerischer Literatur erheblich ein. Zum Beispiel ist Schauplatzwechsel nur begrenzt, Darstellung des Innenlebens anderer Personen (↑ Reflexionsdarstellung) nur mittelbar möglich. ↑ Er-Form.

Identifikationszwang: suggestiver Zwang für das Publikum, sich in eine dargestellte Handlung hineinzuversetzen, sich mit den Gestalten dieser Handlung zu identifizieren. Die Erscheinung kann auch als Präsenzsuggestion, als Dabeiseinszwang bezeichnet werden, da hier nicht unbedingt ethische Identifikation mit der Handlungsweise der Personen statthat, sondern ein allgemeines Miterleben, Mitsein. Potentiell ist die Gefahr der ethischen Identifizierung, auch mit negativen Gestalten, immer gegeben.

Das Dabeisein wird nicht allein durch die Handlungsweisen, also durch inhaltliche Mittel bewirkt, sondern auch — und manchmal sogar ausschließlich — durch formale bzw. gedanklich-sprachliche Mittel wie ↑ direkte Reflexion, ↑ erlebte Reflexion.

idiomatisehe Redewcndung ↑ Phraseologismus.

Immutatlo syntactica f: Veränderung der Satzart, in der eine ↑ Aussage formuliert ist. Eine Feststellung erscheint z. B. (1) als Frage: als ironische Frage oder als ↑ rhetorische Frage; oder (2)

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als Ausruf: als echter Ausruf (Wie schön war das!) oder — unter frageartiger Prädikatstellung in Verbindung mit einer bestimm-ten Partikel — als gemilderter Ausruf (Hat er uns doch täglich bewiesen, daß . . .).

Eine verkappte Immutatio syntactica liegt vor bei gleichbleibender Satzgliedfolge, aber graphischer bzw. intonatorischer Veränderung der Satzart, z. B. wenn die Wortfolge der Feststellung (Du gehst gleich.) für Forderung (Du gehst gleich!) oder Frage (Du gehst gleich?) genutzt wird.

Impertekt der Rede ↑ unter erlebte Rede.

indifferente Anfangstellung: Bezeichnung für die morphologisch nicht erkennbare Anfangstellimg eines stilistisch hervorgehobenen Objekts. Nicht unterscheidbar vom Nominativ ist z.B. der Akkusativ bei femininen, neutralen und pluralischen Substantiven, bei fehlendem Artikel auch bei Maskulinen. Mitunter entstehen erheiternde Formen: Ein Schiff voll Affen, Tiger, Vögel holt Tierparkinspektor N. ab. Indifferente Anfangstellung wird im Mündlichen durch verdeutlichende Intonation überspielt. ↑ stilistische Anfangstellung.

indirekte Rede: Erscheinugsform der ↑ Rededarstellung. Eine reale (in künstlerischer Literatur auch eine als real angenommene) mündliche oder schriftliche Äußerung wird nicht in ihrem Wortlaut und potentiell aus veränderter Perspektive (z. B. ich du/er; hier dort; gestern heute) dargeboten; im Unterschied zu anderen Rededarstellungsformen ändert sich vor allem der Modus („Modusverschiebung": Indikativ → Konjunktiv). Die wiedergegebene Rede, der ↑ personale Text, hebt sich damit eindeutig vom ↑ Autortext ab, bedarf also keiner weiteren graphischen oder stimmtechnischen Bezeichnung, jedoch, wie alle anderen Wiedergabeformen, der ↑ Redekennzeichnung.

Die Gestaltungsmethode, die zur ‚indirekten Rede' führt, kann als indirekte Rededarstellung, spezieller als indirekte ↑ Redewiedergabe (bei realen Äußerungen) oder als indirekte ↑ Redegestaltung (bei fiktiven Äußerungen) bezeichnet werden. Die Bestimmung ‚indirekt' ist als Konvention für die konjunktivi-sche Form der Rededarstellung aufzufassen; nicht-direkt, nicht-wörtlich können Äußerungen auch anders wiedergegeben werden (↑ abstrahierte Rede, Redebericht, Inhaltsangabe).

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Ironie

Individualstil: individuelle gedanklich-sprachliche Aussageweise, individuell charakteristische Verwendungsweise gedanklichsprachlicher Formen. Individualstilistische Besonderheiten sind in gewissem Sinn durchgängig, sie können in allen Kommunikationsbereichen und bei verschiedenen Anlässen zutage treten, am wenigsten gewöhnlich in wissenschaftlichen Darlegungen, am stärksten im persönlichen Brief, im Erlebnisbericht und vor allem in der Kunst. ↑ künstlerischer Sprachstil, ↑ auch Stil-arten; ↑ aber personaler Stff.

Inhaltsangabe: Form der ↑ Redewiedergabe bzw. der ↑ Rededarstellung, die den Inhalt mündlicher oder schriftlicher Äußerungen unter Wechsel der ↑ Perspektive (in bezug auf dargestellte Personen: ich er usw.), jedoch ohne Wechsel des Modus mehr oder weniger gerafft fixiert. Die Inhaltsangabe kann von der bloßen Wiedergabe des ↑ Kerngedankens bis zur Wiedergabe von Nebenaussagen (↑ Nebenaussage) reichen. Wie alle Formen der Rededarstellung bedarf die Inhaltsangabe der ↑ Redekennzeichnung. Wird sie nicht durch Absatz bzw. Pause und durch die Diktion vom ↑ Autortext abgesondert, spricht man von erlebter Rede (↑ erlebte Rede 1).

innerer Monolog m: literaturwissenschaftliche Bezeichnung für eine Form der ↑ Reflexionsdarstellung, die geschichtlich aus dem „äußeren", dem Bühnenmonolog (↑ Monolog) hervorgegangen ist. Wegen der Zugehörigkeit zur Reflexionsdarstellung (↑ erlebte Reflexion) und der gleichzeitigen formalen Verwandtschaft zur ↑ direkten Rede wird der innere Monolog treffender als ↑ direkte Reflexion bezeichnet (Beispiele s. dort). Inventio ↑ unter Rhetorik.

Ironie: Art des ↑ Tropus. — 1. Wort-Ironie: das Aufgreifen gegnerischen Sprachmaterials unter der Annahme, daß das Publikum die Umkehrung und Distanzierung von der Bedeutung, die der Gegner dem Sprachmaterial gibt, erkennt, so daß die ironischen Wörter als Gegenteil dessen, was eigentlich formuliert ist, verstanden werden. — 2. Gedanken-Ironie: das Ersetzen des eigentlichen Gedankens durch einen gegensätzlichen Gedankengang. In diesem Fall liegt spöttische Verstellung vor, z. B. vorgetäuschte Unwissenheit („sokratische Ironie").

Isokolon

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