
Mensch und Fahrzeug
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Bild 2-15 Periodisches System der Elemente (Mendelejew 1969, Bohr 1913)
Bei den Edelgasen ist die Elektronenhülle gerade voll: bei den Nichtmetallen fehlen ein oder mehrere Elektronen, bei den Metallen sind ein oder mehrere Elektronen zu viel. Bei den Verbindungen treten solche Elemente zu Molekülen zusammen, dass sich volle Elektronenschalen bilden. Dabei wird Energie frei. Auf die beteiligte Masse bezogen um so mehr, je mehr Elektronen je Atommasse sich ergänzen, siehe Bild 2-16.
Bild 2-16 Spezifischer Energieinhalt verschiedener chemischer Verbindungen. Sind zwischen den Elementen mehrere verschiedene Verbindungen möglich, so ist die energiereichste angegeben.

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Wh/kg
Bild 2-17 Spezifische Energie (Wh/kg) verschiedener Energieträger (27.1012 Wh/kg für Zerstrahlung)
Sollten in Zukunft synthetische Kraftstoffe zum Einsatz kommen, wird man auf Kohlenwasserstoffe zurückgreifen: DME (Dimethylethan) oder Methanol z. B.. Eine andere Möglichkeit ist der Einsatz von Ammoniak (NH3), das bei unter 10 bar zu verflüssigen ist.
Der Verbrauch eines Verbrennungsmotors lässt sich aus dem thermodynamischen Wirkungsgrad und der mechanischen Umsetzung erklären, Bild 2-18. Um den Motor zu drehen, ist ein Schleppmoment erforderlich, verursacht durch die Reibung der Kolben in den Zylindern und der Lagerreibung, etwa mit den Massekräften, also dem Quadrat der Drehzahl, zunehmend. Zu seiner Überwindung ist der Leerlaufverbrauch erforderlich, der bei der Leerlaufdrehzahl von n = 765 U/min oder einer Leerlaufwinkelgeschwindigkeit Ζ = 80 l/s 20 Gramm pro Stunde (g/h) für den zugrunde gelegten Motor beträgt [2.3]. Diese beiden Daten können für verschiedene Ζ in das Diagramm rechts eingetragen werden: Der Verbrauch in kg(h) nimmt dann weiter etwa linear mit dem Drehmoment zu. Bezieht man ihn auf die geleistete Arbeit, dann ergeben sich die Hyperbeln des spezifischen Verbrauchs in g/kWh. Verbrauch (kg(h) und spezifischer Verbrauch (g/kWh) der Näherung sind zusammen mit den Messwerten in Bild 2-19 eingetragen.

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Bild 2-18 Links: |
Schleppmoment und Leerlaufverbrauch abhängig von der Drehzahl |
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Ζ (1/s) = p · n (U/min)/30 und |
Rechts: |
Verbrauch (kg/h) und spezifischer Verbrauch bsp (gr/kWh) abhängig |
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vom Motormoment für einen 1.6 l TDI >2.3 |
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Bild 2-19 Vergleich der Messwerte (Kreise) mit der Näherung nach Bild 2-17
Der spezifische Verbrauch im Leistungskennfeld ist dann in Bild 2-20 dargestellt. Für die Leistung P = 0 steigt der Verbrauch über alle Grenzen und ist deshalb nicht angeschrieben. Für P < 0 erscheinen negative spezifische Verbräuche, was aber nicht heißt, dass Kraftstoff erzeugt wird, sondern dass Kraftstoff für eine negative Leistung aufgewendet werden muss. Soll der Motor mit Ζ = 400 drehen und dabei nur –10 kW „leisten“, dann muss ein Verbrauch von –154 g/kWh als 1.54 kg/h aufgebracht werden.

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Bild 2-20 Leistungs-/Drehzahl-Diagramm mit den Werten für den spezifischen Verbrauch bsp (gr/kWh)
Die Angabe in g/kWh entspricht einem bestimmten Wirkungsgrad eta (%) = 9000/(g/kWh) (je nach Kraftstoff). Im Bestpunkt (Ζ = 160, P = 25 kW) hat der Motor einen Wirkungsgrad von 9 000/205 = 43.8 %. Die besten Wirkungsgrade liegen für jede Leistung nahe der kleinstmöglichen Drehzahl, Bild 2-21.
Bild 2-21 Leistungs-/Drehzahl-Diagramm mit Linien gleichen Wirkungsgrades eta (%) und Fahrwiderstandslinien für verschiedene Steigungen st (%) des Fahrzeugs W = 132 (1 + st) + 0.6 v2/1.6. Für horizontale Fahrbahn und Windstille wird bei der gewählten Übersetzung i (maximale Höchstgeschwindigkeit, z. B.: 4. Gang) über 70 km/h ein Wirkungsgrad von 33 % nicht unterschritten. Zwischen 80 und 130 km/h liegt er bei eta = 34 %. Der Verbrauch ist um fast 30 % größer, als wenn der beste Wirkungsgrad von 44 % genutzt würde. Verbrauch bei 80 km/h: 2.6 l/100 km, bei 130 km/h: 4.0 l/100 km.

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Dort ist auch der Leistungsbedarf für verschiedene Steigungen eingezeichnet. Für das Fahrzeug mit m = 1320, fR = 0.01, cwA = 0.6 und der Übersetzung i = 0.127, welche die theoretische Höchstgeschwindigkeit ermöglicht, erkennt man, dass der Wirkungsgrad des Motors bei horizontaler Fahrbahn und Windstille, zwischen 70 und 140 km/h zwischen 33 und 36 % liegt. Gegenüber dem besten Wirkungsgrad von 44 % bedeutet das einen Mehrverbrauch von 22 bis 33 %. Der gleiche Sachverhalt folgt aus den Bildern 2-22 bis 2-24.
Bild 2-22 Bei der längeren Übersetzung i = 0.176 m/rad (z. B.: 5. Gang) liegt der Wirkungsgrad zwischen 80 und 130 km/h zwischen 36 und 40 %. (38 % bedeuten 16 % Mehrverbrauch gegen den Bestpunkt.) Verbrauch bei 80 km/h: 2.39 l/100 km, bei 130 km/h: 3.75 l/100 km.
Bild 2-23 Mit dem extrem langen Gang i = 0.221 wird zwischen 125 und 145 km/h ein Wirkungsgrad von über 43 % genutzt. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt allerdings nur mehr 155 km/h und bereits bei 1 % Steigung muss zurückgeschaltet werden. (Bei 0 % Steigung liegt der Wirkungsgrad über 80 km/h zwischen 40 und fast 43 %, ο vgl. Bild 2-22.) Verbrauch bei 80 km/h: 2.55 l/100 km, bei 130 km/h: 3.58 l/100 km.

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Wählt man eine längere Übersetzung (2-23), dann kommt man in ein Gebiet günstigerer spezifischer Verbräuche. Die Fahrer lehnen solche langen Gänge erfahrungsgemäß ab, weil sie die zu geringe Überschussleistung unangenehm empfinden: mehr Gasgeben führt nicht zu der als befriedigend empfundenen Reaktion des deutlichen Beschleunigens. Der Fahrer müsste ja nur zurückschalten, wenn er den Leistungsüberschuss wirklich benötigt. Aber das wird von den Meisten abgelehnt. Einen Ausweg bieten automatisch schaltende längere Gänge (Overdrive). Aber auch die haben sich nicht durchgesetzt. Der Fahrer erwartet als Reaktion nicht ein Schalten, sondern den sofortigen Einsatz der Beschleunigung.
Bild 2-24a zeigt die Verhältnisse im 2. Gang: 20 % Steigung können mit über 60 km/h befahren werden.
Bild 2-24a Leistungskennfeld für i = 0.043 m/rad (etwa 2. Gang). 25 % Steigung können noch mit 55 km/h und einem Wirkungsgrad von 37 % gefahren werden, 30 % mit 45 km/h und 39 %. Bei horizontaler Fahrbahn 10 % Wirkungsgrad.

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Bild 2-24b Geschwindigkeits-/Drehzahl-Diagramm. Die rechte Skala gibt die zugehörige Leistung an, dünn ist die Motorkennlinie eingezeichnet. Die Zahlen nennt den Mehrverbrauch (%) gegen den Bestpunkt, der in diesem Fall bei etwa 140 km/h mit sehr langen Übersetzungen erreicht würde.
Bild 2-24c Mehrverbrauch gegen den Bestpunkt abhängig von der Übersetzung i (m/rad) bei 80 und 130 km/h. Bei Straßenlast (st = 0 %) und 80 km/h liegt die optimale Übersetzung in diesem Fall bei i = 0.17 m/rad, bei 130 km/h über 0.24.
In Bild 2-25 ist der Verbrauch in l/100 km in den Gängen angegeben. Der 8. Gang bringt fast gar nichts, der 7. wenig. Deshalb sind sie nur von theoretischem Wert. Im 6. Gang beträgt der Verbrauch bei 80 km/h knapp 5 l/100 km, bei 130 6.8 l/100 km.

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Bild 2-25 Verbrauch (l/100 km) in den Gängen (horizontale Fahrbahn, Windstille). Die Geschwindigkeiten 80 und 130 km/h sind markiert. Dort ist sichtbar, dass ein 7. Gang noch eine spürbare Verringerung brächte. Unter den Kurven ist angegeben, welche spezifischen Verbräuche (gr/kWh) auftreten.
Bild 2-26 Die Kurven geben an, welches Gefälle für eine antriebslose Fahrt erforderlich sind: für PKW und Bus 3.13 und 4.75 % für 80 und 130 km/h, für LKW-Züge 1.7 % für 85 km/h.

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2.7 Verbrauchsverbesserung
Unbestritten ist ein kleiner Verbrauch erstrebenswert. Wie aber die Erfahrung mit langen Gängen gezeigt hat, ist der Fahrer nicht bereit, auf andere Vorzüge zu verzichten. Der Verbrauch ist nur eine indirekt zu erfassende Größe. Erst beim nächsten Tanken kann ihn der Fahrer ermitteln, was aber selten genug geschieht. Hier schafft die Verbrauchsanzeige Abhilfe. Aber auch sie kann nur über längere Strecken Auskunft geben. Die aktuelle Verbrauchsangabe hängt wesentlich von der aktuellen Steigung ab, die der Fahrer aber nicht genau genug abschätzen kann. Bei allen folgenden Überlegungen zum Kraftstoffsparen darf an keiner Stelle der emotional teilnehmende Fahrer vergessen werden.
2.7.1 Angepasste Steigung
Nach einem alten Vorschlag sollte man Straßen so ausführen, dass Steigung und Gefälle so aufeinander folgen, dass man entweder Vollgas geben oder den Motor abschalten kann. Dann würde man den bestmöglichen Wirkungsgrad nutzen oder mit keinem Verbrauch fahren. Die für bestimmte Geschwindigkeiten notwendigen Steigungen, bzw. Gefälle sind für PKW und Busse einerseits und LKW-Züge andererseits sehr verschieden. Die Strecken mit (annähernd) gleicher Steigung oder Gefälle sollten möglichst lang sein. Es kommt aber nicht auf eine genaue Einhaltung an: wenn eine Steigung zu groß oder ein Gefälle zu klein ist, dann behält der Fahrer die Beschleunigungsphase etwas länger bei oder beginnt früher mit ihr und umgekehrt. Mit Rücksicht auf den LKW-Verkehr wird man die Steigung nicht über 2 % bringen können (weil sonst Energie weggebremst werden müsste), was für PKW und Bus relativ wenig ist. Auch haben LKW meist vielstufige Getriebe mit langen Gängen, die einen Betrieb im günstigen Bereich auch bei horizontaler Fahrbahn ermöglicht.
Das Abstellen des Motors erfordert besondere Vorkehrungen: Bremsund Lenkhilfe, Wasserumlauf für die Heizung, Antrieb des Klimakompressors müssen auch bei stillstehendem Motor gewährleistet sein. Das erfordert eine größere Batterie oder das Laufen einer APU (auxiliary power unit). Letztere wäre auch aus anderen Gründen wünschenswert: das Fahrzeug könnte vorklimatisiert werden, auch bei abgestelltem Motor bliebe die Batterie voll. (Hier ergibt sich der vorteilhafte Einsatz einer Brennstoffzelle: mit wenig Leistung, guten Wirkungsgrad und langsamen Laständerungen könnte sie für eine immer volle Batterie sorgen.)
2.7.2 Intermittierendes Beschleunigen
Der Fahrer beschleunigt z.B. mit Vollgas, wenn die Geschwindigkeit unter 20 m/s = 72 km/h gefallen ist. Er kuppelt aus (und stellt den Motor ab), wenn die Geschwindigkeit 30 m/s = 108 km/h überschritten hat.
Links ist dieser Vorgang im Leistungs-Drehzahl-Diagramm dargestellt: Vollgas, wenn Ζ = 174 unterschritten werden, Kupplung auf, wenn Ζ = 261 überschritten werden. Beim Beschleunigen nutzt der Fahrer den Bereich über 40 % Wirkungsgrad. Für die Fahrt mit gleicher Durchschnittsgeschwindigkeit v = 25.2 m/s ist der Wirkungsgrad 31 %.
Rechts: Der Fahrer beschleunigt 10 s lang von 72 auf 108 km/h und verbraucht dafür 32 cm3 Kraftstoff. Dann rollt das Fahrzeug antriebslos dahin. Wenn der Motor stillsteht, bleibt es beim Verbrauch von 32 cm3, wenn er im Leelauf läuft kommen bis zum Ende der Ausrollphase noch 4 cm3 dazu. Bei konstanter Fahrgeschwindigkeit werden 41 cm3 verbraucht. Das ist ein Mehrverbrauch von 27 % gegen das Ausrollen mit abgestelltem Motor und von 12.5 % gegen den Motor im Leerlauf in der Ausrollphase.

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Bild 2-27 Intermittierendes Beschleunigen.
2.7.2.1 Schwungnutzautomatik (SNA 1)
Diese Möglichkeit nutzt gleichfalls abwechselnd die hohen Wirkungsgrade bei Volllast oder Nullverbrauch bei abgestelltem Motor. In einem bestimmten Geschwindigkeitsbereich beschleunigt das Fahrzeug im günstigen Wirkungsgradbereich abwechseln mit antriebslosem Ausrollen, Bild 2-27. Gegenüber der Fahrt mit konstanter Geschwindigkeit sind Einsparungen von bis 25 % möglich. Fast zwingend muss der Vorgang automatisiert werden, wobei die schon erwähnten Vorkehrungen für den Betrieb mit stillstehendem Motor zu treffen sind, Bild 2-28.
Bild 2-28 Schwungnutzautomatik SNA 1: konventioneller Antrieb, nur automatische Steuerung.