
Mensch und Fahrzeug
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Bild 4-12 Raddeformation (xr – x)eff für das Modell Bild 4-7 auf der Straße A(l) = 10-6 mit der Fahrgeschwindigkeit v = 30 m/s. Mit dem Dämpfungsmaß D = 0.43 wird die kleinste Raddeformation im Frequenzbereich f = 0 bis 20 Hz erreicht und damit die kleinste Radlastschwankung cr(xr – x)eff.
Bild 4-13 Aufbaubeschleunigung baeff über Federweg (xa – xr)eff und Radlastschwankung Preff. (Die statische Radlast beträgt (m + mr) 9.81= 3240 N. Für eine Radlastschwankung von Pr = 650 N liegt die Radlast also zwischen 3240 +/– 3650 = 1290 und 5190 N.) Die Aufbaubeschleunigung ba wird wesentlich von der Federsteifigkeit c beeinflusst, die andererseits geringen Einfluss auf Federweg und Radlastschwankung hat. Das Dämpfungsmaß D bestimmt im interessierenden Bereich (0.1 < D < 0.3) Federweg und Radlastschwankung. Ein guter Kompromiss wird bei D = 0.2 und einer möglichst weichen Federung gefunden.

4.5 Verbesserungsmöglichkeiten |
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4.5 Verbesserungsmöglichkeiten
Der Fahrkomfort, bzw. die Aufbaubeschleunigung ba wird ganz wesentlich von Radmasse mr und Reifenfeder cr bestimmt. Die invariablen Punkte bei 10 und 11 Hz (Bild 4-7) sind weder durch Fahrzeugfeder c noch Dämpfung rho zu beeinflussen. Der linke Schnittpunkt der Extremfälle D = 0 und D = 9999 kann durch eine weichere Reifenfeder c abgesenkt werden. Allerdings ist dazu der mögliche Federweg zu vergrößern und/oder eine Niveauregelung vorzusehen.
Der störende Anteil der Aufbaubeschleunigung vom 10 Hz-Bereich kann nur durch eine grundsätzliche Veränderung des Federungsmodells erreicht werden, Bild 4-14. Es muss der Aufbau von der Aufgabe entlastet werden, die Radschwingung zu dämpfen. Dafür muss vielmehr ein Massetilger eingesetzt werden, 4.14 rechts. Der Tilger kann so abgestimmt werden, dass die Radlastschwankung bzw. Reifendeformation auf gleichem Niveau gehalten wird, Bild 4-15. Ist der Aufbau damit von dieser Aufgabe entlastet, dann kann der konventionelle Dämpfer rho durch ein elektronisch gesteuertes Element P ersetzt werden, das folgende Vorteile bringt:
1.Die Eigenschaften des Regelelements P sind rasch veränderlich. Sie werden adaptiv an die Bedürfnisse angepasst.
2.Die Federkraft c (xa – xr + xstat) wird durch die Regelerkraft co (xa – xr) variiert. (xstat ist die statische Einfederung infolge der statischen Radlast. Sie hängt mit der Kennfrequenz der Fahrzeugfederung f0 zusammen: xstat = g/(4 pi2 fo2). (g = Erdbeschleunigung). Für f0 = 1 Hz ist f0 = 250 mm). Ist z. B. co = –c, dann bleibt die xr ohne Einfluss auf xa.
3.Die Dämpferkraft rha dxa/dt hängt nur von der Aufbaubewegung ab (dxa/dt aus der Integration von ba), ist von der Radbewegung xr unabhängig („Skyhook“-Prinzip).
4.Feder c und Reglerelement haben keine feste Reibung (im Gegensatz zum Stoßdämpfer).
Bild 4-14 Weiterentwickelte Federungsmodelle SME und SHE: Im letzteren Fall ist anstelle des Dämpfers ein Regler mit den angegebenen Eigenschaften und ein Massetilger (mt, ct, rt) vorgesehen. Beim Modell SME ist der Regler zusätzlich aber kein Tilger vorgesehen.

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Wenn (ca – co) sehr klein, wird das Fahrzeug sanft an den langen Wellen der Fahrbahn entlang geführt. Bild 4-16 zeigt das Ergebnis einer solchen Federungsauslegung (Skyhook + Tilger). Wird ein (xa – xr)eff < 13 mm zugelassen, dann wird gegenüber einer konventionellen Federung mit D = 0.12 ba um 65 % reduziert, die Radlastschwankung bleibt etwa gleich groß. Aufgrund der adaptiven Eigenschaften können aber (xa – xr) < 20 mm zugelassen werden, denn wenn ein schlechteres Straßenstück oder widrige Singularitäten kommen, passt sich die Federung daran an. In diesem Fall deduziert sich ba auf unter 5 %. Die Kraft am Reglerelement Peff ist 77, bzw. 150 N, liegt also durchaus im beherrschbaren Rahmen. Größere Kräfte würden dann auftreten, wenn man dem Element die Abstützung des Roll und Nickmoments überließe. Dafür muss auf andere Weise Abhilfe geschaffen werden (z.B. gesteuerte Drehstäbe).
Die Tilgermasse mt muss in der Wirkungslinie der Radmasse liegen. Zweckmäßigerweise wird sie in zwei Einzelmassen aufgeteilt, die vor und hinter der Radmitte liegen, siehe 8.3.
Will man den Massetilger vermeiden, dann bietet sich die Lösung Skymix, Bild 4-14, an. Eine konventionelle Federanordnung mit Feder c und Dämpfer rho ist um das Regelelement P mit den angegebenen Eigenschaften ergänzt. Der Gewinn an Fahrkomfort ist bei weitem nicht so groß.
Bild 4-15 Durch eine entsprechende Abstimmung kann eine Tilgermasse von 15 kg die gleiche Raddeformation wie die 20 mal größere Aufbaumasse erreichen. Dabei sind die kleineren Raddeformationen im Bereich 0 bis 8 Hz von zusätzlichem Vorteil.
Wollen Fahrer und Fahrgäste überhaupt eine perfekte Federung, die sie von den Unebenheiten der Straße völlig abkoppelt? Diese Frage ist durchaus berechtigt, umso mehr je besser die Straßen werden. Für den Krankentransport oder die Reise im Bus ist aber eine Komfortverbesserung unbedingt anzustreben. Der Bus, der in Westeuropa heute schon mehr Personenkilometer als die Bahn schafft, sollte einen Komfortvergleich mit ihr nicht scheuen müssen.
Verbesserungsmöglichkeiten ergeben sich dadurch, dass die Fahrgäste durch die Sitzfederung von der Aufbaumasse getrennt sind. Verschlechterungen ergeben sich durch andere Massen oder Lasten (z. B. der Motor-Getriebeblock), die von der Aufbaumasse her erregt werden.

4.5 Verbesserungsmöglichkeiten |
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Solche Mehrmassemodelle (Bild 4-17) können dann ebenso untersucht werden. Es ist aber zu beachten, dass nicht alle Massen in einer Wirkungslinie liegen.
Bild 4-16 Wie Bild 4-13, aber für die Federungsmodelle SME (Skymix) und SHE (Skyhook+Tilger) im Vergleich zum konventionellen Modell. Es kann eine beträchtliche Absenkung der Aufbaubeschleunigung erreicht werden. Der zusätzliche Vorteil der adaptiven Anpassung an die konkreten Verhältnisse tritt dabei gar nicht ins Bild.
Bild 4-17 Vier-Massenmodell: Der Insasse mi wird gegen die Aufbaumasse m durch die Sitzfederung abgeschirmt. Die 4. Masse ist als Tilgermasse eingezeichnet. Es könnte sich aber auch um eine konkrete Masse handeln, die an die Aufbaumasse angeschlossen ist, z. B. den Motor-Getriebe-Block.

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4.6 Nichtlinearitäten
Bei allen bisherigen Untersuchungen wurde Linearität angenommen, also die Beschränkung auf kleine Amplituden und lineare Kennungen von Feder und Dämpfer. In der Realität gibt es wesentliche Abweichungen:
4.6.1 Nichtlineare Federn
Die Federn wirken häufig an veränderlichen Hebelarmen und sind deshalb nichtlinear. Stärker wird ihre Linearität durch die notwendigen Amplitudenbegrenzer, „Anschläge“ beeinträchtigt. Durch Singularitäten kann die Federung „durchschlagen“ oder das Fahrzeug „abheben“.
Die Reifenfeder ist von Haus aus nichtlinear, nach dem Abheben des Rades fällt cr auf 0.
4.6.2 Nichtlineare Dämpfer
Dämpfer haben systembedingt unterschiedliche Druckund Zugstufen. Oft ist die Dämpferkraft außerdem der Geschwindigkeit d(xa – xr)/dt nicht proportional.
Die Federung ist mit fester Reibung behaftet: erst wenn die Kraft einen bestimmten Betrag überschreitet, beginnt die Relativbewegung. Betroffen sind alle nichtelastischen Lagerstellen, besonders aber die Dichtungen im Stoßdämpfer und bei hydraulischen Federungen. Deutlich wird die feste Reibung bei allmählich sich verändernder Fahrgeschwindigkeit, Bild 4-18.
Bild 4-18 Es ist die Aufbaubeschleunigung baeff über der Fahrgeschwindigkeit v aufgetragen, a. Mit sinkender Fahrgeschwindigkeit nimmt sie mit SQR(v) solange ab, bis die kleiner werdenden Kräfte das Losbrechen der festen Reibung immer seltener ermöglichen, c. Das Modell wechselt immer häufiger zu dem Modell mit starrem Dämpfer b. Bei sehr kleiner Fahrgeschwindigkeit nimmt die Beschleunigung deshalb ab, weil die kurzen Wellen von der Reifenaufstandsfläche weggefiltert werden.

4.7 Mehrachsigkeit und Mehrspurigkeit |
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Ohne feste Reibung nimmt die Aufbaubeschleunigung mit der Wurzel aus der Fahrgeschwindigkeit zu: Ba( f ) = v · A(l) f 2 (xa/x)2, daher ba = INT ( f = 0 bis v/Lb) INT(Ba · df ) proportional SQR(v), solange die Integrationsgrenze v/Lb keine Rolle spielt, also oberhalb von etwa v = 4 m/s. Mit sinkender Fahrgeschwindigkeit werden die übertragenen Kräfte kleiner und die Federung kommt immer häufiger ins Stocken. Steckt sie fest, dann sind Aufbaumasse und Radmasse fest miteinander verbunden und über die Reifenfeder cr abgestüzt, Kurve b. Es stellt sich ein Übergangsbereich etwa nach Kurve c ein. In diesem Bereich kann eine etwas höhere Fahrgeschwindigkeit zu einem höheren Fahrkomfort führen.
4.7 Mehrachsigkeit und Mehrspurigkeit
Durch Radstand und Spur werden bestimmte Wellenlängen aus der Erregung herausgefiltert, Bild 4-19. Radstand und Spurweite sind durch die Grundabmessungen des Fahrzeugs soweit eingeengt, dass sie kaum mehr in diesem Sinne angepasst werden können.
Bild 4-19 Zweiachsmodell auf welliger Straße. Für die Wellenlängen L = RS/n (RS = Radstand, n = ganze Zahlen) bewegt sich der Punkt in der Mitte des Radstands mit den Rädern. Für die Wellenlängen 2 RS/(2n – 1) bleibt dieser Punkt aber in Ruhe.
Entsprechendes gilt für einen Punkt in Achsmitte für Wellen quer zur Fahrtrichtung.

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Bild 4-20 Einfluss der Mehrachsigkeit und Mehrspurigkeit auf einen Punkt in Fahrzeugmitte
4.8 Ausgleichsfederung
Die vier oder mehr Aufstandspunkte der Räder führen zur Überbestimmtheit: durch drei Punkte ist die Aufstandsebene schon bestimmt. Unebenheiten führen zu veränderten Radlasten, die zur unerwünschten Verwindungsbeanspruchung, zur Beeinträchtigung der Fahrstabilität (Seitenkraftbeiwerte) und zur Verminderung der Antriebskraft führen. Ausgleichsfedern beseitigen diese Überbestimmtheit, Bild 4-21.Von besonderer Bedeutung ist eine Ausgleichsfederung für Geländefahrzeuge: trotz unebener Fahrbahn bleiben die Radlasten gleich, was optimale Seitenund Umfangskräfte für Stabilität und Antrieb ergibt. Ein Schweizer Geländefahrzeug hat einen solchen Ausgleich.
Bild 4-21 Ausgleichsfederung. Vorderund Hinterräder sind durch je einen Drehstab verbunden, die in den ausgefüllten Punkten am Aufbau, in den Kreisen mit dem Ausgleichsbalken AB gelagert sind. Es ist angenommen, dass infolge einer Fahrbahnunebenheit die Räder links vorn (Lv) und rechts hinten (Rh) einfedern müssen, die Räder Rv und Lh ausfedern. Durch die Lagerung im Ausgleichsbalken AB bleiben die Radlasten unverändert. Bei Kurvenfahrt bestimmt das Hebelverhältnis des Ausgleichsbalken AB das Verhältnis der Radlastunterschiede vorn zu hinten. (In diesem Fall ist der Radlastunterschied vorn größer als hinten.)

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5 Sicherheit
In der raschen Bewegung relativ zur Umgebung liegt eine Gefahr: die kinetische Energie. Es kommt nicht auf die absolute Geschwindigkeit an. Wir bewegen uns relativ zum Erdmittelpunkt mit 1000 km/h um diesen herum, die Erde rast mit 100000 km/h um die Sonne und diese bewegt sich mit noch höherer Geschwindigkeit auf die Andromeda zu. Das alles bleibt ungefährlich, solange die Geschwindigkeit gleich bleibt. Auch im Verkehr ist es so: die Geschwindigkeit bleibt abgesehen von Fahrwiderständen ohne Konsequenz. Erst wenn sich etwas in den Weg stellt sind die Folgen dramatisch. Je rascher die Geschwindigkeit sich ändert, umso größer sind die auftretenden Beschleunigungen und zerstörerischen Kräfte. Der kinetischen Geschwindigkeit entspricht eine Fallhöhe von h = v2/2 g: es begleitet uns bildlich gesprochen ein Phantomkörper, der bei 50 km/h 10 m über uns liegt, bei 70 km/h 20 m, bei 100 km/h 40 m, bei 140 km/h 80 m und so fort. Aus dieser Höhe stürzt der Phantomkörper herunter, wenn sich die Geschwindigkeit gegen die Umgebung auf 0 reduziert.
Zunächst sind alle Maßnahmen zu ergreifen, die einen Unfall vermeiden helfen („aktive Sicherheit“): der Fahrer muss so gut wie möglich informiert werden (Scheinwerfer, Nachtsichtgerät, Kommunikation Fahrzeug-Fahrzeug, die auf Gefahren im voraus liegenden Streckenabschnitt hinweist (Nebel, Glatteis, Unfall), Warnsignal beim Spurwechsel bei befahrener Nebenfahrbahn usw). Das Fahrzeug muss seinen Vorgaben exakt folgen (Bremsassistent, ABS, ESP).
Neben der aktiven Beeinflussung des Fahrers auf den Fahrvorgang und der Vermeidung von Kollisionen, hat sich aber auch gezeigt, dass passive Sicherheitssysteme unverzichtbar sind. Diese werden permanent weiter entwickelt, um das Verletzungsrisiko weiter zu reduzieren,
Beispiel 8.
Die Schuld an Unfallfolgen ist daher dem Quadrat Geschwindigkeit zuzuschreiben. Aber es kommt darauf an, wie die kinetische Energie umgesetzt wird. Wenn sie von den Bremsen in Wärme gewandelt wird, die Beschleunigungen in Rahmen von wenigen m/s2 bleibt, dann ist die Geschwindigkeitsänderung für die Insassen harmlos, weil sie die Massenkräfte gegen das Fahrzeug abstützen können.
Seit es Verkehr gibt, gibt es auch Unfälle. Man konnte niedergetrampelt werden, „unter die Räder kommen“. Die ersten Theorien über Unfallstatistik (die noch in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts gelehrt wurden) gingen von einer überproportionalen Zunahme der Unfälle mit der Zahl der Fahrzeuge im Verkehr aus: jedes der n Fahrzeuge konnte allein verunfallen oder mit einem anderen Fahrzeug zusammenstoßen: Die Zahl der Unfälle Z werde mit der Zahl der Fahrzeuge im Verkehr n nach der Gleichung Z = a · n + b · n2 zunehmen. In der ersten Welle der Motorisierung (1950–1970) schien diese Gleichung auch richtig zu sein.
Dann aber stieg die Zahl der Unfallopfer so sehr an, dass ernsthafte Maßnahmen an allen verkehrsbildenden Faktoren ergriffen wurden: die Sicherheit der Fahrzeuge und Straßen wurde angegangen, die Verkehrserziehung verbessert, die Überwachung verschärft. Nach einem Maximum von etwa 22 Verkehrstoten pro 100000 Einwohnern und Jahr (oder etwa 2 % der Sterbefälle) fällt in den vollmotorisierten Ländern die Zahl unter zehn (unter 1 % der Sterbefälle, ο Bild 5-12). Dieser Anteil scheint akzeptiert zu werden, obwohl es natürlich anhaltende Bestrebungen gibt, die Zahl der Verkehrsopfer kontinuierlich oder sprunghaft herabzusetzen. Schlichte Gemüter setzen bei der Geschwindigkeit an: weil die Unfallfolgen proportional

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5 Sicherheit |
der umgesetzten Energie im Unfall seien, also proportional dem Quadrat der Geschwindigkeit, sei die Herabsetzung der Geschwindigkeit das beste Mittel. Leider wird damit auch die Transportleistung herabgesetzt, also das eigentliche Ziel des Verkehrs getroffen. Auch andere paradoxe Vorschläge kehren immer wieder: man müsse dem Fahrer die Geschwindigkeit besser bewusst machen: etwa durch Zugluft im Auto oder unrunde Reifen. Weil bei Eisglätte die Zahl der Verkehrsopfer (nicht die Zahl der Unfälle) abnimmt, könne man die Straßen ja glatter machen. Oder die Haftung der Reifen herabsetzen. Die Realität ist anders herum: die fahrbaren Querund Bremsbeschleunigungen werden immer größer. Wenn es z. B. gelingt, den Bremsweg zu verkürzen (wie es mit der Einführung der Antiblockierregelung gelungen ist), dann nimmt die Zahl der Unfälle nicht unbedingt ab: der kürzere Bremsweg erlaubt höhere Fahrgeschwindigkeiten oder kleinere Abstände. Diese Vorteile werden genutzt, aber der erhoffte Gewinn an Sicherheit tritt nicht ein.
Beispiel 8 Sicherheit: Die crash-aktive Kopfstütze. geringeres Verletzungsrisiko, hoher Komfort (Werkbild Keiper)
Die Ursache der Fahrzeugdeformation und der Verletzung der Beteiligten ist meist die rasche Geschwindigkeitsänderung. Überrolltwerden oder Feuer als Unfallursache sind eher selten.
Wenn zwei Körper zentral zusammenstoßen (Bild 5-1), dann gibt es einen Augenblick, in dem beide die gleiche Geschwindigkeit haben. Zu dieser Zeit ist ihre Deformation am größten. Es tritt eine Deformationsarbeit AD auf, die dem Geschwindigkeitsunterschied vor dem Stoß

5.1 Rückhalteeinrichtungen (restraint systems) |
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proportional ist. Die Deformationsarbeit teilt sich je nach der Festigkeit der Stoßpartner auf: der weniger feste erleidet die größere Deformation. Wenn eine Stahlkugel ins Sandbett fällt, dann ist ihre Deformation klein, die des Sandes groß. Wenn der Kopf gegen den Dachholm prallt, dann kommt es darauf an, in welchem Verhältnis dessen Festigkeit zu der des Kopfes steht: ist der Dachholm weniger fest, dann drückt der Kopf eine Beule hinein; ist der Dachholm aber fester, dann muss der Kopf die Deformationsarbeit aufnehmen. Es entsteht eine Verletzung, je nach dem, wie groß diese Energie ist. Das „Energiemanagement“ ist die entscheidende Aufgabe zur Sicherung der Unfallpartner >5.2 .
Bild 5-1 Deformationsarbeit im Stoß.
Die Massen m1 und m2 bewegen sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit auf einer Linie. Wenn sie zusammenstoßen, wird kinetische Energie frei, in Deformationsarbeit umgesetzt, die maßgebend für eine eventuelle Verletzung ist. Je nach Elastizität kommt es anschließend zu einem Auseinanderbewegen. Die Formel für einige Spezialfälle: wenn die Masse m2 sehr groß ist (m2 = 1/0), dann ist die Deformationsarbeit AD = m1 · v2/2. Wenn die Masse m2 gleich groß und in Ruhe ist, dann ist AD = m1 · v2/4. Wenn die Masse m2 mit gleicher Geschwindigkeit entgegenkommt (v2 = –v1), dann ist AD = m1 · v2. AD teilt sich auf die beiden Massen je nach Festigkeit auf: die Stoßkraft ist für beide gleich groß und entgegengesetzt gerichtet.
5.1 Rückhalteeinrichtungen (restraint systems)
Die wirkungsvollste Sicherheitseinrichtung für Fahrzeuginsassen ist die Abstützung gegen das Fahrzeug, Bild 5-2. Je früher sie einsetzt, umso kleiner wird die Relativbewegung. Wird das Fahrzeug mit z. B. 200 m/s2 (rund 20 g, dem 20-fachen der Erdbeschleunigung) verzögert, so bewegt sich der unabgestützte Insasse mit der Anfangsgeschwindigkeit weiter und schlägt auf