 
        
        - •Infinitivkonstruktionen in der deutschen Sprache der Gegenwart semesterarbeit
- •1. Semantik der Infinitivkonstruktionen 5
- •2. Infinitivkonstruktionen als Konkurrenzformen der Nebensätze 18
- •Einleitung
- •1. Semantik der Infinitivkonstruktionen
- •1. 1. Definition der Infinitivkonstruktionen
- •1. 2. Einteilung der Infinitivkonstruktionen
- •1. 2. 1. Satzwertigkeit der Infinitivkonstruktionen
- •1. 2. 2. Einteilung nach dem impliziten Subjekt
- •1. 2. 3. Gestaltungsmittel satzwertiger Infinitivgruppen
- •1. 2. 4. Logisch-grammatische Typen
- •1. 2. Infinitivkonstruktion um ... Zu
- •1. 2. 1. Finale Bedeutung
- •1. 2. 2. Konsekutive Bedeutung
- •1. 2. 3. Konditionale Bedeutung
- •1. 2. 4. Kopulative Bedeutung
- •1. 2. 5. Gebrauch der Tempora des Infinitivs
- •1. 3. Infinitivkonstruktion ohne ... Zu
- •1. 4. Infinitivkonstruktion statt ... Zu
- •2. Infinitivkonstruktionen als Konkurrenzformen der Nebensätze
- •2. 1. Adverbialsätze der Art und Weise
- •2. 2. Adverbialsätze des Zieles und des Grundes
- •2. 3. Adverbialsätze der Folge
- •2. 4. Prädikative Beziehungen der Infinitive
- •Schlussfolgerungen
- •Literaturverzeichnis
- •Belegquellen
2. 1. Adverbialsätze der Art und Weise
Adverbialsätze der Art und Weise (Modalsätze) mit negativer Bedeutung stellen fest, dass irgendein den Vorgang des Hauptsatzes begleitender und zu erwartender Umstand ausbleibt. Sie charakterisieren den Hauptsatz aus negativer Sicht [12, 367]. Die einleitenden Konjunktionen sind ohne-dass, statt-dass. Die Konkurrenzformen entsprechen den negativen Modalsätzen: Infinitivkonstruktionen mit ohne ... zu, statt ... zu:
Sie sprach, ohne dass sie mich dabei ansah → Sie sprach, ohne mich anzusehen.
Er stürzte ins Zimmer, ohne dass er die Anwesenden begrüßte → Er stürzte ins Zimmer, ohne sie zu begrüßen.
Er schwieg, statt dass er klare Antwort gab → Er schwieg, statt eine klare Antwort zu geben.
2. 2. Adverbialsätze des Zieles und des Grundes
Infinitivkonstruktionen mit um ... zu können auch mit Finalsätzen konkurrieren:
Bei derselben Subjektbezogenheit ist die Infinitivkonstruktion vorzuziehen.
Nach dem Dienst ging ich zur Kasse um mein Gehalt abzuholen (H. Böll)
Ich … ging an den kleinen Tisch neben der Tür, um das Geld in einen Umschlag zu stecken und meiner Frau einen Zettel zu schreiben (H. Böll).
[Ich sah] Münder, die aufgerissen waren, um in Würste zu beißen (H. Böll).
Wenn im Hauptsatz und im Nebensatz verschiedene Subjekte stehen, so erscheint der Finalsatz [13, 372].
... Und plötzlich gab ich mir einen Ruck, wählte die Nummer wieder und nahm meine linke Hand vom Hebel, damit ich ihn nicht wieder herunterdrücken könnte (H. Böll).
„Ich werde alles tun", sagte ich, „wirklich alles, damit wir eine Wohnung bekommen" (H. Böll).
Sie müssen den Rasen pflegen, damit er auch im Winter schön zünftig ist (H. Böll).
Infinitivkonstruktionen mit um ... zu sind Konkurrenzformen der Kausalsätze:
Die Mutter hatte angefangen, in einem Sack Eis kleinzuschlagen, um es in unsere kleine Eismaschine zu füllen. (H. Böll) → ... weil sie es in unsere kleine Eismaschine füllen wollte.
... ich hörte im Telefon die Stimmen der anderen, die offenbar Geld einsammelten, um Eis zu holen. (H. Böll) → ... weil sie Eis holen wollten.
2. 3. Adverbialsätze der Folge
Infinitivgruppen mit negativer Konsekutivangabe korrelieren mit konsekutiven als dass-Sätzen. Dabei wird als dass bei unterschiedlichen Subjekten gebraucht, um ... zu dagegen vorzugsweise bei einer Subjektidentität (der Gebrauch von können ist dabei fakultativ).
Während das gesprochene Deutsch in diesem Fall um-zu-Konstruktionen bevorzugt, kommen als-dass-Sätze hauptsächlich in der Schriftsprache schöngeistiger Texte vor:
Sie ist zu schwach (Hauptsatz), als dass sie mitkommen könnte (Nebensatz der Folge = Konsekutivsatz) → Sie ist zu schwach (Hauptsatz), um mitkommen zu können (konsekutive Infinitivgruppe) [3, 14]
Oder:
Aber ich weiß nicht, ob ein Chef elastischen Geistes genug ist, Bibeltexte gelten zu lassen. (H. Böll)→ Aber ich weiß nicht, ob ein Chef elastischen Geistes genug ist, als dass er Bibeltexte gelten ließe.
Eine gebräuchliche Verbindung mit den Infinitiven und Infinitivkonstruktionen bildet das Adverb genug dank seiner spezifischen Semantik, die ein zufriedenstellendes Maß ausdrückt. Dieses Adverb eignet sich dazu, das Vorhandensein oder Fehlen irgendwelcher Merkmale bei einem Gegenstand zu bezeichnen. Die Verbindung des Adverbs genug und beliebigen Adjektivs bildet die Möglichkeit für das Erscheinen des Infinitivs oder der Infinitivkonstruktion. Im Hauptsatz erfüllt das Wort "genug" die Funktion eines Korrelats. Im "Lexikon der Sprachwissenschaft" von Hadumod Bußmann wird das Korrelat folgenderweise bestimmt: "Korrelat [lat. correlatio "Wechselbeziehung"]. Sprachlicher Ausdruck, der syntaktisch oder semantisch auf einen anderen sprachlichen Ausdruck bezogen ist, vgl. Platzhalter-Element" [4, 277].
Im Vergleich zu einer Infinitivkonstruktion des Zieles, in der der Handlungsträger identisch sein muss, ist es in der Infinitivkonstruktion der Folge anders: Die Identität der Handlungsträger im Hauptteil des Satzes und in der Infinitivkonstruktion ist fakultativ, das bedeutet, dass die handelnde Person der Infinitivkonstruktion eine andere sein kann.
Das wird an den folgenden Transformationen klar:
Er war klug genug, seinen Fehler einzusehen [8, 660] → Er war klug. Er sah seinen Fehler ein. (Hier gibt es die Identität der Handlungsträger)
und dagegen
Das Wasser war zu kalt / warm genug, um darin zu baden [8, 660] → Das Wasser war kalt. Man konnte darin nicht baden / Das Wasser war warm. Man konnte darin baden (Hier sind die Handlungsträger des Hauptteils des Satzes und der Infinitivkonstruktion nicht identisch).
Hier einige Beispiele aus dem Belegmaterial:
Ich war zu müde und zu verzweifelt, [um] zu allen denen zu gehen, die ich um Geld fragen konnte (H. Böll) → Ich war zu müde und zu verzweifelt, so dass ich nicht zu allen denen ging, die ich um Geld fragen konnte.
Ich war zu müde, um mir Raum zu schaffen (H. Böll) → Ich war zu müde, so dass ich mir keinen Raum schaffen konnte.
Das fehlende Subjekt der konsekutiven Infinitivkonstruktion entspricht dem unbestimmt-persönlichen Pronomen man in einem Konsekutivsatz oder in einer konsekutiven Satzreihe [8, 660].
