
- •Infinitivkonstruktionen in der deutschen Sprache der Gegenwart semesterarbeit
- •1. Semantik der Infinitivkonstruktionen 5
- •2. Infinitivkonstruktionen als Konkurrenzformen der Nebensätze 18
- •Einleitung
- •1. Semantik der Infinitivkonstruktionen
- •1. 1. Definition der Infinitivkonstruktionen
- •1. 2. Einteilung der Infinitivkonstruktionen
- •1. 2. 1. Satzwertigkeit der Infinitivkonstruktionen
- •1. 2. 2. Einteilung nach dem impliziten Subjekt
- •1. 2. 3. Gestaltungsmittel satzwertiger Infinitivgruppen
- •1. 2. 4. Logisch-grammatische Typen
- •1. 2. Infinitivkonstruktion um ... Zu
- •1. 2. 1. Finale Bedeutung
- •1. 2. 2. Konsekutive Bedeutung
- •1. 2. 3. Konditionale Bedeutung
- •1. 2. 4. Kopulative Bedeutung
- •1. 2. 5. Gebrauch der Tempora des Infinitivs
- •1. 3. Infinitivkonstruktion ohne ... Zu
- •1. 4. Infinitivkonstruktion statt ... Zu
- •2. Infinitivkonstruktionen als Konkurrenzformen der Nebensätze
- •2. 1. Adverbialsätze der Art und Weise
- •2. 2. Adverbialsätze des Zieles und des Grundes
- •2. 3. Adverbialsätze der Folge
- •2. 4. Prädikative Beziehungen der Infinitive
- •Schlussfolgerungen
- •Literaturverzeichnis
- •Belegquellen
1. 2. 3. Gestaltungsmittel satzwertiger Infinitivgruppen
Gestaltungsmittel satzwertiger Infinitivgruppen sind:
1. Wortstellung: Anglied – Kern, z. B.:
Am Abend zu den Bergen zu gehen, war eine vergnügliche Aussicht.
Ist der Kern der verbalen Wortfügung eine finite Verbalform, so treten die Wortstellungsgesetze des Satzes in Kraft [10, 305].
2. Intonation: alle satzwertigen Infinitivgruppen außer der syntaktischen Konstruktion accusativus cum infinitivo stehen unter eigenem stimmführenden Teilbogen: Ich bin gekommen, dir zu helfen.
3.
Innerhalb der satzwertigen Infinitivgruppen herrschen
die syntaktischen Beziehungen, die für eine Verbalfügung
charakteristisch sind. Mit dem übrigen Satzbestand
ist die Infinitivgruppe intonatorisch v
erbunden,
der erste Subtyp auch durch Beziehung auf das
gleiche Subjekt
[10, 313].
Infinitivkonstruktionen entstehen, wenn ein Infinitiv seine Valenzmöglichkeiten realisiert und durch Ergänzungen erweitert wird. Dann sondert er sich vom Prädikat und steht als eine freie Adverbialbestimmung im Satz. Die Infinitivkonstruktion bildet eine Klammer (einen Rahmen): um ... zu + Infinitiv, statt ... zu + Infinitiv, ohne ... zu + Infinitiv. Die Klammer umfasst alle vom Infinitiv abhängigen Glieder [13, 105].
1. 2. 4. Logisch-grammatische Typen
Sätze mit Infinitivkonstruktionen bestehen aus zwei Teilen: dem übergeordneten (einbettenden) Matrixsatz (Anna lernt fleißig) und einer untergeordneten (eingebetteten) Infinitivgruppe (um ihr Studium möglichst bald zu beenden). In logisch-grammatischem Sinne unterscheidet man vier Typen von Infinitivkonstruktionen:
Infinitivgruppe mit Finalangabe
Infinitivgruppe mit negativer Konsekutivangabe
Infinitivgruppe mit privativer Modalangabe
Infinitivgruppe mit substitutiver Modalangabe [3,9].
Es sei darauf hingewiesen, dass es bestimmte temporale Unterschiede im Gebrauch des I. und des II. Infinitivs gibt: Während der Infinitiv I im Bereich der Gleichzeitigkeit üblich ist, verwendet man den Infinitiv II für die Vorzeitigkeit. Das wird mit Transformationen bestätigt:
Er ging, ohne ein Wort zu sagen. ↔ Er ging und sagte dabei kein Wort (Gleichzeitigkeit).
Er ging, ohne ein Wort gesagt zu haben. ↔ Er ging und sagte vorher kein Wort (Vorzeitigkeit).
1. 2. Infinitivkonstruktion um ... Zu
Der Infinitivkonstruktion um ... zu sind einige Bedeutungen eigen, darunter finale Bedeutung oder Bedeutung des Zieles, konsekutive Bedeutung oder Bedeutung der Folge, konditionale Bedeutung oder Bedeutung der Bedingung, kopulative Bedeutung oder Bedeutung der nachfolgenden Handlung. Selten unterscheidet man auch komparative oder vergleichende Bedeutung.
1. 2. 1. Finale Bedeutung
Infinitivkonstruktionen als Finalangabe (oder finales Adverbiale, finale Adverbialbestimmung, Adverbialbestimmung des Zieles) werden mit um ... zu eingeleitet:
Herbert liest viel, um die Sprache besser zu beherrschen.
Diese Infinitivkonstruktionen entsprechen in dieser Hinsicht den Kausalsätzen oder den kausalen Satzreihen einerseits und den Konsekutivsätzen oder den konsekutiven Satzreihen mit dem Prädikat wollen andererseits:
Herbert liest viel, weil/da er die Sprache besser beherrschen will. (Kausalsatz)/
Herbert liest viel, denn er will die Sprache besser beherrschen. (kausale Satzreihe)
/ Herbert will die Sprache besser beherrschen, sodass er viel liest. (Konsekutivsatz)/
. . ., folglich/ deshalb/ darum/ deswegen/ daher liest er viel (konsekutive Satzreihe).
Die Modalverben wollen, sollen, müssen, dürfen entfallen in der Infinitivgruppe; die Verben können und lassen werden dagegen beibehalten (vor diesen Verben steht dann zu) [3, 9].
Im Unterschied zu den synonym verwendeten Finalsätzen mit damit (Herbert liest viel, damit seine Mutter mit seinen Schulleistungen zufrieden ist), ist in der Infinitivkonstruktion das Subjekt des Matrixsatzes mit dem Subjekt der Infinitivkonstruktion identisch, wobei eine soll-Relation zugrunde zwischen beiden besteht:
Seine Mutter soll nämlich mit seinen Schulleistungen zu frieden sein.
Infinitivkonstruktion um ... zu + Infinitiv hat meist die Bedeutung des Zieles (finale Bedeutung):
Ist das Kind erst in den Brunnen gefallen und ertrunken, dann ist es zu spät, um diesen oben abzudecken. (Sprichwort)
Ich beginne, falsch zu atmen, zücke unruhig mein Taschentuch, um es gebenenfalls vor den Mund zu halten ... (H. Böll)
Dann kam die Mutter, um an meiner Tür zu horchen. (H. Böll)
Die Bedeutung des Zieles und die des Grundes berühren sich. Ein und derselbe Umstand kann sowohl als Ziel als auch als Grund angesehen werden. Das bezeugt folgende Umformung:
Er trägt eine Sonnenbrille, um von niemand erkannt zu werden. ↔ Er trägt eine Sonnenbrille, damit man ihn nicht erkennt ↔ Er trägt eine Sonnenbrille, weil er nicht erkannt werden wollte.