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2 курс 9Unruhen in der Stadt

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30.05.2015
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THEMA 9 Unruhen in der Stadt

Es war im Januar. Die Stadt war unruhig. Draußen marschierten alle Augenblicke Kolonnen vorüber. Nachmittags war es zwischen Streikenden und der Polizei bereits zu einem Zusammenstoß gekommen, bei dem zwölf Leute verletzt worden waren, und die ganze Polizei stand seit Stunden unter Alarm. Die Pfiffe der Überfallautos gellten durch die Straßen. Seit dem Krieg hatte keine Ruhe mehr gegeben. Es war verruckte Welt.

Dann kam Köster. Gottfried nahm an einer der drei politischen Hauptversammlungen teil. Otto und Robby mussten Gottfried finden. Er war mit seinem leuchtenden Haarschopf leicht zu erkennen. Sie stiegen ein und fuhren mit Karl los zum ersten Versammlungslokal.

Vor dem Eingang drängte sich eine Anzahl uniformierter Leute. Fast alle waren sehr jung. Otto und Robert kauften zwei Billetts, lehnten Broschüren und Sammelbüchsen ab und gingen in den Saal. Er war voll besetzt und gut beleuchtet, um Zwischenrufer sofort herausfinden zu können. Wir blieben am Eingang stehen, und Köster musterte die Reihen. Auf dem Podium stand ein kräftiger, untersetzter Mann und redete. Er hatte eine volle Bruststimme, eine überzeugte Stimme. Er peitschte mit greller Stimme Satz um Satz hinaus, Wahrheiten, die jeder kannte, von der Not, vom Hunger, von der Arbeitslosigkeit, sich immer weiter steigernd, die Zuhörer mitreißend. Es waren Leute aller Berufe. So verschieden sie auch waren, die Gesichter hatten alle den gleichen, abwesenden Ausdruck, einen schläfrig-süchtigen Blick in die Ferne einer nebeligen Fata Morgana. Aber dort war Gottfried nicht.

Sie fuhren ein paar Straßen weiter. Dort war die zweite politische Versammlung. Auf den Gesichtern der gleiche Ausdruck von Ungewisser Hoffnung und gläubiger Leere. Der Redner, ein Beamtentyp, war schwächer als der vorige. Er redete Papierdeutsch, er brachte Zahlen, Beweise, es stimmte alles, was er sagte, aber trotzdem überzeugte er weniger als der andere, der überhaupt nichts bewies, sondern nur behauptete. Aber hier war Lenz auch nicht.

So fuhren die Kameraden weiter. Die Luft war kalt und frisch nach dem verbrauchten Dunst in den überfüllten Sälen. Sie hielten Karl unter einer Laterne vor einer Kneipe an, weil sie sich zeigen nicht wollten. Eine weiße Katze huschte weg, als sie ausstiegen. Die Kameraden kamen an eine riesige, schmutzige Mietskaserne mit mehreren Hinterhäusern, Höfen und Durchgängen. Robert sagte, dass er wusste dann, was die Leute wollten. Sie wollten gar keine Politik, sie wollten Religionsersatz. Sie standen hinter den Bierfässer und beobachtete, was passierte. Dann began eine Schlagerei und die Kameraden sahen Lenz. Otto schleppte Lenz am Kragen hinter sich her. Gottfried wollte noch bleiben und sich schlagen. Aber Köster sagte, dass Polizei bald kommen sollte. Sie liefen über den Hof, dem dunklen Seiteneingang zu. Sie gingen weiter, die Straße war leer. Eine schwarze Katze huschte vor Kameraden her. Vier junge Burschen kamen den Kameraden auf der anderen Seite entgegen. Einer trug hellgelbe, neue Ledergamaschen. Sie blieben stehen und sahen zu Kameraden herüber. Dann rief plötzlich der mit den Gamaschen „da ist er!“ und lief schräg über die Straße auf die Kameraden zu. Im nächsten Augenblick krachten zwei Schüsse, der Bursche sprang weg, und alle vier rissen aus, so schnell sie konnten.

Lenz ist fast augenblicklich tot gewesen.