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Theoretischen_Grammatik

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allgemein üblich ist, "unter dem Ausdruck "die grammatische Form" nicht nur die äußere formale Hülle der betreffenden Erscheinung…, sondern auch die Verbindung dieser äußeren Hülle mit der Funktion, beziehungsweise der Bedeutung, die dieser Hülle innewohnt, zu verstehen. Daneben aber führt man oft auch den Fachausdruck "grammatische Kategorie" ein, der vorwiegend das System der durch irgendein grammatisches Merkmal verbundenen grammatischen Formen bezeichnet, z.B. die Kategorie der Zahl. Doch verwendet man diesen Ausdruck zuweilen auch zur Bezeichnung der einzelnen grammatischen Formen selbst, z. B. die Kategorie des Nominativs, oder ganzer Formensysteme, z.B. die Kategorie des Verbs" (Admoni, 1986, 11).

Viele Grammatikforscher aber halten den Begriff der grammatischen Form und den der grammatischen Bedeutung auseinander. Nach der Meinung von M.M. Guchman u.a. hat die grammatische Kategorie zwei Seiten: die Inhaltsebene wird durch die grammatische Bedeutung und die Ausdrucksebene durch die Opposition von Wortformen (wenigstens von zwei gegenseitig gegenübergestellten Wortformen) vertreten (Guchman, 1968, 124).

"Also kann man die grammatische Kategorie folgenderweise definieren: die grammatische Kategorie ist die Einheit der grammatischen Form und der grammatischen Bedeutung. Die grammatische Kategorie hat zwei Seiten. Der Terminus "Kategorie" wird in Bezug auf die Bedeutung und in Bezug auf die Form gebraucht" (Gulyga, 1970, 22; siehe auch: Лингвистический энциклопедический словарь, 1990, 115-117).

Mit dem Begriff der grammatischen (morphologischen) Kategorie ist der Begriff des Paradigmas eng verbunden. Jedes fkektierbare (derklinierbare oder konjugierbare) Wort bildet ein System von grammatischen Formen, Wortformen. "Unter P a r a d i g m a einer Wortart versteht man die Gesamtheit der Wortformen, die den Wörtern der betreffenden Wortart eigen sind. Das Paradigma hat einen Systemcharakter. Alle Wortformen im Paradigma sind aufeinander abgestimmt und stehen einander als G e g e n g l i e d e r einer O p p o s i t i o n gegenüber:

ich rufe / du rufst / er ruft, ich rufe / wir rufen,

ich rufe / ich rief,

ich rufe / ich werde gerufen,

ich rufe / ich riefe /ich würde rufen u.a." (Moskalskaja, 1983, 52). "Von einer grammatischen (morphologischen) Kategorie kann nur dann gesprochen werden, wenn mindestens zwei Wortformen gleicher Art einander gegenüberstehen. Notwendig und ausreichend ist dabei, dass sie sich in Bedeutung und (normalerweise) in Form unterscheiden" (Abramow, 2001, 22).

Als Beispiel sei die Kategorie des Numerus genannt. Bei den meisten deutschen Substantiven unterscheidet man die Singularform und die Pluralform, die die Bedeutung der Einzahl und der Mehrzahl ausdrücken, z.B. Mann -

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Männer. Das erste Glied dieser Gegenüberstellung ist unmarkiert, weil es kein Formans (Marker) aufweist. Das zweite Glied ist markiert, weil es sogar zwei grammatische Mittel zur Kennzeichnung des Plurals hat, und zwar den Umlaut und das Formans - er. Der Gegensatz zwischen den Wortformen "Mann - Männer" beruht auf der Opposition: Einzahl - Mehrzahl. "Unter O p p o s i t i o n verstehen wir die antonymische Beziehung der Gegenglieder im Rahmen e i n e r grammatischen Bedeutung, die die betreffenden Wortformen unterscheiden lässt" (Moskalskaja, 1983, 53).

Die Oppositionen, die unmarkierte und markierte Gegenglieder haben, heißen privative Oppositionen. Der Begriff der privativen Oppositionen wurde von den Vertretern der Prager Schule, insbesondere von N. Trubetzkoj in seinem Buch "Grundzüge der Phonologie" entwickelt.

Die grammatischen Formen werden durch bestimmte Mittel zum Ausdruck gebracht. Wie wir oben am Beispiel: "Mann - Männer" gesehen haben, wird die Pluralform "Männer" durch zwei Mittel ausgedrückt: durch den Umlaut und das Suffix - er. In diesem und in ähnlichen Fällen tritt eine Übercharakterisierung auf.

Es gibt zwei Arten von grammatischen Formen und dementsprechend von grammatischen Mitteln - (I) synthetische und (II) analytische. (I) Die synthetischen Mittel wirken im Rahmen eines Wortes. Unter den synthetischen Mitteln unterscheidet man: 1) die innere Flexion; 2) die äußere Flexion.

1. Zu der inneren Flexion gehören: a) der Umlaut; b) die Brechung (Vokalhebung, Tonerhöhung), c) der Ablaut, d) der Konsonantenwechsel.

"Das Wesen der inneren Flexion besteht darin, dass das Grundmorphem außer der lexikalen Bedeutung des Wortes noch irgendwelche grammatischen Bedeutungen zum Ausdruck bringt. Die grammatischen Bedeutungen, die sonst neben dem Grundmorphem realisiert werden, d.h. ihre Verkörperung finden, sind hier in dem Grundmorphem selbst gegeben. Im Deutschen wird das durch den Wechsel der Vokale im Grundmorphem erzielt. In der Wortform nahmst bezeichnet das Grundmorphem nahm - die lexikale Bedeutung des betreffenden Wortes, zugleich aber dank dem Vokal [a:], der bei diesem Verb den Vokalen [e:], [I], [ :] und [Ɔ] gegenübersteht, auch die grammatische Bedeutung des Präterits und des Indikativs. (Vgl. die Formen nehmen, nimmst, nähme, genommen)" (Admoni, 1986, 53).

Zu der äußeren Flexion gehören: a) Präfixe; b) Suffixe; c) Flexionen.

Die innere Flexion tritt selten isoliert auf (Mutter - Mütter, Tochter - Töchter, Vater - Väter, Bruder - Brüder); oft erscheint sie in Verbindung mit der äußeren Flexion und hat einen morphologischen Wert, indem sie zur Formbildung dient.

"Die innere Flexion im Deutschen hat zwei ganz verschiedene geschichtliche Quellen: den Ablaut und den Umlaut. Der Ablaut ist der alte indoeuropäische Vokalwechsel. Als Umlaut bezeichnet man die mannigfaltigen,

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den betonten Vokal assimilatorisch bestimmenden Prozesse, die sich in den einzelnen altgermanischen Dialekten abspielten" (Admoni, 1986, 54).

Der Umlaut erscheint bei der Pluralbildung der Substantive: Gast - Gäste, Garten - Gärten sowie bei der Komparativund Superlativbildung der Adjektive: warm - wärmer - am wärmsten. Im verbalen Bereich dient der Umlaut zur Bildung der 2. und 3. Person Sg. Präsens Indikativ - du fährst - er fährt sowie des Präterits Konjunktiv der starken und unregelmäßigen Verben: gäbe, täte usw.

Die Brechung, eine ältere Form der Assimilation, wird oft auch die Tonerhöhung, Vokalhebung genannt, weil hier der Übergang von den Vokalen der mittleren Zungenhebung [e:] [ ] zu den Vokalen der hohen Zungenhebung [i:] [I] stattfindet. Die Brechung dient zur Bildung der 2. und 3. Person Sg. Präsens Indikativ der starken Verben mit dem Stammvokal e: du sprichst, er spricht; du, er liest und zur Bildung des Imperativs der 2. Person Sg. von der gleichen Gruppe der starken Verben: sprich, lies, nimm!

Das Wirkungsgebiet des Umlauts und des Ablauts ist in der Formbildung zu einem bestimmten Grad differenziert.

Der Ablaut beschränkt sich auf die Bildung des Präterits und des Partizips II der starken und der meisten unregelmäßigen Verben: werfen - warf - geworfen, bringen - brachte - gebracht.

Im letzteren Fall tritt neben dem Umlaut auch der Konsonantenwechsel

auf.

2. Was die äußere Flexion anbetrifft, so muss man sagen, dass es nur ein grammatisches Präfix, und zwar das Präfix gegibt, das zur Bildung des Partizips II dient: gesprochen, gemacht. Die Präfixe (Vorsilben) und Suffixe (Nachsilben) können gemeinsam auftreten, sie heißen dann Konfixe, z.B. die Partizipien II genommen, gefragt. Die Mittel der äußeren Flexion können verschiedene Funktionen erfüllen. So kann das Morphem -er "zum Beispiel zur Bildung des Plurals mancher Substantive ("Bild - Bilder"), des stark flektierten männlichen Adjektivs ("ein großer Mann") und des Komparativs ("schön - schöner") Verwendung finden… So verbindet sich mit dem Pluralsuffix - er der Begriff der Vielheit; die Pluralform "Bilder" besagt, dass der Inhalt des Wortstammes mehrfach gedacht und vorgestellt werden soll. Das Komparativsuffix -er zeigt an, dass die Eigenschaft, die mit dem Wortstamm bezeichnet wird ("alt"-, "dick"-, "leicht"- usw.), jeweils in einem höheren Grade auftritt. … Außerdem kann die Lautgruppe -er auch als Wortbildungssuffix zur Bildung von maskulinen Nomina agentis ("lesen - Leser"), von Gerätenamen ("drücken - Drücker") und von Herkunftsbezeichnungen ("Erfurt - Erfurter") dienen" (Schmidt, 1966, 26).

Es gibt folgende Suffixe:

Zur Bildung der Mehrzahl der Substantive dienen die Suffixe -e, (-e)n, -er, -s, z.B. (die) Abende, Straßen, Kinder, Autos.

Wenn das Pluralsuffix fehlt, spricht man vom Nullsuffix bei der Pluralbildung der Substantive: (die) Arbeiter, Wagen, Gebäude, Töchter,

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Zeichen. Man kann von einem Nullsuffix bei der Pluralbildung der Substantive sprechen, weil es im Deutschen ein System von Formen gibt, das entsprechende Formen mit pluralbildenden Suffixen aufweist und dem die Formen mit einem Nullsuffix gegenübergestellt sind.

Zur Bildung der Steigerungsstufen der Adjektive und Adverbien dienen die Suffixe -er, -(e)st: alt - älter - ältest.

Zur Bildung des Präterits der schwachen Verben dient das Suffix -(e)te: machte, zeichnete.

Das Suffix des Infinitivs ist -en (loben, zustimmen) oder -n (nach den Sonorlauten, z.B. sammeln, flattern).

Das 1. Partizip wird mit Hilfe des Suffixes -e(nd) gebildet (die Variante - nd erscheint nach den Sonorlauten: lobend, tadelnd).

Die starken Verben bilden das 2. Partizip mit Hilfe des Suffixes -en, und die schwachen Verben haben im 2. Partizip das Suffix -t oder seine Variante -et: geschrieben, gemacht, gezeichnet.

Der Konjunktiv Präsens der starken und schwachen Verben und der Konjunktiv Präteritum der starken Verben werden mit Hilfe des Suffixes -e gebildet: (es) lebe, (man) nehme, (du)läsest.

Präfixe und Suffixe sind Affixe.

Alle diese Mittel (der Umlaut, die Brechung, der Ablaut, der Konsonantenwechsel, Suffixe und Präfixe) werden sowohl bei der Wortformveränderung als auch bei der Wortbildung verwendet. Das Wort besteht aus einem oder mehreren Morphemen, d.h. aus den kleinsten bedeutungstragenden Teilen der Wortform. Die Wörter "Wand", "frisch" bestehen aus einem Morphem. Aber in der Regel ist das Wort selbst "eine Verschmelzung von zwei oder mehreren Morphemen…: einem Grundmorphem…, das den Begriff bezeichnet, der das unmittelbare Objekt des Gedankens ist, und irgendwelchen hinzukommenden Bestandteilen, die sich an das Grundmorphem anlehnen und es modifizieren" (Admoni, 1986, 7-8). Z.B. "Nacht", "nächt -lich", "er-klär-en", "nahr-haft", "sag-te-t", "Be-teil-ig-ung" usw. Die Wortwurzel ist der Träger der lexikalischen Bedeutung des Wortes, "das Morphem, das die eigentliche lexikale Bedeutung des Wortes ausdrückt" (in unseren Beispielen sind es nacht, nächt, klär, nahr, sag, teil)…"Um ein Wort zu bilden, treten zu dem Grundmorphem gewöhnlich ein oder mehrere Hilfsmorpheme (oft "Formanzien" genannt) hinzu, die wortbildend oder formbildend sein können. … Die wortbildenden Morpheme, gewöhnlich "Affixe" genannt, stehen entweder nach dem Grundmorphem (Suffixe - in unseren Beispielen -lich, -haft, -te, -ig, -ung - W.M.) oder vor ihm (Präfixe in unseren Beispielen er-, be-, - W.M.). Mit dem Grundmorphem zusammen bilden sie den Stamm des Wortes, an den die formbildenden Morpheme, gewöhnlich "Endungen" oder "Flexion" genannt, angehängt werden" (Admoni, 1986, 48). Endungen, Flexionen im engeren Sinne des Wortes gehören zu der äußeren Flexion; das sind Kasus -und Personalendungen. "Die Flexionen im engen Sinne

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des Wortes drücken Beziehungen zwischen den Wörtern im Satz oder in der Wortfügung aus: er lernt gut - du lernst gut; die Arbeit des Studenten, ein interessantes Buch" (Gulyga, 1970, 24). W.G. Admoni spricht von den Grundmorphemen verschiedenen Grades, "z.B. legen: Grundmorphem des ersten Grades leg; zerlegen - Grundmorphem des 2. Grades zerleg; Zerlegung - Grundmorphem des 3. Grades zerlegung" (Admoni, 1986, 48). Einige Grammatikforscher unterscheiden die eigentlichen Suffixe, die zur Bildung neuer Wörter dienen, und die Suffixe, die zur Bildung von Wortformen dienen. Vgl. Einerseits schön - Schönheit, Bild - bildhaft, andererseits schön - schöner, Bild - Bilder (Admoni, 1986, 49). Das Morphem -er in den Beispielpaaren dient zur Bildung des Komparativs und auch zur Bildung der Pluralform des Substantivs. "Morpheme, die lautlich zusammenfallen und zur Bildung verschiedener Formen dienen, werden Homomorpheme genannt" (Gulyga, 1970, 25).

Mit dem Begriff des "Nullmorphems" (Admoni, 1986, 7-8) ist der Begriff der Nullform des formbildenden Morphems, der sogenannten "Nullendung" verbunden, "die dadurch gebildet wird, dass gerade das Fehlen der Endung bei irgendwelchen Wortformen sie anderen Formen desselben Wortes entgegensetzt" (Admoni,1986, 48).

Die Wortformen können von verschiedenen Wurzeln gebildet werden: "Das Grundmorphem (die Wurzel) kann in den verschiedenen Formen des grammatischen Paradigmas in ganz verschiedenen Lautformen auftreten (Suppletivformen): sein - bin - ist - war - ge/wes/en, viel - mehr, gut - bess/er, wen/ig - mind/er, ich - mein/er, wir - uns, er - sein/er - ihm, sie - ihr. Es handelt sich dabei hauptsächlich um außerordentlich gebräuchliche Wörter mit sehr allgemeiner und abstrakter Bedeutung, deren Formen größtenteils genetisch von verschiedenen Wurzeln gebildet werden" (Admoni, 1986, 66). "Solche konkreten Gestaltungen der Morpheme werden Morphe genannt und in ihrer Beziehung zueinander Allomorphe des Morphems" (Admoni, 1986, 8).

II. Zu den analytischen Formen gehören in erster Linie die Hilfsverben "haben", "sein" und "werden". "Eine Schwierigkeit bei der morphologischen Analyse des Wortes bieten die sogenannten "analytischen grammatischen Formen", d.h. Verbindungen von zwei oder mehreren Wörtern, die eine grammatische Charakteristik eines von diesen Wörtern zum Ziele haben. Diese Formen gehören zugleich zur Syntax (in formaler Hinsicht) und zur Morphologie, da die Konstruktion habe gemacht im Satz "Ich habe es schon gemacht" nur in ihrer Einheit eine grammatische und lexikale Bedeutung aufweist" (Admoni,1986, 55-56). "Die grammatische Bedeutung der analytischen Form im Deutschen ist nie der Summe der grammatischen Bedeutungen ihrer Komponenten gleich und tritt als die Bedeutung des unzerlegbaren Ganzen auf" (Guchman, 1955, 343). In der Wortverbindung "ich habe geschrieben" ist "habe" eine Form des Präsens vom Verb "haben", und das

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Partizip II "geschrieben", einzeln genommen, hat eine passivische Bedeutung und drückt eine abgeschlossene Handlung aus. Aber die zeitliche Bezogenheit der ganzen Wortverbindung ist nicht gleich der zeitlichen Bezogenheit des Hilfsverbs: das Perfekt "ich habe geschrieben" drückt die Vergangenheit aus und ist aktiv. (Es sei hervorgehoben, dass das Perfekt die Vorzeitigkeit in der Gegenwart bezeichnet, d.h. die Vorzeitigkeit zum Redemoment; die vergangene Handlung, die durch das Perfekt ausgedrückt wird, wirkt in der Gegenwart nach). Im Satz "Ich habe es schon gemacht" besitzt die Form "habe" keine Eigenbedeutung, und auch die Form "gemacht" ist in dieser Verbindung kein grammatisch vollständiges Wort, obgleich zu ihrem Bestand ein Grundmorphem und zwei Hilfsmorpheme gehören. … Erst wenn man "gemacht" und "habe" aufeinander bezieht, ergibt sich der Sinn: die Vergangenheit vom Verb "machen". Bezeichnenderweise besteht hier das formbildende Morphem "habe" selbst aus einem Grundmorphem und einem formbildenden Morphem und drückt formal die Person, Zahl, und den Modus aus. …Und die Grammatiker haben dies schon seit Jahhunderten richtig erkannt, indem sie diese Konstruktion in das Paradigma der deutschen Temporalformen als Perfekt einreihten" (Admoni, 1986, 56). Die Distanzstellung der Komponenten der zu analysierenden Konstruktion trägt zur Bildung der verbalen Klammer (der Rahmenkonstruktion) bei, die W.G. Admoni zu den strukturell-grammatischen Kategorien rechnet: "Die analytischen Formen des Verbs gehören zu den wichtigsten Mitteln der strukturellen Gestaltung des deutschen Satzes, indem sie im Hauptsatz in der Regel Distanzstellung einnehmen und auf diese Weise den Rahmen des Satzes bilden" (Admoni, 1986, 56). M.M. Guchman hebt hervor: "Die Möglichkeit, diese ersten Komponenten auszusondern, wird auch durch die Gesetzmäßigkeiten der Wortfolge in der deutschen Sprache unterstrichen: durch das Gesetz der Distanzstellung der Komponenten im Hauptsatz und durch das Gesetz der umgekehrten Folge der Komponenten im Nebensatz: ich habe gestern den ganzen Abend gelesen…; dass ich gestern den ganzen Abend gelesen habe. Kennzeichnend ist in dieser Beziehung auch die Möglichkeit, das Hilfsverb in den Fällen wegzulassen, wenn das Prädikat zwei analytische Konstruktionen vom selben Typ enthält: ich habe gestern den ganzen Abend gelesen und geschrieben" (Guchman, 1955, 339). Die Umdeutung der Komponenten der analytischen Form, die ihre reele Nichtzerlegbarkeit bedingt, die gegenseitige grammatische Verknüpfung der Komponenten bei der Herausbildung der grammatischen Bedeutung der ganzen Wortverbindung können als eine besondere Art von "Idiomatik" gedeutet werden. Durch die Idiomatik dieser Art unterscheiden sich die zu analysierenden Konstruktionen von den anderen

Verbindungen des Dienstund

Vollwortes. Die beschriebene

Art

der

Idiomatik von

analytischen

Formen wird

von

 

 

M.M. Guchman grammatische Idiomatik genannt (Guchman, 1955, 345).

 

Die Idiomatik der analytischen Formen und die Idiomatik der

phraseologischen

Einheiten sowohl bildhafter

(z.B. Pech haben) als

auch

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unbildhafter vom Typ "das Substantiv + das Funktionsverb" (z.B. etw. in Zweifel ziehen, zur Besprechung gelangen usw.) ist unterschiedlicher Natur. Die phraseologischen Einheiten üben eine nominative Funktion aus; als Wortäquivalente treten sie als unteilbare lexikalische Einheiten auf, fungieren also als Elemente der Lexik und sind einmalige Bildungen. Die verbalen analytischen Konstruktionen, die alle deutschen Verben, unabhängig von ihrem lexikalischen Inhalt, erfassen, müssen als Erscheinungen der grammatischen Reihe bestimmt werden (Guchman, 1955, 345). Die Merkmale der analytischen Form sind folgende: "1) eine besondere gegenseitige Verknüpfung der Komponenten, welche ihre Nichtzerlegbarkeit ergibt; 2) grammatische Idiomatik; 3) Geltung für das gesamte lexikalische System des Verbs; 4) Aufnahme in das Paradigma" (Gulyga, 1970, 29).

§3

Vieldeutigkeit und Synonymie der grammatischen Formen

1.Die grammatische Bedeutung der Wortformen;

2.Die synchronische Vieldeutigkeit (nach E.J. Šendels);

3.Das Wesen der Komponentenanalyse;

4.Die paradigmatischen und syntagmatischen Bedeutungen der grammatischen Formen (am Beispiel des Präsens und des Futurs I und II).

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Den meisten grammatischen Formen wohnt die Vieldeutigkeit inne. Es wurde auch festgestellt, dass eine grammatische Bedeutung nicht einheitlich ist, sondern sich in minimale Elemente weiter zerlegen lässt. Solche minimalen Elemente, die sich in der kategoriellen Bedeutung der Form aussondern lassen, werden Semen genannt. Das Sema ist die kleinste semantische Einheit, der nicht weiter zerlegbare Bestandteil einer grammatischen Bedeutung. "Unter Bedeutungskomponente (Sem) versteht man die kleinste, nicht weiter aufgliederbare Inhaltskomponente eines sprachlichen Zeichens, das einzelne distinktive Merkmal in der Bedeutungsstruktur eines Wortes bzw. eines Grammems" (Moskalskaja, 1983, 77). Der Definition von E.I. Schendels zufolge ist das Sem (die Bedeutungskomponente eines Grammems) "das kleinste ausgliederbare Element der kategoriellen Bedeutung einer Form" (Schendels, 1970, 23). "Die Analyse nach den sog. B e d e u t u n g s k o m p o n e n t e n (Semen), die man auch K o m p o n e n t e n a n a l y s e (komponenzielle Analyse) nennt", erweist sich als "ein wirksames methodisches Verfahren, das bei der Erforschung der kategoriellen Bedeutung eines Grammems angewandt werden kann" (Moskalskaja, 1983,75). Bei der Gegenüberstellung der Formen dient das Sema als Unterscheidungsmerkmal der Inhaltsebene. "Diese Bedeutungskomponenten werden als die dinstiktiven Merkmale der Inhaltsebene

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betrachtet. (Moskalskaja, 1983, 77). ("Unter dem Grammem wird der Bestandteil der grammatischen Kategorie verstanden, der seiner Bedeutung nach als Hyponym in Bezug auf die Bedeutung der grammatischen Kategorie als Hyperonym auftritt, z.B. die Grammeme der Einzahl und Mehrzahl, der 1.,2. und 3. Person usw. (Лингвистический энциклопедический словарь, 1990, 117). In einem Wort können sich sowohl lexikalische als auch grammatische Semen vereinen.

"Die Analyse der Grammeme nach den Bedeutungskomponenten (Semen) hilft die Bedeutung des Grammems präzise zu beschreiben" (Moskalskaja, 1983, 77). Die Semen sind voneinander unabhängig, und keines von ihnen kann durch die Kombination der anderen Semen ausgedrückt werden. Zu gleicher Zeit bildet die Kombination bzw. die Gesamtheit von Semen die Bedeutung der grammatischen Form. Die Semen decken nur den denotativen Inhalt der grammatischen Form auf, die emotionellen und expressiven Nebenbedeutungen kommen in den Semen nicht zum Ausdruck (Schendels, 1970, 23).

Die Suche nach dem entsprechenden Semenbestand muss so lange geführt werden, bis man eine grammatische Form erkennen und sie von den anderen Formen unterscheiden kann. Wenn sich der Inhalt des Imperfekts nur mit dem Sema "Vergangenheit" beschreiben ließe, würde sich diese Zeitform nach ihrem Informationsgehalt vom Perfekt nicht unterscheiden. Aber der Informationsgehalt des Perfekts und des Imperfekts (Präterits) ist unterschiedlich, weil ihr Semenbestand verschieden ist. Das Perfekt verfügt nämlich auch über das Sema "Bezogenheit auf die Gegenwart", während das Präterit das Sema "Distanzierung vom Redemoment" hat (Schendels, 1970, 23).

Manchmal kommt es vor, dass nicht alle Semen, die die Bedeutung einer grammatischen Form ausmachen, realisiert werden. "Manche Semen treten nicht zusammen, sondern getrennt auf. Es gibt Fälle, wo sie sogar einander ausschließen. Das Perfekt hat folgende Semen: 1) Vergangenheit; 2) Bezogenheit auf die Gegenwart; 3) Vorzeitigkeit in der Zukunft. Diese Semen können nicht zusammen wirken. Die ersten zwei Semen bilden die Hauptbedeutung oder die paradigmatische Bedeutung, das dritte die Nebenbedeutung oder die syntagmatische. Die paradigmatische Bedeutung kommt im neutralen Kontext zum Ausdruck, die syntagmatische in bestimmten Strukturen, im Kontext, manchmal unter dem Einfluss der Lexik" (Gulyga, 1970, 38). Z.B. Morgen habe ich es wieder vergessen. In diesem günstigen Kontext wird das Sema "Vorzeitigkeit in der Zukunft" aktualisiert, während die ersten zwei Semen, die die Hauptbedeutung des Perfekts ausmachen, nämlich "die Vergangenheit" und "die Bezogenheit auf die Gegenwart "gelöscht werden, mit anderen Worten, werden die ersten zwei Semen "ausgeschaltet" und das dritte "eingeschaltet".

"Die Vieldeutigkeit ist aufs engste mit der grammatischen Synonymie verbunden, denn in diesen Erscheinungen äußert sich das Gesetz, dass sich der

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Ausdruckswert, der Inhalt und die Ausdrucksformen völlig nie decken. Ein und dieselbe Form ist vieldeutig, ein und derselbe Inhalt wird durch mehrere Formen ausgedrückt. Das kann man aus folgenden Beispielen sehen:

Vieldeutigkeit

 

Synonymie

Genitiv

 

Befehl

Zugehörigkeit:

Zeit:

Art und Weise:

Imperativ - Präsens-

Der Mantel

eines

schnellen Schrit-

Futur I - Partizip II -

meiner Frau

Tages

tes (gehen)

Infinitiv

 

 

 

Steh auf! Du stehst auf!

 

 

 

Du wirst aufstehen!

 

 

 

Aufgestanden! Aufstehen!

Eine grammatische Form umfasst mehrere kategoriale grammatische Bedeutungen, die dieser Wortart eigen sind. Die Form "du schreibst" zeigt zu gleicher Zeit auf Person, Zahl, Zeit, Modus und Genus. Diese Art der grammatischen Vieldeutigkeit nennt E.J. Schendels "synchronische Vieldeutigkeit" (Gulyga, 1970, 36-37; Schendels, 1970, 22). Man kann auch Pseudonebensätze als Mittel zum Ausdruck des kategorischen Befehls verwenden: Mach, dass du fortkommst! S. Karcevski weist auf den asymmetrischen Dualismus des sprachlichen Zeichens hin, indem er beweist, dass man mit Hilfe eines Verfahrens viele grammatische Erscheinungen ausdrücken kann und sich jede Erscheinung umgekehrt mit Hilfe verschiedener Verfahren beschreiben lässt (Karcevski, 1965, 89-90). O.I. Moskalskaja meint über die Mehrdeutigkeit der Formen folgendes: "Vor allem überschneiden sich in jeder Wortform einige grammatische Kategorien, so dass sie Träger einiger kategorieller Bedeutungen ist. Vgl.:

Gegenwart (Grammem der Kategorie der Zeit)

besprochen (Grammem der Kategorie der Person)

(er) kommt

einzeln (Grammem der Kategorie des Numerus)

tatsächlich (Grammem der Kategorie des Modus) statthabend

(Moskalskaja, 1983, 72) W.G. Admoni schreibt dazu: "So treten bei Nennung der Form kamst wie

von selbst u.a. die Bedeutungsgehalte der zweiten Person Singular und der Vergangenheit auf. Sie machen sich geltend auf Grund der äußerlich unbewussten Einreihung dieser Form in das verbale Paradigma: einerseits durch

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