
- •Alfred Ebenbauer
- •4. Griechische Heldendichtung und deutsches Bildungsideal
- •Das Hildebrandslied
- •Verfasser und Entstehung
- •526 Starb Theoderich, Karl der Große ließ die Reiterstatue Aurels, die Theoderich nach Ravenna gebracht hatte, von dort holen und stellte sie in Aachen auf.)
- •Immer mit Dietrichs Flucht gemeinsam überliefert ist die Rabenschlachtstrophe – Etzel gibt Dietrich wieder ein Heer, damit er Verona und seine Länder zurückerobern kann.
- •Viele im Berner Ton geschrieben – eine unglaublich komplizierte Strophenform.
- •In jedem Fall lesen: Atlakvida (Das Gedicht von Attila – Etzel) – der Inbegriff eines eddischen Heldenliedes quasi.
- •Verhältnis – Lied und Epos.
- •Vo 11. Juni
- •Im Zentrum der Heldensagen steht die Frage – wie verhält sich Heldendichtung und Heldensage zur Geschichtstradition?
Verfasser und Entstehung
Wir kennen den Nibelungendichter nicht – in detektivischer Arbeit will man irgendjemanden finden. Ist es nicht gerade ein Gattungsgesetz, dass die Heldendichtung anonym ist? Warum könnte es so sein – mündlich tradiert, kollektive Memoria – Sprachrohr einer Gesamtheit, Erinnerung an eine gemeinsame Vergangenheit vielleicht…
Man weiß nur: Zwischen Wien und Passau kennt der Dichter sich wirklich aus. Kriemhild und Attila heiraten in Wien, etc. Besonders prominent kommt Passau vor – in Passau herrscht im Nibelungenlied der Bischof Pilgrim, der kommt sehr prominent vor. Wolfger von Erlach – man nimmt eine Entstehung in Passau vor, und eine Hommage an ihn in der Figur Pilgrims. (In Erlachs Archiv – Urkunde über Walther von der Vogelweide). > Damit nimmt man an, dass das Nibelungenlied um 1200 entstanden ist.
Die Klage – am Ende des Nibelungenliedes überleben Dietrich, Etzel und Hildebrand. Die Klage berichtet, was weiter geschah. Verbrannte Halle und Leichen liegen herum, Etzel geht hindurch und heult, die zwei anderen begleiten ihn und sie klagen über die Verluste. Es wird erzählt was in Worms passiert, was in Pöchlarn passiert als die Verlustbotschaften die Städte erreichen. Die Klage ist in Reimpaaren beschrieben. Wir finden die Mitteilung – es gäbe ein lateinisches Nibelungenlied, geschrieben von einem gewissen Konrad von Passau – ist das eine Fiktion, eine Quellenfiktion, eine Quellenbestätigung? Heute nimmt man eher an – es ist nicht wahr. In der Diskussion spielte der Waltarius eine bedeutende Rolle, aber heute geht man nicht mehr von einem lateinischen Text aus.
Form und Sprache
Mittelhochdeutsch, gehört in den bairisch-österreichischen Raum. Strophen, Nibelungenstrophe. Endreim. Epische Breite, länger als das Hildebrandslied, auch wenn das Nibelungenlied auch Lied heißt. Das Nibelungenlied wurde sicher gesungen. Die Alsfelder Marienklage ist in Nibelungenstrophen geschrieben, da haben wir die Noten – es ist fraglich diese auf das Nibelungenlied übertragen zu können oder nicht, aber man singt es heute danach.
Ästhetischer Effekt > warum ist das Nibelungenlied in Strophen geschrieben, Epik ist normalerweise stychisch, es fließt dahin. Was hat die Strophe für einen Effekt – der epische Fluss wird ständig unterbrochen. Der Schluss der Strophe ist metrisch auch immer hervorgehoben. Dadam dadam dadam … Punkt. Eine Strophe ist eine Strophe. Punkt. Dann kommt die nächste. Das ist kein breiter epischer Fluss wie in der Ilias.
Frage: 3 oder 4 Takte:
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letzte Zeile: á a | á a | ´_ | à ^ | | ú u a | á a | á a | ú u ^ | (zweiter Teil der Zeile: muget ihr Wunder hören sagen)
Victor von Scheffel – Eckehard
VO 23. April
Handschrift C wesentlich länger als die anderen Fassungen – wer hat gelängert, wer hat gekürzt? Frage nach dem Archetypus.
Historischer Hintergrund
Leicht in zwei Teile zu teilen: Siegfrieds Tod. Kriemhilds Rache.
Wer ist eigentlich, historisch gesehen, die Brünhild – er beginnt mit einer seiner Meinung nach nicht sehr ernsthaften Fragestellung. Isländische, mythische Prinzessin. Ein Freund von ihm hat folgende Theorie aufgestellt: in der skandinavischen Überlieferung ist Brünhild die Schwester Etzels – gehört nach Ungarn eigentlich. Theorie – z’Isenland (ze Isenland – aus Island): heißt eigentlich Zisenland > Zheiß > Theiß > Fluss, Herrin an der Theiß.
Erster Teil ist bezüglich historischer Wurzeln sehr schwierig.
Wer war Siegried – ein historischer oder mythischer Held. Grimms, Uhland, für sie war er ein Gott, strahlend. Für einen Mythos braucht man keine historische Grundlage. Dann hielt man ihn für Arminius: Häuptling der Cherusker, ein Germane. In der Schlacht im Teuteburger Wald schlug man die Römer zurück, diese Schlacht verhinderte wahrscheinlich die Romanisierung der Germanier. Im 19.Jh. stellte man Arminius als den Retter Germaniens vor dem welschen Rom hin.
Tacitus: von ihm wissen wir, dass Arminius durch die List seiner Verwandten ermordet wurde, das würde passen.
Ein weiteres Argument ist, Arminus wird oft übersetzt mit Hermann, aber Hermann ist ein Deutscher Name und Arminus ist ein lateinischer Name. Wir wissen nicht, wie er auf Deutsch genannt wurde. Zwei Verwandte wurden Sig… (?) genannt. Zwei Prinzipien der Namensgebung: Stabreim oder gleiche Endung. > Wahrscheinlich, dass er einen Namen mit Sig gehabt hat.
Andere Theorie: Franken: Merowinger (blutige Geschichte) waren das erste Königsgeschlecht. In der merowingischen Geschichte des 6.Jh. Wir finden Sigibert, Brunhild, Fredigundis als Namen. Brunhild wurde von Pferden zerrissen, etc.
Man hat Elemente der Merowingischen Geschichte als historische Grundlage des ersten Teiles angenommen, wobei hier die Familiengeschichte ausschlaggeben ist.
Zweiter Teil ist einfacher einzuordnen: Etzel = Attila. 453 AD gestorben. Niemand zweifelt daran, dass Etzel = Attila ist. Attila = Väterchen (Atta unser > gotisch, Vater unser). Lautgesetzlich wurde es zu Etzel. Attila starb in der Hochzeitsnacht an einem Blutsturz, seine Gattin heißt Hildiko / Ildiko und war Germanin. Saß am Morgen weinend neben ihrem toten Gatten. In skandinavischen Überlieferungen bringt Kriemhild Etzel um.
Dietrich von Bern = Theoderich der Große.
Attila und Theoderich konnten sich allerdings nie treffen, rein von den Daten her.
Die Burgundenkönige: Gunther, Gernot und Giselher: Burgundische Quellen: In einer Schlacht wurden die Burgunden am Rhein von den Römern und Hunnen im Jahre 436 vernichtend geschlagen. Hunnen standen zum Teil im römischen Sold.
451 Schlacht auf den katalaunischen Feldern > die Hunnen wurden von den Römern besiegt.
In diesen Auseinandersetzungen spielen Hunnen und Römer eine Rolle.
Die Burgunder wurden umgesiedelt, die Könige waren alle gefallen. Man setzte sie an die Rhone. Wurde mächtig dann in der Folge, als französisches Herzogtum.
6. neuere Positionen zur Interpretation, zur Nibelungenforschung, zu Interpretationsproblemen
Seit 1945 ca. 1800 Publikationen zum Nibelungenlied.
Vorletztes bedeutendes Buch, im Jahre 1998 von Jan-Dirk Müller: Spielregeln für den Untergang. Joachim Heinzle – Gegner von Müller. Es geht darum, dass das Nibelungenlied Brüche hat, Widersprüche, man ist sich nicht einig nach zweihundert Jahren Interpretation mit dem Umgang. Ist es sinnvoll, dass der Hagen, der im ersten Teil der Mörder ist, im zweiten Teil zum Superhelden wird? Passt nicht zusammen. Müller beginnt sein Buch mit der Frage – wer ist eigentlich Kriemhild? Eine nette, blonde, schöne Prinzessin. Und am Ende ist sie eine rasende Furie. Passt das? Oder ist das Nibelungenlied nicht ein Machwerk aus verschiedenen Traditionen. Müller sagt, das Nibelungenlied ist kein gutes Werk, es ist zusammengestückelt. Im 19.Jh. versuchte man die Brüche zu kitten > vieles ist Stoffmontage, manches nicht. Müller bezeichnet sein Buch als eine historische Lektüre des Nibelungenlieds.
Historische Anthropologie: der Mensch ist historisch bedingt in seiner Situation. Wir können historische Texte nicht so ohne weiteres verstehen. Wir sind permanent in Gefahr, Dinge misszuverstehen. Ein Prof. versuchte einmal, die Kriemhild als geschlossene Figur zu sehen, die eine logische Entwicklung durchmacht > das will Müller nicht machen. Unsere Vorstellung von einem Kunstwerk ist Geschlossenheit, aber Müller sagt – Falsch. Wenn wir es so lesen, dann lesen wir es modern. Wir können das aber nicht. Wir müssen uns langsam, mühevoll annähern an den Text.
Müller hebt nun auf der Basis einer historischen Anthropologie einige Schlagworte hinaus: Die Gesellschaft des Nibelungenlied. Wer oder was steht eigentlich im Zentrum – das ist nicht so einfach. Viele sind wichtig. Der Personenverband ist wichtig. Frühere Staats- und Sozialwesen waren durch den Personenverband definiert. Heute – Flächenstaat. Der mittelalterliche Staat ist eine personelle Konstellation (13. 14. Jh. vor allem). Die Personen treten ständig in andere Konstellationen – bei diesen gibt es drei Ordnungsprinzipien nach denen man sich richtet: Verwandtschaft. Vasallität (Hagen als der treue Gefolgsmann schlechthin). Freundschaft.
Diese drei Kriterien spielen in den verschiedendsten Konstellationen zusammen, und über diesen drei Schlagwörtern steht die Treue, triuwe. Die triuwe ist ein positiver Wert, wird aber nicht so sehr eingehalten. Die Nibelungentreue – man stirbt gemeinsam. Aber Hagen bringt treulos den Siegried um, getreu Brünhild. Etc. Auch diese Treue wird in den verschiedenen Personalkonstellationen immer wieder gebrochen.
Heros (Siegried), Adel (Fürsten und Krieger), Landesadel (Chef, König) > und dieses Verhältnis wird auch immer wieder unendlich thematisiert. Heros – wer ist ein Held, Siegfried platzt hinein, ständig hat er Probleme, er ist intellektuell nicht sehr groß da. Er tritt auf und wird liquidiert als Held. Zweiter Teil – eher heroisch und gigantisch – der geordnete Hof kippt im zweiten Teil. Gunther ist nicht der Führer, Hagen ist es.
Frauen im Nibelungenlied – die Frauen sind schön, werden verprügelt, behütet, untergeordnet. Aber sie spielen eine ganz zentrale Rolle, die weibliche Macht erscheint letztlich als gefährliche Macht, die man patriarchalisch eliminieren muss.
Wie sieht es mit den Klerikern aus, mit der Kirche: Goethe meint, es ist nur oberflächlich christlich, und sonst urheidnisch. Messen gibt es, Priester gibt es, etc. Aber es gibt keine Vergebung, keine Gnade, keine Erlösung, etc.
Christliche Welt wird körperlich entfernt – Hagen schmeißt den Pfaffen zum Test in die Donau, nachdem er die Prophezeiung der Nixen gehört hat. Der Nichtschwimmer überlebt und kommt ans andere Ufer, und Hagen weiß nun, die Prophezeiung stimmt. Die Kirche wird entfernt aus diesem Bereich des Nibelungenlieds. Der Moment ist gekommen, wo die burgundischen Ritter immer mehr von ihrer Ritterlichkeit verlieren und zu einer Meute werden, genauso wie die Hunnen.
Öffentlichkeit und Heimlichkeit: vieles drehte sich um: Geburten von Adeligen in der Öffentlichkeit, damit kein Bastard untergeschoben werden konnte, essen alleine, Klo gehen gemeinsam. Vieles was heimlich war, wird im Nibelungenlied öffentlich gemacht und umgekehrt und zum Problem. Mord ist hochgeheim > Hagen geht zur Bahre, die Wunden Siegrieds bluten, es wird öffentlich gemacht – dies ist der Mörder. Gunther nimmt die Öffentlichkeit zurück und sagt, nein, das stimmt nicht.
Blickrichtungen, wer wen ansieht, sind von hoher Bedeutung. Das Verwirrspiel in Isenstein.
Räume im Nibelungenlied – die Raumregie ist hochspannend. Es gibt konkrete Räume, mythische und mystische Räume (was ist Island), wo ist der Sachsenkrieg, wo wird Siegfried umgebracht, die konkrete Halle am Ende.
Hauptachsen des Raumes: erster Teil: N – S (Rhein und Island); zweiter Teil: O – W (die Donau entlang).
Wie viele Reisen gibt es vom Hofe Attilas nach Worms: 5 Mal. Rüdiger kommt nach Worms, Heiratsantrag. Reise Kriemhilds zu Attila, mit vielen Stationen. Einladung Kriemhilds, zwei Boten werden geschickt. Boten reisen zurück. Dann reisen die Burgunden donauabwärts in den Tod.
Die beiden wichtigen Reisen haben gemeinsam: Vom Rhein kommt man irgendwo an die Donau. Erstaunlich ist, als die Kriemhild abreist, verabschiedet man sich erst an der Donau, man verabschiedet sich dort. Dann fährt Kriemhild donauabwärts, ein Ort ist besonders wichtig: Passau, Onkel der Kriemhild ist Bischof. Weiter, zweite große Station Pöchlarn; dritte große Station Wien > Hochzeit mit Etzel. (Egalienz) Zu Etzels Burg. Gute, geordnete Reise.
Burgunden: wieder bis zu Donau. Die Donau führt Hochwasser, man hat kein Schiff zum Übersetzen, 1000 Mann auf Reise. Das folgende Bayern ist ein ungutes Land, kriegerische Konflikte, morastiges Land. Donaunixen, Fährmann will nicht übersetzen, Hagen setzt alle selbst über. Die Donau beinahe als Grenze zwischen Tod und Leben, eine Grenze ins Jenseits. Durch die Wasserfrauen wissen sie es auch, dass die Überschreitung des Flusses in den Tod führt.
Gestörte und problematisierte …: Verhaltensnormen gehen durcheinander, Lug, Trug, Heimlichkeiten. Wie verkehren die Leute miteinander, Extravaganzen werden immer gemacht, die unnötig sind und normalem Verhalten widersprechen. Der tote Siegfried – normalerweise würde man ihn in die Kirche tragen. Hagen lässt ihn vor die Tür Kriemhild legen, das ist nicht üblich. Erst jetzt, nach dem überflüssigen, grausamen Zwischenstück, wird Siegfried in den Sarg gelegt. Der tote Siegfried blutet wieder.
Verspielen der höfischen Verhaltensweise in solchen Szenen. Diese Verhaltensweisen werden runtergemacht im Nibelungenlied. Ordnungen der Gesellschaft und des höfischen werden verspielt, um am Ende zieht sich eine Blutspur durch die Geschichte, die ganz anders angelegt war. Die soziale Ordnung geht nicht einfach zu Bruch, sie wird als blutiges Gegenfest gefeiert. Kriemhilds Fest.
Ziel der Bewegung ist nicht Lösung des Problems, man endet in der Zerstörung. Es sind die Dissonanzen und Ambiguitäten die den Zusammenhang stiften (…).
Die Brüche werden zu Alternativen – es hätte anders gehen können, aber hier führen alle Spielregeln in den Untergang. (Müller geht hier doch wieder in die Gesamtinterpretation, was er vorerst vermeiden wollte.)
VO 30.April
Zwei Ansätze in der Forschung: Psychologie harmonisieren, Bruchstellen kitten, Forderung einer Gesamtheit. Oder: Gut, man kann nichts machen, es gibt diese Bruchstellen, aber warum? Mehrhundertjährige Entwicklungsgeschichte, Vorgeschichte des Werkes, verschiedene Fassungen – es muss Bruchstellen und Inkonsistenzen geben.
Müller – Spielregeln für den Untergang: Im Nibelungenlied werden auch die Alternativen, die Bruchstellen fruchtbar gemacht. Es entsteht kein geschlossenes Werk, aber etwas, das voll Spannung ist.
Annäherung an das komplexe System des Nibelungenlieds nur in jahrelanger Arbeit zu erreichen, weil man die Figuren nur dann verstehen kann, wenn man ihren anthropologischen Hintergrund versteht, und den versteht man nur, wenn man das MA versteht.
Nibelungische Anthropologie heißt ein Kapitel in Müllers Buch – wider die Psychologisierung. Wie wurde Kriemhild zur Teufelin? Am Ende des Lieds müsste sie 80 Jahre alt sein, aber sie ist zeitlos in ihrem Äußeren. Sie müsste, laut Müller, anthropologisch gelesen werden – wir sind in einem Gebiet, das man Emotionsforschung nennt. (Projekt Emotionen im Mittelalter). Zorn, Hass, Neid, Eifersucht, Liebe, etc. Müller wirft die Frage auf, wie sieht es mit dem Verständnis von Emotionen aus – Müller sagt, wir verstehen den Zorn der Kriemhild, den Zorn des Achills nicht, weil es zu lange her ist. Gegenposition: Diese elementar menschlichen Regungen sind allgemein menschlich zu verstehen. Es geht nicht mehr um eine literaturwissenschaftliche Frage, sondern um eine anthropologische.
Zitiert Müller – beim Zorn des Achill geht es nicht nur um Achill, sondern um den Zorn des Helden an sich. Wir stehen nicht nur vor der Frage – verstehe ich den Zorn? Verstehe ich den Zorn Achills? Sondern verstehe ich den literarisch-gattungsspezifischen Zorn?
Müller schiebt die Frage weg – wir brauchen nicht zu wissen, was Zorn emotional bedeutet, was die Emotionen bedeuten – problematisch für Ebenbauer, denn wir lesen diese Emotionen.
Müller hat die Struktur des wechselseitigen Verhaltens in den Mittelpunkt gestellt, Gephart streicht die emotionsgeschichtliche Neugierde und das psychologische Moment heraus. Sie geht von der Affekten- und Triebwelt des Nibelungenlieds aus und untersucht sie. Bsp.: Siegfrieds Ankunft in Worms: Gephart verweist hier auf den historischen Wandel – es wird deutlich, was das Lied von der Wirklichkeit trennt, normal kommt man nicht einfach und fordert ein Königreich. Der Zorn ist die treibende Kraft, Zorn bedeutet Energieaufwendung, aber auch verminderte Selbstkontrolle. Siegfried offenbart komitive (?) Schwächen – König Gunther hingegen hat Selbstkontrolle. Affektaufladung bei Siegfried versus Affektkontrolle bei Gunther.
Sachsenkrieg: Gegensatz der Affektwelt zeigt sich ebenfalls – Gunther kann sich beherrschen. Der Sachsenkrieg ist durch Zorn und Grimm der Parteien geprägt. Zwei Herrschergestalten – zwei unterschiedliche Positionen der europäischen Affekt…
Norbert Elias – eigenen Kultur- und Zivilisationstheorie: sollte man kennen, meint er.
Der aggressive Siegfried wird durch die höfische Kriemhild der höfische Held.
In Isenstein werden die Wormser ambivalent empfangen, meint Gephart. Symbolik der weit geöffneten Tore der Frauenburg auf Isenstein und die phallischen Waffen der Männer – siehe Freud. Gefahr der Entmannung steht im Raum. Erster Betrug an Brünhild – und erster Betrug an der Sage, am Märchen – die stärkste und schönste Frau bekommt den stärksten und schönsten Helden. Siegfried wird hier kein einziges Mal zornig, hier ist nur Brünhild zorning. Siegfried bleibt affektiv beherrscht. Aggressionshemmung gegenüber einer Frau, meint Gephart, er hat sich nicht grundlegend geändert.
Brünhild wird im Zweikampf, der eigentlich ein Dreikampf ist, besiegt. Zwischen Worms und Isenstein verläuft eine ungeklärte patriarchalische Konfliktlinie. Die Rivalität zwischen Gunther und Siegfried wächst. Siegfrieds Strategie sich als Gefolgsmann auszugeben, erweist sich als …
Siegfried duzt Gunther, infantilisiert den König unter der Tarnkappe. Er rächt sich an der Macht Gunthers über Siegfrieds begehrtes Objekt Kriemhilds. Andererseits ist man freundschaftlich zueinander, aber in solchen Szenen werden unterdrückte Emotionen spürbar, die als Affekte das Magma des Nibelungenlieds bilden. Und so wird der unverwundbare Siegfried erstmals verwundbar – er erfährt im matriarchalen Bereich einen Dämpfer.
Die betrogene Brünhild wird den ihr eigentlich bestimmten Siegfried nicht mehr loslassen und seinen Tod vorbereiten. Das Paar Gunther und Brünhild verbindet nur mehr blanker Hass.
Szene in der Hochzeitsnacht – Patriarchat verliert die Ordnungsgewalt. Siegried muss wieder eingreifen, wieder Blut. Siegfried kämpft gegen sie als Vertreter aller Männer – nicht so sehr die Tarnkappe, sondern der Zorn lässt ihn gewinnen. Er hat einen matriarchalen Drachen *g* besiegt, die Ordnung wieder hergestellt, aber die patriarchale Ordnung am Wormser Hof bleibt nachhaltig gestört. Die Gefahr bricht auf, wo Siegfrieds narzisstische Seite durchbricht – er hebt sich zeichenhafte Beweise seiner Tat auf, prahlt später damit, um Gunther empfindlich zu treffen. Er will seine Tat zumindest symbolisch zur Schau stellen. Weil wenn etwas geheim hätte bleiben wollen, dann diese Sache – Brünhild wird zum zweiten Mal betrogen, Gunther als ohnmächtig dargestellt – eine extreme Störung der höfischen Situation. Emotionale Auseinandersetzung mit Gunther – obwohl sie sich sonst gegenseitig helfen, Freunde sind.
Alle Akteure des Dramas sind höfische, das heißt gesellschaftliche Figuren, aber das Archaiische bricht durch, der Zorn erfasst auch die höfischen Frauen > Königinnenstreit. Tod Siegfrieds. Äußerst differenziertes Wechselspiel.
Siegfried und Gunther erstreben beide, mit unterschiedlichen Mitteln, die Vormachtstellung.
Der zweite Teil des Lieds ist bestimmt durch den Hass zwischen Kriemhild und Hagen, die Rivalität zwischen Etzel und Gunther.
Wechsel des Namens von Burgunden zu Nibelungen, in dem Augenblick, wo sie zu Etzel ziehen. Nibelungen, sind jene Zwerge, die den Schatz zu beginn bewachen. Wieso werden die mächtigen Könige aus Burgund plötzlich zu Zwergen. Die Könige verlassen, laut Gephart, das geordnete System Worms, setzen über die Donau und mutieren zu einer wilden Meute. Mit der Gestalt Hagen verbindet sich der Namenswechsel – der Mörder als Nachfolger Siegfrieds und jetziger Besitzer des Schatzes, den er im Rhein versenkt. Das Szepter der Gewalt ist auf Hagen übergegangen, der aber nicht narzistisch ist, sondern ein Führer. Hagen löst Gunther als Führer immer mehr ab, Veränderung der Sozialstruktur zur Meute.
Alberich – Siegfried – Hagen. Auch psychologisch übernimmt Hagen die Einzelgängerrolle Siegfrieds, aber nicht als narzistischer Held, sondern als Anführer. Hagen weiß um den Tod aller, führt sie aber (unverantwortungslos eigentlich) in den Untergang.
„Die so genannte germanische Treue“
Hagen – idealisierte Vaterfigur und gekränkter Hofmann zugleich. Gunther wollte ihn mit Kriemhild nach Xanten schicken.
Kriemhild sucht personale Lust an der Vergeltung. Hagen und Kriemhild – beide verbindet eine wechselseitige Lust an der Vergeltung.
Mitschuld Kriemhilds am Tod Siegfrieds > das Kreuz > Kriemhild fällt auf Hagen rein? Oder weiß sie was sie tut? Dürfen wir fragen, warum näht Kriemhild das Kreuz auf die Stelle? Ist das nur Blödheit oder spielt Unterbewusstes hier eine Rolle?
Kriemhild erlangt erneut Macht – Demütigung Hagens quasi.
Müller – Kaplan wird üebr Bord geworfen, man macht Schluss mit dem Einfluss der Geistlichkeit, denn jetzt geht es ins Wilde.
Gephart – Hinauswurf des Kaplans ist so etwas wie eine sakrale Weihe für Hagen und den Untergang.
Burgunden – die Wilden, Archaiischen; Etzelhof > Affektregelnd zuerst. Aber auch dort funktioniert die Affektregelung nicht.
Archetypische Mutter-Kind Szene in der Halle.
Wichtige Ordnungsfunktionen werden nihiliert; Nibelungen: regressive Geschlossenheit in der kollektiven Angst wird in kollektive Aggression umgewandelt.
Text: Das Lied vom Hürnen Seyfrid. War relativ populär, wurde immer wieder, bis ins 17.Jh. gedruckt, Zusammenhänge mit der Edda teilweise.
Wunderschöne Historie von gehörnten Siegfried.
Ab dem 14. Jh. spielt das so populäre Nibelungenlied bis 1755 keine Rolle mehr. Dann wurde eine Handschrift von Myller wiederentdeckt und ins Neuhochdeutsche übertragen. Man begann sich wieder dafür zu interessieren. Myller schickt es König Friedrich von Preußen – der folgendes schrieb: das sei nicht einen Schuss Pulver wert und verdiente nicht, aus dem Staube der Vergessenheit gezogen zu werden. Trotzdem war die Wiederentdeckung des Nibelungenliedes nicht aufzuhalten, besonders in der zum MA gewandten Romantik. Hebbel schreibt ein Nibelungendrama, Wagner – der Ring des Nibelungen (Text hält sich an die skandinavische Überlieferung), etc. Nibelungenlied wurde als Text geschätzt, andererseits stellte man sich die Frage – ist das Nibelungenlied die deutsche Ilias – man wollte eine Nationaldichtung wie die Griechen, die Franzosen, die Italiener, etc.
Goethe: Die Kenntnis dieses Gedichte gehört zur … (las es wahrscheinlich nicht)
Zu einem Erziehungsbuch der Deutschen wurde das Nibelungenlied nie. In der Rezeptionsgeschichte kann man verschiedene Phasen unterscheiden: Bis zur Gründung des dt. Kaiserreiches im Spiegelsaal von Versailles: 1. Phase: romantische Sehnsucht nach dem MA dominiert noch, Nibelungenlied wird aber auch schon zu einem patriotischen Instrument.
1848 – nationalliberale Begeisterung, romantische Begeisterung bereits relativ stark verflogen durch die Unterdrückung der Revolution. Zunehmend nationale Euphorie, stärker in Dt. als in Ö. 1871 Gründung des dt. Kaiserreiches in Versailles: Felix Dan 1859 ein Gedicht über den Untergang der Germanen.
Friedrich Engels – Siegfried ist der Repräsentant der dt. Jugend, wir fühlen alle den selben Tatendurst, den selben Trotz. Das Aufbrechen, das Störrische wird für Engels zum Symbol.
Bis Weimar – Nibelungenlied: Siegfried: Symbol für wiedererwachte Macht und Tatendrang.
1909 Reichskanzler im dt. Reichstag sagt: Meine Herrn, ic habe irgendwo ein höhnisches Wort gelesen über unsere Vasallenschaft gegenüber Ö-U, das sind wir nicht, aber Nibelungentreue wollen wir bewahren.
1914: Ö > ist Volker, D > Hagen.
Niederlage D nach dem 1. WK > wird durch den ermordeten Siegfried repräsentiert. Dolchstoßlegende, dt. Pazifisten und Sozialdemokraten sind schuld am unrühmlichen Ende des Krieges.
Nazis hatten mit dem Nibelungenlied nicht viel am Hut, bis es zu den ersten Niederlagen kam: bis dato war es mit dem Untergangsgedanken noch nicht so weit her. Aber 1943: Göring am 30.1. an die eingeschlossene dt. 6. Armee bei Stalingrad: Mit ungebrochenem Mut, und doch zum Teil ermattet und erschöpft, kämpfen sie gegen eine gewaltige Übermacht um jeden Block, um jeden Stein, um jedes Loch, um jeden Graben. Wir kennen ein gewaltiges Heldenlied von
einem Kampf ohnegleichen, es heißt „Der Kampf der Nibelungen“. Auch sie standen in einer Halle voll Feuer und Brand, löschten den Durst mit dem eigenen Blut, aber sie kämpften bis zum Letzten. Ein solcher Kampf tobt heute dort, und noch in tausend Jahren wird jeder Deutsche mit heiligem Schauer von diesem Kampf in Ehrfurcht sprechen und sich erinnern, dass dort trotz allem Deutschlands Sieg entschieden worden ist. […]
VO 7. Mai
Dietrich-Epik
Dietrich von Bern
richtet sich nach einem Büchlein von Joachim Heinzle: Einführung in die ma Dietrich-Epik.
1.Kap. Theoderich der Große und Dietrich von Bern
… – Teilung des römischen Reiches, ursprünglich nur als Verwaltungsvereinfacherung gedacht. Gr. sprechendes Ostrom, lat. sprechendes Westrom.
375 – Beginn der Völkerwanderung durch den Einbruch der Hunnen. Unterwerfen das Ostgotische Königreich des Ermannerich (in der Ukraine, Südrussland – beim Schwarzen Meer). Hunnen sind weiter marschiert in den Westen, Reich an der Theiß gegründet. Größte Ausdehnung unter Attila. In der Schlacht auf den kattalaunischen Feldern wurden sie von den Römern vernichtend geschlagen. Auf beiden Seiten kämpften germanische Hilfstruppen mit – auf Hunnischer Seite Goten. Amaler – Königsfamilie der Ostgoten.
Dietrich wird zu den Amelungen gezählt.
Vater und die beiden Onkel des Theoderich kämpften auf Seite der Hunnen auf den katalaunischen Feldern.
Name Attilas – ist germanisch, Atta – Vater; Attila – Väterlein.
Ostgoten ziehen herum, lassen sich in Pannonien, in Ungarn nieder. Wurden Nachbarn von Byzanz. Goten waren Arianer (ist Christus Gott, etc), Ostrom war (noch) katholisch.
474 Theoderich übernimmt alleinige Herrschaft über das Ostgotenreich.
488 – Theoderich schließt mit Kaiser Zenon einen Vertrag – Th soll nach Italien, nach Westrom gehen und das einkassieren.
… Belagerung von Ravenna, Theoderich siegt, schließt mit Odoaker einen Vertrag, die Herrschaft über das (zerbröselnde) Weströmische Reich zu übernehmen.
Odoaker erstochen.
Zenon will Unterwerfung.
497 Theoderich wird als Herr Italiens anerkannt. Greift nie in die kaiserlichen Rechte ein (Münzprägung, Porfür (roter Marmor))
Einige Jahrzehnte des Friedens, wirtschaftlicher Wohlstand, etc. Heiratspolitik (Vandalen, Merowinger, etc). Je älter er wurde, desto mehr Probleme aber bekam er – der alte römische Senat stellte sich gegen ihn. Führer im Senat – hatte einen Schwiegersohn: Boethius. Beide landen im Kerker, Boethius schrieb dort die Tröstung der Philosophie. Beide wurden dann hingerichtet. Hat Theoderich irrsinnig geschadet, waren beide Katholiken, Philosophen, etc.
Theoderich hat den greisen Papst als seinen Vertreter nach Byzanz geschickt, um zu verhandeln, dieser erreichte aber nichts. Nach seiner Rückkehr ließ er in verhaften, und dieser starb in der Gefangenschaft. Theoderich stand als Papstmörder da.
Starb 526.
Rund 20-jähriger Vernichtungskrieg von Seiten Byzanz gegen das Weströmische Reich begann. Theoderich hatte keine Söhne, Tochter versuchte das Reich zusammenzuhalten. 555 wurden die Goten vernichtend geschlagen, Ostrom hat Italien eigentlich wiedergewonnen. 568 aber erobern die Langobarden Westrom, es wird fränkisch. Ostrom hatte immer noch Einfluss in Westrom, aber keine militärische Macht mehr. Ravenna ist immer auf Seiten Byzanz (?).
MA – Theoderich wurde als Ketzer, etc im MA betrachtet.
K.d.G > holte ein Theoderich-Reiterstandbild nach Aachen. Wurde verrissen deswegen. (Interpretation bildlicher und dinglicher Quellen: Die Marc Aurel Statue ist deshalb erhalten, weil man sie für eine Reiterstatue Kaiser Konstantins hielt, des ersten christlichen Kaisers.