
- •Alfred Ebenbauer
- •4. Griechische Heldendichtung und deutsches Bildungsideal
- •Das Hildebrandslied
- •Verfasser und Entstehung
- •526 Starb Theoderich, Karl der Große ließ die Reiterstatue Aurels, die Theoderich nach Ravenna gebracht hatte, von dort holen und stellte sie in Aachen auf.)
- •Immer mit Dietrichs Flucht gemeinsam überliefert ist die Rabenschlachtstrophe – Etzel gibt Dietrich wieder ein Heer, damit er Verona und seine Länder zurückerobern kann.
- •Viele im Berner Ton geschrieben – eine unglaublich komplizierte Strophenform.
- •In jedem Fall lesen: Atlakvida (Das Gedicht von Attila – Etzel) – der Inbegriff eines eddischen Heldenliedes quasi.
- •Verhältnis – Lied und Epos.
- •Vo 11. Juni
- •Im Zentrum der Heldensagen steht die Frage – wie verhält sich Heldendichtung und Heldensage zur Geschichtstradition?
VO Ältere dt. Lit.: Helden und Heldendichtung
Alfred Ebenbauer
VO 5. März
Heute kopierter Text, ansonsten werden die Texte ins Netz gestellt.
Wir gehen medias en res – mit dem Hildebrandslied. Er hat einen Wikipedia-Artikel vor sich – er meint, für die harten Fakten reicht Wiki auch.
http://de.wikipedia.org/wiki/Hildebrandslied
Althochdeutsch aufgezeichnet. Die heldenepischen Stoffe spielen aber in der Völkerwanderung (4., 5., 6. Jh.). Nibelungenlied wird erst 1200 aufgezeichnet, was passiert in den 700 Jahren dazwischen? Dazwischen haben wir nichts. Außer zwei Seiten Hildebrandslied. Darum ist es – vielleicht – möglich, von diesem Text aus auszugehen, bestimmte Dinge aus- und abzurollen.
Gattungsbezeichnung Heldenlied – nicht sehr einfach. Mit dem Begriff Lied kommen wir in zu einer sehr schwierigen Frage.
Stoffgeschichte – um welchen Sagenkreis geht es? Wie ist historischer Stoff in die Dichtung übertragen worden – eine unendlich schwierige und umstrittene Frage.
Dietrich von Bern = Theoderich der Große > in der Sage hat er ein mieses Schicksal, warum? Heikle Frage – wie sind die Veränderungen zwischen Geschichte und Dichtung zu stehen?
Hildebrand – Waffenmeister des Dietrichs, ging mit seinem Herrn ins Exil, nach 30 Jahren kehrt er heim. (Hildebrandslied weiter lesen)
In Skandinavien gibt es „Hildebrands Sterbelied“ – er trauert, denn er musste seinen Sohn erschlagen.
Thematik der Heldendichtung? Kein Happy End, die Thematik ist tragisch.
Einstieg – ich hörte sagen – ein Erzähler sagt, er habe eine Geschichte gehört. Diese Geschichte ist keine Fiktion, Beziehung zur Oralität, zur Memoria, zur Erinnerung.
sunofatarungo – Zusammenfügung zweier Wörter + Suffix > Sohnvaterung.
hild = Kampf (Kriemhild)
ibu – engl. if – wenn
chud – kund (ein n nach einem Vokal fällt öfters aus, wie im Englischen (Gans, der Andere))
deot – Volk (in „Deutsch“ drinnen – Volkssprache)
nid – früher Hass, hat eine Bedeutungsverschiebung erfahren
Odoaker: Theoderich floh nicht, er zog gen Rom zu Odoaker.
put in bure – Braut in der Burg
barn – kleines Kind (geboren, barn)
irmin – sehr mythisches Wort – gewaltig
goldene Armringe – der Alte bietet dem Heißsporn Gold an, um einen Kampf zu vermeiden.
ort – Spitze, Punkt
wic – Kampf (Ludwig) – Kampfwörter gibt es eine Menge
furnam – fortnahm
garcon – etymologisch das Wort Recke (dt. Wort im Franz.)
sceotan – schießen
brünne – Rüstung
scritan – schreiten
Dieses Lied wurde gesungen – eine Laute, eine Lyra war wohl dabei. Es handelt sich um Stabreime, es ist die Altgermanische Langzeile.
Jüngeres Hildebrandslied
Bearbeitung des 15. Jahrhunderts.
Wir nehmen beim Alten Lied an, dass es tragisch ausgeht, wer jetzt wen tötet, ist unklar, aber es wird jemand sterben. Beim Jüngeren reiten beide Heim, die Frau freut sich, und schenkt dem Mann Wein ein. Dieses Lied ist eher schon Volkslied- oder Balladenton, aber es hat weit nicht die Wucht des alten Liedes.
Helden und Superhelden – Phänomenologie und Wirkungsgeschichte von Heldendichtung
Was ist ein Held?
Es gibt Heldenfriedhöfe, Heldendenkmäler, Helden werden besungen, Superman und Co, Achill und Siegfried.
Mit Helden tun wir uns ein wenig schwer (Heldenpathos, Heldenkraft, Heldengetue – es verlockt zur Heldenparodie; Helden in Strumpfhosen).
Persides wird verspottet bei Shakespeare (…)
Orpheus in der Unterwelt
Karl Kraus zeigt in den letzten Tagen der Menschheit ein Zerrbild heldischen Getues
starke, mächtige, tapfere Männer – die Griechen nannten sie heros. Bei uns nennt man sie Helden und Recken. Im Französischen die Chavaliers, etc. Kosaken, etc
In der Ilias ist es ganz einfach – Ilias VI, Zeile 6 – du sollt immer der Erste sein und dich auszeichnen vor allen, sagt man zu Achill
Und genauso sollen sich die Artusritter verhalten.
Der Bereich in dem sich heldisches bewährt, ist der Kampf.
1965: Cecil Maurice Bowra: Heldendichtung (1961)
Der große Mensch hat eine harte Prüfung zu bestehen um sich zu beweisen. Und diese Prüfung ist sehr oft eine Gewalttat. Diese zwingt den Helden zu zeigen, wie weit er für Ruhm geht.
Troja, Schlacht auf dem Amselfeld, Schlachten zwischen Goten und Hunnen, etc. Gelegentlich auch Zweikämpfe ohne Schlacht – im MA werden diese Zweikämpfe sehr versportlicht.
Zum Wesen des heldischen gehört ein extremes Elitedenken. Die außerordentliche Stellung des Menschen wird sichtbar im Vergleich mit anderen Menschen – die als der Durchschnitt gelten.
Von den Soldaten ist wenig die Rede, das Interesse gilt den Heerführern etc. Sein personeller Wert und seine Ehre machen ihn verletzlich – dies ist zentral für das heldische Wesen. Durch die Freier seiner Frau ist Odysseus in seiner Ehre beleidigt, er ist nicht so sehr eifersüchtig. Die Ehrenbeleidigung ist auch eine wichtige Thematik in der Ilias – Menelaos (glaub ich) nimmt Achill eine Sklavin weg – er ist in seiner Ehre beleidigt.
„Die Rühme der Männer“ besingt Achill in seinem Zelt.
Der Held genießt auch Verehrung, in Griechenland vergöttert man sie (Herakles).
Elitär, Außergewöhnlich, Ruhmbesessen, Verehrt. Der Ruhm wird erst dann außergewöhnlich, wenn der Held zum Tode bereit ist, und das treibt Achill dazu, dass er in Troja bleibt. Er wird sterben, aber sein Ruhm wird ewig sein. Kehrt er zurück, lebt er lange, wird aber nach seinem Tod vergessen werden.
„Edda“: Liedersammlung aus Island: Besitz stirbt, Sippen sterben, du stirbst wie sie, der Toten Nachruhm. – und für den muss der wirkliche Held in den Tod gehen.
Der Held ist Individualist, das ist nicht so selbstverständlich in frühen Kulturen, in Gesellschaften, die auf Gemeinsamkeit bauen. Er wird durch sein Handeln zum Individuum. Megalopsychie: Das Trachten des Helden ist nur auf Großes gerichtet. Nur wenige Dinge sind ihm wichtig, er ist daher unabhängig, furchtlos und wahr.
Eine Tugend der Maße ist ihm fremd, der zentrale Kulturwert des MA ist ihm fremd.
Das Wesen des Helden ist Hybris (dt. Übermut, trifft es nicht genau; lat: superbia).
Der Chanson des Rolands: Maßlosigkeit, Rückzug Karl des Großen aus Spaniens – Roland hat die Nachhut unter sich, die überfallen wird. Roland weigert sich ins Horn zu stoßen, alle 12 sterben. > Heroische Blödheit, hybride Maßlosigkeit.
Hagen zerschlägt das Schiff an der Donau, er weiß es gibt keine Umkehr – warum kehren sie nicht um?
Heldendichtung hat viel mit Sterben und Tod zu tun.
Anders als in der Ritterdichtung gibt es in der Heldendichtung keinen Optimismus. Die Heldendichtung ist eine Poesie des Verhängnisses und des Untergangs, aber man geht lachend in den Tod. Hagen geht in Skandinavien so in den Tod – man schneidet ihm das Herz aus der lebenden Brust, und er lacht. Sterben ist in der Heldendichtung Alltag, er ist aber nicht unbedingt tragisch. In der Substanz natürlich, nur kommt der andere Aspekt – Apotheose – hinzu. Der Held der tragisch stirbt, wird verklärt. Er geht in den Untergang, aber dieser Untergang ist kein trostloser, sinnloser. Es schwingt Stolz mit. Hektors Tod und Andromaches Klage ist tragisch, aber sein Tod ist beinahe vorbildhaft.
Der Ruhm ihres Untergangs überstrahlt ihren Tod.
VO 19. März
2. Bemerkungen zum Heroic Age
Es geht um die Zeitstruktur der Heldendichtung. Helden gehören einer vergangenen Epoche an, sie sind immer schon vergangen – also wenn wir von Heldendichtung sprechen.
Hesiod, Zeitgenosse Homers, schreibt dass die Helden irgendwo zwischen Bronze- und Eisenzeit anzusiedeln seien (meint nicht die Zeitalter, sondern bronzene Geschlechter und eiserne Geschlechter – Bronzeleute quasi). Bereits 800 vor Chr. hat Hesiod das Heldenzeitalter noch früher angesiedelt. Troja war ca. 1200 BC.
Nibelungen – um 1200 erzählt der Nibelungendichter von „alten Mähren“. Im Hildebrandslied – „ich hörte sagen“.
Heldenlieder spielen in einer früheren Zeit.
In der französischen Heldendichtung – das Rolandslied ist um 1130 verfasst, spielen tut es um 630 AD.
Es ist immer ein aristokratisches, feudalistisches Zeitalter, das herrscht. Verwandtschaft, Ehrgefühl spielt eine große Rolle.
Die archaische Adelsklasse hat eine eigene, sehr aristokratische Form der Weltdeutung.
Heldengedichte sind alte Mähren. Gab es auch eine Heldendichtung im Heldenzeitalter? Gab es während des Trojanischen Krieg Heldendichtung, Lieder auf Achill und Agamemnon? Oder immer erst ein paar Jahrhunderte später?
3. Heroisches und bürgerliches Zeitalter
Wieso beschäftigen wir / er sich damit? Als friedfertige Menschen – wie gehen wir mit diesen alten Heldendichtungen um? Man kann es parodieren. Man kann es wie Karl Kraus herunterreißen und verspotten. Wie nähert sich eine bürgerliche Epoche diesem Feudalismus, Brutalität und Gewalt?
Helden gehören in eine Heroenzeit in der das Subjekt in seinem ganzen Tun, Wollen und Vollbringen in Zusammenhang bleibt, das Epische = Heroische Zeitalter zeigt so etwas wie eine totale Geschlossenheit. Lukacs: Ein Zeitalter in dem es keine Zweifel gibt, das Individuum braucht nicht nachzudenken, der Sternenhimmel der Gewissheit bleibt über allem. Achill hat kein Problem mit der Entscheidung jung zu sterben und berühmt zu werden oder alt und vergessen. Epische, heroische Totalität.
Das romantische Denken hat diesen Zustand zum Urzustand der Welt erklärt – das Epische und Heroische verkörpern Inbegriff und Totalität des Lebens.
Heute – wie geht man damit um?