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2.2.2. Diachrone und synchrone Sprachbetrachtung

Abb. 2.2

Diasystematik / Varietätenmodell

Diatopisch

ortsabhängige Variation

Dialekte, Regiolekte

Diastratisch

schicht-/gruppenspezifische Variation

Soziolekte, Gruppensprachen

Diaphasisch

situationsbezogene funktionale Variation

Register, Fachsprachen

Diamesisch

mediumsabhängige Variation

Sprechsprache, Schriftsprache

Diese Kriterien können von der Linguistik unter verschiedenen Aspekten untersucht werden: synchron und diachron (Variation auf der Zeitachse). Auf der Abbildung 2.3. können Sie das besonders deutlich sehen (vgl. [Remberger 2013]):

Abb. 2.3

Variation auf der Zeitachse

F. de Saussure unterscheidet zwischen einer synchronen und diachronen Betrachtungsweise (Methode) (vgl. dazu [de Saussure 2001]). Unter Synchronie versteht man Betrachtung einer Sprache zu einem bestimmten Zeitpunkt, z. B. Morphologie des modernen Polnischen. Als Diachronie bezeichnet man Betrachtung einer Sprache über einen bestimmten Zeitraum / Zeitverlauf hinweg, z. B. Betrachtung des Deutschen von Beginn des 19. Jhs bis heute (vgl. [Remberger 2013]).

Abb. 2.4

Diachronie vs. Synchronie

2.2.3. Diachrone Entwicklung der Sprachsystemebenen

Untersuchungsgegenstand der historischen Linguistik ist Sprach­wandel – “Prozess der Veränderung von Sprachelementen und Sprachsys­temen in der Zeit“ [Lexikon 2008, S. 670]. Sprachwandel vollzieht sich auf allen sprachlichen Ebenen (vgl. [Fischer 1999, S. 121; Remberger 2013]):

  • phonetisch-phonologischer Wandel (Lautwandel);

  • morphologischer Wandel (Wandel der Wortgestalt);

  • syntaktischer Wandel;

  • semantischer Wandel (Bedeutungswandel);

  • pragmatischer Wandel.

Z. B. Sprachwandelprozesse in der Semantik betreffen vor allem:

  • Bedeutungserweiterung (engl. semantic extension) (semantische Generalisierung (Hyponym > Hyperonym)): z. B. packen (16. Jh. “Sachen gedrängt in Kiste u. ä. legen”, später “fassen, ergreifen”, “begreifen”) und Bedeutungsverengung (Spezialisierung (Hypero­nym > Hyponym)): z. B. Gift (mhd. “Gabe”), fegen (mhd. allg. “reinigen”, vgl. Fegefeuer);

  • Bedeutungsverschiebung (Bedeutungsübertragung) (Ergebnis der qualitativen Veränderung der Extension eines Lexems / Semems durch Metapher, Metonymie, Synästesie u. ä.: z. B. Blatt (Papier). Vgl. auch Volksetymologie (semantische Umdeutung eines entlehn­ten oder veralteten Wortes in Unkenntnis seiner Etymologie, z. B. mhd. moltwerfmolt Hügel’ + ‘werf’ → dt. Maulwurf (‘Maul’ + ‘wurf’), Bedeutungsentlehnung (Veränderung einer Lexembedeutung nach fremdsprachlem Vorbild);

  • Bedeutungsverschlechterung (Ergebnis der konnotativen Abwertung eines Lexems, so war die dîerne (Dirne) noch im Mhd. einfach nur ein junges Mädchen; diese Bedeutung hat sie übrigens bis heute im bayerischen und niederdeutschen Dialekt behalten, während das Wort im Neuhochdeutschen mit Prostituierte gleichbedeutend ist) und Bedeutungsver­besserung (Ergebnis der konnotativen Aufwertung eines Lexems, z. B. Aufwertung von Bube:

13. Jh.: buobe = halbwüchsiger Diener im königlichen Gefolge, nichtadlig, in niederen Diensten (Gegensatz zu knappe)

13. Jh.: buobe = auch ‘rechtlose, ehrlose Person’, dann auch als Schimpfwort

15./16. Jh.: buobe = grobes Schimpfwort für einen Mann, unabhängig vom Alter

15./16. Jh.: buobe = gleichzeitige Parallelentwicklung: ‘Lehrling, männl. Kinder allgemein, ohne moralische Implikaturen

ab 1600 in Süddtl. (Bsp. Basel) buob männliches Kind vs. knabeBursch, heiratsfäh. jg. Mann’ (knabe als Bez. für das männl. Kind nur schriftsprachl.)

Lassen Sie mich kurz noch ein paar Worte zu pragmatischem Wandel sagen. In der Pragmatik betrifft Sprachwandel vor allem Wandel der kommunikativen Handlungskompetenz, Textsortenwandel, z. B. Ver­än­de­rung der pronominalen Anrede vom Althochdeutschen bis zur Gegen­wart in fünf Schritten:

1. Schritt: Althochdeutsch, 9. Jahrhundert:

  • zunächst eingliedriges System: Du

  • ab dem 9. Jh.: Hinzutreten der Höflichkeitsform: Ihr (Otfrid von Weißenburg), Übernahme aus dem Lat. vos / vester.

2. Schritt: Ab Ende des 16. Jahrhunderts:

  • dritte Form: Er / Sie (3. P. Sg.) als Steigerung der Höflichkeit.

  • Vermeidung der direkten Anrede mit Du / Ihr.

Hat er gut geschlafen, der Herr?

Wird sie mich morgen empfangen, die gnädige Frau?

Bezug auf Anredetitel: der Herr ↔ er, die gn. Frau ↔ sie

3. Schritt: Ende des 17. Jahrhunderts:

  • Hinzutreten des (heutigen) Sie (3. P. Pl.) als weitere Steigerung der er / sie-Anrede. Verbflexion!

Haben Sie gut geschlafen?

4. Schritt: 18. Jahrhundert:

  • nochmalige Erweiterung: Johann Christoph Gottsched (1762) unterscheidet ein fünfgliedriges System: hinzu kommt: Dieselben

J. Ch. Gottsched: natürlich Du

althöflich Ihr

mittelhöflich Er / Sie

neuhöflich Sie

überhöflich Dieselben

5. Schritt: 19. und 20. Jahrhundert:

  • Du / Sie schält sich als neues Zweiersystem heraus

  • Er / sie und Dieselben werden aufgegeben

  • Ihr ist regional / dialektal eingeschränkt

Abb. 2.5

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