
Vorlesung 3
Thema: Die Erscheinungsformen der deutschen Sprache
Stichpunkte zur Besprechung
Deutsche Standardsprache und ihre nationalen Varianten.
Deutsche Dialekte (Mundarten) und territoriale Dubletten.
Deutsche Umgangssprache.
Literatur:
1. Гінка Б. І. Лексикологія німецької мови: лекції та семінари. Навчальний посібник для студентів-германістів / Б. І. Гінка. – Тернопіль : Редакційно-видавничий відділ Тернопільського національного педагогічного університету імені В. Гнатюка, 2005. – С. 138-163.
2. Oguy O. D. Lexikologie der deutschen Sprache / O. D. Oguy. – Winnyts’a : Nowa Knyha, 2003. – 416 S.
3. Jung W. Grammatik der deutschen Sprache / Walter Jung. – VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1980. – S. 22-25.
1. Deutsche Standardsprache und ihre nationale Varianten.
Die deutsche Nationalsprache tritt heute in drei Erscheinungsformen auf:
a) als Literatursprache (auch Hochsprache genannt)
b) als Ortsdialekte
c) als Umgangssprache
Die Hochsprache ist ein überregionales Sprachsystem, dessen sich – territorial gesehen – der ganze deutschsprachige Raum bedient. Die regionalen Dialekte oder die Mundarten werden auf kleineren, manchmal sogar winzigen Territorien gesprochen.
Die Hochsprache ist die Sprache der schöngeistigen und wissenschaftlichen Literatur, die Sprache der Poesie, des Funks und Fernsehens, der Schule und Universität, der Bühne und des Films. Die Beherrschung der Literatursprache steht im Mittelpunkt der Sprachmethodik und –didaktik. Als öffentliches Verständigungsmittel ist diese Sprachform besonders in den Bereichen Grammatik, Aussprache, Rechtschreibung an Normen gebunden.
Heute wird Terminus „Hochsprache“ durch den Terminus „Standardsprache“ ersetzt. Für die Hochsprache einer Sprachgemeinschaft hat man auch den Terminus „Nationalsprache“ verwendet.
Es werden drei Standardvarietäten (überregionale oder nationale Varianten) des Deutschen unterschieden, die als gleichberechtigt anzusehen sind:
1) Österreichisches Standarddeutsch: Austriazismen.
Die sprachliche Situation in Österreich ist dem angrenzenden Süddeutschland ähnlich, dennoch gibt es österreichische Spezifika. Die spezifischen Lexeme nennt man Austriazismen, die es sowohl in den Dialekten als auch in der Standardvarietät gibt. Als typische standardsprachliche Austriazismen geölten Fleischhauer, Kundmachung, allfällig, Rauchfangkehrer oder Jänner usw., die nicht alle nur in Österreich Verwendung finden (Siehe Hinka, S. 95).
2) Schweizer Standarddeutsch: Helvetismen.
Die Schweizer benutzen stärker als die Deutschen und Österreicher regionale Dialekte in allen mündlichen Kommunikationssituationen. Eine schriftsprachliche schweizerische Standardvarietät gibt es aber wohl, d. h. das Hochdeutsche ist zwar Schriftsprache und wird an den Schulen gelehrt, aber viele Deutschschweizer können es nicht sprechen.
3) „Binnendeutsches“ Standarddeutsch: Teutonismen bzw. Germanismen.
Das deutsche Standarddeutsch überdacht die regionalen Dialekte und Umgangssprachen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Dieses Standarddeutsch ist aber auch nicht völlig homogen (однорідний) dies zeigen solche schriftsprachlichen regionalen Varianten wie Samstag / Sonnabend, Fleischer / Metzger oder Guten Tag! / Grüß Gott! (eingehender sieh Hinka, S. 95).
2. Deutsche Dialekte (Mundarten) und territoriale Dubletten.
Neben den Standardvarietäten des Deutschen existieren deutsche Dialekte (Mundarten) und Umgangssprachen, die im mündlichen Sprachgebrauch genutzt werden.
Die Dialekte sind Reste der Sprache der alten germanischen Stämme und sind daher an bestimmte Landschaftsgebiete gebunden. Neben dem Terminus „Dialekt“ wird auch der Terminus „Mundart“ verwendet. Den Kindern der oberen und mittleren Schichten in Deutschland wird oft das Sprechen von Dialekt verboten, weil er als sozial minderwertig gilt. Seit den 70er Jahren gibt es in der BRD eine Tendenz gegen die Verdrängung und Diskriminierung des Dialektsprechens. In der Schweiz wird der Dialekt von allen sozialen Schichten der Bevölkerung gesprochen. In Baden-Württemberg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein sind viele Sprecher zweisprachig, d. h. sie beherrschen ihren Heimatdialekt (das Schwäbische, das Plattdeutsche) und die Hochsprache. Nach einer Umfrage sprechen in der BRD etwa 50 bis 80% der Bevölkerung einer Region Dialekt.
Die Ortsdialekte, oder Mundarten, zeigen landschaftliche und örtliche Sprachbesonderheiten. In den Namen der deutschen Mundarten leben die alten Stammesbezeichnugen weiter.
Bei der traditionellen Klassifikation der Dialekte stützt man sich vor allem auf:
a) lautliche Kriterien (2. Lautverschiebung, Diphtongierung, Monophtongierung usw.);
b) die Wortgeographie.
Demnach unterscheidet man:
I. Die niederdeutsche Hauptgruppe
a) Westniederdeutsch (Schleswigisch, Holsteinisch, Nordniedersächsisch, Westfälisch, Ostfälisch);
b) Ostniederdeutsch (Mecklenburgisch-Vorpommersch, Brandenburgisch=Märkisch).
II: Die hochdeutsche Hauptgruppe
1. Mitteldeutsch
a) Ostmitteldeutsch (Obersächsisch, Thüringisch);
b) Westmitteldeutsch (Ripuarisch, Moselfränkisch, Rheinfränkisch, Hessisch);
2. Oberdeutsch (2. Lautverschiebung durchgeführt)
a) Nordoberdeutsch (Süd- und Ostfränkisch, Nordbairisch);
b) Westoberdeutsch (Schwäbisch, Alemannisch, Niederalemannisch, Elsässisch, Hochalemannisch-Schweizerdeutsch);
c) Ostoberdeutsch (Mittelbairisch, Bairisch, Südbairisch-Österreichisch).
Der Unterschied zwischen Mundart und Literatursprache liegt in der anderen Lautgestalt der Mundarten, in den Besonderheiten ihres grammatischen Baues und in ihrem Wortschatz.
Der Wortschatz der Dialekte besitzt keine Terminologie, keine Wörter, die sich auf die Technik, das Schulwesen, die Rechtpflege beziehen, dabei ist er besonders reich bei der Bezeichnung von Gegenständen des täglichen Gebrauchs und von Pflanzen und Tieren. So gibt es z.B. in verschiedenen Dialekten verschiedenste Bezeichnungen für den Gegenstand „Korb“: Kober, Kiepe, Bähnert, Schwinge. Für „Trinken“ gibt es bis 500 Wörter und Wendungen: kneipen, bechern, lecken, saugen, schlürfen, schlucken, saufen, ins Glas gucken, in die Kanne steigen; man sagt Kraut oder Kohl oder Kabbes; Blaukraut oder Rotkohl; Rote Rüben oder Rote Beete; Möhren oder Mohrrüben oder Gelbe Rüben oder Wurzeln; putzen oder scheuern; Ohrfeige oder Backpfeife.
Die Nationalsprache schöpft aus den Dialekten viele neue Wörter.
Die territorialen Dubletten, die letzten Endes auch dem Dialekt entnommen sind, unterscheiden sich von dem Wortschatz der Mundarten dadurch, dass sie eine größere territoriale Sphäre bedienen: Man unterscheidet territoriale Dubletten, die im Norden Deutschlands gebraucht werden, und solche, die nur im Süden verbreitet sind. Außerdem unterscheiden sich die Dubletten von den mundartlichen Wörtern dadurch, dass sie im ganzen Gebiet Deutschlands verstanden werden und als gleichberechtigte literarische Wörter gelten. Die lexischen territorialen Dubletten bezeichnen hauptsächlich Gegenstände des täglichen Gebrauchs, Mahlzeiten, Gerichte usw.
Manche oberdeutschen territorialen Dubletten sind typische österreichische oder schweizerische Wörter geworden, d. h. ihre norddeutschen Äquivalente werden in Österreich oder deutschsprachigen Kantonen der Schweiz gar nicht gebraucht (Jänner „Januar“, Feber „Februar“, heuer „diesjährig“, Erdapfel „Kartoffel“.)