
- •2.2.1 Biographie Hesses
- •2.2.2.1 Erzählperspektiven
- •2.2.2.2 Harry Haller: Halb „Mensch“, halb „Wolf“
- •2.2.2.3 Harry Haller, der Selbstmörder
- •2.2.2.4 Die Bedeutung des Humors für den Steppenwolf
- •2.2.2.5 Die Vielschichtigkeit des Menschen
- •2.2.3.Wichtige Charaktere
- •2.2.3.1 Harry Haller
- •2.2.3.2 Hermine
- •2.2.3.3 Pablo
- •2.2.3.4 Maria
- •2.2.3.5 Der Professor
- •2.2.4 Das Magische Theater
- •2.2.5 Kritik an der Gesellschaft des 20. Jahrhunderts
- •2.2.5.1 Zivilisationskritik
- •2.2.5.2 Warnung vor dem Krieg
- •Castorp, Hans
- •Dr. Behrens
2.2.3.Wichtige Charaktere
2.2.3.1 Harry Haller
Harry Haller, der „Steppenwolf“ , ist ca. 50 Jahre alt. Sein Spitzname paßt gut zu ihm, denn er ist ein sehr ungeselliger Mensch und lebt ruhig und zurückgezogen. Er möchte am liebsten nichts von der Außenwelt wissen und lebt lieber in seiner Bücherwelt. An seiner Wohnung, die mit Büchern, wie z.B. von Lessing und Dostojewski, vollgestopft ist, erkennt man sofort, daß Harry ein gebildeter Mensch ist. Er hat eine Vorliebe für Goethe und Mozart, die für ihn die größten Genies aller Zeiten sind. Harry ist hochintelligent, ein Mensch, der viel über sich selbst und seine Mitmenschen nachdenkt.
Besonders auffällig ist sein widersprüchliches Auftreten, das er für den Erzähler am Anfang an den Tag legt: seinen Mitmenschen gegenüber verhält er sich sehr höflich, aber trotzdem scheint er sich dabei irgendwie lächerlich vorzukommen. „Er mietete das Zimmer, ....hörte alles aufmerksam und freundlich an, ..... und doch schien er bei allem nicht recht dabeizusein, schien sich selber in seinem Tun komisch zu finden und nicht ernst zu nehmen, so als sei es ihm seltsam und neu, ein Zimmer zu mieten und mit Leuten Deutsch zu 7 sprechen, während er eigentlich und im Innern mit ganz anderen Sachen beschäftigt wäre.“ Doch obwohl der Steppenwolf sich selbst in Situationen dieser Art komisch vorkommt, bemüht er sich immer darum, einen anständigen Eindruck zu machen. Harry hat eine Eigenart an sich, für die Menschen interessant, aber ablehnend zu wirken. Er ist ein Außenseiter, haßt das bürgerliche Leben, andererseits fühlt er sich dazu hingezogen. Es ist eben nicht seine Welt. Er bewundert zwar die Korrektheit und Ordnung des Bürgers, aber er verabscheut sie und fühlt sich dadurch eingeengt. Auf der anderen Seite liebt er die Einsamkeit über alles, doch möchte er auch so gern diese Isolation von den anderen durchbrechen. „Ein zu uns, in die Städte und ins Herdenleben verirrter Steppenwolf- schlagender konnte kein andres Bild ihn zeigen, seine scheue Vereinsamung, seine Wildheit, seine Unruhe, sein Heimweh und seine Heimatlosigkeit.“
Abgesehen davon, daß Harry an Gicht leidet, ist sein größtes Leiden psychisch bedingt. Er ist ein „Genie des Leidens“. Er ist ein totaler Pessimist, verachtet seine Mitmenschen, kritisiert sie und schließt sich selbst dabei nie aus. Es ist bei ihm schon eine Krankheit, daß er sich durch seinen Selbsthaß glücklich fühlt. Im „Traktat vom Steppenwolf“ erfahren wir Harry Hallers größtes Problem: sein zwiegespaltenes Wesen. Harry ist halb „ Mensch“ und halb „Wolf“, wobei das „ Menschliche“ für den Geist und das „Wölfische“ für das Schlechte steht. Diese beiden Seelen werden ständig miteinander konfrontiert. Aber hierauf werde ich später im Kapitel „Erläuterungen zum Traktat“ noch näher eingehen.
2.2.3.2 Hermine
Hermine ist das genaue Gegenteil von Harry. Sie ist ein junges, einfaches Mädchen. Ihre Welt sind Tanzlokale und Cafes. Dennoch fühlt sich Harry gleich von Anfang an zu ihr hingezogen. Bei Ihr findet er Trost und läßt sich von ihr wie ein kleines Kind behandeln. Er läßt sich von ihr befehlen und tut alles für sie. „Es tat ungeheuer wohl, jemand zu gehorchen, neben jemand zu sitzen, der einen ausfragte, einem befahl, einen ausschalt.“
Es kommt sogar so weit, daß Harry Hermines letzten Wunsch erfüllt- sie umzubringen.
Hermine macht Harry klar, daß er ein „Kindskopf “ ist. Da er sich zum Beispiel darüber aufregt, welche Vorstellungen der Professor über Goethe hat. Dabei hat jeder das recht seine eigene Meinung zu vertreten, auch wenn es dem anderen nicht paßt.
Im Gegensatz zu Harry verachtet Hermine das Bürgertum nicht. Trotzdem versteht sie Harrys Ansichten und Probleme. Sie kann praktisch seine Gedanken lesen. Als sie Harry bittet, ihren Namen zu erraten, und ihm das gelingt, fragt er Hermine, wie das möglich war. Darauf antwortet sie:
„Begreifst du das nicht, du gelehrter Herr: daß ich dir darum gefalle und für dich wichtig bin, weil ich wie eine Art Spiegel für dich bin, weil in mir innen etwas ist, was dir Antwort gibt und dich versteht?“
Hermine bildet Harrys Ergänzung. Sie gibt ihm das, was ihm noch fehlt. Sie zeigt ihm den Spaß am Leben, bringt ihm das Tanzen bei, geht mit ihm einkaufen, stellt ihm den Jazzmusiker Pablo und die schöne Maria vor, in die sich Harry später verliebt.
Hermine führt Harry also „in dieser [ihm] so fremden und widerwärtigen, so tief verachteten Welt der Bummler und Vergnügungsmenschen, ...“ ein. Durch Hermine erfährt Harry zum ersten Mal, was es heißt, jung zu sein.