
2. Der späte Goethe
Den Tod Schillers im Jahr 1805 empfand Goethe als einschneidenden Verlust. In dieser Zeit setzten ihm zudem verschiedene eigene Krankheiten (Gesichtsrose, Nierenkoliken) zu-seine Neigung zu Pessimismus nannte er seine „schwarze Seite“.
Die feste Eheschließung mit Christiane hinderte Goethe allerdings nicht, bereits 1807 eine tiefe Neigung für Minna Herzlieb, die 18-jährige Pflegetochter des Buchhändlers Frommann in Jena, zu entwickeln. Nachklang der inneren Erlebnisse dieser Zeit ist sein letzter Roman «Die Wahlverwandtschaften». Charakteristisch für Goethe ist, wie er in diesem Werk Poesie und Naturforschung verknüpft: in der zeitgenössischen Chemie gebrauchte man den Begriff der „Wahlverwandtschaft“ der Elemente. Immerhin bereitete er ab 1806 eine neue Gesamtausgabe seiner Werke (in Stuttgart) vor; hierfür schloss er auch endlich den ersten Teil des „Faust“ ab.!!!!!(Fragen über Faust). Der Faust stellt das Lebenswerk Goethes, der sich zirka sechzig Jahre seines Lebens mit diesem Stoff auseinandersetzte, dar. Auf Grund dieser langen Entstehungszeit spiegelt das Werk alle Stilwandlungen (Sturm und Drang, Weimarer Klassik) Goethes wider. Goethe begann schon 1772 mit seinem Urfaust. Er schrieb jedoch nicht mit der Intention später den Faust zu schreiben. Er hatte 1771 grundlos Friedericke Brion verlassen und wurde später von Schuldgefühlen geplagt, die er mit Schriften zu bekämpfen versuchte. Eines dieser schriftlichen Werke war der Urfaust, der Goethe später als Grundlage für seinen Faust diente. Eine weitere Quelle war die Verurteilung der Kindesmörderin Susanna Margarete Brand, die ihn zur Gretchenhandlung anregte. Goethe brachte aber auch sein eigenes Schicksal in sein Lebenswerk ein, denn die Verzweiflung des Faust spiegelt Goethes existentielle Not wider. Nach seiner Italienreise 1790 schrieb Goethe Faust - Ein Fragment, konnte sich aber nicht dazu durchringen weiterzuschreiben. Erst auf Betreiben Friedrich Schillers nahm er 1797 die Arbeit am Faust, die sehr stark von der Weimarer Klassik geprägt wurde, wieder auf und beendete 1808 der Tragödie 1. Teil, der 1829 in Braunschweig uraufgeführt wurde.
Ideengut der Tragödie.
- Selbsterkenntnis und Welterkenntnis
- Die Doppelgesichtigkeit des Bösen
- Der höhere Mensch in uns
- Alchymie und das Geheimnis der Menschwerdung
- Die Liebe zur Tat
Themen
Endlichkeit der Wissenschaft
Kritik an der zu theoretischen Wissenschaft der damaligen Zeit und ihrem Stellenwert
Kritik am Ständesystem
Faust ist auf das Diesseits bezogen, das Jenseits und die Religion rücken in den Hintergrund
Status der Religion (Gretchen streng gläubig, Faust hat starke Zweifel)
Der strebende Mensch --> Weiterentwicklung
Verantwortung setzt dem Streben Grenzen
Universitätssatire (Wagner-Faust, Studenten = Ameisen die nichts durchschauen; Mephisto-Schüler, Schüler sind Doktoren ausgeliefert)
1809 begann Goethe eine Autobiographie zu verfassen-«Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit». Diese Darstellung versah Goethe später mit zahlreichen Nachträgen, unter anderem in «den Annalen» und in der «Italienischen Reise»(der Reisebericht) von 1786 bis 1788. Ein Jahr später veröffentlichte er die sehr aufwendig ausgestattete «Farbenlehre». Er forschte in den Literaturen des Auslands und aller Zeitalter(der Nahe Orient): Er begann das Studium des Arabischen und Persischen, las im Koran und Verse des persischen Dichters Hafis. Mit Carl Friedrich Zelter, dessen Musik seinen Ohren angenehmer klang als das „Getöse“ Beethovens, begann er einen über 30 Jahre Briefwechsel, da er sich von ihm nicht nur in Fragen der Musik aufs freundschaftlichste verstanden fühlte.
Während der Reise in die Rhein- und Maingegend traf er in Frankfurt den Bankier Johann Jakob von Willemer und dessen Partnerin Marianne Jung, die wenige Wochen später, noch während Goethes Anwesenheit und auf seinen Rat hin, heirateten. Goethe war zwar 65 Jahre, fühlte sich jedoch keineswegs zu alt und verliebte sich in Marianne. Sie wurde zur Muse und Partnerin in der Dichtung. Es entstanden weiter Verse von „Nachtigall und Rose“, „Wein und Liebe“, bis er den „West-östlichen Divan“ abschloss.
1816 starb Goethes Frau Christiane nach langer Krankheit, dann konnte er die Leitung des Hoftheaters abgeben. Die Schwiegertochter kümmerte sich fortan um sein Wohl. In diesen Jahren entstand “Geschichte meines botanischen Studiums”. Zeitweise widmete sich Goethe mystischen Aspekten, die ihren Niederschlag in Urworte orphisch fanden. Die Tagebücher und lange liegengebliebene Notizen dienten ihm zur Aufarbeitung der Italienischen Reise. 1821 folgte «Wilhelm Meisters Wanderjahre»- ein klassischer Bildungsroman— der Typ des Romans in der Literatur der Aufklärung. Hier wird psychologische, soziale und Charakterbildung der Persönlichkeit der Hauptperson. Er gilt als die persönlichste aller Goetheschen Dichtungen. 1821 erschien die erste Fassung, 1829 die vollständige. Der Roman besteht aus drei Büchern sowie Betrachtungen im Sinne der Wanderer und Materialien aus einem Archiv. An zwei Stellen im Text erfährt der Leser, die Wanderung führt ihn zurück in das 18. Jahrhundert. Der Wanderer Wilhelm Meister wird einmal unterwegs auf einem Schlosse in eine Galerie geführt, worin nur Porträts aufgehängt bzw. aufgestellt waren, alle Personen, die im achtzehnten Jahrhundert gewirkt hatten. Dann erkrankte Goethe an einer Herzbeutelentzündung. Nachdem er sich erholt hatte, wurde er geistig lebendiger als zuvor. Der Greis hielt ernsthaft um die Hand der 19-jährigen Ulrike von Levetzow an, die er mit ihrer Mutter in Karlsbad kennengelernt hatte. Sie wies ihn jedoch ab. Auf der Heimreise schrieb er sich die Enttäuschung mit der Marienbader Elegie von der Seele. Dann wurde es immer stiller und friedlicher in ihm und um ihn. Seine Tage verbrachte er immer einsiedlerischer. Er nahm die Arbeit am zweiten Teil des Faust wieder auf. Er schrieb kaum noch selbst, sondern diktierte. 1828 starb Goethes Gönner Karl August, 1830 sein Sohn August. In demselben Jahr schloss er die Arbeit am zweiten Teil des Faust ab.!!!!! Das Werk wurde 1832, einige Monate nach Goethes Tod, veröffentlicht. Das Drama besteht aus fünf Akten, die in sich abgeschlossene Inhalte haben. Erst der Bezug auf die Gesamtheit der Teile I und II stellt den Sinnzusammenhang der Tragödie her. Im Unterschied zum ersten Teil steht nicht mehr das Seelen- und Gefühlsleben des einzelnen Menschen im Mittelpunkt, sondern die Person Faust entwickelt sich stetig weiter, wird zum sozial und geschichtlich handelnden Unternehmer. Es war ein Werk, an dem ihm das (jahrelange) Werden das Wichtigste war, formal ein Bühnenstück, tatsächlich kaum auf der Bühne spielbar, eher ein phantastischer Bilderbogen, vieldeutig wie viele seiner Dichtungen.
Im August 1831 zog Goethe nochmals in den Thüringer Wald(nach Ilmenau), dahin, wo er einst seine ersten naturwissenschaftlichen Anregungen bekommen hatte und in der Jagdhütte „Goethehäuschen“ sein bekanntes Gedicht „Wandrers Nachtlied“ („Über allen Gipfeln ist Ruh’…“) geschrieben hatte.
Am 22. März 1832 starb Goethe, vermutlich an einem Herzinfarkt. Dass seine letzten Worte gelautet haben sollen: „Mehr Licht!“, ist umstritten. Goethe wurde in der Weimarer Fürstengruft bestattet. Sowohl sein Weimarer Wohnhaus als auch sein Gartenhaus, in denen etliche seiner Werke entstanden sind, zählen heute zum UNESCO-Weltkulturerbe.
3. Interessante Fakten über Nachkommen
-Johann Wolfgang von Goethe und seine Frau Christiane hatten fünf Kinder. Außer August, dem ältesten, wurde eines tot geboren, die anderen starben nach Tagen oder Wochen. August hatte drei Geschwister. August starb zwei Jahre vor seinem Vater in Rom. Seine Frau Ottilie von Goethe gebar nach seinem Tod ein weiteres (nicht von August stammendes) Kind namens Anna Sibylle, das nach einem Jahr starb. Ihre Kinder blieben unverheiratet, so dass die direkte Nachkommenslinie von Johann Wolfgang von Goethe 1885 ausstarb. Seine Schwester Cornelia hatte zwei Kinder (Nichten Goethes), deren Nachkommen (Linie Nicolovius) noch heute leben.
-über die Wandel des Goethebildes
Nach des Dichters Tod nahm seine Wertschätzung zunächst ab. Er stand nun im Schatten Schillers, dessen revolutionäre Tendenzen besser in die Zeit des Vormärz passten als die politisch konservative Haltung Goethes. Neben die „Goetheaner“ traten nationale und kirchliche Kritiker, die ihm mangelnden Patriotismus bzw. mangelnde Religiosität und Sittlichkeit zum Vorwurf machten.
Etwa seit den 1860er Jahren gehört Goethe zum Lektürekanon an deutschen Schulen.