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Remarque, Erich Maria - Der schwarze Obelisk

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08.06.2015
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hellenKleiderndemTodezubegegnen,wirdeiligvorgesorgt.Im Augenblick,woKnopfdenletztenAtemzugtut,wirddieFamilie gerüstet sein mit schwarzen Kleidern,einem Trauerschleier für Frau Knopf, schwarzen, undurchsichtigen Strümpfen für alle vier, und sogar mit schwarzen Hüten. Der kleinbürgerlichen Ehrbarkeit wird Genüge getan sein.

Georgs kahler Kopf schwimmt wie ein halber Käse über den Fensterrand heran.Er ist begleitet von Tränen-Oskar.

«Wie steht der Dollar?» frage ich,als sie eintreten.

«Genau eine Milliarde heute um zwölf Uhr»,erwidert Georg. «Wir können es als Jubiläum feiern,wenn wir wollen.»

«Das können wir.Und wann sind wir pleite?»

«Wenn wir ausverkauft haben.Was trinken Sie,Herr Fuchs?» «Was Sie haben. Schade, daß es hier in Werdenbrück keinen Wodka gibt!»

«Wodka?Waren Sie im Kriege in Rußland?»

«Und wie! Ich war sogar Friedhofskommandant in Rußland. Was waren das für herrliche Zeiten!»

WirblickenOskarüberraschtan.«HerrlicheZeiten?»sageich. «Das behaupten Sie,der Sie so feinfühlig sind,daß Sie sogar auf Befehl weinen können?»

«Es waren herrliche Zeiten», erklärt Tränen-Oskar fest und beriechtseinenKorn,alshättenwirvor,ihnzuvergiften.«Reichlichzuessen,gutzutrinken,angenehmerDienst,weithinterder Front – was will man mehr? An den Tod gewöhnt der Mensch sich ja wie an eine ansteckende Krankheit.»

ErprobiertdandyhaftseinenKorn.Wirsindetwasperplexüber die Tiefe seiner Philosophie.«Manche Leute gewöhnen sich an denTodauchwieaneinenviertenMannbeimSkatspielen»,sage ich.«Zum Beispiel der Totengräber Liebermann.Für den ist es so,alsoberauf demFriedhof einenGartenbearbeitet.Aberein

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Künstler wie Sie –!»

Oskar lächelt überlegen.«Da ist noch ein Riesenunterschied! Liebermann fehlt das wirkliche metaphysische Feingefühl: das ewige Stirb undWerde.»

Georg und ich sehen uns betro en an. Sollte Tränen-Oskar einverhinderterPoetsein?«HabenSiedasdauernd?»frageich. «Dieses Stirb undWerde?»

«Mehr oder minder.Zumindest unbewußt.Haben Sie es hier denn nicht,meine Herren?»

«Wirhabenesmehrsporadisch»,erwidereich.«Hauptsächlich vor dem Essen.»

«Einmal war der Besuch Seiner Majestät bei uns angesagt», sagt Oskar träumerisch. «Gott, war das eine Aufregung! Zum Glück waren noch zwei andere Friedhöfe in der Nähe,und wir konnten ausborgen.»

«Was ausborgen?» fragt Georg. «Grabschmuck? Oder Blumen?»

«Ach,daswarallesinOrdnung.Echtpreußisch,verstehenSie? Nein,Leichen.»

«Leichen?»

«Natürlich, Leichen! Nicht als Leichen, selbstverständlich, sondern als das,was sie vorher gewesen waren.Musketiere hatte jeder Friedhof natürlich übergenug, Gefreite, Untero ziere, Vizefeldwebel und Leutnants auch – aber dann, bei den höheren Chargen, begannen die Schwierigkeiten. Mein Kollege auf dem Nachbarfriedhof hatte zum Beispiel drei Majore; ich hatte keinen. Dafür aber hatte ich zwei Oberstleutnants und einen Oberst. Ich tauschte mit ihm einen Oberstleutnant gegen zwei Majore.Außerdem bekam ich bei dem Handel noch eine fette Gansdazu,soeineSchandeschienesmeinemKollegenzusein, keinen Oberstleumant zu haben. Er wußte nicht, wie er Seiner

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Majestät ohne toten Oberstleutnant entgegentreten sollte.» Georg bedeckt sein Gesicht mit der Hand. «Ich wage nicht einmal jetzt,darüber nachzudenken.»

OskarnicktundzündetsicheinedünneZigarettean.«Daswar noch gar nichts gegen den dritten Friedhofskommandanten», erklärterbehaglich.«DerhatteüberhauptkeinhöheresGemüse. NichteinmaleinenMajor.LeutnantsnatürlichinrauhenMengen. Erwarverzweifelt.Ichwargutassortiertundtauschteschließlich einen der Majore, die ich für meinen Oberstleutnant erhalten hatte,gegenzweiHauptleuteundeinenetatsmäßigenFeldwebel um,eigentlichmehrausKulanz.Hauptleutehatteichselbst;nur der etatsmäßige Spieß war selten. Sie wissen, diese Schweine sitzen immer weit hinter der Front und kommen fast nie ins Feuer;dafür sind sie dann auch solche Leuteschinder – also ich nahmdiedreiausKulanzundweilesmirFreudemachte,einen etatsmäßigen Spieß zu haben,der nicht mehr brüllen konnte.» «Hatten Sie keinen General?» frage ich.

Oskar winkt ab.«General! Ein gefallener General ist so selten wie –» er sucht nach einem Vergleich. «Sind Sie Käfersammler?»

«Nein»,erwidern Georg und ich unisono.

«Schade»,sagtOskar.«AlsowieeinRiesenhirschkäfer,Lucanus Cervus, oder, wenn Sie Schmetterlingssammler sind, wie ein Totenkopfschwärmer.Wie sollte es sonst Kriege geben? Schon mein Oberst war vom Schlag getro en worden. Aber dieser Oberst –»

Tränen-Oskar grinst plötzlich. Es ist ein sonderbarer E ekt; er hat vom vielen Weinen so viele Falten im Gesicht wie ein Bluthund und auch gewöhnlich denselben trüb-feierlichen Ausdruck.«AlsoderdritteKommandantmußtenatürlicheinen Stabso zierhaben.Erbotmirdafürallesan,wasichwollte,aber

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ich war komplett; ich hatte sogar meinen etatsmäßigen Spieß, dem ich ein schönes Eckgrab an au allender Stelle gegeben hatte. Schließlich gab ich nach – für sechsunddreißig Flaschen bestenWodka.AllerdingsgabichdafürmeinenObersten,nicht meinenOberstleutnant.SechsunddreißigFlaschen!Daher,meine Herren,heute noch meineVorliebe fürWodka.Man kriegt ihn hier natürlich nirgendwo.»

Oskar läßt sich herbei, als Ersatz noch einen Korn zu nehmen.

«WozuhabenSiesichmitdenLeichensovielArbeitgemacht?» fragtGeorg.«Siemußtensiedochalleumbetten.Warumhaben Sie nicht einfach ein paar Kreuze mit fingierten Namen und Chargen aufgestellt, und damit fertig? Sie hätten dann sogar einen Generalleutnant haben können.»

Oskar ist schockiert. «Aber Herr Kroll!» sagt er milde vorwurfsvoll. «Das wäre doch eine Fälschung gewesen. Vielleicht sogar Leichenschändung –»

«Leichenschändungnurdann,wennSieeinentotenMajorfür einen niedrigeren Rang ausgegeben hätten», sage ich. «Nicht aber bei einem Musketier, den Sie für einen Tag zum General gemacht hätten.»

«SiehättendiefingiertenKreuzeaufleerenGräbernaufstellen können»,fügtGeorghinzu.«DannwäreeskeineLeichenschändung gewesen.»

«Es wäre Fälschung geblieben. Und es hätte rauskommen können», erwidert Oskar. «Schon durch die Totengräber. Und was dann?Außerdem – ein falscher General?» Er schüttelt sich innerlich. «Seine Majestät kannten doch bestimmt ihre Generäle.»

Wirlassendasauf sichberuhen.Oskarauch.«WissenSie,was dasKomischebeiderSachewar?»Wirschweigen.DieFragekann

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nur rhetorisch gemeint sein und erfordert keineAntwort. «Einen Tag vor der Besichtigung wurde alles abgesagt. Seine Majestät kamen überhaupt nicht. Ein Meer von Primeln und Narzissen hatten wir gepflanzt.»

«Haben Sie die Austauschtoten dann zurückgegeben?» fragt Georg.

«DashättezuvielArbeitgemacht.DiePapierewarenauchschon geändert. Und die Angehörigen waren informiert worden, daß ihreTotenverlegtwordenseien.Daskamjaöftervor.Friedhöfe gerietenindieKampfzone,undnachhermußteallesneuangelegt werden.Wütend war nur der Kommandant mit demWodka.Er versuchtesogar,beimirmitseinemFahrereinzubrechen,umdie Kistenzurückzuholen;aberichhattesielängstglänzendversteckt. In einem leeren Grab.» Oskar gähnt.«Ja,das waren Zeiten,damals! Ein paar tausend Gräber hatte ich unter mir.Heute» – er zieht einen Zettel aus der Tasche – «zwei mittlere Hügelsteine mit Marmorplatten,Herr Kroll,das ist leider alles.»

IchgehedurchdeneindunkelndenGartenderAnstalt.Isabelleist heutezumerstenMaleseitlangemwiederinderAndachtgewesen.Ichsuchesie,kannsieabernichtfinden.Stattdessenbegegne ich Bodendiek,der nachWeihrauch und Zigarren riecht.

«Was sind Sie augenblicklich?» fragt er. «Atheist, Buddhist, Zweifler oder schon auf demWege zu Gott zurück?»

«Jeder befindet sich immer auf demWege zu Gott»,antworte ich kampfmüde. «Es kommt nur darauf an, was er darunter versteht.»

«Bravo»,sagtBodendiek.«WernickesuchtSieübrigens.Warum kämpfen Sie eigentlich so verbissen um so etwas Einfaches wie den Glauben?»

«Weil im Himmel mehr Freude ist über einen kämpfenden

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Zweifler als über neunundneunzig Vikare,die von Kindheit an Hosianna singen»,erwidere ich.

Bodendiek schmunzelt. Ich will nicht mit ihm streiten; ich erinnere mich an seine Leistung im Gebüsch der Marienkirche. «Wann sehe ich Sie im Beichtstuhl?» fragt er.

«So wie die zwei Sünder von der Marienkirche?»

Erstutzt.«So,Siewissendas?Nein,nichtso.Siekommenfreiwillig!Warten Sie nicht zu lange!»

Icherwiderenichtsdarauf,undwirverabschiedenunsherzlich. Auf dem Wege zu Wernickes Zimmer flattern die Blätter der Bäume wie Fledermäuse durch die Luft. Es riecht überall nach Erde und Herbst.Wo ist der Sommer geblieben? denke ich. Er war doch kaum da!

Wernicke packt einen Haufen Papiere beiseite. «Haben Sie Fräulein Terhoven gesehen?» fragt er.

«In der Kirche.Sonst nicht.»

Er nickt.«Kümmern Sie sich vorläufig nicht um sie.» «Schön»,sage ich.«Weitere Befehle?»

«Seien Sie nicht albern! Es sind keine Befehle.Ich tue,was ich für meine Kranken für richtig halte.» Er sieht mich genauer an. «Sie sind doch nicht etwa verliebt?»

«Verliebt? In wen?»

«InFräuleinTerhoven.Inwensonst?EinehübscheKrabbeist sieja.Verdammt,daranhabeichbeiderganzenSacheüberhaupt nicht gedacht.»

«Ich auch nicht.Bei was für einer Sache?»

«Dann ist es ja gut.» Er lacht. «Außerdem hätte es Ihnen gar nichts geschadet.»

«So?» erwidere ich. «Ich dachte bisher, nur Bodendiek wäre hier der Stellvertreter Gottes.Jetzt haben wir auch noch Sie.Sie wissen genau,was schadet und was nicht,wie?»

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Wernicke schweigt einen Augenblick. «Also doch», sagt er dann. «Na, wenn schon! Schade, daß ich nicht mal zuhören konnte! Gerade bei Ihnen! Müssen schöne Mondkalbdialoge gewesensein!NehmenSieeineZigarre.HabenSiegemerkt,daß es Herbst ist?»

«Ja»,sage ich.«Darin kann ich Ihnen beistimmen.» Wernicke hält mir die Kiste mit den Zigarren hin.Ich nehme eine,um nicht zu hören,daß,wenn ich sie zurückweise,das ein weiteres Zeichen vonVerliebtheit sei.Mir ist plötzlich so elend, daß ich kotzen möchte.Trotzdem zünde ich die Zigarre an. «Ich bin Ihnen wohl eine Erklärung schuldig», sagt Wernikke. «Die Mutter! Ich habe sie wieder zwei Abende hier gehabt. Sie ist endlich niedergebrochen. Mann früh gestorben; Mutter hübsch,jung;Hausfreund,indendieTochtero enbarauchstark verschossenwar;MutterundHausfreundunvorsichtig,Tochter eifersüchtig,überraschtsieineinersehrintimenSituation,hatte sie vielleicht schon länger beobachtet – verstehen Sie?» «Nein», sage ich. Mir ist das alles ebenso widerlich wie Wernickes stinkende Zigarre.

«Alsosoweitsindwir»,fährtWernickemitGustofort.«Haßder Tochter,Ekel,Komplex,Rettung in Spaltung der Persönlichkeit, spezielldenTyp,deralleRealitätfliehtundeinTraumlebenführt. Mutter hat den Hausfreund später noch geheiratet,das brachte es dann ganz zur Krise – verstehen Sie jetzt?»

«Nein.»

«Aber es ist doch so einfach», sagt Wernicke ungeduldig. «Schwerwarnur,andenKernheranzukommen,aberjetzt–»er reibtsichdieHände.«DazuhabenwirnunnochdasGlück,daß derzweiteMann,dervorherigeHausfreund,RalphoderRudolph oder so ähnlich hieß er,jetzt nicht mehr blockierend da ist. Geschieden vor drei Monaten,vor zweiWochenAutounfall,tot

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– die Ursache ist also beseitigt, der Weg ist frei – jetzt müssen Sie doch endlich kapieren?»

«Ja»,sageichundmöchtedemfröhlichenWissenschaftlereinen Chloroformlappen in den Rachen stopfen.

«Na,sehenSie!JetztkommtesaufdieAuslösungan.DieMutter, die plötzlich keine Rivalin mehr ist, die Begegnung, sorgfältig vorbereitet–icharbeiteschonseiteinerWochedaran,undalles gehtsehrgut,Siehabenjagesehen,daßFräuleinTerhovenheute abend schon wieder zurAndacht gegangen ist –»

«Sie meinen,Sie haben sie bekehrt? Sie,derAtheist,und nicht Bodendiek?»

«Unsinn!»sagtWernicke,etwasärgerlichübermeinenStumpfsinn.«Daraufkommtesdochnichtan!Ichmeine,daßsieaufge- schlossenerwird,zugänglicher,freier–habenSiedasdennnicht auch gemerkt,als Sie das letztemal hier waren?»

«Ja.»

«Na sehen Sie!»Wernicke reibt sich wieder die Hände. «Das war nach dem ersten starken Schock doch ein recht erfreuliches Ergebnis –»

«War der Schock nun auch ein Ergebnis Ihrer Behandlung?» «Er gehört dazu.»

IchdenkeanIsabelleinihremZimmer.«Gratuliere»,sageich. Wernicke merkt die Ironie nicht, so sehr ist er bei der Sache. «Die erste flüchtige Begegnung und die Behandlung haben natürlich alles zurückgebracht; das war ja auch dieAbsicht – aber seitdem–ichhabegroßeHo nungen!Sieverstehen,daßichjetzt nichts brauchen kann,was ablenken könnte –»

«Das verstehe ich.Nicht mich.»

Wernicke nickt.«Ich wußte,daß Sie es verstehen würden! Sie habenjaauchetwasvonderNeugierdesWissenschaftlers.Eine Zeitlang waren Sie sehr brauchbar, aber jetzt – was ist los mit

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Ihnen? Ist Ihnen zu heiß?» «Es ist die Zigarre.Zu stark.»

«Im Gegenteil!» erklärt der unermüdliche Wissenschaftler. «Diese Brasils sehen stark aus – sind aber das Leichteste, was es gibt.»

Das ist manches, denke ich, und lege das Kraut weg. «Das menschliche Gehirn!» sagtWernicke fast schwärmerisch. «FrüherwollteichmalMatroseundAbenteurerundForscher im Urwald werden – lachhaft! Das größte Abenteuer steckt hier!»

Er klopft sich an die Stirn. «Ich glaube, ich habe Ihnen das schon früher einmal erklärt.»

«Ja»,sage ich.«Schon oft.»

Die grünen Schalen der Kastanien rascheln unter meinen Füßen.Verliebt wie ein Mondkalb, denke ich, was versteht dieser Tatsachenka er schon darunter? Wenn es so einfach wäre! Ich gehe zum Tor und streife fast an eine Frau, die mir langsam entgegenkommt. Sie trägt eine Pelzstola und gehört nicht zur Anstalt. Ich sehe ein blasses verwischtes Gesicht im Dunkeln, und ein Ruch von Parfüm weht hinter ihr her. «Wer war das?» frage ich denWächter amAusgang.

«EineDamefürDoktorWernicke.Warschoneinpaarmalhier. Hat,glaub’ich,einen Patienten hier.»

DieMutter,denkeichundho e,daßesnichtsosei.Ichbleibe draußenstehenundstarrezurAnstalthinüber.Wutpacktmich, Zorn, lächerlich gewesen zu sein, und dann ein erbärmliches Mitleid mit mir selber – aber schließlich bleibt nichts als Hilflosigkeit.IchlehnemichaneineKastanieundfühledenkühlen Stamm und weiß nicht,was ich will und was ich möchte.

Ich gehe weiter,und während ich gehe,wird es besser.Laß sie

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reden,Isabelle,denkeich,laßsielachenüberunsalsMondkälber! Du süßes,geliebtes Leben,du fliegendes,ungehemmtes,das da sicher trat, wo andere versinken, das schwebte, wo andere mit Kanonenstiefeln trampeln, aber das sich verstrickte und blutig riß in Spinnenfäden und an Grenzen, die die anderen nicht sehen – was wollen sie nur von dir? Wozu müssen sie dich so gierig zurückreißen wollen in ihreWelt,in unsereWelt,warum lassen sie dir nicht dein Schmetterlingsdasein jenseits von Ursache und Wirkung und Zeit und Tod? Ist es Eifersucht? Ist es Ahnungslosigkeit? Oder ist es wahr, was Wernicke sagt, daß er dich retten muß davor,daß es schlimmer wird,vor den namenlosen Ängsten, die noch gekommen wären, stärker als die, die er selbst beschworen hat,und schließlich vor dem krötenhaften Dahindämmern in Stumpfsinn? Aber ist er sicher, daß er das kann? Ist er sicher,daß er nicht gerade mit seinen Rettungsversuchen dich zerbricht oder dich rascher dahin stößt, wovor er dichrettenwill?Werweißdas?WasweißdieserWissenschaftler, dieser Schmetterlingssammler schon vom Fliegen, vom Wind, von den Gefahren und dem Entzücken der Tage und Nächte ohne Raum und Zeit? Kennt er die Zukunft? Hat er den Mond getrunken? Weiß er, daß Pflanzen schreien? Er lacht darüber. Für ihn ist das alles nur eineAusweichreaktion auf ein brutales Erlebnis.AberistereinProphet,dervoraussieht,wasgeschehen wird? Ist er Gott,daß er weiß,was geschehen muß? Was hat er schon von mir gewußt? Daß es ganz gut wäre, wenn ich etwas verliebt gewesen wäre? Aber was weiß ich selbst davon? Es ist aufgebrochenundströmtundhatkeinEnde,washabeichdavon geahnt?Wiekannmansohingegebenseinanjemand?Habeich es nicht selbst immer wieder fortgewiesen in den Wochen, die nunwieeinunerreichbarerSonnenuntergangfernamHorizont liegen?Aberwasklageich?WorumhabeichAngst?Kannnicht

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