- •Familie hat viele Gesichter
- •In: Das Parlament Nr. 33/34, 16.8.2004, s.L
- •Elternwille und Kindeswohl - vom Wandel der Erziehung
- •§ 2 Bildungsauftrag der Schule
- •Zusammenleben in der Familie
- •Familienpolitik in Deutschland
- •Familien in Deutschland
- •Lebensformen und Familie im Wandel
- •Der familienkrach
- •Gleichstellungs- und Geschlechterpolitik
- •Gleichberechtigung von Mann und Frau
- •Vereinbarkeit von Beruf und Familie
- •Wandel im Geschlechterverhältnis
- •Ungleichheit zwischen Frauen und Männern
- •Männergesellschaft - Gibt's die noch?
- •Häufige Ursachen von Eheproblemen
- •Unser Verständnis von Arbeit
- •Formen und Ursachen von Arbeitslosigkeit
- •Jäger, Bauer, Banker Wie wir morgen arbeiten werden: Ein Blick zurück nach vorn
- •Von der Agrar- zur Dienstleistungsgesellschaft
- •Verstöße gegen Rechtsordnung – die Gerichte entscheiden
- •Der Fall Peter k.
- •§ 52. Tateinheit. (1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
- •§ 250. Schwerer Raub. (1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn
- •Der Ablauf des Gerichtsverfahrens – Strafprozess und Zivilprozess
- •Im Zivilprozess ist manches anders
- •Beobachtungsaufträge für den Gerichtsbesuch
- •Recht und Gerechtigkeit im Rechtsstaat
- •Was ist ein Rechtsstaat?
- •Rechtssicherheit im Rechtsstaat – Beispiele
- •Jugendstrafe - angemessen und zweckmäßig? Protokoll der Angst
- •Migration weltweit
- •Arbeitskräfte gesucht: Gastarbeiter
- •Arbeit gesucht: Traumziel Europa
- •Binnenwanderung in Europa
- •Deutschland - ein Einwanderungsland?
- •Ausländer in Deutschland: einfach nur fremd?
- •Integrationspolitik
- •Integration in Schule und Beruf
- •Migration und Integration
- •Integration - Integrationspolitik
- •Fremde und Fremdsein - Vorurteile und Feindbilder
- •Internationale Migration
- •Formen der Abwanderung
- •Irreguläre Migration
- •Staatliche Steuerungsversuche
- •Migration und Integration (Deutschland-Chronologie)
- •Religionen: Konfliktpotenzial oder kulturelle Bereicherung?
- •Ethnische Konflikte
- •Globaler Terrorismus – die neue Gefahr
- •Gemeinsamer Kampf gegen den Terror
- •Transnationaler Terrorismus
- •11. September 2001
- •Der islamistische Terrorismus
- •Terrorismus gestern und heute
- •Der internationale Terrorismus – weiterhin eine Gefahr?
- •Gefahr durch abc-Waffen
- •Internationale Abwehrstrategien
- •Weltpolitische Konflikte
- •Ursachen und Hintergründe von Konflikten und Kriegen
- •Islamischer Fundamentalismus
- •Entwicklung und Aufhebung des Ost-West-Konflikts
- •Struktur und Perspektiven des Nord-Süd-Konflikts
- •Konfliktherd Nahost
- •Krieg und Friedlosigleit: Warum gibt es Kriege? –
- •Vier Beispiele
- •Vietnam: gegensätzliche Gesellschaftsordnungen
- •Krieg, Konflikt, Konfliktlösung
- •Vielfalt moderner Kriege
- •Kriege neuer Art
- •Irak-Krieg 2003
- •Krieg im ehemaligen Jugoslawien
- •Kurden: Volk ohne Land
- •Humanitäre Katastrophen
- •Umweltkatastrophe als Schadensursache und Schaden [Bearbeiten]
- •Organisationen und Instrumente kollektiver Sicherheit
- •Vereinte Nationen und Weltfriedensordnung
- •Osze – Sicherheit und Zusammenarbeit für Europa
- •Internationale Nichtregierungsorganisationen
- •Nato und Bundeswehr
- •Interkulturelle Kommunikation
- •Eine seltsame Alchemie zwischen Deutschen und Franzosen.
- •Deutsch – Deutsche – Franzosen – Deutschland – Frankreich
- •Ein Gespräch über interkulturelle Probleme
- •Kulturunterschiede zwischen Deutschland und Belarus – Ein Erfahrungsbericht
- •Warum sehen Russinnen so viel schöner aus?
- •Über die Ehe - ein Kommentar
- •Heirats-Trends
- •Andere Länder, andere Sitten
- •«Das Wichtigste für einen Deutschen ist immer nur er selbst!»
- •Bikulturelle Ehen und Beziehungen
- •Inhaltsverzeichnis
- •Verstöße gegen die Rechtsordnung –
Terrorismus gestern und heute
Terrorismus ist kein neues Phänomen. Fachleute unterscheiden heute vier Gruppen von Terroristen:
geistig verwirrte Einzeltäter, die sich als Auserwählte sehen und ohne ein unterstützendes Netz-werk für ihre „Mission" tätig werden;
revolutionäre Gruppen, die politische oder soziale Veränderungen durch Gewalt herbeibomben möchten (Beispiel: die frühere Rote Armee Fraktion, RAF);
ethnische oder politische Minderheiten, die gewaltsam für ihre Autonomie in einem Staatswesen kämpfen (Beispiel: die kurdische PKK);
Gruppen mit religiösen oder pseudo-religiösen Motiven (Beispiele: die Aum-Shinrikyo-Sekte in Japan oder die Al-Qaida des Osama Bin Laden).
Am gefährlichsten sind dabei jene Gruppen, die aus vorgeblich religiösen Motiven Massenmorde verüben, weil kein Zweifel daran besteht, dass ihnen Menschenleben nichts bedeuten und sie auch Zivilisten nicht verschonen werden.
Terror und Terrorismus sind überall - die Medien sind voll davon. Da werden die Begriffe schnell unscharf. Die Alltagssprache ist mit dem Terror schnell bei der Hand. Eine Rockerbande terrorisiert ein Viertel oder ein Mann seine Familie. [...]
Terror im eigentlichen Sinne meint jedoch systematische Gewalttätigkeit. Menschen werden bedroht, verletzt oder getötet - Sachwerte vernichtet. Gewalttätige Übergriffe und Anschläge von Rechtsextremisten auf Ausländer bespielsweise sind Terror. Sie sind aber kein Terrorismus. Davon ist erst die Rede, wenn die Gewalt nicht nur vereinzelt und situationsbezogen von Einzeltätern und kleinen, spontan gebildeten Gruppen ausgeht, sondern politisch geplant und gelenkt ist.
Terroristen sind Fanatiker, aber nur selten Verrückte. Das fand auch das FBI heraus, das vor ein paar Jahren Persönlichkeitsprofile von 115 ideologisch motivierten Flugzeugentführern erstellte. Verglichen mit anderen Gewaltverbrechern und nicht weltanschaulich motivierten Flugzeugentfüh-rern fand man ungewöhnlich wenig geistige Störungen und Drogenmissbrauch. [...] Das terroristische Gedankensystem ist die extreme Fortsetzung eines fehlgeleiteten Idealismus und des Gerech-tigkeitswahns. Der Terrorist meint, für die Humanität zu kämpfen - und richtet ein Blutbad an, in dem jede Humanität ertrinken muss.
Die grausamsten terroristischen Verbrechen geschehen heute im Namen von Religionsführern. 1995 begingen religiös motivierte Täter zwar „nur" ein Viertel der Terroranschläge in der Welt, schreibt der US-Terrorismusexperte Bruce Hoffman. Es waren aber die blutigsten: 60 Prozent aller Toten gingen auf ihr Konto. Bei Terrorakten, die mehr als acht Tote forderten, waren nur religiöse Fanatiker am Werk. „Während weltlich motivierte Terroristen selten die Auslöschung vieler Menschen anstreben, weil solche Exzesse ihren Zielen schaden, legen es die religiös motivierten oft auf solche Gemetzel an", meint Hoffman. [...]
Nicht nur die neuartige Motivation und die Maßlosigkeit der Gewalt bringen Fachleute dazu, von einer neuen Qualität des Terrorismus zu sprechen. Anders als die Gruppen der Vergangenheit arbeiten Terroristen heute in kleineren, nicht hierarchisch aufgebauten, schwer fassbaren Organisa-tionen.
Der Einzelne kennt so nur wenige andere Mitkämpfer. Er kann seiner Gruppierung nicht viel schaden, falls er gefangen genommen wird oder überläuft. Der neue Terrorismus ist auf straffe Or-ganisation gar nicht mehr angewiesen. Ein klares politisches oder nationalistisches Programm gibt es ohnehin nicht. Man ist sich einig über den Feind und darin, dass es ihn zu treffen gilt, wo immer möglich.
Der neue Terrorismus operiert international. Seine Finanzierung und Logistiknetze über-schreiten alle Grenzen. Die Terroristen nutzen allgemein zugängliche Technologien wie das Internet, um schnell und sicher zu kommunizieren. Geld kommt aus politischen Massenorganisationen, aus weltweiten Wirtschaftsaktivitäten mit ganz legalen Unternehmen; aber auch die Grenzen zur organisierten Kriminalität sind fließend. „Solche lose verknüpften supranationalen Terrornetze sind schwer einzuschätzen, zu verfolgen und zu infiltrieren", heißt es im Bericht der „Nationalen Ter-rorismus-Kommission" des US-Kongresses aus dem Jahr 2000.
„Sicherheitspakete“ – Wie lässt sich die „innere Sicherheit“ erhöhen?
Schon bald nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 wurden in der Bundesrepublik wie auch in anderen Ländern Überlegungen angestellt, mit welchen Maßnahmen und Regelun-gen man im eigenen Lande die Sicherheit gegen terroristische Anschläge (innere Sicherheit) erhöhen könne. Neben der Stärkung der Arbeit der Sicherheitsorgane wurden in einem ersten „Sicherheitspaket" folgende Regelungen beschlossen:
Eine neue Verordnung zur Flughafensicherheit sieht schärfere Kontrollen im Flugverkehr und die Pflicht der Flughafenbehörden zur Überprüfung ihres Personals (auch unter Zuhilfenahme von Daten der Geheimdienste) vor. Der neue Paragraph 129 b des Strafgesetzbuches ermächtigt die Polizei dazu, auch gegen solche Mitglieder ausländischer Terrorgruppen zu ermitteln, die sich bisher in Deutschland nichts haben zu Schulden kommen lassen. Die Streichung des Religionsprivilegs im Vereinsgesetz bedeutet, dass islamistische Organisationen, die auch in Deutschland vertreten sind, nicht mehr wie Religionsgemeinschaften, sondern wie Vereine behandelt und somit auch verboten werden können, wenn sie verfassungsfeindliche Ziele verfolgen.
Durch die Streichung des Religionsprivilegs ermöglicht, verbot das Bundesinnenministerium am 12.12.2001 die türkische islamistische Vereinigung „Kalifatstaat" und weitere 19 Teilorganisationen. Die von Köln aus geleitete Gruppierung ziele auf die Weltherrschaft des Islam auf der Grundlage der Scharia, des islamischen Rechts, und richte sich gegen die demokratische Ordnung in Deutschland. Bereits am 15.11.2000 war der selbsternannte Führer der Organisation, Metin Kap-lan („Kalif von Köln"), wegen eines Mordaufrufs zu vier Jahren Haft verurteilt worden.
Uber ein zweites, von Bundesinnenminister Schily vorgeschlagenes „Anti-Terror-Paket" entstand eine lebhafte Diskussion. Das vom Bundestag am 14.12.2001 verabschiedete Artikelgesetz (Änderung von 17 Einzelgesetzen), dem der Bundesrat am 20.12.2001 zustimmte, sieht u.a. vor: Erweiterung der Kompetenzen des Bundeskriminalamtes und der Geheimdienste (Möglichkeit der Datenerhebung bei Banken und anderen Dienstleistungsunternehmen), Verschärfung des Auslän-derrechts (u.a. Erweiterung der Gründe für die Versagung einer Aufenthaltsgenehmigung und der Gründe für eine Ausweisung von Asylbewerbern), Möglichkeit, dass Personalausweise und Reisepässe „neben Lichtbild und Unterschrift weitere biometrische Merkmale von Fingern oder Händen oder Gesicht des Inhabers enthalten".
Kritiker befürchten, dass durch die Art und die Fülle der Maßnahmen der Datenschutz erheblich gefährdet werde, dass die Freiheitsrechte des Bürgers eingeschränkt würden und die Bun-desrepublik sich auf den Weg zu einem Uberwachungs- und Kontrollstaat begeben.
(aus: Politik, ein Arbeitsbuch 9/10, 2007; S. 234-246)
Texterläuterungen
Warum kann man den Terroristen nicht den Geldhahn zudrehen?: Die Welt ist voll von Al Oaida-Sponsoren. Unmittelbar nach dem 11. September 2001 veröffentlichte die US-Regierung die Namen von 2500 Firmen und Einzelpersonen, die verdächtigt werden, Terroristen zu finanzieren. Darunter finden sich mehrere sudanesische Banken, palästinensische, ägyptische und jemenitische Wohlfahrtsorganisationen. Bisher sind etwa 200 Millionen Dollar eingefroren worden. - Eine Winzigkeit, verglichen mit den immensen Summen, die saudische Stiftungen ausgeben, um - so die offizielle Version - den puritanischen Wahabismus in alle Welt zu verbreiten. Das private Vermögen des Ex-Saudis bin Laden wird auf etwa 300 Millionen Dollar geschätzt. Zusätzlich soll Al Oaida jährlich etwa 30 Millionen Dollar einnehmen. Eine reiche Kriegskasse. Die Vorbereitung und Ausführung des 11. September kostete laut dem Kongressbericht des 9/11-Untersuchungsausschusses zwischen 400 000 und 500 000 Dollar.
b) Wie kann der Terrorismus besiegt werden?: Auf lange Sicht muss es darum gehen, potenziel-
len Terroristen ihre Motivation zu entziehen. Diese speist sich vor allem aus dreierlei. Erstens aus dem Gefühl des Gedemütigtseins durch einen technisch und wirtschaftlich überlegenen Westen. Zweitens aus einer religiös unterstützten Selbststilisierung zum Opfer und einer damit verbundenen moralischen Selbsterhöhung. Drittens aus dem Glauben, dass die ungläubigen Unterdrücker Rache verdient haben. Mit schuld an der Konjunktur des antiwestlichen Verschwörungsglaubens sind die eklatanten Bildungsdefizite in der arabischen Welt. Laut einer Studie der UN sind seit dem 9. Jahrhundert nur 100 000 Bücher ins Arabische übersetzt worden. Das sind knapp so viele, wie in Spanien pro Jahr übersetzt werden. Zudem mangele es insgesamt an Freiheit und guter Regierungsführung. Der Kampf gegen den Terrorismus ist also auch ein Kampf gegen ein dumpfes Weltbild. Aber lässt sich der Al Oaidaismus eindämmen wie einst der Kommunismus? Für ein solches Containment müsste der Westen in einen ideellen Wettstreit mit einer rückwärtsgewandten, selbstgerechten Islaminterpretation treten. Als „Gegenideologie" freilich hat er nur Pluralismus und Liberalismus zu bieten. Und das heißt eben: Ungewissheit.
Jochen Bittner, „Das weltweite Al Oaida-Netz", in: Die Zeit Nr. 29 vom 14. Juli 2005
Aufgaben
Beschreiben Sie anhand der oben stehenden Materialien und aufgrund Ihres Vorwissens den Ablauf des Terroranschlags vom 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York und das amerikanische Verteidigungsministerium in Washington. Worin lag das Neue und Furchtbare dieses Verbrechens für die Menschen in Amerika und in der ganzen Welt? Wie haben Sie selber dieses Ereignis erlebt?
Geben Sie einige Informationen zum Begriff und zur Entwicklung des Terrorismus. Machen Sie im Einzelnen deutlich,
was man unter dem viel gebrauchten Begriff Terror bzw. Terrorismus zu verstehen hat und worin die Motive der unterschiedlichen Gruppen von Terrorismus liegen;
welche Bedeutung der auf religiösem Fanatismus beruhende Terrorismus in den 1990er-Jahren gewonnen hat, und
was man unter „internationalem Netzwerk-Terrorismus“ versteht. Erläutern Sie dazu das Beispiel des Terrornetzwerks Al-Qaida, zu dem die Terroristen des 11. September 2001 gehören.
Die Hintergründe und die Ursachen des Terroranschlags vom 11. September und einer Reihe weiterer schwerer, ebenfalls durch islamistische Terroristen verübter Anschläge im Jahre 2002 (u.a. auf der tunesischen Ferieninsel Djerba, wo am 11.4.2002 bei einer bewusst herbeigeführten Explosion eines Tanklastwagens vor einer jüdischen Synagoge 19 Menschen, darunter 14 Deut-sche, ums Leben kamen, und auf der Südseeinsel Bali, wo am 12.10.2002 bei einem Anschlag auf eine Diskothek ein ganzer Straßenzug in Schutt und Asche gelegt und fast 200 Menschen getötet wurden) sind außerordentlich vielfältig und werden z.T. auch unterschiedlich beurteilt. Wir haben im Text einige wichtige Aspekte ausgewählt, an denen Sie aufzeigen können,
welche Bedeutung religiöse Motive für die Terroristen des 11. September gehabt haben,
welche Rolle antisemitische und antiamerikanische Einstellungen spielen und inwiefern sich der islamistische Terrorismus gegen politische ud gesellschaftliche Wertvorstellungen und die Verbreitung der „westlichen Zivilisation“ richtet.
Machen Sie deutlich, warum es so schwierig ist, den „Netzwerk-Terrorismus“ wirksam zu bekämpfen, und informieren Sie sich anhand der obigen Texte über die Maßnahmen, welche die deutsche Bundesregierung zum Schutz vor terroristischen Anschlägen ergriffen hat. Gehen Sie dazu auch auf das Spannungsverhältnis ein, das zwischen solchen Maßnahmen und den Freiheitsrechten der Bürger besteht.