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3. Silbenstruktur im Deutschen

Die optimale Silbenstruktur aller Sprachen der Welt ist CV - CV - CV.

Im allgemeinen "gibt es keine Sprachen, in denen die Silben fehlten, die mit Konsonanten beginnen, oder die Silben, die auf Vokale enden". Das Modell CV ist das einzige universale Silbenmodell.

Laut den neuen Studien der suprasegmentalen Phonologie hat die Silbe einen Anfangsrand und Reim, der weiter in Kern oder Nukleus und Endrand (Koda) zerfällt.

Silbe

Anfangsrand Reim (Basis)

Kern (Nukleus) Endrand (Koda)

Der Reim also wird als die Vereinigung von Kern und Endrand definiert, daraus folgt die hierarchische Struktur der Silbe: zuerst erscheint der Anfangs­rand (onset) - in der Regel sind es Anfangskonsonanten - und danach der Reim oder die Basis der Silbe. Der Reim zerfällt seinerseits in den Kern (nucleus) - das ist meistens ein Vokal - und den Endrand (coda) - es sind die Endrandkonsonanten. Um das besser zu verstehen, betrachten wir die Sil­benstruktur des Wortes "Kind":

Anfangsrand (onset) Reim (Basis)

Kern Endrand (Koda)

Kind [k і nt]

Die angeführte Silbenstraktur ist universell. Kern der Silbe ist eine obli­gatorische Komponente, Anfangsrand und Endrand können leer sein. Auf solche Weise kann man bestätigen, dass alle Sprachen der Welt die glei­che Silbenstruktur haben, sie unterscheiden sich nur dadurch, welche Stellen im Innern der Silbe leer bleiben können.

Die Sprachen unterscheiden sich auch dadurch, wieviel Konsonanten im Anfangs- und Endrand stehen können. In der deutschen Sprache kann der Anfangsrand aus zwei- und dreigliedrigen (Blume, Drang, Spieß, Pflaume) und der Endrand (Koda) aus drei- (stumpf, Dienst) oder viergliedrigen (hältst, Herbst) Konsonantenverbindungen bestehen.

Die Silbenstruktur zeigt in der Regel eine bestimmte Assymetrie: sehr oft ist der Anfangsrand für die Silbe obligatorisch (das ist eine bedeckte Silbe: Tage) und Endrand (Koda) ist verboten (das ist eine offene Silbe: Tage). Das obliga­tiorische Vorhandensein vom Anfangsrand nennt man Prinzip des Anfangsrandes (Onset Principle ) und das Fehlen des Endrandes nennt man Prinzip des Endrandsfehlens (No Coda Principle).

4. Die wichtigsten Theorien der Silbenbildung: Drucksilben-, Srtömungssilben-, Bewegungssilben- und Schallsilbentheorie

Im Bereich der Phonetik ist der Begriff der Silbe im Verlauf der Wissenschaftsgeschichte unterschiedlich angewandt und gebraucht worden. Man hat versucht, die Silbe phonetisch und auditiv zu definieren. Es entstanden verschiedene Theorien der Silbenbildung. Die wichtigsten sind die Drucksilben-, Bewegungssilben-, Strömungssilben- und Schallsilbentheorie.

Drucksilbentheorie: Die Anhänger dieser Theorie (E. Sievers, R. H. Stetson u. a.) behaupten, dass ein Laut oder ein Lautkomplex nur in dem Fall eine Silbe bildet, wenn er mit einem selbstständigen und kontinuierlichen Druck­stoß erfolgt. Dabei wird der Kern der Silbe (Sil­benträger) mit dem stärksten Druckstoß hervorgebracht, die anderen Laute der Silbe werden durch den Anschluss an den Silbenträger zusammengeführt.

Die Druckstärke innerhalb der Silbe bleibt in der Regel nicht gleich, sie unterliegt einer Abstufung. Der Moment der größten Stärke wird Silben­gipfel genannt. Man unterscheidet einen fallenden Silbengipfel (die Druck­stärke setzt zu Anfang ein und fällt dem Ende zu: ab, fett, ist), einen steigenden Silbengipfel (die Druckstärke steigt zum Schluss der Silbe: sah, nah, Re-gel) und einen steigend-fallenden Silbengipfel (die Druckstärke ist in der Mitte der Silbe: nahm, wohl, neu, rat).

Bewegungssilbentheorie: Dieser Theorie zufolge beginnt die Silbe mit einer Öffnungsbewegung des Artikulationsraumes und endet mit der Schließungsbewegung, d. h. dass die Silbengrenze immer an dem Grenzpunkt zwischen Schließungs- und Öffnungsbewegung verläuft. Diese Theorie kann auch nicht ohne weiteres akzeptiert werden, weil eine Öffnungs- und Schließungs­bewegung nicht immer eine Silbe im Deutschen kennzeichnet (z. B. Schuh).

Strömungssilbentheorie: Der Begründer dieser Theorie A. Rosetti behauptet, dass nur Vokale und "offene" Konsonanten Silben bilden können, da die Grundlage der Silbenbildung das Vorhandensein von Luftströmung sei. Aus diesem Grunde können die "geschlossenen" Konsonanten keine Silben­träger sein. Nach dieser Theorie fängt eine Silbe dort an, wo die Ausat­mungsluft zu strömen beginnt, und sie endet, wo die Sprechluft ein Minimum erreicht.

Schallsilbentheorie: Diese Theorie stützt sich darauf, dass jeder Laut nur spezifische Schallkraft hat. Die Anzahl der Silben in einem Wort hängt von der Zahl der Schallgipfel ab.

Nach dieser Theorie enthält jede Schallsilbe einen Schallgipfel, d. h. ei­nen Laut mit der stärksten Schallkraft in der Lautgruppe. Die Zahl der Silben in einem Wort lässt sich danach an der Zahl der Schallgipfel erkennen.

In der letzten Zeit erschien die Energietheorie des Sprechens von V. Taranec, laut der die Silbe als diachronische Einheit betrachtet wird.

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