
Das Weltreich der Römer.
Wie die Sage erzählt, wurde die Stadt Rom um das Jahr 753 v.Chr. von zwei Brüdern, Romulus und Remus, gegründet. Sie sollen Söhne des Kriegsgottes Mars gewesen sein. Als kleine Kinder waren sie in einem Weidenkorb im Tiberfluß ausgesetzt worden, und eine Wölfin, das heilige Tier des Mars, hatte sie geschützt und genährt.
Die Wölfin wurde zum Wahrzeichen der Stadt Rom, und die Römer sagten stolz, daß sie vom Kriegsgott abstammten. Der beste Beweis schien ihnen ihre eigene Geschichte zu sein. Bis Christi Geburt, also über 700 Jahre lang, gab es beinahe immer Krieg. In dieser Zeit eroberten die Römer fast die ganze damals bekannte Welt: von Britanien und Spanien bis zum Schwarzen Meer und nach Asien, vom Rhein und der Donau bis zur Wüste Sahara und dem Nil in Afrika. Ein Teil heutigen Deutschlands, das Land am Rhein und Donau, gehörte auch lange Zeit zu diesem riesigen Land.
Die Lebensgewohnheiten der Germanen
Wie die Germanen vor mehr als zweitausend Jahren lebten, kann man zum Teil aus den Funden ermitteln. Ihre Kultur war, verglichen mit der griechischen und römischen, sehr zurückgeblieben. Die Germanen kannten keine Städte und trieben wenig Handel. Gaius Julius Cäsar (100 v.Chr. – 44 v.Chr.), der berühmteste General der Römer, ein vielseitiger Mann (ein guter Sportler, ein ausgezeichneter Redner und Schriftsteller, ein kluger Politiker und vor allem ein überragender Feldherr) fand sie arm und anspruchslos.
Der römische Geschichtsschreiber Tacitus schilderte die Germanen in einem Buch als Menschen, die „blaue Augen, einen trotzigen Blick, rotblonde Haare und kräftige Körper besaßen“. Wenn Tacitus auch mit solchen Beschreibungen einseitig übertreibt, verdanken wir seinem Buch doch zahlreiche Kenntnisse über die Germanen in jener Zeit. Er schreibt: „Durst und Hitze ertragen sie sehr schlecht: dagegen hat sie das raue Klima und der karge Boden ihrer Heimat an Hunger und Kälte gewöhnt… Die Germanen lieben nicht einmal geschlossenen Siedlungen, Städte kennen sie nicht. Sie wohnen lieber in Einzelhöfen und bauen dort, wo eine Quelle, ein Feld, ein Gehölz dazu einlädt. Ihre Dörfer bauen sie nicht nach unserer Art mit geschlossenen Häuserreihen. Um jedes Haus liegt ein freier Platz. Behauene Steine oder Ziegel benutzen sie nicht, sondern nur rohe Holzstämme. Auf Schönheit und gefälliges Aussehen legen sie dabei keinen Wert… Wenn die Männer nicht im Kriege sind, gehen sie auf die Jagd, am liebsten mögen sie aber nichts tun. Sie essen und schlafen. Und gerade die tapfersten Krieger und Helden verrichten keinerlei Arbeit, sie überlassen die Sorge für Haus und Hof und die Feldbestellung den Frauen, den alten Leuten und den Kriegsuntauglichen ihrer Familie. Sie selber faulenzen. Ein merkwürdiger Widerspruch in ihrem Wesen einerseits lieben sie den Müßiggang und andererseits hassen sie die Ruhe des Friedens…“
Die Germanen lebten zu keiner Zeit als einheitliches Volk in einem gemeinsamen Staat. Es gab vielmehr zahlreiche germanische Stämme und Gruppen. Manche hatten an der Spitze einen König, andere kannten nur Herzöge, die während des Krieges den Stamm führten. Über die Stellung der Könige und Heerführer schreibt Tacitus:
„Die Könige wählen sie aus den Reihen der Adeligen, zu Heerführern machen sie die Tapfersten. Aber die Könige haben keine unumschränkende Gewalt, und auch die Heerführer leiten mehr durch ihr Beispiel als durch Machtbefugnisse. Zu Achtung und Gehorsam verhilft ihnen am besten Bewunderung. Sie suchen sie dadurch zu erwecken, dass sie stets einsatzbereit sind, dass sie sich hervortun und in vordersten Linie kämpfen.
In der Religion der Germanen sind, wie bei allen ihnen verwandten Völkern, zwei Schichten von Gottheiten vorhanden. Zu den älteren mütterrechtlichen Göttern sind später vaterrechtliche gekommen. Die drei Schicksalsgöttinen, die Nornen, die die Zeit in ihren drei Stufen, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, symbolisieren, sind das stärkste mütterrechtliche Element. Auch im Totenreich gebietet eine Frau — Hel. Allvater ist aber Wodat oder Odin. Sein Roß Sleipnir trägt ihn im Sturm durch die Lüfte über Land und Meer. In Wodan verkörpert sich ein Auge geopfert, um aus dem Brunnen der Weisheit trinken zu können. Auf seinen Schultern sitzen die Raben Hugin und Munin; Gedanke und Erinnerung.
Den Göttern wurden Opfer dargebracht, meist Tiere aber auch Menschenopfer (Kriegsgefangene). Tempel kannten die Germanen nicht. Heilige Haine, Berggipfel, Opferstellen bei geheiligten Bäumen sind die Kultstätten. Neben Priestern, die keine besondere Kaste bildeten und oft durch den Ältesten des Stammes vertreten wurden, gab es auch Priesterinnen.
Den kultischen Aufgaben diente damals auch die Schrift. Aus geworfenen Runenstäbchen (Buchstabe=Stäbchen aus Buchenholz mit eingeritzten Runenzeichen) wurde geweissagt. Die Runen waren zunächst Symbolzeichen; ihr Einritzen gilt als magische Handlung. Die älteste überlieferte Bedeutung von "runa" ist "geheime Beratung" (das deutsche Wort „raunen“ (нашіптувати) ist daraus abgeleitet).
Die Runen waren keine ureigentlich germanische Schrift, sie sind aus einem ehemaligen norditalisch-etruskischen Mischalphabet von wandernden Germanenstämmen nach Norden gebracht. Die Zeichen erhielten eine Form, die mit dem Messer leicht im Holz geschnitten werden konnte.
Die Germanen haben wie andere Völker, die Kulturstufen der Steinzeit, der Bronzezeit und der Eisenzeit durchlaufen. Die Kunst, Erz zu graben, es zu schmelzen und zu mischen, zu gießen oder zu Eisen zu schmieden, haben sie vielleicht von anderen Völkern übernommen. Es fällt auf, daß in Sagen und Märchen immer wieder kundreiche Zwerge als Bergleute und Schmiede auftreten, oft als Gefangene, die auf grausame Weise an der Flucht gehindert werden, damit sie ihren Herren Waffen und Schmiede schmieden.
Die Vorfahren der Germanen erzählte, z.B. die Sage von dem berühmten Schmied Wieland. Der beherrschte sein Werk so ausgezeichnet, daß ein König ihn zu seinem Gefangenen machte. Wieland durfte nur für ihn arbeiten. Um sicher zu sein, daß er aus der Gefangenschaft nicht ausbrechen konnte, ließ ihm der König die Sehnen an seinem Füßen durchschneiden. So konnte er nicht mehr richtig gehen, sondern nur noch langsam, auf Krücken gestützt, herumhumpeln.
Wieland haßte die Gefangenschaft und dachte unentwegt über Möglichkeit nach, wie er fliehen könnte. Schließlich hatte er eine Idee; aber es dauerte lange Zeit, bis er sie verwirklicht hatte. Er baute sich Flügel und mit ihrer Hilfe konnte er eines Tages flüchten.
Die Zwerge, von denen die Menschen damals glaubten, erzählten sich die Vorfahren der Germanen auch viele Sagen. Sie waren davon überzeugt, daß die Zwerge, die tief in den Bergen und Wäldern lebten, geheime Plätze von Edelsteinen, Erzen und Metallen kannten. Die Zwerge waren auch die Lehrmeister der Riesen, die für die Arbeit eines Schmieds durch ihre Kraft und Stärke besonders geeignet waren.
Auch Siegfried in der Nibelungensäge lernte von einem Riesen die Kunst, ein gutes und kraftvolles Schwert zu schmieden, ein Schwert, das sogar Eisen spalten konnte, mit dem er sogar einen Drachen töten konnte.
Das Schmieden war das erste und sehr lange Zeit einzige Gewerbe, das die Germanen kannten. Alle anderen handwerklichen Verrichtungen wurden im Hause, meinst von Frauen, ausgeübt. Man spann Flachs und Schafwolle, kannte die Kunst des Webens und bestickte die Gewebe mit Ornamenten.
Die Schmiedekunst lieferte nicht nur Waffen, sondern auch Ringe, Sprangen, Ketten, Beschläge, oft mit bunten Halbedelsteinen besetzt.
Die Germanen wohnten in Häusern, die aus lehmgeworfenem Flechwerk, später aus behauenen Balken bestand. Die Balken waren durch Schnitzereien verziert. Zur Abschreckung böser Geister brachte man Tierschädel an den Häusern und Toren an. Das Haus befaßte zuerst einen einzigen Raum, in dem ein Teil des Viehs mit untergebracht war. Später baute man Nebengebäude für das Gesinde. Ställe und Vorratsräume trennten wohl auch im Hauptgebäude Schlafkammern von dem Wohnraum ab oder man verlegte sie in ein Dachgeschloß. In der Mitte des Wohnraums stand ein Herd, über dem ein Kessel hing. Der Rauch zog durch eine Öffnung im Dach ab. Neben dem Bette, das anfangs nur ein Lager aus Laub und Stroh war, gab es Tische und Stühle, Bänke, Schemel und Truhen als Einrichtungsgegenstände.
Die Frauen trugen Hemden und Überkleider aus Leinen und Wollstoffen, meist mit bunten Fäden bestickt. Die Männer trugen über einem kurzen Hemd-Rock Tierfelle und später nach Art der römischen Soldaten Mäntel und wollene Überhänge. Die aus Leder oder Bronze gefertigten Gürtel waren oft kunstvoll gearbeitet.