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2. Literatur im Exil (1933-1945)

Am 10. Mai 1933, ein Vierteljahr nach Hitlers Machtergreifung, wurden in der Reichshauptstadt Berlin und in vielen anderen deutschen Universitätsstödten Bücher deutscher Autoren verbrannt, weil sie als „schädlich“ für das deutscher Volk galten.

Für zahlreiche deutsche, zunächst vor allem für die jüdischen Autoren bestand nach der nationalsozialistischen Machtergreifung in Deutschland eine unmittelbare Lebensgefahr.

Exil“ bedeutet den längeren – unfreiwilligen – Aufenthalt in einem fremden Land. Für deutsche Emigranten boten sich zunächst die europäischen Nachbarländer als Zufluchtsorte an: die deutschsprachige Schweiz, Frankreich – vor allem Paris -, die skandinavischen Länder, dei Tschechoslowakei und die Sowjetunion. Als 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach, wurde die Lage deutscher Emigranten in den europäi­schen Gastländern zunehmend gefährlich; es spielten sich zum Teil dramatische Schicksale ab, bis es ihnen gelang, ein Visum und vor allem eine Schiffskarte für die Flucht nach Nord- oder Südamerika zu bekommen, wo ab 1940 die meisten deutschen Emigranten lebten.

Trotz der großen Schwierigkeiten entstand auch in diesen Jahren deutschsprachige Literatur, die zum überwiegenden Teil erst in den 50er Jahren in Deutschland bekannt wurde. Es ist nicht leicht, einheit­liche Themen und Tendenzen dieser Literatur nachzuzeichnen.

Diese gemeinsame Ablehnung hatte verschiedene Auswirkungen: Einige Schriftsteller zogen sich zurück oder nahmen sich aus Verzweif­lung das Leben. Andere engagierten sich in ihrem Gastland politisch, machten auf die schlimmen Zustände in Deutschland aufmerksam oder stellten ihre Schriften zunächst ganz in den Dienst der antifaschistischen Propaganda. In Prag und Amsterdam wurden deutsche Verlage gegründet (Malik-Verlag in Prag/London, Ouerido- Verlag in Amsterdam).

In den ersten Jahren des Exils erschienen einige von Emigranten herausgegebene Zeitschriften.

Bertolt Brecht, Lion Feuchtwanger und Willi Bredel veröffentlichten in Moskau die Zeitschrift Das Wort (1936-1939). Klaus Mann, ein Sohn Thomas Manns, versuchte in Amsterdam, die Exilautoren zu mobilisieren und ihnen eine Publikationsmöglichkeit im Ausland zu geben. Th. Mann wandte sich später in 55 kurzen Rundfunkan­sprachen, die der britische Sender BBC 1940-1945 ausstrahlte, aufrüt­telnd, warnend und auch anklagend an das deutsche Volk.

In der Tetralogie stellte Th. Mann Joseph als Vermittler zwischen dem Mythos und der geschichtlichen Wirklichkeit dar.

Neben den historischen Romanen gehören zur Exilliteratur viele Werke, die das Exil selbst zum Thema haben. Ein Zeitroman mit aktuellem Bezug ist Klaus Manns Der Vulkan. Roman unter Emigran­ten (1939). K. Mann hatte nach seinen frühen Versuchen, die Emigran­ten zu gemeinsamem Handeln zu bewegen, resigniert. Schauplatz sei­nes Romans ist Paris.

Lion Feuchtwanger(1884-1958) errang im In- und Ausland schon früher beachtlichen Erfolg mit seinen Romanen „Die häßliche Herzogin Margarete Maultasch“ (1923) und „Jud Süß “(1925). Romanzyklus Der Wartesaal besteht aus den Tei­len Erfolg. Drei Jahre Geschichte einer Provinz (1930), Die Geschwister Oppenheim (1933) und Exil (1940). Feuchtwanger war 1933 von einer Vortragsreise nicht nach Deutschland zurückgekehrt und lebte bis 1940 in Frankreich, von wo er nach der Flucht aus dem Internierungslager über Spanien und Portugal nach Amerika emigrierte. Die Figuren seiner drei thematisch abgeschlossenen Romane sind zum Teil verschlüsselte Personen des Zeitgeschehens. In der Zeit seiner Emigration entstand „Der falsche Nero“(1936), ein Schlüsselroman um Adolf Hitler und „Die Füchse im Weinberg“(1950)

Anna Seghers, die 1933 nach Frankreich floh und 1941 weiter nach Mexiko emigrierte, engagierte sich auch im Exil politisch. Sie schrieb Romane, die das Exil oder den von kommunistischer Seite geförderten Widerstand gegen den Nationalsozialismus thematisierten. Transit (1944 in spanischer und englischer Sprache, 1948 in deutscher Sprache) verarbeitet die Erlebnisse in Marseiile, bevor A. Seghers mit einem Frachtschiff nach Mexiko fahren durfte. Der Paß, ohne den der Mensch keine Identität mehr zu haben scheint, wird hier zum Motiv. Es verdeutlicht die Situation der Emigranten, die in Marseiile für ein Schiffsticket kämpften, um dem sicheren Tod zu entgehen. Die wachsende Entfremdung von der Heimat, die undurchschaubare Bürokratie der Ausreisebehörden und die Ungewißheit ergeben ein düsteres Bild der Sinnlosigkeit, die an Kafkas Erzählungen erinnert.

Das siebte Kreuz. Roman aus Hitlerdeutschland (1942) brachte Anna Seghers internationalen Erfolg. Das Werk schildert den Weg des Kommunisten Heisler, dem die Flucht aus einem Konzentrationslager gelang. Diese Flucht findet zunächst kein Ende. Die Welt verwandelt sich in ein,,System lebender Fallen“, bis er es schließlich schafft, sich ins Ausland zu retten. Sehr genau wird die Solidarität der Arbeiter mit Georg geschildert. Die Kompositionstechnik des Romans, zahlreiche Rückblenden und eine Rahmengeschichte ergeben ein realistisches Bild Deutschlands, das Anna Seghers im mexikanischen Exil niederschrieb.

Thomas Mann beschäftigte sich im Exil weiterhin mit Goethe, als dessen Nachfolger er gerne gesehen werden wollte. Lotte in Weimar (1939) erzählt von einem Treffen Goethes mit der alten Dame Charlotte Buff (Werthers „Lotte" aus Goethes Briefroman Die Leiden des jungen Werthers). Ironisch distanziert verknüpft Th. Mann in diesem Roman, den er eine „intellektuelle Komödie“ nannte, Phantasie und Wirklichkeit, Kunst und Leben, Wissen und Erkennen. Im amerikanischen Exil entstand auch Th. Manns Doktor Faustus. Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn, erzählt von einem Freunde (1947). Über diesen „Roman der Endzeit“ sagte er:

nichts Geringeres als den Roman meiner Epoche, verkleidet in die Geschichte eines hochprekären und sündigen Künstlerlebens.

In Doktor Faustus fließen viele Zeitebenen zusammen, Th. Mann erarbeitete den gesamten Fauststoff. Der Roman ist zugleich eine literarische Darstellung des Phänomens des Faschismus und die Künstlerbiographie des Musikers Adrian Leverkühn, die von seinem Freund Serenus Zeitblom aufgezeichnet wurde.

Neben den historischen Romanen und den Romanen mit aktuellem Zeitbezug gab es noch weitere Versuche, die Situation im Exil schreibend zu bewältigen.

Von 1932 bis 1942 schrieb Hesse in der Schweiz, wo er schon seit 1912 wieder wohnte,,,aller Vergiftung der Welt zum Trotz“. Das Glasperlenspiel. Versuch einer Lebensbeschreibung des Magister Ludi Josef Knecht samt Knechts hinterlassenen Schriften (1943). Knechts hinterlassene Schriften führen in frühere Epochen der Menschheitsgeschichte zurück. Seine Biographie macht zusammen mit diesen Schriften an einem „individuellen, aber überzeitlichen Lebenslauf (...) die innere Wirklichkeit Kastaliens (...) sichtbar“: humanistische Geistigkeit, die sich sämtlichen Inhalten und Werten der Menschheitskultur verpflich­tet weiß und „der Welt ihr geistiges Fundament zu erhalten“ sucht, den Sinn für die Wahrheit. Die Gelehrten sinnen im Glasperlenspiel über die Grundformen der zeitlosen Existenz nach. Da Knecht um 2400 die pädagogische Provinz durch Ordensdünkel und Standeshochmut bedroht sieht, kehrt er – seinem Gewissen folgend – als Lehrer eines einzigen Schülers ins alltägliche Leben zurück.

1934 erschien in Amsterdam Brechts Dreigroschenroman, eine „ins Epische transponierte Variation“ der Dreigroschenoper Er überrtrug die Verfremdungstechnik seiner Dramen auf diesen Roman. Brecht war vor 1933 der führende Vertreter der jungen Dramatiker in Deutschland. 1933 – 1939 lebte Brecht in Dänemark, 1941 emigrierte er nach Amerika. Dort entstanden seine wichtigsten Stücke, vor allem auch seine Theorie des Epischen Theaters, die er 1949 unter dem Titel Kleines Organon für das Theater in der Zeitschrift Sinn und Form veröffentlichte. Brecht betätigte sich selbst immer wieder als Regisseur und wünschte, daß seine Stücke eine wirksame Verbindung von Lehre und Unterhaltung sein sollten. Er wollte jede Illusionsbildung vermeiden und den Zuschauer zum kritischen Betrachten und vor allem zur kritischen Stellungnahme herausfordern. Er nannte das Instrument, mit dem er die Illusion brechen und eine Distanz aufbauen wollte, den,, Verfremdungseffekt“. Darunter verstand Brecht die Veränderung gewohnter Erscheinungen. Seine Stücke werden durch Zwischentitel und Lieder unterbrochen, oft bestehen sie aus lose verbundenen Szenen, die zeitlich weit voneinander entfernt liegen (Mutter Courage und ihre Kinder, Leben des Galilei). Die Schauspieler sollen eine bewußte Distanz zu ihrer Rolle behalten. Im Epilog von Der gute Mensch von Sezuan heißt es:

Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen

Den Vorhang zu und alle Fragen offen.

Im Exil hat Brecht den Unterschied zwischen dem herkömmlichen „dramatischen“ und seinem „epischen“ Theater erklärt:

Der Zuschauer des dramatischen Theaters sagt: Ja, das habe ich auch schon gefühlt. – So bin ich. – Das ist nur natürlich. – Das wird immer so sein. – Das Leid dieses Menschen erschüttert mich, weil es keinen Ausweg für ihn gibt. -Das ist große Kunst: da ist alles selbstverständlich. – Ich weine mit den Weinenden, ich lache mit den Lachenden.

Der Zuschauer des epischen Theaters sagt: Das hätte ich nicht gedacht. – So darf man es nicht machen. – Das ist höchst auffällig, fast nicht zu glauben. -Das muß aufhören. – Das Leid dieses Menschen erschüttert mich, weil es doch einen Ausweg für ihn gäbe. – Das ist große Kunst: da ist nichts selbstverständ­lich. – Ich lache über den Weinenden, ich weine über den Lachenden.

Mutter Courage und ihre Kinder. Eine Chronik aus dem Dreißigjährigen Krieg (1941 in Zürich uraufgeführt) brachte in 12 Bildern das Schicksal der Marketenderin Courage auf die Bühne. Der Stoff geht zurück auf Grimmelshausens Barockroman Simplicissimus. Mutter Courage versteht es, am Krieg zu verdienen. Sie fährt mit ihren Söhnen Eilif, Schweizerkas und der stummen Tochter Katrin den Kriegstruppen hinterher und verkauft, was die Soldaten brauchen. Brecht zeigte hier nicht die große Geschichte selbst, sondern machte vor ihrem Hintergrund die Geschichte der kleinen Leute deutlich. Mutter Courage verliert in diesem Krieg ihre drei Kinder, doch sie lernt nichts dazu. Sie nimmt ihren Planwagen und zieht weiter:

Hoffentlich zieh ich den Wagen allein. Es wird schon gehn, es ist nicht viel drinnen. Ich muß wieder in Handel kommen.

Brecht ging es darum, daß vor allem der Zuschauer etwas lernt und nicht die auf der Bühne dargestellten Personen. Das Stück verbindet den Handlungsablauf mit Songs, die nicht nur die Handlung erhellen und kommentieren, sondern das Geschehen auf der Bühne deutlicher machen und neu interpretieren. Das melancholische „Lied von Salomon, Julius Caesar und anderen großen Geistern, denens nicht genützt hat“ handelt von Tugenden, die nichts mehr nützen. Die Strophen enden mit dem zur jeweiligen Tugend passenden Refrain:

Und seht, da war es noch nicht Nacht

Da sah die Welt die Folgen schon:

Die Redlichkeit hatt ihn so weit gebracht!

Beneidenswert, wer frei davon!

Die erste Fassung von Leben des Galilei entstand im dänischen Exil. 1943 wurde das Stück in Zürich uraufgeführt. Wie die Romanautoren der frühen Exilliteratur machte auch Brecht einen Schritt zurück in die Geschichte. In freier Behandlung des historischen Stoffs um den italie­nischen Physiker Galileo Galilei (1564-1642) thematisierte er die Frage nach der Verantwortung der Wissenschaften gegenüber der Mensch­heit. Galilei entdeckt durch seine Versuche, daß die von Kopernikus formulierte These (s. S. 39) richtig ist. Er gerät mit dieser Entdeckung in Widerspruch zu der Auffassung der Kirche, daß die Erde der Mittelpunkt des Universums sei. Galilei widerruft schließlich seine These, um der Inquisition zu entgehen und in Ruhe forschen zu können. Offensichtlich parallelisierte Brecht die Situation Galileis mit der Situation vieler deutscher Wissenschaftler nach Hitlers Machtergreifung.

Teile des Parabelstücks Der gute Mensch von Sezuan (1943 in Zürich uraufgeführt) hatte Brecht schon um 1930 konzipiert. Der ursprüngli­che, bewußt mit dem Wort spielende Titel lautete Die Ware Liebe. Drei Götter wollen auf der Welt den guten Menschen finden. Die Prostituierte Shen Te ist dieser einzige gute Mensch. Die Götter geben ihr zögernd etwas Geld, damit sie einen Tabakladen eröffnen kann. Shen Te kann nur gütig bleiben gegenüber ihrer Umwelt und anderen helfen, indem sie ein zweites Ich erfindet. Dieses erfundene zweite Ich ist der grausame Vetter Shui Ta, der sie vor anderen schützt. Am Schluß ruft Shen Te in einer von den Göttern geleiteten Gerichtsverhandlung:

Ja, ich bin es, Shui Ta und Shen Te, ich bin beides.

Euer einstiger Befehl

Gut zu sein und doch zu leben

Zerriß mich wie ein Blitz in zwei Hälften.

Ich weiß nicht, wie es kam: gut sein zu andern

Und zu mir konnte ich nicht zugleich.

Andern und mir zu helfen, war mir zu schwer,

Ach, eure Welt ist schwierig! Zu viel Not, zu

viel Verzweiflung! (...)

Für eure großen Pläne, ihr Götter

War ich armer Mensch zu klein.

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