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Stichworte, Teil 2.doc
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31. Der Zeitpunkt

Eine große Epoche hat das Jahrhundert geboren;

Aber der große Moment findet ein kleines Geschlecht.

62. Wissenschaft

Einem ist sie die hohe, die himmlische Göttin, dem andern

Eine tüchtige Kuh, die ihn mit Butter versorgt.

Der Handschuh

1797

Vor seinem Löwengarten,

Das Kampfspiel zu erwarten,

Saß König Franz,

Und um ihn die Großen der Krone,

Und rings auf hohem Balkone

Die Damen in schönem Kranz.

Und wie er winkt mit dem Finger,

Auf tut sich der weite Zwinger,

Und hinein mit bedächtigem Schritt

Ein Löwe tritt,

Und sieht sich stumm

Rings um

Mit langem Gähnen,

Und schüttelt die Mähnen,

Und streckt die Glieder,

Und legt sich nieder.

Und der König winkt wieder,

Da öffnet sich behend

Ein zweites Tor,

Daraus rennt

Mit wildem Sprunge

Ein Tiger hervor.

Wie der den Löwen erschaut,

Brült er laut,

Schlägt mit dem Schweif

Einen furchtbaren Reif,

Und recket die Zunge,

Und im Kreise scheu

Umgeht er den Leu,

Grimmig schnurrend,

Drauf streckt er sich murrend

Zur Seite nieder.

Und der König winkt wieder,

Da speit das doppelt geöffnete Haus

Zwei Leoparden auf einmal aus.

Die stürzen mit mutiger Kampfbegier

Auf das Tigertier;.

Das packt sie mit seinen grimmigen Tatzen,

Und der Leu mit Gebrüll

Richtet sich auf, da wird’s still:

Und herum im Kreis,

Von Mordsucht heiß,

Lagern sich die greulichen Katzen.

Da fällt von des Altans Rand

Ein Handschuh von schöner Hand

Zwischen den Tiger und den Leun

Mitten hinein.

Und zu Ritter Delorges, spottender Weis’,

Wendet sich Fräulein Kunigund’:

„Herr Ritter, ist Eure Lieb so heiß,

Wie Ihr mir’s schwört zu jeder Stund’,

Ei, so hebt mir den Handschuh auf!"

Und der Ritter, in schnellem Lauf,

Steigt hinab in den furchtbarn Zwinger

Mit festem Schritte,

Und aus der Ungeheuer Mitte

Nimmt er den Handschuh mit keckem Finger.

Und mit Erstaunen und mit Grauen

Sehen’s die Ritter und Edelfrauen,

Und gelassen bringt er den Handschuh zurück.

Da schallt ihm sein Lob aus jedem Munde,

Aber mit zärtlichem Liebesblick —

Er verheißt ihm sein nahes Glück —

Empfängt ihn Fräulein Kunigunde.

Und er wirft ihr den Handschuh ins Gesicht:

„Den Dank, Dame, begehr’ ich nicht!"

Und verläßt sie zur selben Stunde.

TEIL III. DIE ENTWICKLUNG DER DEUTSCHSPRACHIGEN LITERATUR IN DER ERSTEN HÄLFTE DES 19. JAHRHUNDERTS

THEMA 9. Die Epoche der Romantik (1798-1835)

Novalis (Friedrich von Hardenberg) 1772 -1801

HYMNEN AN DIE NACHT

(Diese sechs sich steigernden Hymnen in rhythmischer Prosa sind aus der tiefen Erschütterung über den Tod seiner jungen Braut, Sophie von Kühn, erwachsen. Das wichtige Thema ist Vereinsamung, Todessehnsucht, Entgegensetzung der Urprinzipien Licht und Nacht. Wachen und Schlafen, Leben und Tod.)

Muß immer der Morgen wiederkommen? Endet nie des Irdischen Gewalt? unselige Geschäftigkeit verzehrt den himmlischen Anflug der Nacht. Wird nie der Liebe geheimes Opfer ewig brennen? Zugemessen ward dem Lichte seine Zeit; aber zeitlos und raumlos ist der Nacht Herrschaft. — Ewig ist die Dauer des Schlafs. Heiliger Schlaf — beglücke zu selten nicht der Nacht Geweihte in diesem irdischen Tagewerk. Nur die Thoren verkennen dich und wissen von keinem Schlafe, als den Schatten, den du in jener Dämmerung der wahrhaften Nacht mitleidig auf uns wirfst. Sie fühlen dich nicht in der goldnen Flut der Trauben in des Mandelbaums Wunderöl, und dem braunen Safte des Mohns. Sie wissen nicht, daß du es bist, der des zarten Mädchens Busen umschwebt und zum Himmel den Schoß macht — ahnden nicht, daß aus alten Geschichten du himmelöffnend entgegentrittst und den Schlüssel trägst zu den Wohnungen der Seligen, unendlicher Geheimnisse schweigender Bote.

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