
- •Vorlesung 3 Charakteristik der Wortbedeutung
- •Motiviertheit der Wortbedeutung: Motiviertheit der Zusammensetzungen, Ableitungen, Lautnachahmungen, Wurzelwörter. Das Etymon. Klassifikation der Etymone.
- •Löwe / Katze
- •1 Lexikalische
- •Nebenbedeutungen d, e, f, g - übertragene (uneigentliche) Bedeutun-
Nebenbedeutungen d, e, f, g - übertragene (uneigentliche) Bedeutun-
(Peripherie) gen
E, F, G – phraseologisch gebundene Bedeutungen
Vom Standpunkt der Nominationstechnik aus unterscheidet man direkte (die parallellen Termini: wörtliche, eigentliche nominative) Bedeutungen und übertragene (uneigentliche) Bedeutungen. Den Kern der Bedeutungsstruktur des polysemen Wortes bildet die direkte Bedeutung. Sie wird als Hauptbedeutung bezeichnet. Sie erscheint im Bewuβtsein der meisten Menschen auch bei isolierter Nennung des Wortes. Die Hauptbedeutung des Wortes ist die Bedeutung, die zu einem bestimmten Zeitpunkt als gesellschaftlich wichtigste Bedeutung des Wortes im Bewuβtsein der Sprachgemeinschaft zuerst realisiert wird, z.B. für das Wort “grün” ist das die Farbenbezeichnung. Die anderen Bedeutungen dieses Wortes sind Nebenbedeutungen: B,C – LSV erster Ordnung; primäre Bedeutungs-beziehungen; D, E, F, G - LSV zweiter Ordnung; sekundäre Bedeutungs-beziehungen. Am Beispiel des Wortes “grün” sehen wir die lexikalische Bedeutung als ein Gefüge (ein System, eine Gesamtheit) der LSV, die im Kontext realisierbar sind. Manche Bedeutungen des Wortes treten nur unter besonderen Bedingungen auf, und zwar, wenn das betreffende Wort Bestandteil einer bestimmten stehenden Verbindung ist. Das sind phraseologisch gebundene Bedeutungen. Sie entstehen dann, wenn ein nicht völlig eindeutig abgrenzbare (bestimmbare) Bedeutung von der Verwendung des Wortes in einem bestimmten phraseologischen Kontext abhängt, z.B. mit einem blauen Auge davon kommen – “ohne groβen Schaden davon kommen”, leeres Stroh dreschen – “vergebliche, unnützliche Arbeit tun”.
Man kann die Wortbedeutung auch vom anderen Standpunkt aus klassifizieren, z. B. nach Bezeichnungs- und Inhaltsfunktion. Nach diesem kriterium unterscheidet man drei Typen der lexikalischen Bedeutung oder drei Komponenten der Wortbedeutung: denotative (referentielle), signifikative (designative) und konnotative (bewertende) Komponenten.
Die denotative Komponente entsteht auf Grund der Merkmale des Denotats. Die denotative Komponente ist die realisierte Funktion des Sprachzeichens, einen bestimmten Gegenstand (ein Denotat) zu repräsentieren. Die signifikative Komponente der Wortbedeutung entsteht als Resultat der Inhaltsfunktion des Sprachzeichens, und zwar als das interindividuell invariante Abbild der Merkmale des Denotats. Ein Denotat kann auch einige Signifikate (Designate) haben. So z. B. haben die Bedeutungen der Wörter “Morgenstern” und “Abendstern” verschiedene Inhaltsfunktionen (Begriffe, Signifikate), was durch Merkmale “Morgen” und “Abend” betont wird, aber bezeichnen jedoch ein identisches Denotat, den Planeten Venus. Ähnliche Beispiele:
der Kapitalist - der Arbeitgeber
das straβenmädchen – das Freudenmädchen
der Sieger von Jena – der Besiegte von Waterloo (Napoleon).
Die signifikative Komponente der Wortbedeutung zeigt, “wie” das Denotat von den Sprachträgern wahrgenommen wird, welche Merkmale hervorgehoben werden. Die denotative und die signifikative Komponente der Wortbedeutung bilden eine Einheit, sie werden deshalb oft als denotativ-signifikative Bedeutung bezeichnet. Diese Komponenten gehören zu den rationalen Komponenten der Wortbedeutung, die konnotative Komponente bezeichnet man als emotionale Komponente.
Die konnotative Komponente der Wortbedeutung (m.a.W. konnotative Bedeutung) resultiert aus wertenden semantischen Merkmalen der signifikativen Bedeutung der Wörter. In den Wertungen drücken sich die Beziehungen des Menschen zu den von ihm widerspiegelten Gegenständen und Erscheinungen der objektiven Realität aus. Diese Merkmale werden in der signifikativen Bedeutung des Wortes als begrifflich wertende semantische Merkmale fixiert, z.B. die Wörter “(das) Gelaufe”, “(die) Visage”, “(das) Früchtchen” haben negative begrifflich wertende Merkmale in ihrer Bedeutung oder negative Konnotation; die Wörter “(die) Raumpflegerin”, “(der) Prachtkerl” – positive konnotative Komponente. Die Konnotation geht in die Bedeutungen der Wörter ein, ebenso wie der Begriff (der Begriffskern, Begriffsbedeutung).
W.Schmidt schreibt über den komplexen Charakter der lexikalischen Bedeutung des Wortes. Sie besteht nach W.Schmidt aus dem Begriffskern, Nebensinn und Gefühlswert.
Die Merkmale des Denotats, die das abstrahierende Denken als wesentliche für die Klasse von gegenständen bestimmt hat, bilden den begrifflichen Kern der Wortbedeutung. Dabei wird der populäre (alltägliche) Begriff gemeint. Z.B. für die Bedeutung des Wortes “Pferd” sind folgende Merkmale wesentlich: das Huftier, Gebrauchstier, wiehert, nicht gestreift.
Wörter mit gleichem oder identischem Begriffskern können aber unterschiedliche kommunikative Effekte erzielen. So beziehen sich die Wörter “Feierabendheim” und “Altersheim” auf dieselbe Klasse von denotaten, haben denselben begrifflichen Kern, und zwar: Wohnhaus für alte Menschen. Dennoch haben diese Wörter unterschiedliche signifikative Bedeutung. Dieser Unterschied wird durch unterschiedliche assoziative Beziehungen der Morpheme erzeugt. Wir verbinden mit “Feierabendheim” unwillkürlich Ruhe, Heimat, Gemütlichkeit, mit “Altersheim” dagegen in erster Linie Alter, Lebensende der Menschen. Man bestimmt den Nebensinn in der signifikativen Bedeutung des Wortes als Begleitvorstellungen, die gewohnheitsgemäβ bei allen Sprechern einer Sprachgemeinschaft aufgelöst werden, die aber interindividuell sind und mit dem Begriffskern nicht übereinstimmen. Z.B. beim Vergleich der Wörter “Kehrfrau”, “Putzfrau”, “Reinigungskraft” und “Raumpflegerin” erkennen wir, dass die unterschiedliche Wirkung der Wörter nicht auf dem begrifflichen Kern beruht. Dieser kern ist annähernd identisch. Er besteht aus den Merkmalen: Frau, Agens, saubern, Räume, und aus anderen Elementen. Die assoziativen Beziehungen (Nebensinn), die von den verbalen Bestandteilen dieser Substantive ausgehen, bewirken unterschiedliche Reaktionen: “kehren” und “putzen” beziehen sich auf die manuelle Arbeit zur Beseitigung des Schmutzes, “reinigen” läβt auch technische Hilfsmittel zu. Und “pflegen” schafft die Beziehung zu feiner, sauberer Arbeit. Noch ein Beispiel: “Tischler” und “Schreiner” (vgl. im Russischen “плотник” и “столяр” ).
Die konnotative Bedeutung (oder der Gefühlswert, die Wertung) der Wörter wird durch die negativen oder positiven Wertungselemente gegeben, die mit dem begrifflichen Kern verbunden sind. Die Wertungselemente ist der Ausdruck der Billigung oder Miβbilligung, Hoch- oder Geringsschätzung des Denotats durch die Sprachgemeinschaft. Sie werden sprachlich entweder durch bestimmte Morpheme repräsentiert oder durch die lexikalische Einheit erzeugt. Der Gefühlswert kann durch wortbildende Präfixe (bei den Verben auch Suffixe), Bestandteile der Komposita, metaphorische Übertragung ausgedrückt werden, z.B. negativ bewertende Bedeutung verleihen dem Wort folgende Präfixe und Suffixe:
ver- : versalzen, verachten; erz- : erzfaul, erzdumm
-ling : der Schreiberling -chen : das Dämchen, das Freundchen
Ge- : das Gelaufe, das Gerede - erei : die Singerei, die Sauerei