
sotsrobota_4
.pdfdürfen. Sie handeln präventiv, wenn Sie den Kindern vermitteln, dass ihr eigener Körper etwas Wertvolles und Einzigartiges ist. Jedes Kind hat das Recht, ihn zu schützen. Nutzen Sie für diese Körpererfahrungen beispielsweise eine Fotogalerie, fotografieren Sie jedes Kind und hängen Sie alle Fotos im Gruppenraum auf. Vorher können Sie mit den Kindern die körperlichen Unterschiede herausarbeiten, z. B. das Geschlecht, die Körpergröße, Gewicht, Haut-, Haarund Augenfarbe.
Besprechen Sie mit den Kindern anhand von Bilderbüchern, Liedern und Geschichten, dass niemand – weder Erwachsene noch andere Kinder – das Recht hat, ein Kind zu verletzen oder ihm wehzutun.
Mit einem solchen Vorgehen leisten Sie effektive Präventionsarbeit: Sie vermitteln allen Kindern Wertvorstellungen, die die Kinder nicht erschrecken, weil sie sich nicht auf punktuelle Warnungen beziehen. Sie stärken die Kinder langfristig, indem Sie Selbstbewusstsein vermitteln und Handlungsalternativen aufzeigen, ohne dass Sie gewaltsame sexuelle Übergriffe ansprechen müssen [18].
Text 20.
Wenn Ihr Kind zum Opfer wird. Gewalt unter Kindern
Überhaupt nicht mehr lustig wird es jedoch, wenn eine ernste Bedrohungssituation entsteht, mehrere gegen einen oder ältere gegen jüngere gewalttätig werden. Dies kann in der Schule, aber auch auf dem Spielplatz oder dem Nachhauseweg passieren. Und nicht immer sind Sie da, um Ihr Kind zu beschützen...
Wichtig ist deshalb, dass Sie mit Ihrem Kind besprechen, was es tun kann, wenn es in eine Situation gerät, in der ihm Gewalt angedroht wird. Besonders dann, wenn Ihr Kind schon häufiger verprügelt wurde. Was tun?
Eine Möglichkeit, körperlichen Auseinandersetzungen zu vermeiden ist, bedrohlichen Situationen aus dem Weg zu gehen. Wenn Ihr Kind weiß, wo der Treffpunkt besonders gewaltbereiter Kinder ist, ist es nicht feige, sondern eher klug, diesen Ort zu meiden.
Oft lassen sich solche Situationen aber nicht aus dem Weg gehen. In der Regel sieht sich ihr Kind plötzlich einer Gruppe von Kindern gegenüber, die zunächst mit Sprüchen versuchen, eine Situation zu etablieren, in der es zur Klopperei kommen kann.
Zwei Reaktionen sind möglich: Entweder die Beine in die Hand nehmen oder sich nicht provozieren lassen.
61
Wird dennoch weiter gepöbelt, sollte ihr Kind versuchen Ruhe zu bewahren. Am besten ist, wenn es direkt mit dem Wortführer spricht und fragt was los sei. "Ich will keinen Ärger" oder "Wenn es ein Problem gibt, dann lass es uns besprechen", sind Antworten, die den Provokateuren unter Umständen den Wind aus den Segeln nehmen, denn sie erwarten ja eine Reaktion, die ihren körperlichen Angriff rechtfertigt. Auch das Eingehen auf Sticheleien und Beleidigungen sollte vermieden werden, denn Rechtfertigungen fordern nur dazu auf, neue Beleidigungen vorzubringen.
In einer solchen Situation ist natürlich das Selbstbewusstsein entscheidend. Besonders wichtig ist nämlich, dass Ihr Kind ruhig bleibt. Wenn es nervös wird und unruhig von einem Gegner zum anderen guckt, wird es schnell als willkommenes Opfer betrachtet. Doch wie können Sie Ihrem Kind helfen, ein gutes Selbstwertgefühl aufzubauen, damit es zum einen nicht bevorzugtes Opfer wird und zum anderen in Gewaltsituationen die Nerven bewahrt?
Zunächst ist es wichtig, dass Sie Ihrem Kind erklären, dass Kinder, die schnell zuschlagen, ein Problem haben. Sie sind hochgradig frustriert und kennen keinen anderen Weg, ihren Frust abzubauen. Einige haben ein schlechtes Selbstwertgefühl und wollen sich in Schlägereien beweisen. Anderen geht es um die Anerkennung in der Gruppe, die sie erreichen wollen, indem sie sich durch Gewalt hervortun.
Die Gründe, warum Kinder Kinder schlagen, können also vielfältig sein. Wichtig ist, dass Ihr Kind weiß, das es nichts mit seiner Persönlichkeit oder seinem Wert zu tun hat, wenn es Opfer wird! Denn Opfer werden in der Regel Kinder, die in den Augen der Täter schwächer erscheinen, z.B. weil sie jünger oder eben nur anders sind.
Spielen Sie deshalb mit Ihrem Kind eine Bedrohungssituation zu Hause einmal durch. Versuchen Sie als Angreifer Ihr Kind zu provozieren und gehen Sie verschiedene Reaktionsmöglichkeiten durch. Das könnte Ihrem Kind helfen, in einer Gewaltsituation taktisch klug zu reagieren.
Stärken Sie das Selbstwertgefühl Ihres Kindes.
Das Problem ist, dass ein körperlicher Angriff das Selbstwertgefühl Ihres Kindes stark beeinträchtigen kann. Dies könnte dazu führen, dass es wiederholt als Opfer ausgesucht wird.
Wenn Ihr Kind verprügelt nach Hause kommt, sollten Sie es niemals mit Vorwürfen überschütten. Sätze wie "Hättest du denn nicht weglaufen/dich wehren/Hilfe holen können" oder dergleichen, helfen Ihrem Kind nun wenig. Viel wichtiger ist es in einer solchen Situation, dass Sie Ihr Kind trösten und sein Selbstbewusstsein stärken [34].
62
Text 21.
Gewalt in Familien
Gewalthandeln und Gewalterfahrungen in Familien und den sonstigen Lebensräumen sind alltäglich. In den westlichen Industriestaaten werden etwa 60 bis 80 % der Kinder mit körperlichen Strafen erzogen. Begrenzte körperliche Gewalt, der "Klaps" oder die "Ohrfeige" werden als übliche und gelegentlich auch angebrachte Erziehungsmittel angesehen, der Übergang von der Ohrfeige zum Prügeln ist fließend. Kinder erfahren von anderen Kindern körperliche Gewalt im Kindergarten, in der Schule, in der Freizeit. Ebenso lassen sich im Alltag Beispiele für seelisches Gewalthandeln finden: die Missachtung, die Erniedrigung etc. in Familien, der Schule, am Arbeitsplatz.
Zum Alltag gehört auch die tägliche Begegnung mit Gewalt in Berichten und Darstellungen über reale oder virtuelle Gewalt in den verschiedenen Medien, journalistisch oder künstlerisch bearbeitet. Dabei hat Gewalt oft eine faszinierende Tönung. Gelegentlich wird von Gewalt in privaten Bereichen mit einem anerkennenden Ton erzählt. Manche Ehepaare berichten von begrenzter gegenseitiger Gewaltausübung als Konfliktlösungsmittel. Ab und zu berichten Mütter stolz von väterlicher Gewalt, die nach einer längeren Zeit von Konflikten gegenüber den Kindern eingesetzt wurde.
Die Faszination der Gewalt ist nur eine Seite, eine andere ist das Entsetzen darüber, die Verurteilung von Gewalt, der bewusste Verzicht auf Gewalt, tägliche gewaltfreie Aushandlungen. Gewalt ist zwar üblich, deswegen ist sie jedoch nicht legitim oder gerechtfertigt. Gewalt wird schon deswegen nicht widerspruchslos und selbstverständlich hingenommen, weil in den letzten Jahren (Jahrzehnten) mit der zunehmenden Betonung individueller Rechte eine wachsende gesellschaftliche Sensibilisierung gegenüber Gewalthandeln stattgefunden hat. Damit ging auch eine Erweiterung des Gewaltbegriffs einher: jenseits von harter körperlicher Gewalt sind auch bestimmte psychische Formen von Gewalt definiert worden. Die Entdeckung und Anerkennung von "Kindheit" und der sich erweiternde Respekt gegenüber Frauen als Personen haben zur Wahrnehmung von familialer Gewalt als einer Gewalt gegen Kinder und Frauen geführt. Die Sensibilisierung gegenüber Gewalt bedeutet nicht nur eine Ausweitung des Gewaltbegriffs, sondern auch eine veränderte Beurteilung von Gewalt. Die erhöhte Sensibilität kann somit einerseits mit einer erhöhten Wahrnehmung von Gewalt einhergehen. Die
63
Verschiebungen in den Machtverhältnissen können andererseits aber auch zu Gewalthandlungen führen, da sie zum Anlass von Konflikten werden.
Hinsichtlich der Einstellung zur Gewalt bestehen auf der gesellschaftlichen und der individuellen Ebene ambivalente Strömungen. In Konfliktsituationen physisch und psychisch gewaltfrei zu handeln, ist ein hoher Anspruch; dies bedarf persönlicher Fähigkeiten und akzeptierter Regeln. Gewalt, ist ein weit verbreitetes Konfliktlösungsmuster, dessen Einsatz jedoch unwahrscheinlicher wird, wenn andere und vielfältigere Möglichkeiten der Konfliktlösung zur Verfügung stehen. Um andere Formen akzeptieren zu können, ist es manchmal aber notwendig, sich von bestimmten gesellschaftlichen Überzeugungen zu lösen, beispielsweise davon, dass "wahre" Männlichkeit durch Ausübung von physischer Gewalt gekennzeichnet sei.
In einem Beratungszusammenhang wird der Bewertung von bestimmten Handlungen als Gewalt dementsprechend nicht von allen Beteiligten zugestimmt. Der Deutsche Kinderschutzbund definiert "Kindesmisshandlung" im engeren Sinn folgendermaßen: "Kindesmisshandlung ist eine nicht zufällige bewusste/unbewusste gewaltsame körperliche/seelische Schädigung, die in Familien/Institutionen geschieht und die zu Verletzungen/ Entwicklungshemmungen oder sogar zum Tode führt und die das Wohl und die Rechte eines Kindes beeinträchtigt oder bedroht." Damit werden körperliche und seelische Handlungen mit Wirkungen in Zusammenhang gebracht: Verletzungen, Entwicklungshemmungen, die Beeinträchtigung des Kindeswohls und der Kinderrechte [39, c. 9–10].
Text 22.
Mobbing in der Schule
Lisa mag nicht mehr zur Schule gehen. Denn in ihrer Klasse sind Mandy, Cora und Anni, die Lisa nicht leiden können. Sie machen ihr den Schulalltag zur Hölle und haben bereits die ganze Klasse gegen sie aufgehetzt. „Sie lachen ständig über mich und bewerfen mich die ganze Zeit mit Papierkugeln“, erzählt die Fünftklässlerin und weint. „Ich geh´ da nicht wieder hin.“
Lisa ist nicht die einzige, die in der Schule schwer unter Spott und Hänseleien ihrer Mitschüler leiden muss. Mobbing ist eine spezielle Form aggressiven Verhaltens und besteht aus anhaltenden Schikanen durch ein oder mehrere Personen gegenüber einem einzelnen physisch oder psychisch Schwächeren. Man schätzt, an deutschen Schulen wird mindestens jedes zehnte Kind ernsthaft gemobbt.
64
Mobbing in der Schule funktioniert unterschiedlich: So wie Lisa werden viele Kinder ausgelacht und mit Worten verspottet. Andere werden komplett ignoriert bei Gesprächen und Aktivitäten nicht mit einbezogen. Beliebt ist es auch, böse Gerüchte zu streuen oder seine Niedertracht gegen das Opfer selbst oder dessen Habe zu richten. Meistens beginnt es harmlos: Einige finden es originell den Leidtragenden mit Papierkügelchen, Kreide oder anderen Dingen zu bewerfen, bemalen dessen Schulhefte, nehmen sie ganz weg oder machen Hefte, Füller oder Lineal einfach kaputt. Doch Mobbingopfer werden auch erpresst, getreten, gestoßen und verprügelt.
Mobbingopfer sind oft wenig beliebt. Man mag sie nicht, weil sie sich anders verhalten: Sie sind Musterschüler, Streber oder „langweilige graue Mäuse“. Häufig werden sie auch wegen ihrer äußeren Erscheinung zu Außenseitern. Übergewicht, Stottern oder „uncoole“ Kleidung können direkte Aufhänger für die Übergriffe werden. Makellosigkeit und Markenkleidung bestimmen auch in der Schule die Popularität.
Dass Mobbingopfer am wenigsten beliebt sind, kann ebenfalls Folge von Mobbing sein. In der Regel fängt einer an, andere machen mit und bald bildet sich eine Gruppe von anfeuernden Zuschauern. Wird über längere Zeit gemobbt, verändert sich allmählich die allgemeine Wahrnehmung: Das Opfer erscheint immer mehr als wertlos und die schlechte Behandlung verdienend. Und irgendwann empfinden alle direkt und indirekt Beteiligten Schikanieren als normal.
Besonders gerne wählen sich die Täter sensible Mitschüler mit wenig Selbstbewusstsein aus, die sich nicht wehren können und ihnen unterlegen sind. Denn nur dann macht Mobbing Spaß. Auch auf Kinder, die besonders arglos und vertrauensvoll auf ihre Mitschüler zugehen, zielen die Übergriffe. Persönliche Gefühle der Täter spielen ebenfalls eine Rolle, bei der Wahl eines Mobbingopfers. Sie wollen sich rächen, sind eifersüchtig oder fürchten einen Konkurrenten. Mobbingopfer sind aber auch Schüler, die neu in eine Klassengemeinschaft kommen und noch nicht integriert sind. Mobbing in der Schule wird leider häufig nicht ernst genommen. Lehrer bekommen wenig davon mit, da meist mit subtilen Methoden gemobbt wird und Schikanen in Pausen oder auf dem Schulweg ausgeübt werden.
Aus vorliegenden Untersuchungen lässt sich jedoch ableiten, dass Mobbing sowohl die Sozialentwicklung als auch das Lernen von betroffenen Kindern oder Jugendlichen stark beeinträchtigt. Betroffenen Schüler leiden stark, verlieren ihr Selbstvertrauen komplett, entwickeln
65
Depressionen, und Konzentrationsprobleme, Ihre Schulleistungen brechen ein und es entsteht Schulangst. Andere ziehen sich zurück oder werden aggressiv. Bei vielen Kindern entstehen psychosomatische Erkrankungen wie Appetitlosigkeit, Übelkeit, Magenschmerzen, Atemnot, und Schlafstörungen.
Da sich Mobbingopfer selbst nicht mehr helfen können, aber gleichzeitig ihre Probleme für sich behalten, ist es wichtig für Eltern Anzeichen von Mobbing zu erkennen [24].
Text 23.
Scheidung und Kinder
In Deutschland geht etwa jede dritte Ehe in die Brüche, was besonders für die Kinder aus diesen Beziehungen weit reichende Folgen hat. Die gesamte Lebenssituation der Kinder verändert sich dramatisch. Sie müssen nicht nur die Trennung der Eltern verkraften, sondern in der Folgezeit oft auch mit neuen Partnern ihrer Eltern zurechtkommen. Wohnungsund Schulwechsel, materielle Einschränkungen, Besuchsregelungen und vieles mehr müssen sie verkraften. Damit einhergehen Wut, Trauer, Scham, Angst und Schuldgefühle.
Auch in Ideal-Familien läuft nicht alles rund und sie sind keine Garantie dafür, dass Kinder sich gesund entwickeln. Dennoch dürfen die Auswirkungen, die Elterntrennungen auf die Kinder haben können, nicht ignoriert werden. Wissenschaftliche Untersuchungen beweisen: Mehr als die Hälfte der Kinder leiden nach einer Trennung oder Scheidung unter erheblichen und vielfältigen Symptomen, wie etwa psychosomatischen Beschwerden, emotionaler Labilität, Schlafstörungen, Leistungsabfall und Kontaktängsten. Diese Symptome waren in vielen Fällen auch noch nach 3-6 Jahren zu beobachten. In manchen Fällen zeichnen sich Belastungen erst im Lauf der Zeit ab.
Viele Eltern fragen sich, ob sie sich scheiden lassen dürfen. Denken sie an die Entwicklung ihres Kindes, beginnen sie an der Richtigkeit ihres Entschlusses zu zweifeln. An einer einmal zerrütteten Ehe festzuhalten, macht in der Regel keinen Sinn. Die Atmosphäre eines solchen Zuhauses ist für Kinder Gift. Wichtiger ist es, seinen Kindern in der Phase der Scheidung die richtige Stütze zu sein. Genau wie die Erwachsenen können die Kinder ihre Gefühle kontrolliert durchleben und es schaffen, ihre Verzweiflung, Trauer und Wut zu bewältigen. Ein stabiles, faires, verlässliches, ehrliches und harmonisches Umfeld ist dafür aber wichtig. Wenn eine Trennung unumgänglich ist, müssen Eltern für ein solches Umfeld sorgen und ihnen damit feste Werte bieten, an denen sie sich orientieren können.
66
Um den Kindern zu helfen, ist es für Eltern wichtig, dass sie verstehen, was ihre Kinder fühlen. Ihre Gedanken und Reaktionen dürfen nicht ignoriert werden. Dass Eltern nicht mehr zusammen leben können oder wollen, ist für die Kinder oft nicht verständlich und interessiert sie wenig. Für sie ist einfach eine geliebte Person – eine wichtige Bezugsperson – nicht mehr bei ihnen. Einige reagieren aggressiv auf das Elternteil, welches sie ihrer Meinung nach, im Stich gelassen hat. Oft geben sich die Kinder auch selbst die Schuld daran. Eltern sollten ihre Kinder entsprechend ihres Alters über ihre Trennung informieren. Sie können ihnen erklären, warum Mama und Papa nicht mehr zusammen leben können und dabei betonen, dass auf keinen Fall die Kinder schuld daran sind.
Einige Mütter oder Väter sind so verletzt oder wütend über den Expartner, dass sie vergessen, dass Kinder beide Elternteile lieben. Wenn Eltern ihren eigenen Frust bei ihrem Kind ablassen, den Partner schlecht machen, fühlen sich die Kinder noch verzweifelter. Sie verstehen gar nicht, warum Papa oder Mama plötzlich böse sein soll. Eltern sollten ein neutrales und realistisches Bild von ihrem Expartner vermitteln, mit diesem zusammen arbeiten und die Kinder weiterhin gemeinsam erziehen. Sie können sich auch bemühen, die Welt Ihrer Kinder so wenig wie möglich zu verändern und ein verlässliches und soziales Beziehungsnetz schaffen, indem sie Großeltern, Freunde und Verwandte – auch die des Expartners – mit einbeziehen.
Kinder und ihre Familien brauchen in dieser Zeit des Umbruchs Unterstützung und Entlastung. In speziellen Therapien können betroffene Kinder lernen, ihre Gefühle bezüglich der Trennung ihrer Eltern auszudrücken und neue Formen der Bewältigung zu finden. Sie bekommen Informationen über Trennung und Scheidung und erfahren, dass auch andere Kinder betroffen sind und wie diese damit umgehen. Die Eltern werden darin unterstützt, Reaktionen ihrer Kinder besser zu verstehen und werden in ihren neuen Elternrollen gestärkt [24].
Text 24.
Soziale Arbeit mit allein erziehenden Eltern
Warum steigt der Anteil der Alleinerziehenden? Ein Grund ist sicherlich die steigende Scheidungsrate. Ein ganz wichtiger Punkt ist auch schlicht und ergreifend, dass sich ein Elternteil vor der Verantwortung und den damit einhergehenden Unfreiheiten drückt. Zum größten Teil handelt es sich dabei um das starke Geschlecht: den Mann! Zum anderen ist es
67
heute nicht mehr selbstverständlich, auch als Elternpaar eine Ehe einzugehen.
Der Lebensweg des Einzelnen ist nicht mehr so stark durch gesellschaftliche Konventionen bestimmt. Weder die lebenslange Zugehörigkeit zu einem Partner, zu einem Arbeitgeber oder einer Heimatstadt werden vorausgesetzt.
Die Nachteile liegen auf der Hand: Sicherheit und soziale Bindungen werden relativiert und nicht jeder hat die Kraft, sich in dieser Leistungsgesellschaft zu behaupten. Doch auch die Vorteile sind nennenswert: Sie haben die Möglichkeit, Ihren Lebensweg selbst zu gestalten. Aus welchen Gründen wird man zu einem allein erziehenden Vater oder einer allein erziehenden Mutter?
Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Häufig kommt es zu einer Scheidung, entweder wird ein Partner verlassen oder die Trennung geschieht einvernehmlich. Auch eine ungewollte Schwangerschaft oder der Tod eines Elternteils, sind als Gründe zu nennen. Die Art, wie Sie zu einem allein erziehenden Elternteil geworden sind, ist maßgeblich für Ihre Gefühle, die Sie Ihrer Rolle als Alleinerziehende/r entgegenbringen.
Wenn Sie ungewollt zum Single wurden, empfinden Sie die neue Situation sicherlich mehr als Schock und belastend, als wenn Sie sich frei dafür entschieden haben. Denken Sie aber immer daran, das Beste aus Ihrer Situation zu machen! Die Anforderungen an Sie als allein erziehendes Elternteil sind ohnehin hoch genug! Belasten Sie sich nicht damit, die Trauer über eine ungewollte Trennung unnötig viel Raum zu geben! Studien haben ergeben, dass Kinder allein erziehender Eltern größere Schwierigkeiten in ihrem Leben – auch jetzt und heute – zu erwarten haben. Die Gründe sind eher in den Begleitumständen des Alleinerziehens zu suchen, denn leider begleitet allzu oft Stress, Überbelastung und finanzielle Not den Alltag eines Alleinerziehenden und dessen Kinder.
Kinder haben häufig Gedanken, die ihr Selbstwertgefühl untergraben. "Ich habe mich schlecht verhalten"; "Ich habe die Eltern auseinander gebracht."; "Weil ich kein guter Mensch bin, werde ich niemals etwas gut machen." Selten sprechen Kinder diese Gedanken aus, denn die Angst vor einer Bestätigung Ihrer Gedanken ist zu groß. Allerdings sind diese Gedanken so weit verbreitet, dass es für Sie als Eltern wichtig ist, entgegenzuwirken. Der einfachste Weg aus einem Tief herauszukommen, eine negative Gedankenfolge zu stoppen, ist aktiv Probleme anzugehen. Doch viel zu häufig mangelt es am Vertrauen zu sich selbst. Bauen Sie also Ihr eigenes Selbstwertgefühl und das Ihres Kindes konsequent auf!
68
Um das Selbstwertgefühl Ihres Kindes in dieser Hinsicht zu stärken, sollten Sie in zwei Dinge beachten: Nehmen Sie Ihrem Kind die Last der Schuldgefühle von den Schultern! Menschen neigen dazu, für alle Dinge, die geschehen, eine Erklärung zu suchen – auch wenn es keine gibt!
Aber genauso verhält es sich mit dem Lob und der positiven Verstärkung. Mit Ihrer Wertschätzung Ihrem Kind gegenüber, legen Sie den Grundstein für sein glückliches Leben. Viele Eltern loben Ihre Kinder ausschließlich für das, was sie tun, für eine Leistung, die sie erbringen oder für ein Verhalten. Dabei wird übersehen, dass Kinder zunächst einmal eines brauchen: Ihr Kind muss das Gefühl haben, so geliebt zu sein, wie es ist. Als allein erziehendes Elternteil fühlen Sie sich sicherlich manchmal überfordert. Familie, Haushalt und Beruf wollen unter einen Hut gebracht werden. Die Pflichten fressen Sie auf und häufig stellen Sie sich die Frage: "Wie soll ich das alles schaffen?"
Damit der Alltag funktioniert, muss alles nach Plan verlaufen, für Spontaneität bleibt kein Platz, Freundschaften und Freizeit stehen hinten an. Doch in Zeiten, in denen Sie das Gefühl haben, dass Ihnen alles über den Kopf wächst, trösten Sie sich mit dem Gedanken: Sie sind nicht allein! [34]
Text 25.
Das Kind hat gestohlen: wie soll man sich verhalten?
Wenn das Kind gestohlen hat, steht am Anfang der Schreck, Wut und Enttäuschung: Wie konnte es nur so etwas tun? Hat meine Erziehung versagt? Was passiert nun mit meinem Kind?
Zunächst das Beruhigende: Kleinerer Diebstahl kann unter Kindern und Jugendlichen durchaus vorkommen, diese Tat muss keineswegs zu einer "kriminellen Karriere" führen. Doch heißt dies natürlich nicht, dass Diebstahl als Kavaliersdelikt behandelt werden darf! Von einem Diebstahl, der zur Anzeige kommt, wird auch immer das Jugendamt verständigt. Wenn Ihr Kind jünger als 14 Jahre ist, ist es nicht strafmündig und kann nicht zur Verantwortung gezogen werden. Jedoch können Sie als Eltern wegen Vernachlässigung der Aufsichtspflicht belangt werden. Dieser Fall tritt in der Regel allerdings erst dann ein, wenn Ihr Kind wiederholt erwischt wird.
Ist Ihr Kind älter als 14 Jahre wird es – sofern es zu einer Verhandlung kommt – aller Voraussicht nach damit bestraft werden, dass es Arbeitsstunden in einer sozialen Einrichtung abbüßen muss. Manchmal bleibt es aber auch bei einer Verwarnung. Zu einer Verhandlung kommt es in der Regel erst im Wiederholungsfall oder
69
wenn der Wert der gestohlenen Ware sehr hoch ist. Sehr selten wird auch Jugendarrest verhängt, dies aber nur in besonders schweren Fällen.
Was kann man tun? Doch was können Sie zu Hause tun – vor allen Dingen dann, wenn der Diebstahl nicht angezeigt, sondern von Ihnen entdeckt wurde, z.B. weil Ihr Kind im Besitz von Waren ist, die es sich unmöglich leisten kann? Als erstes sollten Sie Ihr Kind auf ihren Verdacht ansprechen. Wenn es den Diebstahl gesteht, ist es wichtig, dass Sie den Gründen der Tat nachgehen.
Gründe für Kaufhausdiebstahl könnten beispielsweise sein: Nervenkitzel; Mutprobe unter Freunden; Rebellion gegen die Eltern; das Taschengeld reicht (subjektiv oder objektiv) nicht aus; der Wunsch nach Bereicherung; Frust (das Kind will sich mit etwas "Schönem" belohnen.); das Kind will auf sich aufmerksam machen und lässt sich absichtlich erwischen; das Kind will seine Eltern indirekt bestrafen; das Kind wurde von Mitschülern zum Diebstahl gezwungen (z.B. unter Androhung von Gewalt im Rahmen des so genannten "Abziehens". Das Diebesgut wird in diesem Fall den erpresserischen Mitschülern ausgehändigt).
Eine Strafe sollte immer mit dem unmittelbaren Vergehen in Zusammenhang stehen. Deshalb ist es in vielen Fällen sinnvoll, wenn Ihr Kind den Diebstahl gestehen, die Waren zurückbringen und sich entschuldigen muss, also die Konsequenzen seiner Tat trägt. Die Strafe und Ihr weiteres Vorgehen sollten Sie aber am besten an den Motiven Ihres Kindes orientieren.
Wenn Ihr Kind nicht zwischen Dein und Mein unterscheiden kann, ist eine drastische Strafe angebracht. Über die Strafe hinaus, sollten Sie auch unbedingt mit Ihrem Kind über seine Tat sprechen und sicher gehen, dass es das Unrecht darin erkannt hat. Hat Ihr Kind aber aus anderen Gründen gestohlen, sollte ein einfühlsames Gespräch die wichtigste Maßnahme sein [34].
Text 26.
Alkoholismus unter Jugendlichen.
Die Zahl der Jungendlichen, die exzessiv Alkohol trinken, nimmt zu. Und während der Konsum von Alkohol bundesweit sinkt, gibt es immer mehr Alkoholsüchtige. Doch das Suchtproblem Alkohol wird weiterhin verharmlost. Die Probleme mit dem Alkohol zeigt auch der neue Drogenund Suchtbericht auf. Mehr als 10 Millionen Menschen trinken Alkohol in riskanter Weise. 1,6 Millionen Menschen gelten als alkoholabhängig,
70