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D e r p f l a u m e n b a u m

Der Nachbar ist Hauswart. Er sagt zum starken Rino:”Das ist ja entsetzlich! Du bist stärker als Tarzan im Fernsehen! Du hast mir Tür und Wand eingeschlagen, jetzt möchte ich, dass du für mich etwas Nützliches tust! Komm in den Hof und schüttle die Pflaumen vom Baum, dann brauche ich nicht auf die Leiter zu steigen!”

Im Hof packt Rino den Baumstamm mit beiden Händen und rüttelt und schüttelt – platsch! Klatsch! – fallen die Pflaumen… Die Krone wiegt sich, der Stamm biegt sich, aber oh weh! Die Wurzeln geben nach. Rino hält den riesigen Baum in den Händen, als wäre es ein Streichholz, Vögel fliegen erschrocken auf, ein Nest fällt zu Boden.

Bis zum Abend hat jedermann im Ort erfahren, wie stark Rino geworden ist. Wenn Rino die Straße hinuntergeht, fliehen die Leute in die Häuser und verriegeln die Türen. Das machten sie zuletzt, als vor zwei Jahren in der Nachbarstadt der Löwe aus dem Zirkus ausgebrochen war. “Da geht Rino Rhinozeros”, sagen sie und spähen hinter den Vorhängen auf die Straße.

D I e a l t e f r a u

“Stark sein ist gar nicht lustig”, denkt Rino,”alle nehmen vor mir Reißaus. Die Hexe soll mich wieder machen, wie ich war. Meinetwegen sogar ein bißchen schwächer. Wie der Sigi, zum Beispiel. Wenn ich ihn dann nicht mehr so leicht zu Boden bringe, ist es mir egal. Das Kämpfen hängt mir sowieso zum Hals heraus”.

Jetzt steht Rino vor der Schulhaus-Hecke. “Hexe!” ruft er. “Hexe, erscheine!” Aber nichts rührt sich. Nachdenklich setzt er sich in den Schatten der Hecke und starrt auf seine Hände, sie kommen ihm so riesig wie Kranschaufeln vor.

Da kommt eine alte Frau daher. Sie will mit dem Zug zu ihrem Bruder nach Roggenhausen fahren und ihm Pflaumen und Äpfel aus dem Garten bringen. Die Taschen sind schwer. Wie Bleigewichte ziehen sie an ihren dünnen Armen. Schweißtropfen stehen ihr auf der Stirn. “Die Arme!” denkt Rino. “Ich will ihr tragen helfen, damit meine Kraft wenigstens jemandem nützt. Aber vielleicht hat sie Angst vor mir wie alle andern Leute?”

Aber nein, die alte Frau hat schlechte Ohren, von Rino Rhinozeros hat sie noch nichts gehört. Gerne überläßt sie Rino ihre Taschen. Für Rino sind die Taschen so leicht wie Flaumfedern. Er begleitet die alte Frau zum Bahnhof.

Die Dorfstraße ist leer. Aus einem Fenster ruft jemand:”Rino Rhinozeros!” “Aha, Rino heißt du”, sagt die alte Frau. “Ich bin froh, dass du meine schweren Taschen trägst.” Sie lächelt Rino zu. Da geschieht etwas Merkwürdiges. Mit jedem Schritt, wirklich mit jedem Schritt, werden die Taschen für Rino schwerer. Als sie endlich am Bahnhof ankommen, scheinen sie voll Blei zu sein. Mit einem Seufzer stellt er die Taschen ab. Er starrt auf seine Hande und Füße, die sind jetzt kleiner und schmaler, genauso wie früher.

“Der Zauber ist weg”, denkt Rino erfreut. “Wie wohl meine Nase jetzt aussieht?” Rino reicht der alten Frau die Taschen ins Abteil. Der Zug fährt ab, langsam gleiten die Wagen an Rino vorbei. Da winkt ihm aus dem Zugfenster jemand zu. Es ist ein Mädchen mit einem Kopftuch. Es ist die Hexe! “Vielen Dank, Hexe!” ruft Rino. Lakritze lacht und winkt zurück. Dann setzt sie sich auf ihren Besen und fliegt – psü-ü-ü-ü-üt – aus dem Zugfenster. Über dem Oberpollinger-Wald ist sie bald nur noch ein kleiner Punkt.

Auf dem Heimweg bleibt Rino vor dem Bäckerladen stehen. In der Scheibe spiegelt sich seine Nase. Sie ist nicht mehr spinatgrün, nein, sie ist viel blasser, nur noch hellgrün wie ein junges Buchenblatt.

В следующем тексте нужно проверить орфографию (наличие умлаутов и ß)

Ursula Lehmann-Gugolz